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Dental Tribune Swiss Edition No. 8, 2017

26 CME DENTAL TRIBUNE · D-A-CH Edition · Nr. 8/2017 Frühzeitige Extraktion und Implantation furkationsbefallener Molaren Den Sinn und Unsinn eines solchen Vorgehens erörtern Dr. med. dent. Lisa Hierse, Magdeburg, Deutschland, und Priv.-Doz. Dr. med. dent. Moritz Kebschull, Bonn, Deutschland. Einer der häufigsten Extraktions- gründe ist neben kariöser Zerstö- rung und endodontischer Pro- bleme die parodontale Schädigung der Zähne. In den letzten Jahren haben sich Fortschritte in der anti- infektiösen Therapie und ebenfalls bei den parodontalchirurgischen Maßnahmen ergeben, wodurch auch Zähne mit starkem Attach- mentverlust langfristig erhalten werden können. Daher ist es wich- tig, die Ergebnisse der parodonta- len Therapie so genau wie möglich vorherzusagen und abzuschätzen, ob ein Erhalt parodontal stark geschädigter Zähne sinnvoll und möglich ist oder doch die Extrak- tion die bessere Entscheidung dar- stellt. Besonders bei furkations- betroffenen Zähnen ist diese Ent- scheidung nicht immer einfach. Diagnostik der Furkationsbeteiligung Die Messung der Furkations- beteiligung ist ein wesentlicher Bestandteil des Attachmentstatus und für die Prognoseeinschätzung sowie die Therapieoptionen des je- weiligen Zahns von großer Bedeu- tung. Dies gestaltet sich allerdings nicht immer einfach, da in Abhän- gigkeit von der Wurzelkonfigura- tion und Zahnstellung nur schwer im Approximalbereich zu sondie- ren ist. Um dem gekrümmten Ver- lauf der Furkation folgen zu kön- nen, wird eine gebogene Sonde verwendet. Die Einteilung der Fur- kationsbeteiligung richtet sich da- nach, wie tief die Sonde in die Fur- kation eindringen kann, und teilt sich in vier Grade ein (Hamp, Nyman et al. 1975). Um den inter- radikulären Knochenabbau noch exakter beurteilen zu können, kann die Anfertigung einer Einzel- zahnröntgenaufnahme eine opti- male Ergänzung darstellen. In die- sem Zusammenhang ist der so - genannte Furcation Arrow von diagnostischem Wert. Dabei handelt es sich um eine dreieckige radiologische Struktur im interradikulären Bereich, die ein Indikator für das Vorhanden- sein einer Furkationsbeteiligung des Grades II oder III ist (Abb. 1a–c). Ein Fehlen dieses Furcation Ar- rows bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass kein interra- dikulärer Knochenabbau vorhan- den ist (Hardekopf, Dunlap et al. 1987). Als weiterführende radiolo- gische Diagnostik kann zum zu- sätzlichen Informationsgewinn die Anfertigung eines digitalen Volu- mentomogramms in Betracht ge- zogen werden. Hier kann die drei- dimensionale Darstellung des in- terradikulären Knochens ziemlich exakt gezeigt werden (Walter, Wei- ger et al. 2010). Allerdings sollte dabei die zusätzliche Strahlenbe- lastung der Patienten berücksich- tigt werden. Daher kann die Anfer- tigung eines digitalen Volumento- mogramms zur ausschließlichen parodontalen Diagnostik nicht uneingeschränkt empfohlen wer- den. 1b 1c 2c 1a 2a 2b Abb. 1a–c: Furcation Arrow als diagnostisches Mittel, dreieckige Struktur im interradi- kulären Bereich. – Abb. 2a–c: Klinisches Beispiel für eine Periimplantitis. a) Erhöhte periimplantäre Sondierungstiefen, Pusaustritt und Blutung sichtbar. b) Röntgenolo- gisch sichtbarer schüsselförmiger Knochendefekt, der mehrere Implantatwindungen freigelegt hat. c) Klinische Situation des ausgeprägten periimplantären Knochendefekts nach Aufklappung. Weiterhin werden im ausführ- lichen CME-Artikel die folgenden Themen erläutert: parodontale Thera pie von Molaren ohne Fur- kationsbefall, parodontale Therapie von Molaren mit Furkationsbefall, nichtchirurgisches Vorgehen bei Molaren mit Furkationsbeteiligung, parodontalchirurgisch regeneratives Vorgehen bei Molaren mit Furka- tionsbeteiligung, parodontalchirur- gisch resektives Vorgehen bei Mola- ren mit Furkationsbeteiligung und das Problem furkationsbefallener Oberkiefermolaren. Der gesamte CME-Artikel ist über den QR-Code abrufbar. Extraktion von furkationsbe- fallenen Molaren im Oberkiefer zur Vermeidung eines Sinus- lifts? Bei furkationsbefallenen Ober- kiefermolaren muss das Risiko be- rücksichtigt werden, dass eine paro- dontale Destruktion trotz Therapie progredient sein kann und so das Knochenangebot für eine spätere Implantation weiter reduziert wird. In diesem Zusammenhang ist die Überlegung eines Sinuslifts nahelie- gend, und es stellt sich die Frage, ob parodontal geschädigte Zähne bes- ser extrahiert werden sollten, um so die Notwendigkeit des Sinuslifts zu umgehen, oder bei der Entschei- dung, externer oder interner Sinus- lift, die weniger aufwendige interne Methode zu wählen. So wird im All- gemeinen angenommen, dass bei einem reduzierten Knochenangebot