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face - interdisziplinäres Magazin für Ästhetik Germany

Noch weniger als sonst sei es selbstverständlich, dass ein Patient in Unkenntnis dessen, worauf er sich ein- lässt, dem ärztlichen Eingriff zustimme, und es gehöre andererseits zu der besonderen Verantwortung des Arztes, der eine kosmetische Operation durchführe, seinem Patienten das Für und Wider mit allen Konse- quenzen vor Augen zu stellen. Deswegen stellt die Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen an die Aufklärung des Patienten vor einer kosmetischen Operation. Aufklärung – schonungslos offen Patienten sind beispielsweise über die Höhe und Breite der zu erwartenden Narben, ebenso wie über das Risiko nicht unerheblicher und lang andauernder Schmerzempfindungen, Sensibilitätsstörungen (z. B. bei Brustkorrekturen), mögliche Durchblutungsstö- rungen der Haut oder Hautnekrosen sowie unregel- mäßige Konturen (z. B. bei Fettabsaugungen) oder Wundheilungsstörungen umfassend und scho- nungslos aufzuklären. Zudem gilt, dass der Aufklä- rungsmaßstab mit Risikograd des operativen Ein- griffs steigt. Dies kann zum Bespiel der Fall sein, wenn es sich wegen vorheriger Operationen um einen sehr schwierigen Eingriff handelt und ein erhebliches Ri- siko besteht, dass das Operationsziel nicht erreicht wird. Dass eine schonungslose Aufklärung über Risi- ken geboten ist, bedeutet zwar nicht, dass Risiken überdramatisiert werden müssen (vgl. OLG Köln, Be- schluss vom 2. September 2015, Az.: 5 U 57/15) oder dass der Arzt grundlos gar von dem Eingriff ins- gesamt abraten muss (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. April 2016, Az.: 7 U 241/14). Dennoch sollten die hohen Anforderungen der Rechtsprechung an die Aufklärung vor kosmetischen Eingriffen nicht unterschätzt werden. Die Beweislast für die Aufklärung liegt beim Arzt Die Beweislast einer ordnungsgemäßen Risikoauf- klärung liegt nämlich beim Arzt, da sich die Einwilli- gung des Patienten als Rechtfertigungsgrund dar- stellt. An die Beweislast sind nach der Rechtsprechung auch bei kosmetischen Eingriffen zwar keine unbilli- gen und übertriebenen Anforderungen zu stellen, allerdings sollte die Aufklärung zu Beweiszwecken dokumentiert werden. Die Schriftform ist zwar nicht Voraussetzung für die wirksame Aufklärung und Ein- willigung des Patienten, jedoch ist die stattgehabte Aufklärung nach § 630f BGB in den Patientenunter- lagen zu dokumentieren. Wird das Aufklärungsge- spräch anhand von standardisierten Aufklärungsfor- mularen geführt, sollte zudem durch handschriftliche Anmerkungen, Unterstreichungen u. Ä. deutlich ge- macht werden, dass die Inhalte auch tatsächlich mit dem Patienten besprochen worden sind. Denn eine rein schriftliche Aufklärung genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklä- rung, sondern sie kann allenfalls ergänzend zum ob- ligatorischen persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch herangezogen werden. Die Aufklärung hat nämlich ausnahmslos mündlich und regelmäßig im Rahmen eines individuellen Gesprächs zwischen Arzt und Pa- tient zu erfolgen (vgl. BGH vom 08.01.1985, Az.: VI ZR 15/83; BGH vom 07.02.1984, Az.: VI ZR 174/82). Dem Patienten muss stets Gelegenheit zu einem vertrau- ensvollen Gespräch mit dem Arzt gegeben werden (OLG Brandenburg vom 04.11.2010, Az.: 12 U 148/08). Auch auf den Zeitpunkt der Aufklärung kommt es an Die Aufklärung hat nicht nur schonungslos und voll- ständig zu erfolgen, sondern muss auch rechtzeitig durchgeführt werden. So hat z. B. das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.10.2005, Az.: 8 U 47/04) ent- schieden, dass ein Aufklärungsgespräch am Vor- abend einer Schönheitsoperation jedenfalls zu spät sei. Dieses muss grundsätzlich schon bei der Verein- barung eines Operationstermins geführt werden. Der Patient soll ausreichend Bedenkzeit haben, um das Für und Wider gegeneinander abzuwägen. Auch dies hat der Arzt im Streitfall zu beweisen. Fazit Der Patient muss daher rechtzeitig sowie besonders sorgfältig und schonungslos über sämtliche poten- tiellen negativen Folgen des Eingriffs aufgeklärt wer- den. Wichtig ist, dass dem Patienten vor Augen ge- führt wird, welche gegebenenfalls auch bleibenden gesundheitlichen Schäden drohen können. Im Zwei- fel sollten daher auch untypische Komplikations- möglichkeiten ausführlich dargestellt werden. Zudem muss der Patient auch darüber aufgeklärt werden, mit welchem Erfolg realistischerweise zu rechnen ist. Letztlich ist auch hier eine sorgfältige Dokumentation von erheblicher Bedeutung, um die Aufklärung im Streitfalle auch beweisen zu können. Dabei sollten vom Arzt alle wesentlichen Punkte des Aufklärungsgespräches, insbesondere die Tatsache, dass der Patient aufgeklärt wurde, Ort und Zeitpunkt sowie der wesentliche Inhalt des Aufklärungs- gesprächs dokumentiert werden. Kontakt Anna Stenger, LL.M. Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht Lyck + Pätzold. healthcare.recht Nehringstraße 2 61352 Bad Homburg www.medizinanwaelte.de Recht Spezial | face 2 2017 & body 49

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