4 DENTAL TRIBUNE · German Edition · Nr. 1/2017 Politics Mehr Praxisübernahmen, weniger Neugründungen apoBank und IDZ analysieren Existenzgründungen bei Fachzahnärzten 2015. DÜSSELDORF – Zwar ist 2015 der Anteil an Neugründungen sowohl bei Kieferorthopäden als auch bei Oral- und Mund-, Kiefer- und Ge- sichtschirurgen geschrumpft, den- noch gründen diese Fachgruppen immer noch deutlich häufiger neue Praxen als andere Heilberufler. Immer öfter bevorzugen Kiefer- orthopäden bei Existenzgründung die Übernahme einer bestehenden Praxis; 2015 waren es 65 Prozent. Der Anteil der Neugründungen sank zu 2014 von 45 auf 35 Prozent. Bei Oral- und MKG-Chirurgen gründeten immer noch 44 Prozent eine neue Praxis, obwohl hier mit 17 Prozent ein noch stärkerer Rück- gang innerhalb eines Jahres statt- fand. Investitionen Betrachtet man den Über- nahmepreis nach Fachrichtung, ergibt sich zwischen den Kiefer orthopäden und den Oral- bzw. MKG-Chirurgen eine Differenz von durchschnittlich 100.000 Euro. Die gesamten durchschnittlichen Praxisinvestitionen umfassen zu dem beispielsweise Modernisie- rung, neue Geräte oder Einrich- tungen. Diese waren 2015 bei den Oral- und MKG-Chirurgen mit 499.000 Euro für die Übernahme bezie- hungsweise den Einstieg in eine bestehende Praxis am höchsten. Eine Neugründung in diesem Fach erforderte mit 484.000 Euro nur geringfügig kleinere Ausgaben. Anders bei Kieferorthopäden: Sie investierten im Schnitt 425.000 Euro in eine Neugründung, aber mit 339.000 Euro deutliche 20 Pro- zent weniger in eine Übernahme. Oral- und MKG-Chirurgen bevorzugen Kooperationen 2015 hat sich mit 53 Prozent zumerstenMaldieMehrheitderaus- gewerteten Existenzgründer unter den Oral- und MKG-Chirurgen für die Niederlassung in Berufsaus- übungsgemeinschaften (BAG) ent- schieden, das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr. Von Kiefer orthopäden wird jedoch die Einzel- praxis nach wie vor bevorzugt: 72 Prozent ließen sich in einer neuen Praxis allein nieder oder übernahmen eine als Einzelpraxis. 28 Prozent gründeten gemeinsam mit Kollegen. Exakt das gleiche Ver- hältnis ergab die Analyse der Exis- tenzgründungen 2015 bei den allge- meinen Zahnärzten. Kieferorthopädie für Männer zunehmend attraktiver Bislang überwog der Anteil der Frauen, die sich als Kiefer ortho pädinnen niedergelassen haben. In den letzten Jahren jedoch hat das Interesse der männlichen Kollegen sukzessive zu genommen. 2015 haben sich nun fast genauso viele Männer (49 Prozent) für eine kiefer- orthopädische Praxis entschieden wie Frauen. Unter den Oral- und MKG-Chirurgen dagegen blieben die Werte relativ konstant: In 2015 waren 82 Prozent der Existenzgrün- der männlich, damit bleiben nur diese Fachrichtungen eindeutig eine Männerdomäne. Denn auch der Anteil der weiblichen und männli- chen Existenzgründer bei den All- gemeinzahnärzten ist nahezu aus- geglichen (48 zu 52 Prozent). DT Quelle: apoBank Neue Qualitätsmanagement-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses Um Abläufe zu verbessern und Entlastung in der Praxis zu schaffen, sollten qualitätsfördernde Maßnahmen sinnvoll verankert werden. Von Dr. med. Kirstin Börchers, Herne. BERLIN – Für Vertragszahnarztpra- xen, Vertragsarztpraxen und Kran- kenhäuser gelten künftig einheitli- che Anforderungen an das interne Qualitätsmanagement. Dafür hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine sektorenübergreifende Richtlinie beschlossen, die die grundsätzlichen Anforderungen an das stationäre und ambulante Quali- tätsmanagement regelt und die bis- herigen Richtlinien für den vertrags- zahnärztlichen, den vertragsärztli- chen und stationären Bereich