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Dental Tribune German Edition No.1, 2017

6 DENTAL TRIBUNE ·German Edition · Nr. 1/2017 Politics Haftungsfalle: Wenn der Patient die empfohlene Behandlung ablehnt Den Zahnarzt trifft in diesem Fall die Pflicht, den Patienten umfassend über die Folgen des Unterlassens aufzuklären. Von Anna Stenger, LL. M., Bad Homburg. Lehnt ein Patient eine gebotene zahnmedizinische Behandlung ab, ist Vorsicht geboten. Neben der Auf- klärungüberdieFolgenistderZahn- arzt dafür beweispflichtig, dass diese Aufklärung auch tatsächlich stattge- funden hat. Kann er diese anhand seiner Dokumentation nicht nach- weisen, drohen Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Pa- tienten. Praxisalltag Solche Fälle kommen im Praxis- alltag regelmäßig vor: Der Zahnarzt empfiehlt dem Patienten eine Be- handlung, doch dieser lehnt zu- nächst ab. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Teilweise scheuen die Pa- tientendieKosteneinerBehandlung, oder aber die Angst vor möglichen Schmerzen lässt sie zögern. Doch die Folgen einer verspäteten oder gar überhaupt nicht durchgeführten Be- handlung können für den Patienten erheblich sein. Oft geht hiermit der Verlust eines Zahnes einher, der bei rechtzeitiger Behandlung hätte er- halten werden können. In diesen Fällen mag man zwar annehmen, das sei dann allein das Problem des Patienten. Doch so ein- fach ist es leider nicht! Patientenrechtegesetz Nach den Vorschriften des Pa- tientenrechtegesetzes muss der be- handelnde Arzt den Patienten über die für die Erteilung der Einwilli- gung wesentlichen Umstände, insbe- sondere über „Art, Umfang, Durch- führung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eig- nung und Erfolgsaussichten im Hin- blick auf die Diagnose oder die The- rapie“ aufklären (§630e BGB). Dies beinhaltet auch die Aufklärung über die Folgen, die aus dem Unterlassen einer gebotenen Behandlung entste- hen können. Dokumentation Lehnt ein Patient die empfohlene Behandlung ab, bedeutet dies Fol- gendes: Der Zahnarzt muss den Pa- tienten dezidiert auf die maßgebli- chen Umstände sowie umfassend auf die Folgen hinweisen, die entstehen können, wenn die Behandlung aus- bleibt. Hinzu kommt, dass die Aufklä- rung gemäß §630f BGB auch doku- mentiert werden muss. Deswegen reicht das Gespräch mit dem Patien- ten allein nicht aus. Vielmehr muss der Inhalt des Aufklärungsgesprächs auch in der Patientenakte vermerkt werden. Ist der Dokumentation der Behandlung nicht zu entnehmen, wie und in welchem Umfang die Aufklärung erfolgte, drohen Scha- denersatz- und Schmerzensgeld- ansprüche des Patienten. Das gilt vor allem dann, wenn nicht hervorgeht, ob sich der Patient ein ausreichendes Bild davon machen konnte, was die Konsequenzen seiner Entscheidung sind. Beweislast Während den Patienten grund- sätzlich die Beweislast für das Vorlie- gen eines Behandlungsfehlers trifft, gilt dieser Grundsatz nicht für die Aufklärung. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung trägt nach den Vorschriften des Patienten- rechtegesetzes (§630h Abs.2 BGB) nämlich der Zahnarzt. Das bedeutet, dass bei fehlender Dokumentation von Aufklärung und Einwilligung das Fehlen der Aufklärung und Ein- willigung vermutet wird. Und das kann weitreichende Folgen haben. InallerRegelwirdsichderZahn- arzt nämlich bei der Vielzahl der Pa- tienten und Behandlungen Jahre später in einem Rechtsstreit nicht mehr an ein einzelnes Aufklärungs- gespräch erinnern können. Behaup- tet dann der Patient, er sei nicht über die Folgen des Ausbleibens der Be- handlung aufgeklärt worden, ist ein Beweis des Gegenteils nur mit einer ordentlichen Dokumentation mög- lich. Fehlt diese, stehen die Chancen für den Patienten gut, mit Schaden- ersatz- und Schmerzensgeldansprü- chen vor Gericht erfolgreich zu sein. Fazit Zahnärzte sollten trotz des zeit- lichen Aufwands großen Wert auf eine ordentliche Dokumentation legen. Dies gilt erst recht für die Aufklärung der Patienten. Ansons- ten ist der den Zahnarzt treffende Beweis, dass der Patient umfassend aufgeklärt worden ist, nur sehr schwer zu führen. DT Infos zur Autorin Kontakt Anna Stenger, LL. M. Rechtsanwältin Fachanwältin für Medizinrecht, LL. M. Lyck + Pätzold . healthcare . recht Nehringstraße 2 61352 Bad Homburg, Deutschland Tel.: +49 6172 139960 kanzlei@medizinanwaelte.de www.medizinanwaelte.de Patientenschutz in Gefahr – Kommission gegen berufliche Regulierung BZÄK kritisiert den Vorstoß in nationales Berufsrecht. BERLIN – Patienten- und Verbrau- cherschutz sind wesentlicher Grund für Vorschriften in Deutschland, die z. B. festlegen, mit welcher Qualifi- kation bestimmte Berufe ausgeübt werden dürfen, so zum Beispiel der Arztberuf. Die Europäische Kommission hat am 10. Januar 2017 mehrere Ge- setzgebungsvorschläge präsentiert, die die Konjunktur des Europäi- schen Binnenmarktes beleben sollen, darunter auch eine Prüfung der „Verhältnismäßigkeit“ von Berufsre- geln. Die Europäische Kommission möchte damit die aus ihrer Sicht „überflüssige nationale Regulierung“ verhindern, um das Wirtschafts- wachstum ohne Barrieren anzukur- beln. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) kritisierte diesen Vorstoß der Brüsseler Behörde massiv. „Die Kommission stellt berufli- che Regulierung unter den General- verdacht, ‚Wirtschaftsbremser‘ zu sein“, so der Präsident der BZÄK, Dr. Peter Engel. „Dieser Weg ist falsch. Die Ökonomie kann nicht der entscheidende Maßstab für nati- onales Berufsrecht sein. Berufsregeln dienen vielmehr dem Patienten- und Verbraucherschutz sowie der Sicher- stellung eines hohen Qualitätsni- veaus. Es ist unverständlich, dass patientenschützende Regeln aufge- weicht werden sollen.“ Der als Proportionalitätstest be- zeichnete Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission beinhal- tet einen umfassenden Prüfauftrag für den nationalen Gesetzgeber. Er soll vor Änderung bestehenden Be- rufsrechtsoderneuemErlassanhand vordefinierter Kriterien prüfen, ob die Regulierung verhältnismäßig ist. ErfasstsinddabeiallereguliertenBe- rufe einschließlich der Gesundheits- berufe. „Der Test ist äußerst kompliziert und höchst bürokratisch“, so Dr. Engel. „Das Europäische Parlament und die im Rat versammelten Mit- gliedstaaten sind gefordert, hier dringend Korrekturen vorzuneh- men.“ Hintergrund Das im Januar 2017 vorgestellte Dienstleistungspaket der Europäi- schen Kommission ist Teil der Bin- nenmarktstrategie, die auf mehr Wirtschaftswachstum innerhalb der EU abzielt. Das neue Dienstleis- tungspaket besteht im Einzelnen aus: einem Verordnungsvorschlag für die Einführung einer Europäi- schen Dienstleistungskarte sowie einemRichtlinienvorschlagüberden rechtlichen und operativen Rahmen einer solchen Karte, einem Richtlini- envorschlag für einen Proportiona- litätstest bzw. eine Verhältnismäßig- keitsprüfung vor Verabschiedung künftiger Berufsregulierung, einer Mitteilung über Reformempfehlun- gen bei regulierten Berufen, einem Richtlinienvorschlag zur besseren Durchsetzung der Dienstleistungs- richtlinie und der Reform des sog. Notifizierungsverfahrens. Bei einem regulierten Beruf wird durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festge- legt, dass die Berufsausübung nur er- folgen darf, wenn der Nachweis über eine bestimmte Qualifikation er- bracht wurde. DT Quelle: BZÄK Gesetzesentwurf wird abgelehnt Stellungnahme der KZBV zum GKV-SVSG unverändert kritisch. BERLIN – Anlässlich der Anhö- rung im Deutschen Bundestag zum sogenannten GKV-Selbstver- waltungsstärkungsgesetz (GKV- SVSG) äußert sich die Kassen- zahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) in einer Stellungnahme unverändert kritisch: „Auch wenn einige ursprünglich vorgesehenen Regelungen und Repressalien mittlerweile nicht weiter verfolgt werden, lehnen wir auch den der- zeitigen Entwurf nach wie vor klar ab. Die Grundkonzeption einer Kontroll- und Bevormundungs- obrigkeit bleibt schließlich be- stehen – unabhängig davon, dass der Hinwendung zu einer forma- len Fachaufsicht zwischenzeitlich eine Absage erteilt wurde. Auch die verbleibenden Maßnahmen würden die Selbstverwaltungs- körperschaften erheblich schwä- chen und für ein funktionierendes Gesundheitswesen notwendige Entscheidungsprozesse lähmen. Damit wir unsere gesetzlichen Aufgaben aber erfüllen können, benötigen wir den dafür unver- zichtbaren Handlungs- und Ge- staltungsspielraum“, sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV. Besonders kritisch sieht die KZBV nach wie vor: • die Pflicht zur namentlichen Abstimmung in der Vertreter- versammlung, durch die sach- widrig in die freie Ausübung des Mandats der Mitglieder einge- griffen und damit gegen demo- kratische Grundsätze verstoßen wird, • die haushaltsrechtlichen Vor- gaben, welche die Haushalts- autonomie als wesentlichen Bestandteil der Selbstverwal- tungshoheit aushöhlen und die Finanzplanung erheblich er- schweren würden, sowie • den möglichen Einsatz eines so- genannten „Entsandten für be- sondere Angelegenheiten“, der unter bestimmten Vorausset- zungen die Körperschaften von innen heraus lenken kann. Appell Die KZBV appelliert mit Nach- druck an den Gesetzgeber, den Ge- setzentwurf vollständig zurück- zuziehen. Das GKV-SVSG richte weit mehr Schaden an als Nutzen. Zumindest aber sollten die ge- planten Regelungen deutlich pra- xistauglicher ausgestaltet werden. Nur dadurch würde verhindert, dass durch eine Verschärfung auf- sichtsrechtlicher Kompetenzen die bislang bewährte Statik der ge- samten Selbstverwaltung und das vertrauensvolle Arbeitsverhältnis mit der Aufsicht ohne Not beein- trächtigt werden. DT Quelle: KZBV Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV © Verbena/Shutterstock.com Tel.: +496172139960

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