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Dental Tribune German Edition No.5, 2017

10 Science DENTAL TRIBUNE · German Edition · Nr. 5/2017 Xenogene Knochenersatzmaterialien Update zum aktuellen wissenschaftlichen Stand – kompakt vorgestellt von Dr. Mike Barbeck, Berlin, Dr. Ronald Unger, Mainz, Prof. Dr. Dr. Reiner Schnettler, Gießen, Prof. Dr. Sabine Wenisch, Gießen, und Prof. Dr. Frank Witte, Berlin. Dem Anwender stehen heutzutage viele verschiedene Knochenersatz- materialien zur Verfügung, die sich jedoch insbesondere in den verwen- deten Ausgangsmaterialien und in den Herstellungsprozessen deutlich unterscheiden. Als Alternative zu eigenem Knochengewebe des Pa- tienten (= Autograft), welches bis heute als sogenannter Goldstan- dard aufgrund seiner ausgedehn- ten regenerativen Eigenschaften gilt, sind in der regenerativen Zahn- medizin Knochenersatzmaterialien (KEM) natürlichen Ursprungs be- liebt. Diese Knochenersatzmateria- lien basieren sowohl auf mensch- lichem als auch tierischem Kno- chengewebe (= Allo- bzw. Xeno- graft). Im Falle dieser Biomateria lien soll die knöcherne Extrazellular- matrix basierend auf Kalzium- phosphat als Knochenersatzmate- rial gewonnen werden (Abb. 1–3). Insgesamt wird auf Grundlage der physikochemischen Ähnlichkeit die- ser Knochenmatrix zu dem zu er- setzenden Knochengewebe davon ausgegangen, dass Materialien die- ser Klasse optimal im Rahmen der knöchernen Regeneration ge- eignet sind. Gerade Rinderknochen wird häufig als Grundlage verwen- det, wie auch im Falle der beiden am häufigsten genutzten Knochen- ersatzmaterialien Bio-OssTM und cerabone®. Sicherheitsaspekte und Auf- reinigung von Knochenersatz- materialien natürlichen Ursprungs Im Falle dieser auf natür- lichem Ursprungsgewebe basieren- den Knochenersatzmaterialien ist es von entscheidender Bedeutung, immu nogen wirkende Bestandteile zu unterbinden, um eine sichere Einheilung ohne eine sogenannte Abstoßungsreaktion (vgl. Absto- ßungsreaktionen gegenüber Organ- transplantaten) und ohne eine Übertragung von Krankheiten ga- rantieren zu können. Eine Sicher- heitsmaßnahme besteht bereits in der Vorauswahl der Spendertiere zur Gewinnung des Knochenmate- rials. So wird im Falle von Bio-OssTM cerabone® Rinderknochen und (Femurköpfe) registrierten Schlachthöfen in Australien bzw. Neuseeland verwendet, beides Län- der, die gemäß der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) ein ver- nachlässigbares BSE-Risiko tragen. Weiterhin werden aufwendige mehrstufige Verfahren zur Aufreini- gung des Ursprungsgewebes ange- wendet, welche sowohl chemische als auch physikalische Methoden einschließen. Dennoch sind die verschiedenen Aufreinigungsmetho- den immer wieder Grund zur Dis- kussion. Die Angst vor Material- abstoßungen oder Krankheitsüber- tragungen, die bei der Applikation dieser Knochenersatzmaterialien auftreten könnten, spielen immer wieder eine Rolle. Hierbei hat die Temperatur zur Aufreinigung eine entscheidende Rolle. So unterschei- den sich die xenogenen Knochen- aus ersatzmaterialien Bio-OssTM und cerabone® hauptsächlich durch die zur Aufreinigung verwendete Tem- peratur.1, 2 Während Bio-OssTM bei einer Temperatur von ~300 °C auf- gereinigt wird, wird das Knochen- ersatzmaterial cerabone® bei deut- lich höheren Temperaturen von bis zu 1.250 °C behandelt. Dieser Tem- peraturunterschied scheint eine Um eine größtmögliche Sicherheit zu gewähren, wird das Knochen- ersatzmaterial cerabone® während der Prozessierung auf über 1.200 °C erhitzt. Auf diese Weise werden zu- verlässig alle organischen Bestand- teile wie Zellen und Proteine ent- fernt und damit auch potenziell ent- haltene Prionen eliminiert. Trotz dieser hohen Temperaturen bleibt multinukleäre Riesenzellen durch Phagozytose an der Biodegradation von Knochenersatzmaterialien be- teiligt sind.6, 7 Interessanterweise konnten die mehrkernigen Riesen- zellen auf Grundlage ihrer Mole- külausstattung zunächst als Fremd- körperriesenzellen identifiziert wer- den, wobei weitergehende Daten die genauere Differenzierung nach- 1 2 3 Abb. 1: Struktur eines cerabone®-Partikels unter Erhalt der trabekulären Grundstruktur. – Abb. 2: Oberflächenaufnahme eines cerabone®-Partikels zeigt den Erhalt der natürlichen Mikrostruktur bei aufgereinigten osteozytären Lakunen. – Abb. 3: Querschnitts- aufnahme eines cerabone®-Partikels, welcher den Erhalt der lamellären Grundstruktur zeigt und die komplette Aufreinigung dieses Knochenersatzmaterials bestätigt. entscheidende Bedeutung für die si- chere Anwendung eines xenogenen Knochenersatzmaterials zu haben. So wurden in einem jüngst veröf- fentlichten Review von Kim et al. Verfahren zur Aufreinigung von bovinem Knochengewebe bewertet.3 Die Autoren kommen zu dem Er- gebnis, dass im Falle von Bio-OssTM die Prioneninaktivierung nicht auf- grund der Niedrigtemperaturbe- handlung, sondern