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Dental Tribune Swiss Edition No. 4, 2018

10 Science DENTAL TRIBUNE · Swiss Edition · Nr. 4/2018 «Der Austausch von Ideen und Interessen ist sehr stimulierend für Lehre und Forschung» Prof. Dr. med. Michael M. Bornstein, seit 2016 in Hongkong, im Gespräch mit Majang Hartwig-Kramer, Redaktionsleitung Dental Tribune Schweiz. Bornstein studierte bis 1998 Zahn- medizin in Basel und promovierte 2001 zum Dr. med. dent. Es folgten Weiterbildungen in Oralchirurgie und Stomatologie in Basel und Bern (bei Prof. Dr. Dr. J. Thomas Lam- brecht und Prof. Dr. Daniel Buser). Seit 2016 ist der Schweizer als Profes- sor für «Oral and Maxillofacial Ra- diology» an der Zahnmedizinischen Fakultät der Universität Hongkong tätig. Majang Hartwig-Kramer: Wie kam es dazu, dass Sie Ihre «Zelte» nun in Hongkong aufgeschlagen haben? Prof. Dr. Michael Bornstein: Die Dental Faculty der University of Hong Kong (HKU) ist eine renom- mierte Institution und wurde dieses Jahr nun schon zum dritten Mal in Folge im «QS World University Ran- king» nach Fachrichtungen auf dem Gebiet der Zahnmedizin als Num- mer 1 weltweit gewertet. Ein echter Hattrick also. Es ist sicherlich noch immer so, dass die asiatischen Uni- versitäten generell unterschätzt wer- den, obwohl diese in Sachen Infra- struktur und auch Forschungsquali- tät und -quantität längst mit vielen Hochschulen in Europa oder auch Amerika gleichgezogen haben. Hier sind besonders die Universitäten in China und Hongkong, Südkorea, Ja- pan sowie Singapur zu erwähnen, die in vielen Fachgebieten internati- hier so viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln und auch an der Spitze der Lehre und Forschung in der Zahnmedizin dabei zu sein. Nach bald zwei Jahren hier kann ich sagen, dass ich diesen Schritt nicht bereut habe. Zudem hat die Stadt und der ganze asiatisch-pazifische Raum kulturell, kulinarisch und auch in Sachen Natur unglaublich viel zu bieten. Nur wenige meiner Freunde wussten beispielsweise, dass Hong- kong ein perfekter Ort zum Wandern ist – von einfachen Rundwegen am Meer entlang, bis hin zu anspruchs- vollen «Berg»wanderungen. Was gehört zu Ihrem Aufgaben- spektrum in Hongkong? Meine Aufgaben können grob in drei Schwerpunkte eingeteilt werden. In der Lehre bin ich daran, das Cur- riculum der Studenten («undergra- duate students») auf dem Gebiet der dentomaxillofazialen Radiologie und oralen Diagnostik zu moderni- sieren und zu «digitalisieren». Die Studenten sollen neben den digitalen Optionen zur intraoralen Bildge- bung auch weiterführende Techni- ken der oralen Radiologie theore- tisch und teils auch praktisch kennen – von der digitalen Volumentomo- grafie (DVT) bis hin zum Ultraschall (US). Als Lehrmittel werden hier neben dem Frontalunterricht sowohl Demos in Kleingruppen als auch Gruppenbild anlässlich der 35-Jahr-Jubiläumsfeier der Faculty of Dentistry: Prof. Dr. Michael Bornstein, Dr. Andy Yeung (zweiter von links; Tutor in «Oral and Maxillofacial Radiology») und Prof. Dr. Jukka Matinlinna (rechts; Professor für «Dental Materials Science») mit einem ehemaligen Studenten. onale Spitzenplätze erzielen. Das be- sondere an der HKU ist sicherlich auch, bedingt durch die Geschichte von Hongkong als ehemalige briti- sche Kolonie, dass hier an der Uni- versität auf Englisch gelehrt wird. Daraus folgt logischerweise, dass auch die «Faculty» an der Zahnme- dizin sehr international zusammen- gesetzt ist – aus über 40 Ländern. Das ist sicherlich mit ein Grund für das ausgezeichnete Ranking, da die- ser Austausch an Ideen und auch Interessen sehr stimulierend ist be- züglich Lehre und Forschung. So habe ich erst hier beispielsweise ganz neue Lehrformen kennengelernt, wie den «flipped classroom» oder die MOOCs (Massive Open Online Course). Als sich die Möglichkeit ei- ner Professur hier ergeben hat, habe ich also nicht lange gezögert. Es gibt Onlineprogramme eingesetzt. Da das Studium der Zahnmedizin in Hongkong sechs Jahre dauert, kann man dies auch perfekt stufenweise aufgleisen. Daneben haben wir zu- sammen mit der Parodontologie eine Seminarreihe in der oralen Implan- tologie für die angehenden Parodon- tologen («taught