ablöst. Neben der externen Qualitätssi- cherung ist das zahnärztliche praxis- interne Qualitätsmanagement eine unverzichtbare Säule zur Förderung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Arztpraxis. In der Einführung und Weiterentwicklung des praxis- internen Qualitätsmanagements ist es wichtig, qualitätsfördernde In strumente und Maßnahmen sinn- voll zu verankern. Damit wird er- reicht, dass die Abläufe eindeutig ge- staltet sind und immer wieder ver- bessert werden können, überflüssige Arbeiten vermieden werden, eine Entlastung von wiederkehrenden VorgängenerreichtunddieEinarbei- tung von Mitarbeitern erleichtert wird, deren Zufriedenheit sowie der von Patienten steigt und die interne und externe Kommunikation ver- bessert wird. G-BA-Elemente Ein Qualitätsmanagement im zahnmedizinischen Bereich umfasst insbesondere die grundlegenden G-BA-Elemente Patientenorientie- rung einschließlich Patientensicher- heit, Mitarbeiterorientierung ein- schließlich Mitarbeitersicherheit, Prozessorientierung, Kommunika- tion und Kooperation, Informati- onssicherheit und Datenschutz sowie Verantwortung und Führung. Ein funktionierendes Qualitätsmanage- ment in der Zahnarztpraxis sollte so organisiert sein, dass alle Verant- wortlichkeiten, Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen schrift- lich, beispielsweise durch eine Ta- belle, Grafik oder ein Organigramm, festgelegt sind. Die wesentlichen Abläufe der Praxisorganisation sind erkannt, ge- regeltundbeispielsweiseinFormvon Tabellen, Flussdiagrammen oder Verfahrensanweisungen dargestellt. Die Ablaufbeschreibungen stehen den Mitarbeitern der Zahnarztpra- xiszurVerfügung.Esgehtdabeiauch um Regelungen von Öffnungszeiten der Praxis, Erreichbarkeit, Termin- vergabe, Datenschutz und Datensi- cherheit sowie das Gutachterwesen. Da im zahnärztlichen Bereich die Prävention eine wesentliche Rolle spielt, sollte die Zahnarztpraxis ein patientenorientiertes Beschwerde- management mit geregelter Bearbei- tung der Beschwerden durchführen. Sinnvoll ist es, auch den Umgang mit eventuellen Mängelgutachten und den Ergebnissen daraus zu regeln. Für eine sichere und patientenorien- tierte zahnärztliche Versorgung soll- ten besonders die Übergänge entlang der gesamten Versorgungskette so gestaltet sein, dass alle erforderlichen Informationen zeitnah zur Verfü- gung stehen und eine koordinierte Versorgung gewährleistet ist. Dies bezieht sich auch auf die Koordina- tion mit dem zahntechnischen Labor. Erhöhte Patientensicherheit Die neuen G-BA-Regelungen zum Qualitätsmanagement sollen die Patientensicherheit weiter erhö- hen durch: • Einsatz von Checklisten, z. B. OP-Checkliste bei Sedierung und operativen Eingriffen durch zwei oder mehr Ärzte. • Anwendung von Risikomanage- ment-Maßnahmen, z. B. Risiko audits, sowie Fallanalysen. • Bearbeitung von Fehlermeldun- gen im Rahmen von Fehlermel- desystemen zur Einleitung von Verbesserungsprozessen. Das ge- meinsame Berichts- und Lern system von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und Bundes- zahnärztekammer „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ (CIRS: Critical Incident Reporting System) leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Patientensicher- heit. Das Arzneimittelmanagement steht schon lange im Spannungsfeld von Sicherheit und Wirtschaftlich- keit. Dies greift die aktuelle G-BA-Richtlinie auf. Das bedeutet, dass die Zahnarztpraxis bei der Ver- ordnung und Verabreichung von Arzneimitteln vermeidbare Risiken identifiziert und sicherstellt, dass einschlägige Empfehlungen im Um- gangmitArzneimittelnbekanntsind und dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um