durch die Be- handlung mit der starken Base Na- die natürliche Struktur des Rinder- knochens erhalten (Abb. 1–3), was cerabone® zu einem sehr sicheren und verlässlichen Produkt für die Knochenregeneration macht. Biomaterial-induzierte Inflammation und Knochen- gewebeheilung Daten aus präklinischen und klinischen Studien zeigen vergleich- bare Werte der Knochenneubil- dung, des verbliebenen Knochen- weisen müssen.8, 9 Interessanter- weise sind der Prozess des Material- abbaus und der Prozess der Ge- webeheilung über eben diese wichtigen Zelltypen miteinander verbunden (Abb. 5). So wurde gezeigt, dass multi- nukleäre Riesenzellen wie auch Ma- krophagen nicht nur entzündungs- fördernde Stoffe, welche wahr- scheinlich im Rahmen des Abbau- prozesses von Bedeutung sind, exprimieren, sondern auch entzün- 4 5 Abb. 4: Vergleichende histomorphometrische Ergebnisse, welche vergleichbare Werte der Knochenneubildung, des verbliebenen Kno- chenersatzmaterials und Bindegewebe für Bio-OssTM und cerabone® belegen (basierend auf vorherigen Publikationen2, 5). – Abb. 5: Zusammenhang zwischen den zellulären und inflammatorischen Prozessen, hervorgerufen durch die meisten Knochenersatzmate- rialien und dem Prozess der Implantatbettdurchblutung und der Knochengeweberegeneration (angepasst nach Barbeck et al.9). triumhydroxid (NaOH) gewährleis- tet werden soll. Interessanterweise wurde dieser chemische Prozess in einer Studie von Wenz et al.4 als effi- zient beschrieben, während Kim et al. die Zuverlässigkeit und Sensitivi- tät der angewendeten Tests infrage stellen.3 Die Autoren beschreiben in diesem Review, dass Prionen durch eine fünfminütige Erhitzung auf 1.000 °C effektiv eliminiert werden können. Weiterhin wird in den EU-Richtlinien bezüglich der Nut- zung tierischer Materialien (EN ISO 22442-1 Anhang C.6) darauf ver- wiesen, dass eine Erhitzung auf mehr als 800 °C dazu führt, dass das Übertragungsrisiko spongiformer Enzephalopathien (TSE) auf ein ak- zeptables Minimum reduziert wird. ersatzmaterials und des Binde- gewebsanteils im Falle der beiden xenogenen Knochenersatzmateria- lien (Abb. 4).1, 2, 5 Dies weist deutlich auf eine ver- gleichbare biologische Wirksamkeit von Bio-OssTM und cerabone® hin. Im Falle von cerabone® wurde eine sehr geringe Anzahl sog. multi- nukleärer Riesenzellen (MNRZ) im Vergleich zu anderen Knochen- ersatzmaterialien nachgewiesen. So zeigten sich gerade im Vergleich mit schnell abbaubaren synthetischen Materialien auf der Basis von (cid:533)-Tri- kalziumphosphat signifikant nied- rigere Werte. Dies untermauert die vielfach beobachtete Langzeitstabi- lität der xenogenen Knochenersatz- materialien, da gezeigt wurde, dass dungshemmende und heilungsför- dernde Moleküle.8 Eines der wich- tigsten Signalmoleküle ist der sog. Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), welcher sowohl indirekten Einfluss durch eine Induktion der Durchblutung des Implantatbettes als wichtiger Faktor der Knochen- gewebeheilung als auch direkten Einfluss auf die Entwicklung und Tätigkeit von Osteoblasten und schließlich auf die Knochenheilung hat.8, 10 Im Falle der xenogenen Knochenersatzmaterialien dürfte dies bedeuten, dass das höhere Auf- kommen an multinukleären Rie- senzellen auch einen fördernden Effekt auf die Knochenheilung hat. Da im Falle von cerabone® zumin- dest in der primären Phase nach der Implantation eine höhere Bioakti- vität, einhergehend mit höheren Zahlen dieses Zelltyps im Vergleich zu Bio-Oss™, kombiniert mit einer hohen Implantatbettvaskularisie- rung nachgewiesen wurde2, ist davon auszugehen, dass dieses Kno- chenersatzmaterial bereits kurz nach der Implantation den knö- chernen Heilungsprozess intensiv unterstützen kann. Kombiniert mit der hydrophilen Materialoberflä- che11, welche den Heilungsprozess zusätzlich deutlich durch Förde- rung des Wachstums osteoblastärer Zellen unterstützt, kann cerabone® als zuverlässiges Knochenersatzma- terial mit gewährleisteter Sicherheit für den Endanwender betrachtet werden. Zusammenfassung Literatur Abschließend kann festgehalten werden, dass das Knochenersatz- material cerabone® aufgrund der Hochtemperaturbehandlung eine höchstmögliche Sicherheit vor Krankheitsübertragungen gewähr- leisten kann. Zudem ist anzunehmen, dass durch die hö- here Anzahl an Rie- senzellen eine bes- sere Implantatbett- vaskularisierung er- zeugt werden kann, welche den Prozess der Knochenheilung begünstigen dürfte. Infos zum Unternehmen DT Kontakt Infos zum Autor Dr. Mike Barbeck botiss biomaterials GmbH Büro Berlin Ullsteinstraße 108 12109 Berlin Deutschland Tel.: +49 30 2060739835 mike.barbeck@botiss.com Infos zum Autor Prof. Dr. Frank Witte Julius Wolff Institute Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Deutschland Tel.: +49 30 450559083 frank.witte@charite.de

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