40 No. 2/2016·5. Oktober 2016 DU & ICH Die Kunst des Hinterfragens Psychologin Dr. Lea Höfel gibt Antworten auf wichtige Fragestellungen, die immer wieder im Miteinander von Zahnarzt, Zahnarzthelferin und Patient auftauchen. Die Schnittstelle zwischen Psycholo- gie und Zahnheilkunde beinhaltet überwiegend zwischenmenschliche Probleme wie Kommunikation, schwierige Patienten, unterschied- liche Zielstellungen und Unzufrie- denheit mit Kollegen, Mitarbeitern oder der persönlichen Arbeitsweise. Wie kann ich etwas vermitteln? Warum läuft es nicht so, wie ge- plant? Wie fühlen wir uns miteinan- der wohler und wie kann ich unter- stützend tätig sein? Die Wurzel des Übels liegt meist in unklaren Zielen und missverständlicher Kommuni- kation. Ziele Ob in Praxisschulungen oder bei der Betreuung von Patienten – vie- lerorts fällt immer wieder auf, dass Ziele nicht klar definiert werden. Niemand würde am Bahnhofsschal- ter eine Karte mit der Aussage be- stellen, dass „es irgendwo hingehen soll“, möglicherweise „nicht nach Berlin“, aber „ansonsten ist alles egal“. Wir gehen an den Schalter, benennen unseren Zielort und er- halten eine Karte, die uns mit dem richtigen Zug genau dorthin bringt. Im Alltag sieht es mit der Zieldefini- tion jedoch überwiegend mager aus. Was man nicht möchte, ist häufig einfacher zu benennen. Patienten können oft sagen, was sie nicht wol- len. Eine klare Vorstellung davon, was sie wollen, ist selten. Im Mitar- beitergespräch möchte der Chef die Mitarbeiterin möglicherweise moti- vieren, doch zu was? Er möchte sie von einer bestimmten Verhaltens- weise abhalten, doch was soll sie stattdessen tun? Im Arbeitsprozess wird eventuell deutlich, dass es auf diese Art und Weise nicht weiterge- hen kann, jedoch hat niemand eine Idee davon, was die Alternative sein sollte. Solange niemand weiß, wo es hingehen soll, werden wir nie dort ankommen. Die Katze aus Alice im Wunderland bringt es auf den Punkt: „Würdest du mir bitte sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll?“, fragt Alice. „Das hängt zum größten Teil davon ab, wohin du möchtest“, sagt die Katze. Alice je- doch reagiert wie viele Menschen: „Ach, wohin ist mir eigentlich gleich.“ Woraufhin die Katze ant- wortet: „Dann ist es auch egal, wie du weitergehst.“ Auch wenn es sicherlich erstre- benswert und lobenswert ist, im Hier und Jetzt zu leben, sind im Be- rufsalltag Ziele wichtig. Patienten sollen ein Bild davon bekommen, was gemacht und wie das Resultat aussehen wird. Mitarbeiter müssen wissen, was Ziel und Sinn ihrer Ar- beit ist. Und die Führungsperson sollte einen klaren Überblick über PraxiszieleundSchwerpunktehaben, welche erst dann gemeinsam ver- wirklicht werden können, sobald sie gedanklich geformt wurden. Kommunikation Nicht selten kommt es vor, dass alles gut durchgeplant und gedank- lich strukturiert ist und es dennoch zu Unstimmigkeiten kommt. Der Zahnarzt sagt etwas zur Helferin, welche daraufhin in Tränen aus- bricht. Dem Patienten wird der Be- handlungsweg erläutert, woraufhin er nie wieder auftaucht. Die nächste Patientin redet auf den Zahntech- niker ein, bis der nicht mehr weiß, wie sich der Weisheitszahn von den Frontzähnen unterschei- det. Trotz bester Absichten und Pla- nung gelingt es einfach nicht, mit- einander zielgerichtet zu kommu- nizieren. Natürlich gibt es hier die Möglichkeit, sich Kommunikations- modelle anzueignen, um den Stol- perfallen der Zwischenmenschlich- keit auf die Spur zu kommen. Das Resultat sieht oft so aus, dass wir wunderbar die Kommunikations- muster anderer analysieren können und weiterhin kein Benefit aus dem Lernprozess gezogen wird. Was viele Menschen übersehen, ist die Tatsache, dass sie bei Kom- munikation an erster Stelle bei sich selbst anfangen sollten. Die meis- ten Menschen denken – wenn sie ehrlich sind –, dass die eigene Kom- munikationsstruktur die Norm ist und die der anderen Men- schen komisch. Wenn ich dazu ten- diere, viel zu reden, denke ich, jeder freut sich über eine Informations- flut. Wenn ich selbst jedoch eher wenig rede, befürchte ich, dass aus- schweifende Erklärungen mein Ge- genüber ermüden. In erster Linie geht es also darum, sich selbst bes- ser zu verstehen. Wir sehen die Welt selten so, wie sie ist, sondern wie wir selbst sind. Sich im nächsten Schritt in seinen Gesprächspartner hineinzuversetzen, seine Kommuni- kationsmuster und Persönlichkeit zu erkennen, darauf einzugehen und in seiner Sprache zu reden und dabei noch authentisch zu bleiben – das ist die Kunst der Kommunika- tion. Kontakt Dr. Lea Höfel Tel.: +49 178 7170219 hoefel@psychologie- zahnheilkunde.de www.weiterbildung- zahnheilkunde.de Was viele Menschen übersehen, ist die Tatsache, dass sie bei Kommu- nikation an erster Stelle bei sich selbst anfangen sollten. […] In erster Linie geht es also darum, sich selbst besser zu verstehen. Wir sehen die Welt selten so, wie sie ist, sondern wie wir selbst sind. […] Infos zur Autorin © Lucky Business/Shutterstock.com © CandyBox Images/Shutterstock.com © Marish/Shutterstock.com © Lucky Business/Shutterstock.com ©Happy Art/Shutterstock.com Tel.: +491787170219