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face - interdisziplinäres Magazin für Ästhetik Germany

Editorial | Infos zum Autor Prof. Dr. Dr. Niels Christian Pausch, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Department für Kopf- und Zahnmedizin Das Gesicht im Wandel der Zeit Im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden wurde am 19. August 2017 die Sonderausstellung „Das Gesicht – Eine Spurensuche“ eröffnet. Im Rahmen dieser Ausstellung wird unsere Aufmerksamkeit auf ein in der Gesellschaft durchaus präsentes Abbild des menschlichen Gesichtes gelenkt, nämlich auf den Kopf von Schaufensterpuppen. Diese sehr spezielle Form der Gebrauchskunst kam in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Die faziale Ästhetik der Puppengesichter folgte dem Schönheitsideal der jeweiligen Epoche. Meist wurde dabei eine gewisse Gleichförmigkeit, Ebenmäßigkeit und Durchschnittlichkeit der Gesichter angestrebt – Attribute also, die noch heute wesentlich bei der Konstruktion attraktiver Gesichter sind. Gleichwohl fehlte es nicht an Versuchen, die Puppengesichter aus der Eintönigkeit herauszuheben bzw. zu individualisieren. Dies konnten kleine kapriziöse Unregelmäßigkeiten sein wie ein exzentrisches Augen-Make-up oder ein Schönheitsfleck. Individualität entstand in Puppengesichtern auch dadurch, dass mitunter reale menschliche Physiognomien als Vorlage herangezogen wurden. Berühmte Schauspielerinnen und Models haben ihren Look in Puppen- gesichtern verewigt. Der Wandel der Zeit zeigt sich bei der Gestaltung von Schaufensterpuppen nicht nur an Make-up und Frisur, sondern auch an der Anatomie des Gesichts. Frauenpuppen aus den Zwanzigerjahren zeigen beispielsweise eher grazile Untergesichter. Ein Trend, der bis in die Fünfzigerjahre nachzuweisen ist. Analog dazu finden wir diese Kieferprofilform in der Kunst, in der aufkommenden Ästhetischen Chirurgie und in der Kiefer- orthopädie. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts änderte sich dieses Schönheitsideal und Vorgesichter mit etwas progeneren Zügen bzw. „Ante-Faces“ dominierten die Schaufenster. Und wie sieht es heute aus? In vielen Geschäften präsentieren inzwischen geschlechtslose, abstrahierte Puppenklone die neueste Kollektion. Nach jahrzehntelangem Ringen um die Schöpfung perfekter Gesichter gibt es also einen Paradigmenwechsel; die Kreation von Schaufensterpuppen entfernt sich nunmehr von den Anliegen der Ästhetischen Medizin im Gesichtsbereich, die eher die Optimierung geschlechtsspezifi- scher fazialer Attraktivität zum Ziel hat. Darüber hinaus gibt es aber noch immer Parallelen. Die Zukunft wird zeigen, ob und wie faziale Attraktivität in unseren Schaufenstern neu interpretiert werden wird. Prof. Dr. Dr. Niels Christian Pausch face 4 2017 & body 03

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