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Dental Tribune German Edition No. 7, 2016

13 DENTAL TRIBUNE German Edition Nr. 7+8/2016 · 27. Juli 2016 Was für viele Unternehmen traditio- nelleRegelist,nimmtauchbeiZahn- ärzten immer mehr zu: Ehe- oder Lebenspartner sowie Familienange- hörige arbeiten gemeinsam in einer Praxis. Das tägliche Miteinander ist in jedem Fall eine Herausforderung. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben Ist es möglich, dentales Berufs- und Privatleben erfolgreich zu ver- einen? Welche Regeln gilt es zu be- achten, wo lauern Fallstricke? Es gibt viele gute Gründe, als Ehefrau (im Folgenden gleichbedeu- tend mit Lebenspartnerin oder auch dem männlichen Pendant) in der Praxis „einzusteigen“. Und dass Kin- der die elterliche Praxis überneh- men, ist für viele Zahnmediziner eine Bestätigung und Weiter- führung ihres Lebenswer- kes. Arbeitskräfte aus dem familiären Bereich in den Betrieb zu inte- grieren,istverlockend. Die eigenen Ange- hörigen kennt man genau. Das Vertrauens- verhältnis ist gegeben, eine loyale Einstellung zum Betrieb und eine hohe Identifikation mit der Praxisführung sind selbstverständlich. Viele Chefs versprechen sich in ihrer Führungsposi- tion einen Austausch auf Augenhöhe und eine Entlas- tung der Verantwortung. Vorteile Tatsächlich sind die Vorteile fa- miliengeführter Unternehmen nicht von der Hand zu weisen. Durch die Zusammenarbeit der Partner und Angehörigen besteht meist eine fla- che Hierarchie. Schlanke Struktu- ren, schnelle und effiziente Entschei- dungswege oder auch Bindung von qualifiziertem Personal sind Vor- züge von Familienunternehmen, stellte schon 2003 die Universität Witten/Herdecke fest. Nicht zuletzt spielen auch finanzielle Überlegun- gen eine Rolle. Zudem kann das Image der Praxis durch die mitar- beitenden Familienangehörigen gesteigert werden, Verbundenheit und funktionierende Partner- schaft werden demonst- riert. Gefahren Der große Unterschied zwi- schen angestellten Mitarbei- tern und Familienangehöri- gen ist die Gestaltung der Personal- kosten und ganz allgemein der Um- gang mit dem feinfühligen Thema Finanzen: Am Ende des Tages geht esumdasGeld,dassinderFamilien- kasse landet. Genau hier lauern jedoch auch Gefahren. Fragen der Sozial- und Rentenversicherung, zustehenden Anteile und arbeitsrechtlichen Fall- stricken sollten mit Fachleuten gründlich durchleuchtet werden. Insbesondere, wenn die geldwerte Entlohnung deutlich unterhalb der üblichen Gehaltstarife liegt, ist eine selbstkritische Betrachtung wich- tig. Neben diesen Risiken sollte auch bedacht werden, was im Falle einer Trennung geregelt sein muss, damit z.B. berufliche Qualifikationen des mitarbeitenden Angehörigen erhal- ten bleiben und keine Nachteile aus der Familientätigkeit entstehen. Im Vorfeld der Zusammen- arbeit, und dann in der Folge regel- mäßig, sollten die Beteiligten die fol- genden Fragen erörtern: • Haben wir ein gemeinsames Ziel? • Wie lautet es? • Warum wollen oder müssen wir gemeinsaminderPraxisarbeiten? • Was wollen und können wir ge- meinsam erreichen? • Was verspricht sich jeder einzelne von uns davon? • Wer wird davon noch profitieren? • Wo sehen wir Risiken? Je offener und ehrlicher darüber ein fairer Austausch geführt wird, umso weniger Missverständnisse oder Enttäuschungen wird es geben. Gerne werden Tätigkeiten der Praxisinhaber an die