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face - interdisziplinäres Magazin für Ästhetik Germany

Die zentrale Ethikkommission der Bundesärztekam- mer kommt in ihrer Stellungnahme „Ärztliche Be- handlungen ohne Krankheitsbezug unter besonderer Berücksichtigung der ästhetischen Chirurgie“ (Dtsch Ärztebl 2012; 109: A2000) zu dem Schluss: „Ärztliche Behandlungen ohne Krankheitsbezug sind aus arzt- ethischer Sicht nicht prinzipiell verwerfl ich“. Aller- dings defi niert die Kommission Bedingungen, die dafür erfüllt sein müssen. Dabei stehen vor allem eine adäquate Beratung und Aufklärung des Patienten im Vordergrund. Wirtschaftliche Interessen dürfen dabei nicht entscheidend sein, dem Patienten ist die schonendste und nicht die für den Arzt lukrativste Vor- gehensweise anzubieten. Und selbstverständlich muss der Arzt das, was er tun will, auch beherrschen, und zwar auf Facharztniveau. Der Patient müsse „darauf vertrauen können, dass die Motive des Arztes weiterhin primär auf das Patientenwohl und die Achtung des Patientenwillens gerichtet sind“. Dabei seien hohe Standards der Schadensvermeidung einzuhalten. Die Indikation entscheidet In der neueren Literatur zur Medizinethik gilt der Respekt vor der Autonomie und dem Willen der Pa- tienten (Selbstbestimmungsrecht) als einer der vier Grundsätze neben den Forderungen nach Schadens- vermeidung, Fürsorge und der gerechten Verteilung von Leistungen. Neu sind dabei weniger die Prin- zipien selbst, von denen zumindest die Fürsorge („benefi cere“) und das Vermeiden von Schaden („non nocere“) bereits in der Antike akzeptiert waren. Es ist vor allem die herausgehobene Stellung der Pa- tientenautonomie, welche die moderne medizini- sche Ethik von ihren früheren auf Fürsorge aus- gerichteten Varianten unterscheidet. Dem Begriff der Indikation kommt dabei in der Ästhe- tischen Medizin eine besondere Bedeutung zu. Die medizinische Indikation (lat.: „indicare“ heißt „anzei- gen“) gründet sich auf die Notwendigkeit einer medi- zinischen Behandlung bei einem bestimmten Krank- heitsbild. In der Ästhetischen Medizin gibt es relative medizinische Indikationen. Es handelt sich hier um Behandlungen oder Operationen, die neben einem medizinischen und psychologischen auch ein ästhe- tisches Ziel verfolgen. Ein häufi ges Beispiel sind funktionell-ästhetische Operationen der Nase. Bei einer rein ästhetischen Indikation verfolgt die Behandlung ausschließlich das Ziel, das Erschei- nungsbild zu verbessern und die natürlichen Alte- rungsprozesse bei körperlich gesunden Patienten zu korrigieren. Es geht also um eine nichtmedizinische Indikation für eine medizinische, aber nicht auf Heil- behandlung gerichtete Maßnahme. Das Handlungs- ziel ist nicht primär die Wiederherstellung der Ge- sundheit, sondern eine ästhetische Idealvorstellung (die gegebenenfalls noch einen psychologischen Nutzen mitverfolgt). Generell liegt eine Indikation vor, wenn eine ärztliche Maßnahme unter Abwägung ihres potenziellen Nut- zens und Schadens voraussichtlich dem Wohl des Patienten dient. Dazu müssen bestimmte Voraus- setzungen erfüllt sein. Eine ästhetische Operation muss geeignet sein, eine bezweckte Verbesserung her beizuführen, ohne mit unangemessenen Beein- trächtigungen und Risiken verbunden zu sein. Von beson derer Bedeutung sind in diesem Rahmen Kon- traindikationen wie Systemerkrankungen oder Ko- morbiditäten, die das Risiko auch kleinerer Eingriffe erhöhen. Hier hat der ästhetisch praktizierende Arzt eine besondere Verantwortung in der Beratung und Aufklärung des Patienten im Sinne der Prinzipien von Fürsorge und Respekt vor dem Selbstbestim- mungsrecht des Patienten. Eine wunschmedizinische Maßnahme kann immer nur relativ indiziert sein. Da ein medi- zinischer Anlass für den Eingriff fehlt, kann der Arzt frei entschei- den, ob er einen Eingriff durch- führt oder ablehnt. Die Ablehnung eines Eingriffs von Arztseite muss dabei eine echte Option bleiben. Individualität bewahren Die ständig wachsende Nachfrage nach Maßnahmen der Ästhetischen Medizin und Chirurgie und der Druck der Gesellschaft erschweren jedoch die eventuelle Entscheidung des Arztes, einen ästhetischen Eingriff abzulehnen. Der Wunsch nach einem attraktiven jugend- lichen Erscheinungsbild, die Tendenz der Individualisierung und Selbstverwirkli- chung bei gleichzeitiger Enttabuisierung der Ästhetischen Medizin/Chirurgie und eine höhere Lebenserwartung sind zen- trale Themen. Bevor der Arzt also überhaupt Hand anlegt, sollte er sich seiner besonderen Verantwor- tung bewusst sein. Diese Verantwortung be- steht darin, Patienten so zu beraten, dass sie Eingriffe wählen, die im individuellen Fall die Attraktivität tatsächlich verbessern („Informed consent“). Oft müssen sie auch vor ästhetisch unsinnigen Operationen bewahrt werden. Die ästhetisch zu behandelnden Patienten haben eine hohe Erwartungshaltung. Sie erwarten eine kurze Downtime, geringes Komplikationsrisiko, ein opti- males bis perfektes sowie lang anhaltendes Ergeb- nis. Und das alles zu einem vernünftigen Preis. Sicherlich spielt auch die Patientenauswahl eine ausschlaggebende Rolle. Der Patient sollte rea listische und erreichbare Vorstellungen vom Ergebnis der Behandlung haben, keine medizinischen oder psychiatrischen Fachbeitrag Ästhetik | m o c . k c o t s r e t t u h S / r o g E o k n e h s a y L © face 3 2017 & body 11

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