ein Sinuslift zur sicheren Veranke- rung der Implantate notwendig ist. Die Entscheidung, ob dieser intern oder extern durchgeführt wird, ist abhängig vom Restknochen bzw. der zu augmentierenden Distanz. Allerdings zeigen aktuelle syste- mische Übersichtsarbeiten aus der Schweiz sowie von der Cochrane Gruppe ähnliche Erfolgsraten so- wohl für den internen als auch den externen Sinuslift (Esposito, Felice et al. 2014), wobei sogar eine Ten- denz für eine erhöhte Misserfolgs- zahl für den internen Sinuslift ge- zeigt wurde (Pjetursson, Tan et al. 2008; Tan, Lang et al. 2008). Das heißt, der unter Umständen in Kauf genommene Verlust an ver- tikaler Knochenhöhe, der über die Indikation des internen oder exter- nen Sinuslifts entscheidet, spielt für den Implantaterfolg keine Rolle, da keines der beiden Verfahren dem anderen überlegen zu sein scheint. Weiterhin zeigt ein aktuelles Review, dass der Implantatdurch- messer nur einen sekundären Ein- fluss auf den Langzeiterfolg von Implantaten im Oberkieferseiten- zahnbereich besitzt (Javed und Ro- manos 2015). Eine weitere Metaanalyse zeigt ähnliche Implantatverlustraten so- wohl für kurze als auch lange Im- plantate. Somit kann die Schluss- folgerung gezogen werden, dass in Bereichen mit reduziertem Knochenangebot kurze Implantate durchaus gesetzt werden können, um so invasive Augmentationsver- fahren zu reduzieren (Pommer, Frantal et al. 2011). Problem Periimplantitis Implantate sind aus der heuti- gen Zahnmedizin kaum noch weg- zudenken. Zwar wird Implantaten im Allgemeinen eine gute Langzeit- prognose zugesprochen, allerdings gibt es aufgrund sich ständig ver- ändernder Implantatsysteme und Augmentationsverfahren keine zu- verlässigen Langzeitdaten. Wir wis- sen, dass die Periimplantitis ein ernst zu nehmendes Risiko mit einer hohen Prävalenz und zu- nehmenden Inzidenz darstellt (Abb. 2a–c). Eine aktuelle Analyse zeigt, dass fast jeder zweite Patient an einer periimplantären Muko- sitis und jeder fünfte Implantat- patient an einer Periimplantitis leidet (Derks und Tomasi 2014). Bislang gibt es allerdings noch kein allgemein akzeptiertes, vor- hersagbares Therapiekonzept für diese Art des Implantatmisserfol- ges, was ein großes Problem dar- stellt. Zusätzlich ist bekannt, dass die parodontale Vorgeschichte eines Pa - tienten einen starken Einfluss auf die Entstehung und den Schwere- grad einer Periimplantitis nimmt (Saaby, Karring et al. 2014). Paro- dontitispatienten zeigen deutlich schlechtere Implantaterfolgsraten, vor allem Patienten mit aggressiver Parodontitis (Mengel, Behle et al. 2007; De Boever, Quirynen et al. 2009; Swierkot, Lottholz et al. 2012). Daher ist gerade im Oberkie- ferseitenzahnbereich eine höhere Periimplantitisinzidenz zu erwar- ten, wenn die Molaren aufgrund einer Parodontitis entfernt werden mussten. Die Folgen einer schweren Periimplantitis in diesem Bereich sind verheerend, da eine erneute Implantation aufgrund der ana- tomischen Gegebenheiten kaum möglich ist. Fazit Neuerungen in der Parodonti- tistherapie führen dazu, dass auch parodontal stark kompromittierte Zähne unter der Voraussetzung der guten Patientenmitarbeit und re- gelmäßigen Nachsorge immer län- ger erhalten werden können. Be- sonders ist eine schwere Parodontitis schwierig zu handhaben. im Oberkiefer Bei furkationsbefallenen Mola- ren ist ein sequenzielles therapeu- tisches Vorgehen empfehlenswert. Demnach sollten zunächst die Therapiemöglichkeiten des Zahn- erhalts ausgenutzt und erst im 2 CME-Fortbildung Frühzeitige Extraktion und Implantation furkationsbefallener Molaren Dr. med. dent. Lisa Hierse Priv.-Doz. Dr. med. dent. Moritz Kebschull CME-Punkte Infos zur CME-Fortbildung auf ZWP online Gesamter CME-Artikel CME-ID 76062 Zum Beantworten dieses Fragebogens registrie- ren Sie sich bitte unter: www.zwp-online.info/ de/cme-fortbildung zweiten Schritt die Extraktion und Implantation durchgeführt werden. Keinesfalls sollten Implantate als Standardtherapie für furkations- befallene Zähne anzusehen sein. Auch aufgrund der steigenden Lebenserwartung ist es empfeh- lenswert, die therapeutischen Mög- lichkeiten der Parodontitistherapie über viele Jahre hinweg auszu- schöpfen. So wird die Extraktion und Implantation so lange wie möglich hinausgezögert, und folglich auch peri- implantäre Kompli- kationen. DT Literatur Kontakt Infos zur Autorin Dr. med. dent. Lisa Hierse Zahnärztliche Gemeinschaftspraxis Dres. Hierse Ernst-Reuter-Allee 28 39104 Magdeburg, Deutschland lisa.hierse@gmx.net Infos zum Autor Priv.-Doz. Dr. med. dent. Moritz Kebschull Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsklinikum Bonn Welschnonnenstraße 17 53111 Bonn, Deutschland Moritz.Kebschull@ ukb.uni-bonn.de

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