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Dental Tribune Swiss Edition No.6, 2016

13 Continuing Education DENTAL TRIBUNE Swiss Edition Nr. 6/2016 · 17. Juni 2016 Im Kiefergelenk – odontogener Tumor in schwieriger Lage Chirurgische Therapie eines keratozystisch odontogenen Tumors des Ramus ascendens mandibulae mit Ausdehnung bis ins Kiefergelenkköpfchen. Von Dr. Dr. Christoph Zizelmann und Priv.-Doz. Dr. Dr. Thomas Fillies, Stuttgart. Der keratozystisch odontogene Tumor zählt nach dem Amelo- blastom zu den häufigsten odon- togenen Tumoren des Kiefers. Häufigste Lokalisation ist die Kieferwinkelregion sowie der Ramus ascendens mandibulae. Er ist durch sein lokal aggressives Wachstum und seine Rezidivnei- gung gekennzeichnet. Anamnese und Diagnostik Ein 33-jähriger Patient wurde erstmals in die Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschir- urgie des Marienhospitals Stutt- gart überwiesen zur weiteren Ab- klärung zweier im OPG auffälli- gen zystischen Aufhellungen im Bereich des Ramus ascendens und im Kiefergelenkköpfchen links (Abb. 1). Weiterhin zeigte sich eine Resorption der distalen Wurzel des Zahnes 37 bei positiver Vitali- tätsprobe. Klinisch war der Patient ohne Beschwerden. Die Anamnese ergab die Entfernung eines Weis- heitszahnes und einer Keratozyste vor drei Jahren im Unterkiefer links. Zur genaueren Ausdeh- nungsbestimmung wurde eine weitere radiologische Diagnostik durch eine CT des Unterkiefers veranlasst. Hier konnte eine Ver- bindung beider zystischer Hohl- räume nachgewiesen werden. Im Bereich des Kiefergelenkköpf- chens war die zystische Raumfor- derung allseits von kortikalem Knochen umgeben (Abb. 2). Behandlungsplan Bei hochgradigem Verdacht auf ein Rezidiv eines bekannten keratozystisch odontogenen Tu- mors wurde eine Zystektomie mit einer zusätzlichen randständigen Osteotomie in Intubationsnarkose geplant. Wegen der Lokalisation des Tumors wurde ein kombinier- ter Zugang von präaurikulär, mit Eröffnung des Kiefergelenks, sowie von enoral geplant. Chirurgische Therapie und Verlauf In Intubationsnarkose erfolgte zunächst die Exposition des Tu- mors von intraoral über einen Zu- gang entsprechend dem standard- mässigen Vorgehen zur Vorberei- tung einer sagittalen Spaltung des Ramus ascendens (Abb. 3). Nach Zystektomie des basalen Anteils des Tumors wurde der randstän- dige Knochen mit einer Diamant- kugel osteotomiert. Über einen präaurikulären Zugang wurde die Kiefergelenkkapsel eröffnet und das Capitulum im unteren Gelenk- raum dargestellt. Das Kieferge- lenkköpfchen wurde lateral klein- flächig geöffnet und der Tumor dargestellt (Abb. 4). Nach Zystek- tomie erfolgte unter arthroskopi- scher Kontrolle (KARL STORZ, HOPKINS® in 0-Grad- und 30- Grad-Optik) die randständige Osteotomie. Von enoral wurde mit einer langen Knochenfräse die enge Verbindung beider Hohl- räume im Gelenkhals ausgefräst. Nach Einlage von Kollagen er- folgte der Wundverschluss. Abbil- dung 5 zeigt das postoperative OPG. Der Patient wurde nach kur- zem stationären Aufenthalt in die ambulante Nachsorge entlassen. Das histopathologische Gutachten bestätigte einen keratozytisch odontogenen Tumor. Abbildung 6 zeigt die präaurikuläre Wundhei- lung vier Wochen postoperativ. Diskussion Der keratozystisch odonto- gene Tumor, der bis zum Jahr 2005 als Keratozyste oder Primordial- zyste bezeichnet wurde, zählt nach dem Ameloblastom zu den häu- figsten odontogenen Tumoren des Kiefers.1 Häufigste Lokalisation ist die Kieferwinkelregion sowie der Ramus ascendens mandibulae.2 Ausdehnungen bis ins Kiefer- gelenk sind dabei beschrieben.3 Er ist durch sein lokal aggressives Wachstum und seine Rezidivnei- gung gekennzeichnet.4 Die ver- schiedenen chirurgischen Thera- pieoptionen hinsichtlich einer Rezidivprophylaxe werden in der Literatur kontrovers diskutiert4,5 , so gibt es hier unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Daten.5 Jedoch scheint die allei- nige Zystektomie ohne weitere Massnahmen mit der höchsten Rezidivrate behaftet zu sein. Zu- sätzliche Massnahmen, wie die Ap- plikation von Fixiermitteln (Car- noy’sche Lösung) oder die erwei- terte periphere Osteotomie, schei- nen die Rezidivrate in vielen Fällen deutlich zu senken.4, 5 Problema- tisch bei der Anwendung von Car- noy’scher Lösung ist das toxische bzw. neurotoxische Potenzial, ins- besondere in Regionen mit unmit- telbarer Lokalisation zum N. al- veolaris inferior.6 Weiterhin gibt es zur Ausdehnung der peripheren Osteotomie keine näheren Emp- fehlungen. In der Praxis kann das Ausmass der peripheren Osteo- tomie, wie in diesem Fall durch benachbarte anatomische Struk- turen, vorgegeben sein. Ebenfalls sind bei einem keratozystischodon- togenenTumor therapeutisch kom- plette Resektionen des betroffenen Knochenabschnittes beschrie- ben.3 Jedoch ist diese Massnahme im Hinblick auf die Verhältnis- mässigkeit besonders kritisch zu prüfen. Vor dem o.g. Hintergrund wird der besondere Stellenwert einer langjährigen Verlaufskont- rolle deutlich. DT Infos zum Autor Christoph Zitzelmann Kontakt Dr. Dr. Christoph Zizelmann Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Fachzahnarzt für Oralchirurgie Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. dent. Thomas Fillies Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Fachzahnarzt für Oralchirurgie Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Marienhospital Stuttgart Böheimstr. 37 70199 Stuttgart 1 2 3 4 Abb. 1: Das OPG zeigt zwei zystische Aufhellungen links im Ramus ascendens mandibulae (Gelenkfortsatzbasis und im Kiefergelenkköpfchen). Auffällig ist auch eine Resorption der distalen Wurzel des Zahnes 37. – Abb. 2: Die CT offenbart die tatsächliche Ausdehnung des Tumors. – Abb. 3: Der Tumor nach Darstellung im Bereich des aufsteigenden Astes des Unterkiefers links. – Abb. 4: Präaurikulärer Zugang mit eröffnetem Kiefergelenkköpfchen. 5 6 Abb. 5: OPG ein Tag nach dem Eingriff. – Abb. 6: Wundheilung präauriculär vier Wochen nach dem Eingriff. Literatur Infos zum Autor Thomas Fillies 234 56

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