Ange- hörigen übertragen, die aus Sicht von Z a h n ä r z t e n lästig und un- angenehm sind. So kümmern sich die Partner um Praxisorganisation, Per- sonalverwaltung, Buchhaltung oder dem intimen Thema Geld bei Ab- rechnung, Kontenführung, Steuer – und vielem mehr. Fachkenntnisse erforderlich? Grundsätzlichfindensichineiner Zahnarztpraxis genügend Felder, die ohne spezielle Vorkenntnisse besetzt werden können. Die Erfahrung zeigt aber, dass Fachkenntnisse die Etablie- rung in das bestehende Praxisgefüge als auch im Verständnis der Abläufe und Bedürfnisse der Praxisteams enormerleichtern.EineweitereFaust- regel: Je mehr Angehörige mit ihrer Tätigkeitauf dieZuarbeitundKoope- ration mit Mitarbeitern der Praxis an- gewiesen sind, umso wichtiger ist das Einarbeiten in medizinische Fach- kunde, Sprachgebrauch, zahnmedizi- nische Behandlungsabläufe und den- tale Arbeitsfelder. Deshalb sollte im Vorfeld sehr deutlich geklärt werden, für welche Aufgaben genau der Ange- hörige eingesetzt werden soll und wie wurde bzw.wie wird bisher diese Auf- gabe und von wem erledigt? Wird je- mandem Kompetenz entzogen und wer muss sich mit einer neuen Auf- gabenverteilung abfinden? Werden spezielle Kenntnisse für die Aufgabe erforderlich oder sind sie gewünscht? Und wie kann die Ein- arbeitung am reibungslosesten orga- nisiert werden? Zu klären ist auch, wie eine gute Integration insbeson- dere in lang bestehende Teams mög- lich ist. Informieren Sie alle Team- mitglieder darüber, wie Sie sich die Zusammenarbeit vorstellen und bin- den Sie die Mitarbeiter aktiv mit ein. Eine gut vorbereitete und überdachte Integration von Angehörigen in be- stehende Team- und Prozessstruktu- ren vermeidet unnötigen Stress, Ärger und Enttäuschung. Automatische Führungsrolle Familienangehörige haben auto- matisch in der Praxis eine Führungs- rolle,dielogischeKonsequenzausder flachen Hierarchie. Insofern sind das Wissen und die Kenntnis über Füh- rungsqualifikationen und die eigene Führungspersönlichkeit wichtig. In vielen Fällen lauert das größte Kon- fliktpotenzial in der Ambivalenz von Führungsperson und Führungsrolle. Mitarbeiter und auch Patienten sowie andere außenstehende Perso- nen setzen häufig voraus, dass Ange- hörige über alle Vorgänge der Praxis intensiv Bescheid wissen und spezi- elle Belange gegenüber dem Chef be- sonders gut vertreten können. Um- gekehrt wird jede angespannte Situa- tion sensibel registriert, und bei Aus- einandersetzungen leidet das Praxis- image sofort. Deshalb gilt es, die Rolle der Angehörigen in der Praxis klar zu definieren und im Umgang mit diesen Anliegen Grenzen und Regeln zu setzen. Sonst wird man schnell „zwischen den Stühlen zerrieben“. Über die klare Hierarchie, Aufgaben- teilung und Führungs- gestaltung können Sie bereits viel Kon- fliktpotenzial ent- schärfen. Nähe und Distanz Regeln Sie auch Ihre gemeinsamen Ge- fühle: Streit in Gegen- wart der Mitarbeiter ist ebenso gefährlich wie der Austausch von Zärt- lichkeiten. Pflegen Sie eine gesunde Distanz, indem Sie z.B. das „Du“ gegenüber den Mitarbeitern vermeiden. Auch wenn dieser Umgangston als ein Zeichen für gute Zusammenarbeit gilt, droht bei Auseinandersetzungen Befan- genheit. Motivation und Bestätigung Zur Motivation mitarbeitender Angehöriger und für das Selbstbe- wusstsein sind persönliche Erfolge und Bestätigung notwendig. Fol- gende Fragen können hilfreich