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Zahnärztliche Assistenz No. 1/2015

40 No. 1/2015·10. Juni 2015DU & ICH Zahnmedizinische Hilfe für die Ärmsten Mit ihrem Praxisteam war ZMF Michaela Rothfeld in Madagaskar für die Organisation Mercy Ships im Einsatz. Es gibt auf der Welt viele, die chan- cenlos sind und denen notwendige Unterstützung versagt bleibt. Des- halb setzen sich zahlreiche zahn- ärztliche Assistenten, Zahntechni- ker und Zahnärzte uneigennützig für Bedürftige ein. Sie engagieren sich in sozialen Projekten und set- zen so im Namen der Zahnmedizin weltweit ein Zeichen für Hilfsbereit- schaft. Wir stellen diese Menschen vor und lassen sie von ihren Erfah- rungen berichten – so wie Micha- ela Rothfeld, ZMF aus Thüringen. Anfang April war sie für zwei Wo- chen mit ihren Praxiskollegen mit der Africa Mercy, dem weltweit größten privaten Hospitalschiff, in Madagaskar und hat ehrenamtlich Einheimische von ihren Zahnleiden befreit. Im Interview erzählt sie von ihren Eindrücken. Frau Rothfeld, Sie sind seit 1994 als zahnärztliche Assistenz in einer Jenaer Zahnarztpraxis tätig. Welche Aufgaben übernehmen Sie hier? Hauptsächlich helfe ich als Assis- tenz am Behandlungsstuhl. Vor acht Jahren habe ich eine Fortbildung zur Zahnmedizinischen Fachassis- tenz gemacht und arbeite deshalb auch selbstständig mit Patienten. Professionelle Zahnreinigungen, Zahnsteinentfernung, Fissurenver- siegelungen und Prohylaxemaßnah- menbeiKinderngehörenzumeinen täglichen Aufgaben. Ebenso gehört aber auch die Hygiene und Ins- trumentenaufbereitung dazu. Der selbstständige Umgang mit den Patienten ist es aber, was ich am meis- ten an meiner Arbeit liebe. Im Rahmen der Initia- tive Mercy Ships wa- ren Sie kürzlich mit dem Hospitalschiff Africa Mercy in Mada- gaskar tätig. Was hat Sie bewogen, einen Auslandseinsatz anzutreten? Wir haben in unserer Praxis schon öfter darüber gesprochen, dass ein Auslandseinsatz interessant für uns wäre. Nachdem wir dann erfuhren, dass Dürr Dental einen Einsatz für MercyShipssponsert,habenwiruns kurzerhand entschlossen, uns als Team für einen Einsatz zu bewerben. Dies war für uns alle der erste ehren- amtliche Einsatz. Mussten Sie spezielle Vorbereitun- gen treffen und wie verlief die Orga- nisation Ihrer Reise? Sobald wir erfuhren, dass wir für Mercy Ships arbeiten dürfen, haben wir mit den Vorbereitungen ange- fangen. Neben einer Gelbfieberimp- fung bekamen wir insgesamt ca. zwölf Impfungen (z.B. Tollwut, Ma- sern, Hepatitis usw.). Gleichzeitig meldeten wir uns alle zum Englisch- kurs an, da Englisch die Hauptspra- cheaufdemSchiffist.VonFreunden, Arbeitskollegen und Vereinsmitglie- dern mussten wir eine Art „Eig- nungszeugnis“ausstellenlassenund selbst einige Formulare ausfüllen. Um alle anderen Formalitäten mit den ausländischen Behörden sowie um den Transfer und Zwischenüber- nachtungen kümmerte sich Mercy Ships. Das hat alles super geklappt. Mit welchen Beschwerden kamen die Menschen zu Ihnen und was waren Ihre Aufgaben während der Behandlungen? WährendunseresEinsatzeshaben wir hauptsächlich viele Zähne ge- zogen. Die meisten Menschen hat- ten aufgrund mangelnder Mundhy- giene stark kariöse Gebisse und sehr viel Zahnstein. Die Behandlungs- möglichkeiten vor Ort waren relativ einfach. Da keine Röntgengeräte, Ultraschallgeräte, Wurzelbehand- lungsinstrumente o.ä. zur Verfü- gung standen, konnten wir auch nur wenige Füllungen machen. Es kam nicht selten vor, dass wir bei einem Patienten zehn bis zwölf Zähne mit einem Mal entfernen mussten. Ich habe mit einer anderen deut- schen Zahnärztin und einem ma- dagassischen Helfer zusammen an zwei Behandlungsstühlen gleich- zeitig behandelt. Meine Aufgaben waren hauptsächlich die Vorberei- tung von Spritzen und Instrumenten wie Hebel, Zangen, Tupfer oder Fül- lungsinstrumente sowie die Reini- gung und Desinfektion des Behand- lungsstuhls. Bei einigen Patienten konnte ich selbst mit Handinstru- menten den gröbsten Zahnstein ent- fernen. Manchmal habe