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Dental Tribune Swiss Edition No. 11, 2016

12 Science DENTAL TRIBUNE Swiss Edition Nr. 11/2016 · 7. November 2016 Die moderne Augmentationschirur- gie verdrängt aufgrund zahlreicher biokompatibler Materialien zuse- hends die Notwendigkeit autologer Knochentransplantate. Besonders sticht hier die Entwicklung selbsthär- tender Knochenersatzmaterialien als Alternative zum autologen Knochen- blocktransplantat hervor. Im Folgen- den werden Studienprotokolle bewer- tet, diskutiert und zusammengefasst. Ergebnisse Alle Operationen in Gruppe I und Gruppe II verliefen komplikati- onslos mit nur – wie für die Piezo- tome-Chirurgie allgemein bewiesen – geringgradigen Schwellungen und Schmerzgeschehen.22,23 INTRALIFT- Patienten berichteten über ein leich- tes Druckgefühl im Bereich der aug- mentierten Seiten, PeSPTT-Patien- ten über ein voluminöses Gefühl unter der Nase. Einzelauswertung Gruppe I Die Eindrehmomentwerte (In- sertion Torque Values, ITV) betrugen in der Kontrollgruppe, bei der in ausreichendem subantralen Alveo- larkamm Q2-Implantate gleicher Di- mension inseriert wurden (Abb. 19), im Mittel 22,2 Ncm (Standardabwei- chung: 4,6 Ncm), für mit easy-graft CLASSIC (100 % ȕ-TCP) augmen- tierten Sinuslifts 45,9 Ncm (Stan- dardabweichung: 5 Ncm) und easy- graft CRYSTAL (60 % HA, 40 % ȕ-TCP) 56,6 Ncm (Standardabwei- chung: 3,4 Ncm) und zeigten da- mit hoch signifikante Unterschiede (p < 0,05). Einzelauswertung Gruppe II Die Mittelwerte der ITVs in der Kontrollgruppe, bei der im aus- reichend dimensionierten anterioren Alveolarkamm Q1-Implantate glei- cher Dimension inseriert wurden (Abb.20),betrugen27,87 Ncm(Stan- dardabweichung: 6,66 Ncm), für PeSPTT-Augmentationen mit easy- graft CLASSIC 42,51 Ncm (Stan- dardabweichung: 7,03 Ncm) und easy-graft CRYSTAL 52,5 Ncm (Stan- dardabweichung: 8,15 Ncm) eben- falls mit hoch signifikanten Unter- schieden (p < 0,05). Vergleichende Auswertung Gruppe I und II Bei einem Vergleich der Gruppe I und II in Bezug auf die Verwen- dung des biphasischen selbsthärten- den Biomaterials kann ein signifi- kanter Unterschied sowohl für die ITVs als auch die Standardabwei- chung (p < 0,05) zugunsten der Gruppe I festgestellt werden. Glei- chermassen signifikant ist auch der Unterschied der ITVs und deren Standardabweichungen zwischen Gruppe I und II in Bezug auf die Verwendung des monophasischen selbsthärtenden Biomaterials, eben- falls zugunsten der Gruppe I (p < 0,05). Die kumulativen Ergeb- nisse der vergleichenden Analyse zwischen Gruppe I und II mittels One-way ANOVA-Analyse und des student T- und Tukey-Kramer-Tests sind in Abbildung 21 grafisch dar- gestellt. Diskussion Grundvoraussetzung der Hei- lung jeglicher Gewebearten des Säu- getierkörpers – auch des akzidentell oder iatrogen traumatisierten (Kie- fer-)Knochens – ist eine ausrei- chende Versorgung der trauma- tisierten Region mit neu gebildeten Blutgefässen um den erhöhten Sauerstoffbedarf in dieser Region zu decken. Die Neubildung eines aus- reichenden Netzwerkes neuer Blut- gefässe in einer (Knochen-)Wunde als unabdingbare Grundlage der Heilung ist höchst mechanosensitiv und unterbleibt, wenn die (Kno- chen-)Wunde nicht ausreichend im- mobilisiert wird.24 Evolutionär wird diese Immobilisierung von Wunden über Schmerz-Feedbackschleifen ge- regelt, die den Säugetierorganismus zur Ruhigstellung derVerletzung zur Vermeidung von Schmerzen zwin- gen. Im Falle von Knochenverlet- zungen erfolgt dieser Regelmecha- nismus über das sehr dichte Schmerzrezeptoren-Netzwerk des Periosts.25 Periost – und mit diesem das Endost, das jedes einzelne Trabe- kel der Spongiosa umhüllt – ist der alleinige biologische Träger der (Kie- fer-)Knochenheilung und (Kiefer- knochen-)Regeneration. Es ist als einziges Körpergewebe in der Lage, in seinem Stratum osteogenicum (Abb. 22) Präosteoblasten zu bilden, die – nach Immobilisation und dadurch ermöglichte Vaskularisa- tion der (Kiefer-)Knochenwunde – die vollständige Knochenheilung und -regeneration durch Minerali- sation des Kollagenfasernetzwerkes des(Kiefer-)Knochensbewirken.26–29 Auch die Kieferhöhlenschleimhaut (Schneider’sche Membran) ist ultra- strukturell nichts anderes als Periost (Abb. 1, 2 [Teil 1] und 22),denn (Kie- fer-)Knochen könnte ohne vollstän- dige Umkleidung mit Periost nicht existieren oder regenerieren.16,27,30 Periost als makroskopische und vollständige Umkleidung aller (Kie- fer-)Knochen im Säugetierkörper und Endost als mikroskopisches