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Dental Tribune German Edition No. 7, 2016

DT today 7+8/2016 29 news ANZEIGE Die Entstehung des ersten deutsch-arabischen Dentalwörterbuches Über den Umgang mit fremder Fachsprache und das gegenseitige Lernen voneinander über die Sprachbarriere hinaus. Rebecca Otto, Vorstandsreferentin für Kreisstellen und Öffentlichkeitsarbeit der Landeszahnärztekammer Thüringen, im Gespräch mit Wassim Mukdessi und Dr. Joachim Hoffmann. „ Der syrische Zahnarzt Wassim Mukdessi arbeitet während seiner Hospitanz im IMPLANTarium in Jena auch an einem deutsch-arabi- schen Wörterbuch. Es wäre das erste seiner Art, profitieren könnten davon sowohl Zahnärzte als auch Patienten. Rebecca Otto: Herr Mukdessi, Sie absolvieren ein mehrmonatiges Prak- tikum bei Dr. Joachim Hoffmann, Dr. Christin Drothen und Claus Wächter. Was wollen Sie über Implan- tologie lernen? Wassim Mukdessi: Implantolo- gie interessiert mich auch. Das Wichtigste ist aber für mich das Er- lernen der zahnärztlichen Fachspra- che in Deutsch. Ich möchte für eine Zeit als Zahnarzt in Deutschland ar- beiten und muss nach der allgemei- nen C1-Sprachprüfung als nächstes eine Fachsprachenprüfung beste- hen. Erst dann kann meine Appro- bation von der Universität Latakia anerkannt werden. Sind Sie als Flüchtling nach Jena ge- kommen? W. M.: Nein, ich habe in der Bot- schaft in Beirut nach Vorlage meiner Zeugnisse ein Visum für die Sprach- ausbildung zur Berufsvorbereitung erhalten. Meine Ausbildung wird von mei- ner Familie in Syrien finanziert. Na- türlich spielten die Zerstörung und die Perspektivlosigkeit in unserem Land eine Rolle für meinen Wunsch hier zu arbeiten, aber auch die Mög- lichkeiten der modernen Zahnmedi- zin in Deutschland. Herr Dr. Hoffmann, was waren Ihre Gedanken, als Herr Mukdessi um ei- nen Praktikumsplatz bat? Dr. Joachim Hoffmann: Das war für mich nicht besonders über- raschend, denn in Jena wurden ja schon vor 1989 Kollegen aus Syrien in verschiedenen medizinischen Fachrichtungen ausgebildet. Auch in unserer Praxis haben wir gele- gentlich ausländische Hospitanten. Mutig finde ich das Ziel, in Deutsch- land eine Zulassung zu erwerben, die durch die Sprache so erschwert ist. Dabei hätte es Herr Mukdessi im arabischsprachigen Raum sehr viel leichter. Dort werden die syrischen Kollegen wegen ihrer guten Ausbil- dung mit Kusshand genommen und gut bezahlt. Weshalb also wollten Sie gerade nach Deutschland, Herr Mukdessi? W. M.: Einige Zahnärzte und Professoren in Latakia und Damas- kus haben in Deutschland studiert. Sie sind die besten Zahnärzte in Syrien. Manchmal kamen Zahn- ärzte von hier nach Syrien und zeig- ten uns neue Behandlungsmetho- den. Das Niveau der Zahnmedizin hier ist sehr hoch. Mein Traum war es immer, einen Master in Deutsch- land zu machen. Ich kann mir zu- dem vorstellen, in Deutschland zu arbeiten. Andererseits möchte ich später auch gern wieder nach Sy- rien zurück. Das hängt dann von der Situation in meiner Heimat ab. Haben Sie schon etwas lernen kön- nen? W. M.: Sehr viel. Ich höre zu, wenn mit Patienten und unter Kolle- gen gesprochen wird. Jeden Tag höre ich neue Worte, die ich notie- ren kann. Zu Hause übertrage ich die Fachwörter in eine Datei. Es ent- steht ein dentales deutsch-arabi- sches Fachwörterbuch, das im Inter- net veröffentlicht werden soll. Das ist für mich eine gute Methode zu lernen und vielleicht später ande- ren arabischsprachigen Kollegen zu helfen. Wo sehen Sie die größten fachlichen Unterschiede in der Zahnmedizin zwischen Syrien und Deutschland? W. M.: Ein großer Unterschied besteht in der Hygiene. Die Zahn- ärzte in meiner Heimat müssen viel verbessern. Hier sehe ich selbst nach großen Operationen kaum In- fektionen. Das ist in Syrien sogar nach viel kleineren chirurgischen Eingriffen oft der Fall. Herr Dr. Hoffmann, was nehmen Sie selbst aus der Zusammenarbeit mit? J. H.: Zunächst ist es immer gut, mit Menschen zusammen zu sein, die lernen wollen. Das strahlt Ener- gie aus. Beeindruckend finde ich die Systematik, mit der er sich mit der Sprache auseinandersetzt. Das Fach- wörterbuch ist zwar an arabisch sprechende Zahnärzte adressiert, kann aber auch einmal einem deut- schen Zahnarzt helfen, wenn dieser im arabischen Sprachgebiet behan- delt. Sicher erleichtert ein solches Wörterbuch auch die Kommunika- tion mit Patienten, die als Flücht- linge in Jena leben und bei uns be- handelt werden. Auffällig war aber auch eine Er- fahrung, die jeder von uns schon mehrfach gemacht hat: Bei den ers- ten Begegnungen zwischen Men- schen aus verschiedenen Kultur- kreisen steht auf beiden Seiten oft das Fremde im Zentrum der Wahr- nehmung. Doch sobald Kommunika- tion beginnt, mag sie durch die Spra- che noch so erschwert sein, sobald man zusammen an Themen arbeitet, gewinnen die Gemeinsamkeiten an Bedeutung. Die Fremdheitsgefühle und Klischees lösen sich auf und ge- ben den Blick frei auf den Men- schen, der vor uns steht. Vielen Dank für das Gespräch. Abb. 1: Der syrische Zahnarzt Wassim Mukdessi und Dr. Joachim Hoffmann vom IMPLANTarium in Jena. – Abb. 2: Auszug aus der handschriftlichen Version des dentalen deutsch-arabischen Wörterbuchs. © LZKTh © LZKTh 1 2 Infos zur Autorin Kontakt Rebecca Otto Vorstandmitglied der Landeszahnärztekammer Thüringen 7+8/201629

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