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Dental Tribune Swiss Edition No. 1, 2018

DENTAL TRIBUNE · D-A-CH Edition · Nr. 1/2018 Science 21 Portionen auf die Okklusal- flächen, saugt das wegge- schnitzte Komposit laufend ab und meldet allfällige, aus ihrem Blickwinkel sichtbare Kompo- sitüberschüsse. 7. Zentrisch zubeißen: Jetzt wer- den alle Hilfsmittel entfernt (Kofferdam wird allenfalls auf- geschnitten und seitlich wegge- zogen) und Antagonisten iso- liert, damit die Zähne beim Zubeißen nicht zusammenkle- ben. Dazu tupft die Assistentin Distelöl (oder sonst ein dünn- flüssiges, leicht verblasbares Öl) auf die Antagonisten. Dem Pa- tienten legt man wie geplant den Zellstofftupfer auf die Frontzähne und lässt ihn nor- mal zubeißen (nicht kräftig, auch mehrmals, und ohne ma- nuelle Führung des Unterkie- fers, Abb. 7). So zentrieren sich die Kiefergelenke. Über den Erosionen kann das Komposit nun drei bis vier Millimeter dick sein, und nach dem Zubei- ßen soll es ein bis zwei Millime- ter tiefe Impressionen aufwei- sen. 8. Komposit ausmodellieren: Dank des Isoliermittels verformt sich das Komposit nicht, wenn der Patient wieder öffnet (Abb. 8 und 17), leichtes Verblasen ent- fernt es vom Komposit. Nun werden die Impressionen be- trachtet. Zu tiefe Impressionen erfordern ein Kürzen der anta- gonistischen Höcker (um einen Millimeter), und fehlende oder zu kleine Impressionen erfor- dern ein Verdicken des Kom- posits. Dazu wird es von den Stellen, wo Abflussrillen ent- stehen sollen, mit einem gro- ßen Kugelstopfer in die Rich- tung der fehlenden oder zu kleinen Impressionen hin ver- schoben. Nun werden die seit- lichen Federränder verstrichen und die lateralen Abflussrillen modelliert (Abb. 9). Zuletzt müssen nochmals die Rand- wülste und Interdentalräume mit scharfem Spatel und spitzer Sonde modelliert und gesäu- bert werden. 9. Härten „in Okklusion“: Nun beißt der Patient erneut auf den Zellstofftupfer und bleibt so, bis das Komposit überall zehn Sekunden lang von bukkal an- gehärtet ist. Nach dem Öffnen wird es von okklusal und lin- gual auspolymerisiert. 10. Grob einschleifen: Beim Zu- beißen werden jetzt lauter Vor- kontakte angefärbt (Abb. 10 und 18). Sie werden nur grob und ohne weitere Anfärbungen eingeschliffen (eiförmiger Po- lierdiamant wie Komet 8379. 315. 023). Man soll die gut sichtbaren Balanceflächen ganz wegschleifen, die breiten Ar- beitsflächen verschmälern (was gleichzeitig den Weg des Spei- sebreis zu den Abf lussrillen verbreitert) und die ansteigen- den Vorgleitbahnen einebnen. 11. Zähne separieren: Manchmal entstehen leichte Verklebungen zwischen den Zähnen. Sie las- sen sich mit einer Weingart- Zange lösen. Dazu wird sie zwi- schen zwei verklebten Zähnen angesetzt (Abb. 11). Eine lang- same Bewegung (Handrücken auf und ab) mit geringer (!) Kraft löst die Verklebung. Da- bei entsteht jeweils ein leises Klickgeräusch. Der Randwulst wird interdental mit einem breiten Stahlstrip abgerundet (Abb. 12). 12. Fein einschleifen: Jetzt wird im Detail angefärbt (Abb. 13). Dabei führt man den Unterkie- fer nicht, sondern lässt den Pa- tienten spontan zubeißen, erst liegend, dann sitzend, und wie- der nach dem Spülen. Der Pa- tient spürt sofort, ob der Biss stimmt oder ob Vorkontakte (Abb. 19). Er spürte allerdings kei- nerlei Beschwerden und störte sich nur etwas an den aufgespreizten Frontzähnen. Hiermit bestand eine ideale Indikation zur Erhöhung der Seitenzähne und Nichtbehandlung der Front, sodass sie durch den bloßen Lippendruck retrudieren kann. Zuerst wurden 7654+ erhöht (Abb. 1–13), gleich anschließend +4567 (Abb. 14–18). Arbeitszeit total knapp 2,5 Stunden, Preis 900 CHF (Abb. 20). Fall 2: nur Unterkiefer (Front- und Seitenzähne) Der Patient (71 Jahre) beklagte die erodierte Unterkieferfront, nicht total 2.200 CHF. 321+–123 wurden auf Wunsch des Patienten nicht er- höht (Abb. 24 und 26). Diskussion Sind direkte Bisshebungen ohne die Hilfe eines Zahntechni- kers riskant? Das Gegenteil scheint zuzutreffen. Viele ungewohnte Ar- beitsschritte wie Abdrucknahme beim erodierten Gebiss, Wax-up, Bestimmung der Bisshöhe, Ange- wöhnen an eine diagnostische Stabilisierungsschiene usw. fallen weg. Stattdessen erwies sich die Mithilfe der Patienten bei der Be- stimmung der Zentrik und beim Einschleifen ausnahmslos als si- positränder, eingesunkene Kon- taktflächen und Absplitterungen im Komposit. Ähnliche Langzeit- schäden sind auch bei indirekten Aufbauten zu beobachten, aber Komposit kann man besser repa- rieren als teurere Materialien. Die Zunahme der Erosionen und Biss- senkungen beruht nicht zuletzt auf der Fluoridprophylaxe. Zwar gibt es heute in der ersten Lebenshälfte weniger Karies als vor 20 Jahren, dafür kommen in der zweiten Le- benshälfte mehr Abrasionsgebisse vor. Diese minimalinvasiv und be- zahlbar zu restaurieren, ist eine an- spruchsvolle Herausforderung für Allgemeinpraktiker. 