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Dental Tribune Austrian Edition No. 1, 2018

10 Science DENTAL TRIBUNE · Austrian Edition · Nr. 1/2018 Auswirkung von Xerostomie auf die Lebensqualität Anamnese und angepasste Zahn- und Mundpfl egekonzepte können die Ursachen wirksam bekämpfen. Dr. Frederic Meyer und Dr. Joachim Enax, beide Bielefeld, Deutschland. % n i s s u l f l e h c i e p S r e t r e i l u m i t S 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Abb. 1 Stimulierter Speichelfluss (%) Immunoglobuline, Amylasen, Cystatine, Histatine, Mucine, Peroxidasen, Lactoferrin, Lysozym Histatine Antibakteriell Säurepuffer Cystatine, Mucine Antiviral Verdauung Amylasen, Mucine, Lipasen Speichel- funktion Anti- mykotisch Histatine Ausbildung der Schutzschicht Viskosität Unterstützung der Minerali- sation Cystatine, Histatine, Proline-reiche Proteine Statherine 0 1–3 4–6 Anzahl der Medikamente pro Tag >7 Amylasen, Cystatine, Mucine, Proline-reiche Proteine Abb. 2 Mucine, Statherine Abb. 1: Einfl uss der Anzahl an Medikamenten pro Tag auf den stimulierten Speichelfl uss. Ein deutlicher Rückgang des Speichelfl usses ist zu beobachten. Die ausgewählten Perso- nen dieser Studie waren zwischen 76 und 86 Jahre alt und bekamen Nitrate (NO), Digitalis oder Antiarrhythmika (gegen Vorhoffl immern), Analgetika und Antidepressiva (vor- wiegend gegen Schmerzen) sowie Diuretika verabreicht. Bearbeitet nach Narhi et al.13, 14 – Abb. 2: Organische Bestandteile des Speichels und ihre Funktion. Die organischen Bestandteile des Speichels machen weniger als ein Prozent der Gesamtmenge aus. Antimikrobielle Substanzen sorgen für eine Kontrolle der Biofi lmbildung auf der Zahnhartsubstanz und auf den Weichgeweben des oralen Kompartiments.28–34 scher Wirkstoff.37, 38 Najabfard et al. beschreiben in ihrer bereits 2011 erschienenen Publikation, dass Hydroxy lapatit auch bei wenig Speichel ein effektiver Wirkstoff ist.39 Ferner sollten Produkte emp- fohlen werden, die Wirkstoffe mit polaren funktionellen Gruppen haben, wie zum Beispiel Glycerin, Sorbitol oder Betain. Derartige Inhaltsstoffe können Feuchtigkeit im Gewebe zurückhalten und so für ein angenehmes Mundgefühl sorgen. Entscheidend ist hier die Effektlänge der jeweiligen Sub- stanz, die ab hängig von der einge- setzten Konzentration sein kann. Der pH-Wert sollte im neutralen Bereich der Mundhöhle (pH ca. 7) liegen. Zusätzlich sollten antibak- terielle Wirk stoffe (z. B. Xylitol, Zink oder Lactoferrin) enthalten sein. Neben der me chanischen Pla- quekontrolle (Zähne putzen) kann durch antimikrobielle Wirkstoffe eine zusätzliche Inhi bierung des Biofi lmwachstums erreicht wer- den. Fazit Mundtrockenheit in Form von Hyposalivation oder Xerostomie betrifft etwa 50 Prozent aller er- wachsenen Personen. Daher ist es wichtig, bei der Anamnese und beim Pa tientenkontakt bewusst auf entsprechende Symptome zu achten. Anzeichen können sowohl erfragt werden (spezielle Fragebö- gen) als auch diagnostisch über kariös veränderte Zahnhartsub- stanz primär am (freiliegenden) Zahnhals fest gestellt werden. Eine angepasste Mund- und Zahn- pf lege mit re mineralisierenden Wirkstoffen, die auch bei Mund- trockenheit