sein, den eigenen Bedarf zu definieren: • Was macht mir an meiner Arbeit wirklich Freude und Spaß? • Setze ich mich ein, weil ich will, weil ich kann oder weil ich muss, und was davon ist in welchem Maße o.k. für mich? • Gibt es noch anderes, woraus ich für mich wichtige Motivation zie- hen kann? • Was mache ich, was haben wir für Alternativen, wenn es nicht reicht? Je offener und ehrlicher mit die- sen Fragen umgegangen wird, umso konfliktfreier kann die gemeinsame Arbeit gestaltet werden. Absprachen Benennen Sie am besten vor Be- ginn Ihrer gemeinsamen Tätigkeit, mindestens aber in Ihrer Reflektion alle Risiken, die Ihnen bewusst wer- den oder die aufgetaucht sind, und diskutieren Sie über diese Vorkom- men, Häufigkeit und Betroffene. Spielen Sie „Worst-Case-Situatio- nen“ durch und legen Sie Streitregeln fest. Berücksichtigen Sie dabei auf alle Fälle, dass Auseinandersetzun- gen nie in der Praxis und in Anwe- senheit der Mitarbeiter oder Patien- tenstattfinden. AlsobedarfesRegeln und Absprachen für Konfliktsituati- onen. Die wichtigste: Reden Sie dar- über: Was ist erforderlich, um im Praxiskontext wieder gesprächsbe- reit zu sein? Legen Sie sich ein per- sönliches Morse-Lexikon zurecht, mit dem Sie dem Partner signalisie- ren können, wenn ein Problem auf- taucht. Das kann ein Stichwort sein, ein Bild oder ein Handzeichen. Bedenken Sie Das Risiko, dass Mitarbeiter oder auch Patienten ihre Chefs ge- geneinander ausspielen, dürfen Sie nicht unterschätzen. Wahr ist aber auch, dass die Trennung von Berufs- und Privat- leben im Familienbetrieb weitge- hend aufgehoben wird. Jedem sind der Tagesablauf und die Tätigkeit des Anderen bekannt, er kann sich in die Angelegenheiten des Part- ners einmischen. Alle positiven, aber auch die negativen Themen werden mit nach Hause genom- men. Bei größeren Problemen geht es in Familienunternehmen mitun- ter um die Existenzgrundlage. Auch die Hierarchie der Partner im Familienkontext spielt eine Rolle. In der Partnerschaft lebt man gleichberechtigt, in der Praxis steht beispielsweise der Zahnarzt der Ehefrau als Chef vor. Kinder stehen in der Familienhierarchie unter den Eltern, das kann in der Praxis genau umgekehrt sein. Daraus ent- stehen besondere Situationen, die in schwierigen und kritischen Pra- xissituationen nicht einfacher wer- den. Um diese besondere Konstella- tion zu meistern, gibt es die Option der regelmäßigen „Chefstunde“ oder des „Familienrates“. Legen Sie dazu feste Gesprächszeiten fest, in denen Sie sich ausschließlich über Ihre Zu- sammenarbeit austauschen, und sor- gen Sie für ein kommunikatives Fair Play! Legen Sie gemeinsam klare Grenzen fest: Definieren Sie Zeiten ausschließlich für den Beruf und ausschließlich für das Familien- und Privatleben. Fazit Ein gemeinsames Arbeiten im Familienbetrieb Zahnarztpraxis kann ein gutes und erfolgreiches Konzept sein, wenn die Beteiligten offen und ehrlich mit den Chancen und Risiken umgehen. Dreamteam ist möglich, Rosenkrieg vermeidbar! DT Service Familienunternehmen Zahnarztpraxis: Dreamteam oder Rosenkrieg? Chancen, Risiken und Herausforderungen bei der Integration von Familienmitgliedern in der eigenen Zahnarztpraxis. Von Stephanie Weitz, Bürstadt. Infos zur Autorin Stephanie Weitz © fotohunter/Shutterstock.com © f o t o h u n t e r / S h u t t e r s t o c k . c o m

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