17 18 19 20 21 24 22 23 25 26 Abb. 17: Impressionen nach dem Zubeißen. – Abb. 18: Situation nach dem Härten. Man beachte die Balancekontakte auf allen Zähnen. – Abb. 19: Fall 1 vorher. – Abb. 20: Fall 1 nachher. – Abb. 21: Fall 2 vorher. – Abb. 22: Fall 2 nachher. – Abb. 23: Fall 3 Unterkiefer vorher. – Abb. 24: Fall 3 Unterkiefer nachher. – Abb. 25: Fall 3 Oberkiefer vorher. – Abb. 26: Fall 3 Oberkiefer nachher. bestehen. Erst wenn diese ent- fernt sind, kann er präzise und kräftig genau die Mitte der Im- pressionen anfärben, und erst jetzt bekommt er das Gefühl, dass der Biss stimmt und nichts mehr stört. Auch wenn erst eine Seite erhöht ist, kann er das genau beurteilen. Dazu sind manchmal bis zehn oder mehr Anfärbungen nötig (oft bei stö- rendem Speichel und bei star- ken Knirschern). Der zweite Sextant liegt auf der anderen Kieferseite im OK oder UK. Es folgen die Arbeitsschritte 2–12. Allerdings orientiert sich jetzt der Patient beim zentrischen Zu- beißen am ersten Sextanten ohne Frontaufbiss. Das Ziel ist in jedem Sextanten eine Okklusion mit einer „freedom in centric“, Arbeitsflä- chen und ohne Balancekontakte.2 Fall 1: nur Oberkiefer (nur Seiten- zähne) Der Patient (55 Jahre) hatte Angst vor Kiefergelenkproblemen, die gemäß seinem Zahnarzt wegen der Bisssenkung entstehen könnten wegen Schmerzen, sondern wegen der Ästhetik (Abb. 21). Weil bei der bestehenden Restbezahnung links und rechts nur je zwei Zähne er- höht werden mussten, war genug Zeit vorhanden, vorgängig die Frontzähne zu erhöhen. Sie wur- den ohne Zubeißen unter Koffer- dam gehärtet und erst dann ein- geschliffen. Das Einschleifen der unteren Front ist sehr einfach. Ar- beitszeit: 3 Stunden, Preis 1.200 CHF (Abb. 22). Fall 3: Unter- und Oberkiefer (je die Seitenzähne) Der Patient (47 Jahre) bekam von seinem Zahnarzt eine Kosten- schätzung von über 40.000 CHF, was er sich nicht leisten konnte. Die zweite Meinung einer Univer- sität riet zur Überkronung sämt- licher Zähne etwa zum selben Preis. Der Patient hatte keiner - lei Beschwerden und war mit sei- nen Zähnen eigentlich zufrieden (Abb. 23 und 25). Zufällig erfuhr er von der Praxis des Autors. Die Bisserhöhung fand in zwei Sitzun- gen zu 2,5 (7654–4567) und 3 Stun- den (7654+4567) statt und kostete cher und zuverlässig. Das Ausblei- ben von MAP-Symptomen trotz jahrelanger insuffizienter Okklu- sion weist auf gesunde Kieferge- lenke und Absenz von Bruxismus hin. Nach dem Einschleifen äußern die Patienten durchwegs, dass sich die neue Okklusion stimmig an- fühlt. Die Höhe der Bisshebung erwies sich nie als kritisch und beträgt ein bis zwei Millimeter. Gewisse Einwände betreffen die semipermanente Dauerhaftig- keit des Komposits, den Vorrang der Prophylaxe und mangelnde Langzeiterfahrung. Ihnen ist zu entgegnen, dass Bisshebungen erst in einem Alter von etwa 50 Jahren notwendig werden und bereits 20 Jahre später die Kaukraft oft abnimmt. Die Ursachen der Biss- senkung sind gleichzeitige Erosion (Säuren), Abrasion (Abrasivstoffe) und Attrition (Bruxismus). Bei jungen Patienten kommen meist Drogen und psychische oder kör- perliche Besonderheiten hinzu. Alle diese Ursachen sind mit Pro- phylaxemaßnahmen nur schwer zu beeinflussen. Wirken sie langfristig weiter, entstehen abstehende Kom- Quellen: 1 www.zahnarztweilenmann.ch/ #Leistung, Bisshebung,id30MitOel. 2 „Einschleifen und Ansetzen“, Dental Tribune Deutschland, Österreich, Schweiz 12/2016, 4ff. Kontakt Infos zum Autor Dr. med. dent. Walter Weilenmann Zentralstr. 4 8623 Wetzikon, Schweiz Tel.: +41 44 9303303 w.weilenmann@hispeed.ch www.zahnarztweilenmann.ch

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