Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Dental Tribune Swiss Edition No. 11, 2016

13 Science DENTAL TRIBUNE Swiss Edition Nr. 11/2016 · 7. November 2016 zerstörungsfrei abzulösen (Abb. 22) bzw. überhaupt auf das Ablösen des Periosts zu verzichten.17,32 Hier hat sich die Piezotome-Chirurgie als eine der wenigen echten Inno- vationen der letzten Jahre in der Knochenchirurgie (Oral- und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, HNO, Neuro- und orthopädischer Chirurgie) als höchst segensreich er- wiesen und dazu beigetragen, bes- sere Ergebnisse mit geringerem Pa- tientenleid zu erzielen. Ebenso darf bei der Verwendung von Knochen- ersatzmaterialien bzw. der längst ge- klärten Diskussion über „Goldstan- dards“ (autologe vs. xenogene vs. synthetische Knochenersatzmateria- lien) nicht das Material für sich (un- termauert durch Studien bezüglich rein virtueller Kunstbegriffe wie „Osteoinduktivität“ und „Osteo- konduktivität“) beurteilt werden, sondern darf in Bezug auf seine sinnvolle Anwendbarkeit nur im Kontext des Primates der Immobili- sation des Augmentationsgebietes und seiner möglichst fehlerverzei- henden Anwendbarkeit auch in ungeübter Hand bewertet werden. Ein historischer Abriss von Techniken der vergangenen Jahr- zehnte: – Verschraubte Eigenknochenblöcke sind erfolgreich, weil das Augmen- tationsgebiet immobilisiert wird und das Periost intakt ist. – Starre verschraubte Titanmembra- nen sind auch ohne Knochen- ersatzmaterial erfolgreich, weil das Augmentationsgebiet immobili- siert wird und das Periost intakt ist. – Granuläre Biomaterialien sind er- folgreich, wenn sie durch eine sta- bil verankerte Membran immobi- lisiert werden (die zwar die Rege- neration durch das intakte Periost blockieren, jedoch durch transkor- tikales Anbohren der Trabekel und deren Endosts die Regeneration ermöglichen). – Der Sinuslift ist immer erfolgreich, wenn das Periost intakt ist, selbst wenn nur Implantate die Si- nusmembran hochhalten. Deshalb stellt die in dieser Stu- die untersuchte neue Klasse der selbsthärtenden Knochenersatzma- terialien nicht aufgrund ihrer che- mischen Zusammensetzung eine der wenigen Innovationen der letzten Jahre dar, sondern wegen ihres bis dato einzigartigen Vermögens, in situ zu einem Analogon eines auto- logen Knochenblocks auszuhärten und somit die grundlegende Forde- rung nach bestmöglicher Immobili- sierung des Augmentationsgebietes zu erfüllen. Wie die Ergebnisse die- ser Studie nachweisen können, müs- sen Augmentationsverfahren und die Wahl des Augmentationsmate- rials neben dem Primat der atrau- matischen und verletzungsfreien Periostablösung durch Piezotome- Chirurgie vor allem im Hinblick auf die kurz- und langfristige Fähigkeit zur Immobilisation des Augmen- tationsgebietes betrachtet werden. Beleuchtet man die Hintergründe für die signifikant unterschiedlichen Eindrehmomentwerte zwischen dem regenerativeren Alveolarkamm der Frontzahnregion und dem weniger regenerativen subantralen Kiefer- kamm zugunsten des INTRALIFTs (bei gleicher knöcherner Basis und Periostabdeckung; Abb. 1 und 2) bei gleichen selbsthärtenden Biomate- rialien (MoSHB und BiSHB), muss zwangsläufig und den Gesetzen der Knochenheilung folgend die Frage gestellt werden, welche funktionel- len Unterschiede vorliegen.33 Als Er- klärungsansatz kann die Tatsache dienen, dass beide Regionen zwar statisch die gleichen optimalen phy- siologischen Voraussetzungen für eine ungestörte Knochenregenera- tion mitbringen, jedoch im Verlauf der Regeneration durch äusserlich einwirkende Kräfte eine unter- schiedlich starke Mobilisierung des noch nicht osseointegrierten Aug- mentates stattfindet: multivektori- elle und starke Kräfte der perioralen Muskulatur auf das anteriore Aug- mentationsgebiet durch Sprechen, Grimassieren, Nahrungsaufnahme (Abb. 23) versus geringe axiale Kräfte auf das subantraleAugmenta- tionsgebiet durch die Druckschwan- kungen in der Kieferhöhle beim Atmen (Abb. 24). Hier müssen wei- tere histomorphometrische Auswer- tungen und Finite-Element-Studien im Zeitverlauf der Knochenregene- ration Aufschluss über die Auswir- kungen dieser Kräfte geben. Jeden- falls kann im Vergleich zu nativem Oberkieferalveolarknochen sowohl mit MoSHBs als auch BiSHBs eine signifikante Verbesserung der bio- mechanischen Stabilität des