Risiken im Medikationsprozess zu minimie - ren, zum Beispiel das Vermeiden von Verwechslungen bei der Verabrei- chung von Medikamenten durch eine Sicherheitscheckliste. Risikomanagement Im Rahmen des Risikomanage- ments sind die Verantwortlichkeiten besonders für folgende zahnärztliche sicherheitsrelevante Abläufe zu be- rücksichtigen: • Es wird eine dem Patienten und Leistungsspektrum entsprechende Notfallausstattung und Notfall- kompetenz, die durch regelmäßi- ges Notfalltraining aktualisiert wird, vorgehalten. Die Mitarbeiter der Zahnarztpraxis sind im Er- kennen von und Handeln bei Not- fallsituationen geschult. • Bei Patienten mit bestehenden sowie zu erwartenden Schmerzen erfolgt ein Schmerzmanagement, dasdemEntstehenvonSchmerzen vorbeugt, sie reduziert oder besei- tigt. • Im Rahmen der Sturzprophylaxe werden Risiken und Gefahren er- kannt und nach Möglichkeit be- seitigt oder reduziert. Dazu gehö- ren Maßnahmen zur Risikoein- schätzung und vor allem adäquate Maßnahmen zur Sturzprävention. • Hygiene- und infektionsmedizi- nisch assoziierte Strukturen und Prozesse – als Voraussetzung für die Gewährleistung der Patienten- sicherheit – sind geregelt. Dazu ge- hören z. B. auch der sachgerechte Einsatz antimikrobieller Substan- zen sowie Maßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Erre- ger.ZursachgerechtenUmsetzung sind eine konsequent eingehaltene (Basis-)Hygiene, eine aussagekräf- tigeÜberwachungunddergezielte undkontrollierteUmgangmitAn- tibiotika durch entsprechend qua- lifizierte Mitarbeiter eingeführt. Fazit: QM muss nicht nur sein, es lohnt sich auch ObwohlimmernochvieleZahn- ärzte der Einführung des vom Ge- setzgeber geforderten Qualitätsma- nagements kritisch gegenüberstehen und es als lästige Pflichtveranstal- tung sehen, berichten Praxisinha- ber, die mit ihrem Team bereits ein QM-System aufgebaut haben, von ganz anderen Erfahrungen. Diese beziehen sich zum einen auf eine spürbare Entlastung von der Praxis- organisation, die mit einem gut auf- gebauten und von den Teammitglie- dern gelebtem QM fast von alleine läuft. Zum anderen bleibt mehr Zeit für Patienten und die strategische Praxisführung. Der qualitätsorien- tierte Umbau des deutschen Ge- sundheitssystems und die Entwick- lung neuer Versorgungsstrukturen fordern ein professionelles zahn- ärztliches Praxismanagement, Mit- arbeiterentwicklung sowie patien- tenorientierte und sichere Abläufe. Die zunehmende interdisziplinäre und sektorenübergreifende Zusam- menarbeit und Vernetzung von am- bulanten und stationären Einrich- tungen setzt bei allen Beteiligten ein gemeinsames Verständnis von Qua- litäts- und Risikomanagement vor- aus. Genau hier setzt die aktuelle Qualitätsmanagement-Richtlinie des G-BA an. DT Infos zur Autorin Kontakt Dr. med. Kirstin Börchers QM BÖRCHERS CONSULTING + Bochumer Straße 42 44623 Herne, Deutschland Tel.: +49 2323 3845203 kontakt@qm-boerchers.de www.qm-boerchers.de Existenzgründungsanalyse Fachzahnärzte & MKG | Dezember 2016 | S. 9 82% 80% 82% 18% 20% 18% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 2013 2014 2015 männlich weiblich Quelle: apoBank / IDZ Oralchirurgen & MKG: Existenzgründer nach Geschlecht. Chirurgie von Männern präferiert. Existenzgründungsanalyse Fachzahnärzte & MKG | Dezember 2016 | S. 3 52% 61% 44% 48% 39% 56% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2013 2014 2015 Übernahme einer bzw. Beitritt / Einstieg in eine Praxis Neugründung Einzelpraxis & Berufsausübungs- gemeinschaft Neugründungen rückläufig. Quelle: apoBank / IDZ Oralchirurgen & MKG: Neugründung versus Übernahme. Tel.: +4923233845203 201320142015 201320142015