wirksam ist (Calcium- phosphatverbindungen wie z. B. Hydroxylapatit, CPP-ACP), sowie befeuchtenden (Glycerin, Hyalu- ron) und pf legenden Wirkstoffen (Allantoin, Pan thenol), sollte die Folge sein. Literatur Die Autoren danken Frau Dr. Barbara Simader für fachliche Dis- kussionen. DT schen Ionen sind im Speichel auch antimikrobielle Substanzen enthal- ten. Diese Wirkstoffe kontrollieren sowohl den Biofi lm auf den Zähnen als auch am Zahnfl eischrand und auf der Zunge.30 Zu den wichtigsten Proteinen zählen hier sicher Immu- noglobuline, Amylasen, Cystatine, Histatine, Mucine, Lysozym, Peroxi- dasen und Lactoferrin (Abb. 2).30–34 Diese natürliche Biofi lmkontrolle verhindert eine übermäßige Plaque- bildung und wirkt somit protektiv gegen Karies, Parodontitis und Ha- litosis. Moderne Zahnpfl ege: Individuelle Lösungen Neben der erhöhten Aufmerk- samkeit seitens des behandelnden Personals bezüglich einer vorlie- genden Mundtrockenheit ist eine Empfehlung hinsichtlich wirksa- mer Zahnpfl egeprodukte für die häusliche Anwendung wichtig, damit die Lebensqualität der Pa- tienten wieder gesteigert werden kann.35 Vor dem Hintergrund, dass Fluoride Speichel benötigen, um ihre Wirksamkeit entfalten zu können, sollte auf Zahnpfl egepro- dukte mit Calcium- und Phosphat- ionen (z. B. CPP-ACP oder Hydroxy l- apatit) verwiesen werden.36 Insbeson- dere Hydroxylapatit, Ca5(PO4)3(OH), ist aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem natürlichen Zahnschmelz ein vielversprechender biomimeti- Kontakt Xerostomie wird im Allgemeinen häufi g mit Mundtrockenheit gleich- gesetzt, wobei Xerostomie einen Ausdruck für das subjektive Emp- fi nden des Patienten darstellt. So kann das Gefühl eines trockenen Mundes vorliegen, obwohl objektiv kein Speichel mangel festgestellt werden kann. Im Gegensatz dazu kann die Hyposa livation sowohl klinisch als auch durch den objektiv messbaren Grad der Speichelfl ieß- rate diagnostiziert werden.1 Eine Hyposalivation liegt vor, wenn der nicht stimulierte Speichelfl uss mit < 0,1 ml/min gemessen wird, wäh- rend der normale Speichelfl uss ca. 0,3 ml/min beträgt.2, 3 Neben einem unangenehmen Mundgefühl und einer verminderten Lebensqua lität erhöht sich zudem das Risiko, ka- riöse Zahnhartsubstanzdefekte zu entwickeln, deutlich. Ursache hier- für ist einerseits eine unzurei- chende Zucker-Clearance durch die geringere Speichelmenge (fehlende Selbst reinigung), und andererseits ist durch die verminderte Verfüg- barkeit an freien Calcium- und Phos phationen aus dem Speichel die Remineralisation der Zahnober- fl ächen deutlich reduziert.2, 4 Die Auslöser von Xerostomie und Hyposalivation sind sehr viel- fältig. Die nachfolgende Übersicht zeigt einige beispielhafte Faktoren: a) Stress5, 6 b) Rauchen6 c) Medikamente, die das vegeta- tive Nervensystem beeinfl ussen (z. B. Antidepressiva, Beta- blocker, Schmerzmittel)3, 5, 7, 8 d) Bestrahlung und Chemotherapie5, 9 e) Systemische Erkrankungen (Sjögren-Syndrom)5 f) Weitere Erkrankungen: Dia- betes, HIV, Lupus erythemato- des, Morbus Parkinson u. a.5, 8 g) Menopause10–12 h) Altersregression In allen beschriebenen Fällen wird die Funktion der Speicheldrü- sen unterdrückt oder die