Regene- rates erzielt werden, wobei BiSHBs mit 60 % HA-Anteil wieder signifi- kant bessere Ergebnisse erbringen als MoSHBs (100 % ȕ-TCP),was auf die raschere Resorption des ȕ-TCP zurückzuführen sein könnte. Die Frage, ob der langfristige Verbleib von osseointegriertem Hydroxyl- apatit im Augmentat, das offensicht- lich die biomechanische Stabilität des Implantatlagers signifikant er- höht und eine bessere Langfristpro- gnose für das Implantat unter funk- tioneller Belastung verspricht, als Fremdkörper betrachtet wird, bleibt eine philosophische Frage. Hy- droxylapatit als elementarer Be- standteil des Röhrenknochens und der Kompakta des Unterkiefers jedes Säugetieres kann kein Fremdkörper sein und wirkt möglicherweise Bie- gekräften durch Lasteinleitung über osseointegrierte Implantate besser entgegen als es der reine, eher elasti- sche Geflechtknochen des Kiefers kann, der evolutionär für die Krafteinleitung über das Parodon- talligament natürlicher Zähne opti- miert wurde, nicht aber zur Auf- nahme starr osseointegrierter Im- plantate. Auch hier müssen Finite- Element-Simulationen Aufschluss über die Biomechanik geben. Zusammenfassung Die Schonung und Vitalerhal- tung von Periost- und Kieferkno- chen durch präzise Präparations- und Osteotomietechniken mittels Piezotome-Chirurgie und der Ein- satz von selbsthärtenden Biomate- rialien als erster echter Ersatz für au- tologe Knochenblöcke hat die Ent- wicklung weniger komplexer Opera- tionstechniken ermöglicht, die auch in ungeübter Hand zu einer höheren Erfolgsrate bei geringerer Patienten- morbidität führen können. Sie scheint auch die biomechanische Qualität des Augmentates für die Aufnahme von Implantaten im Ver- gleich zum nativen Kieferknochen signifikant zu verbessern. Das leich- tere Erlernen und Anwenden dieser Techniken entbindet den praktisch tätigen Oralchirurgen nicht von der Pflicht, in jedem einzelnen Pa- tientenfall das Wissen um die Mechanismen der Knochenheilung und -regeneration praktisch umzuset- zen und diese Tech- niken dem indivi- duellen Fall entspre- chend bestmöglich zu adaptieren. DT Infos zur Autorin Dr. Schlichting Infos zum Autor Dr. Kurrek Infos zum Autor Dr. Trödhan Infos zum Autor Prof. Dr. Wainwright Kontakt DDr. Angelo Chistian Trödhan Institut für Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie und Zahn- heilkunde Allgemeines Krankenhaus der Gemeinde Wien „Hietzing“ Wolkersbergenstr. 1 Pavillon 3a 1130 Wien, Österreich dr.troedhan@gmail.com Dr. Izabela Schlichting Zentrum für Gesichtsästhetik Wien Bräuhausgasse 12 1050 Wien, Österreich ordination.tsl@gmail.com Prof. Dr. Marcel A. Wainwright SWISS BIOHEALTH AG Brückenstr. 13–17 8280 Kreuzlingen, Schweiz info@swiss-biohealth.com Dr. Andreas Kurrek Implantologie-Praxis Oberkassel Dominikanerstr. 10 40545 Düsseldorf, Deutschland dr.kurrek@gmail.com Literatur Abb. 18: Im Uhrzeigersinn: präoperative Situation, postoperatives DVT, DVT nach Implantatinsertion (das Augmentat ist aufgrund seiner höheren röntgenologischen Dichte zum hochatrophen Restalveolarkamm deutlich abgrenzbar). – Abb. 19: Bei- spiele von subantralen Implantatinsertionen bei der Kontrollgruppe I. – Abb. 20: Beispiel einer anterioren Implantatinsertion bei der Kontrollgruppe II. 18 20 Abb. 21: Statistischer ANOVA-, student T-, Tukey-Kramer-Test: Kumulative verglei- chende Drehmomentwerte in Ncm zwischen den Gruppen I und II und zwischen MoSHB und BiSHB. – Abb. 22: Histologischer Schnitt nach Durchführung an einem humanen Kadaverpräparat: TB = Trabekulärer Knochen, BV = Blutgefässe, TV = Fettgewebe, O = Osteoblastensaum, SO = Stratum Osteogenicum, SF = Stratum Fi- brosum; O, SO und SF bilden gemeinsam das Periost der Schneider‘schen Membran; G = Schleimdrüse, RE = respiratorisches Epithel der Schneider‘schen Membran, E = Endosteum. Each Pair Student‘s t 0.05 All Pairs Tukey-Kramer 0.05 ContrGroupNomB one Front- Canine_SP ContrGroupNomB one premol- molar_IL Treatment easy-graft CLASSIC_IL easy-graft CLASSIC_SP easy-graft CRYSTAL_IL easy-graft CRYSTAL_SP Measure 21 22 Abb. 23: Darstellung der multivektoriellen Scherkrafteinwirkungen auf das Augmen- tationsgebiet im Frontzahnabschnitt des Oberkieferalveolarkammes. – Abb. 24: Darstellung der monovektoralen Krafteinwirkung auf das Augmentationsgebiet bei natürlicher Atmung. 24 23 19 1820

Seitenübersicht