Analogon dürfen jedoch nicht iso- liert voneinander betrachtet werden: Als entscheidender Regelmechanis- mus für die physiologische Erneue- rung des (Kiefer-)Knochens und den zeitlebens belastungsangepasst statt- findenden Umbau ist das Periost über die Sharpey-Fasern mit dem Endost zu einem funktionellen Organ und Regelkreislauf verbun- den, dem sogenannten Periost-Shar- pey fiber-Endost structural conti- nuum (PSE structural continuum), das sich auch als Regulationskreis- lauf der Knochenerneuerung in das Periodontalligament der Zähne er- streckt.31 Erst mit dem umfassenden Wissen und Verständnis der Voraus- setzungen für eine ungestörte (Kie- fer-)Knochenheilung (Immobilisa- tion alsVoraussetzung fürVaskulari- sation) und der alleinigen Rolle des Peri- und Endosteums als funktio- nelles Organ (PSE structural conti- nuum) der (Kiefer-)Knochenrege- neration kann der praktisch tätige Implantologe abseits von teilweise fehlerhaften oder falsch begründe- ten „Kochrezepten“ der Oralchirur- gie und Implantologie die Konse- quenzen seiner chirurgischen Hand- lungen abschätzen und vor allem vorgefertigte chirurgische Proto- kolle betreffs ihrer Anwendbarkeit in der individuellen Patientensituation kritisch hinterfragen. Dies beginnt grundsätzlich bei der Planung des individuellen Patientenfalles unter Einbeziehung grundlegenden phy- sikalischen (Hebelmechanik) und medizinischen Wissens (Knochen- physiologie). Ein kräftiger, bruxie- render Patient mit grossen Kiefer- bögen wird zur Einleitung physiolo- gisch tolerierter Kräfte innerhalb der biologischen Belastungsbandbreite mehr und längere Implantate benö- tigen als ein zarter Patient mit klei- nen Kieferbögen, da die Knochen- qualität nur bis zu einem bestimm- ten Grad die Belastungseinleitung und -toleranz des Kieferknochens infolge der Hebelmechanik kom- pensieren kann. Werden Konzepte wie der Trend zu kurzen Implantaten zur Vermei- dung anspruchsvoller Augmentati- onschirurgie kritiklos und wider jeg- lichen physikalischen und medizini- schen Wissens übernommen, wird der praktisch tätige Implantologe mehr Misserfolge als Erfolge bei sei- nen Patienten zu beklagen haben. In Kenntnis der evolutionären Regeln der (Knochen-)Heilung und des ausführenden Organs (Periost und Endost) wird das Verständnis von Erfolg oder Misserfolg in der Aug- mentationschirurgie jedoch sehr einfach, denn die Operationsmetho- den müssen sich diesem Primat voll- ständig unterordnen. Es darf sich daher nie die Frage stellen,ob ein be- stimmtes Implantat oderAugmenta- tionsmaterial „besser“ ist (denn alle zugelassenen Materialien aus Titan, ZiO, PEEK, Korallen, Kuh- oder sonstiger xenogener Knochen, Bio- gläser, ȕ-TCP oder HA sind vollstän- dig und nachweislich biokompati- bel), sondern ob es in der spezifi- schen Patientensituation richtig an- gewendet wird (Indikationsstellung als grundsätzliche und nicht dele- gierbare Verantwortung des Arztes). Auch die Entwicklung von Techno- logien zur Verbesserung von Opera- tionsergebnissen muss im Hinblick auf die Grundregeln der Kieferkno- chenheilung und -regeneration stets kritisch hinterfragt werden. Mini- malinvasive Techniken zerstören die funktionelle Einheit von Periost, Sharpey-Fasern, Endost geringer als hochinvasive Techniken. Beim Si- nuslift stellt sich daher nie die Frage, welches Operationssystem das bes- sere ist, sondern lediglich, ob es auch in ungeübter Hand vermag, das Periost der Kieferhöhlenschleimhaut als Träger der Knochenregeneration Die biomechanische Stabilität des augmentierten Alveolarkammes im Vergleich zum nativen Kieferknochen (Teil 2) Der hier veröffentlichte zweite Teil des Fachbeitrags widmet sich den weiteren Ergebnissen der Studienprotokolle und fasst diese zusammen. Dabei werden die Vergleichsgruppen ausgewertet und umfassend diskutiert. Von Dr. med. univ. et med. dent. Angelo Christian Trödhan, Dr. med. dent. Izabela Schlichting, Prof. Dr. med. dent. Marcel Wainwright und Dr. med. dent. Andreas Kurrek. Abb. 13: Klinische Situation vor Durchführung der Piezotome enhanced Subperiostal Tunnel Technique (PeSPTT). Auf Position 22 ging alieno loco bereits ein Implantat verloren und eine autologe Knochenblockaugmentation scheiterte ebenfalls alieno loco. 13 Abb. 14: Piezotome-Präparation des subperiostalen Tunnels. – Abb. 15: Einbringen von 2 ccm Biomaterial. – Abb. 16: Zustand nach Modellation und Aushärtung. – Abb. 17: Zustand nach Wundverschluss. 14 15 16 17 14151617

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