ich auch am Stuhl einer Kinderzahnärztin mitge- holfen. Ich habe die Kinder beruhigt, Händchen gehalten oder mit ihnen gespielt, um die Wartezeit bis zur Behandlung für sie zu verkürzen. Gab es Schwierigkeiten oder unge- wohnte Situationen und wie war die Arbeit mit dem restlichen Team? Der Behandlungsraum war mit neun Behandlungsstühlen ausge- stattet.Allewarenfastgleichzeitigin Betrieb. Es waren sieben Zahnärzte, fünf Assistenten und einige mada- gassische Helfer zum Übersetzen im Team. Um die Geräusche von den Einheiten zu übertönen und um die Stimmung zu heben, hat man noch eine Musikanlage angestellt. Wenn ein Patient vor Schmerz schrie, wurdedieAnlagelautergedreht.Die madagassischen Helfer sangen auch oft mit. Der Geräuschpegel im Raum war teilweise sehr hoch und für uns völlig ungewohnt. Trotzdem war das gesamte Team immer nett und fröhlich und man unterstützte sich stets gegenseitig. In den Pausen ha- ben wir versucht, die jeweils andere Sprache zu lernen und hatten dabei viel Spaß. Welche Erfahrungen – beruflich und menschlich – konnten Sie mit nach Hause nehmen? Es war für mich unheimlich beein- druckend, wie nett und freundlich die Menschen in Madagaskar sind und wie dankbar sie über unsere Hilfewaren.ObwohlessovielArmut und Elend gibt, machten sie trotz- dem einen zufriedenen Eindruck. Die Patienten mussten teilweise sehr lange in der Sonne Schlange ste- hen, um einen Behandlungstermin zu bekommen. Trotzdem haben alle geduldig gewartet und uns sogar noch freundlich zugewinkt, wenn wiranihnenvorbeifuhren.Ichdenke, das wäre in unserem Land nicht vorstellbar. Was raten Sie anderen zahnmedi- zinischen Assistenten, die sich gern engagieren möchten, aber diesbe- züglich noch unsicher sind? Ich würde jedem raten, zuerst Erfahrungsberichte anderer zu le- sen, um einen Einblick zu gewinnen. Sicher ist zunächst ein kurzer Ein- satzzeitraum empfehlenswert – Wir starteten mit zwei Wochen, das ist eine überschaubare Zeit. Wer sich unsicher ist, kann vielleicht einen Freund oder Kollegen überzeugen, ihn zu begleiten. Zusammen ist man weniger allein. Was hat Sie bei Ihrem Einsatz für Mercy Ships besonders beein- druckt? Gibt es einen Moment, der Ihnen noch lange im Gedächtnis bleiben wird? An meinem ersten Arbeitstag saß ein kleines Mädchen von ca. zwölf Jahren auf dem Behandlungsstuhl. Die oberen Schneidezähne waren zerstört und wir waren gezwungen, sie zu ziehen. Das Mädchen weinte fürchterlichundmirkamenebenfalls die Tränen, da ich an meinen 12-jäh- rigen Sohn denken musste. Ich hätte mir nicht vorstellen können, wie es wäre, wenn man ihm die bleibenden Frontzähne ziehen müsste. Zahn- ersatz war leider nicht möglich und das Mädchen tat mir extrem leid. Trotzdem hat sie nach der Behand- lung wieder gelächelt. Ein anderes Mal kam ein 31-jäh- riger Patient mit einem komplett zerstörten Gebiss. Uns blieb nur, alle Zähne im Oberkiefer zu entfernen – in Deutschland eine Horrorsituation. Der junge Mann strahlte aber nach der Behandlung glücklich und zahn- los und bedankte sich bei jedem für die Hilfe. Das waren Situationen, die ich wohl mein ganzes Leben lang nicht vergessen werde. Vielen Dank für die interessanten Einblicke! Kontakt ZMF Michaela Rothfeld Zahnarztpraxis Jana Brandner Westbahnhofstr. 2, 07745 Jena „Wer die Ärmsten dieser Welt ge- sehen hat, fühlt sich reich genug zu helfen.“ (Albert Schweitzer) aber, was ich am meis- ten an meiner Arbeit Im Rahmen der Initia- tive Mercy Ships wa- 1 4 2 3 Abb. 1: Die Organisation Mercy Ships bringt seit 1987 per Schiff medizinische Hilfe in die ärmsten Länder der Erde. Abb. 2: ZMF Michaela Rothfeld aus Sulza war zwei Wochen für Mercy Ships in Madagaskar. Abb. 3: Neben der Vorbereitung von Instrumenten und Stuhl konnte Michaela Rothfeld auch selbst Zahnstein entfernen. Abb.4:DieArbeitssituationindermadagassischenZahnklinikwaretwasungewohnt,aberdasTeamarbeiteteHandinHand. (Alle Fotos © Mercy Ships)  Bilderrahmen:©sidmay

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