Speichel- drüsen sind nicht mehr funktions- fähig [komplett oder teilweise: siehe d) und e)]. Bei Er fragung der Medi- kamentendosis sollte insbesondere auch die Auswirkung von Multime- dikationen auf die Speichelproduk- tion berücksichtigt werden (Abb. 1). Klinisch relevant ist zudem, dass selbst bei einseitiger Bestrahlung der Speicheldrüsen eine stark minimierte Funktion der noch in takten Speichel- drüsen festgestellt werden kann.9 Xerostomie Die zweite Form der Mundtro- ckenheit stellt eine subjektive Kom- ponente dar: Xerostomie.1, 15–21 Etwa die Hälfte aller erwachsenen Per- sonen über 50 Jahren berichten von einer Mundtrockenheit.21 Das sub- • Fühlt sich Ihr Mund bzw. Rachenraum trocken an? • Sind Ihre Lippen häufi g trocken oder eingerissen? • Haben Sie das Gefühl, zu wenig Speichel zu haben? • Haben Sie tagsüber oder auch nachts häufi g das Bedürfnis, etwas trinken zu müssen? • Haben Sie Schwierigkeiten, trockene Nahrung zu essen? • Haben Sie häufi g Stress? • Nehmen Sie Betablocker, Antidepressiva etc.? • Rauchen Sie? jektive Empfi nden eines trockenen Mundes hat einen negativen Ein- fl uss auf die Lebensqualität.15 So trauen sich betroffene Personen häufi g nicht mehr zu lachen, mit ihren Mitmenschen zu reden oder berichten von trockenen Lippen.14 Empfi ndliche Schleimhäute, Pro- bleme beim Sprechen, Kauen und Schlucken sowie als Folge eine Umstellung der Ernährung mit einem Verzicht auf trockenes Essen (Müsli o. ä.) sind zudem häufig berichtete Einschränkungen im all- täglichen Leben.14, 15, 22, 23 Das Vorliegen einer Xerostomie kann durch zielgerichtete Fragen im Rahmen einer Kontrolluntersuchung zügig ermittelt werden. Publikatio- nen, z. B. von Villa et al., Dirix et al., Fox et al., Thomson et al. und van der Putten et al.6, 21, 24, 25, bieten eine Über- sicht über teilweise umfangreiche Fragenkataloge. Nach folgend einige exemplarische Fra gestellungen ent- nommen aus Villa et al.21: Sofern mindestens eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann, besteht ein hohes Risiko, dass der Patient unter Xerostomie oder eventuell auch unter Hyposaliva- tion leidet. Es ist hier wichtig, auf das erhöhte Kariesrisiko hinzu- weisen und eine angepasste Ernäh- rung sowie eine spezielle häusliche Zahnpfl ege zu empfehlen. Für den Untersucher ist es unabdingbar, vermehrt auf freiliegende Zahn- hälse zu achten (Dentinkaries/ Wurzelkaries), weil diese besonders bei einem geringen Speichelfl uss Prädilektionsstellen für eine Karies darstellen.2,26,27 Der Speichel: Remineralisation, Pufferwirkung und anti- bakterielle Eigenschaften Der Speichel ist für die Remine- ralisation der Zahnhartsubstanz es- senziell und besitzt überdies noch eine Vielzahl weiterer Funktio- nen.28–30 Zusätzlich zu den anorgani- Infos zum Autor Infos zum Autor Dr. Frederic Meyer Dr. Joachim Enax Dr. Kurt Wolff GmbH & Co. KG Research Department Johanneswerkstraße 34–36 33611 Bielefeld, Deutschland Tel.: +49 521 88086061 frederic.meyer@drwolffgroup.com Dr. Kurt Wolff GmbH & Co. KG Research Department Johanneswerkstraße 34–36 33611 Bielefeld, Deutschland Tel.: +49 521 88086061 joachim.enax@drwolffgroup.com

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