postgraduate stu- dents») zusammengestellt. In der Forschung fokussieren wir uns auf Möglichkeiten und Grenzen der aktuellen Niedrig-Dosis- Protokolle beim DVT, den Einsatz sowie die Herausforderungen von computerassistierten Programmen zur Diagnostik («AI»/artifizielle In- telligenz) und auf interdisziplinäre, primär klinisch orientierte Projekte, beispielsweise mit der Parodontolo- gie, Kieferchirurgie oder auch medi- zinischen Radiologie. Blick auf Hong Kong Island von Kowloon aus anlässlich einer Wanderung im Januar 2018. Last, but not least arbeite ich da- ran, unsere Klinik als Kompetenz- zentrum für orale Diagnostik und Bildgebung aufzubauen und bin im Rahmen der Spezialistenausbildung regelmässig chirurgisch-implanto- logisch tätig. Dies ist sicher sehr po- sitiv, da ich meine Expertise aus der Klinik für Oralchirurgie und Sto- matologie der Universität Bern bei Prof. Dr. Daniel Buser 1:1 brauchen und umsetzten kann. Thema Forschung – womit be- schäftigen Sie sich in Hongkong und welche Unterschiede gibt es zu Ihrer Berner Arbeit? Die Forschungsschwerpunkte sind im Prinzip eine Weiterführung meiner wissenschaftlichen Schwer- punkte, welche ich schon in Bern ge- setzt hatte. Durch die interdiszipli- näre Ausrichtung der ganzen Uni sind aber einige neue dazugekom- men – beispielsweise eine intensive Zusammenarbeit mit der Kieferchi- rurgie, der medizinischen Radiologie und auch international mit dem King’s College in London (KCL) – der aktuellen Nummer 2 der Zahnmedi- zin im QS Ranking. Das KCL hat eine ausgezeichnete und sehr aktive zahn- ärztliche Radiologie und eine inter- nationale Expertise auf dem Gebiet des Ultraschalls (US) im orofazialen Bereich. Da US ja eine nicht ionisie- rende diagnostische Methode der Bildgebung ist, passt dies auch per- fekt in den Forschungsfokus unserer Gruppe zum Thema «Dosisoptimie- rung und -reduktion in der diagnos- tischen Bildgebung». Für mich ist besonders der inter- nationale Austausch sehr spezifisch für die HKU. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass Hongkong im Prinzip eine Insel ist. Wann immer man also eine andere zahnmedizini- sche Universität besuchen will, muss man beinahe zwangsläufig ins Flug- zeug steigen. Bei den Dimensionen im asiatisch-pazifischen Raum kann dies problemlos zu Flügen zwischen zwei bis acht Stunden Dauer führen. Gren- zen sind also hier in Hongkong relativ und der Blick war hier schon immer etwas weiter – was natürlich auch in Hinsicht auf die schrittweise Zusam- menführung mit China eine zusätzli- che politische Dimension erhält. Eine abschliessende Frage: Bleiben Sie der Schweizer Zahnheilkunde auch weiterhin erhalten? Ich hoffe und denke schon! Seine Wurzeln kann man ja auch nicht ein- Die Faculty of Dentistry mit dem Prince Philip Dental Hospital in Hongkong. Die Dental Faculty der University of Hong Kong (HKU) ist 2018 schon zum dritten Mal in Folge im «QS World University Ranking» nach Fachrichtungen auf dem Gebiet der Zahn medizin auf Nummer 1 gelandet. fach so entfernen. Ich bin auch sehr froh darüber, dass ich mit Bern immer noch eine rege und überaus fruchtbare wissenschaftliche Zusammenarbeit habe. Zudem ist es auch immer wieder schön, die Zahnmedizinischen Klini- ken in Bern zu besuchen und sich mit Freunden und Kollegen auszutau- schen. Ich denke auch, dass der Platz 7 im aktuellen QS Ranking mehr als ver- dient ist. An dieser Stelle möchte ich es auch nicht versäumen, meinen Berner Kollegen zu diesem tollen Erfolg zu gratulieren. Vielleicht kann man sogar in Zukunft mal Kollegen aus Bern zu einem Forschungsaufenthalt in Hong- kong – oder auch vice versa – motivie- ren. Ich denke, dass beide Universitä- ten von einem solchen Austausch enorm profitieren würden – bezüglich Forschung, Lehre, aber auch Konzep- ten der Patientenbehandlung. Dieses Jahr steht auch noch ein grosser internationaler Kongress in der Schweiz an – die Europäische Gesellschaft für Dentomaxillofaziale Radiologie führt zusammen mit der Schweizerischen Gesellschaft für Dentomaxillofaziale Radiologie (SGDMFR) im Juni in Luzern ihren Kongress durch, der nur alle zwei Jahre stattfindet. Das wird sicher eine tolle Sache – und ich freue mich da besonders auf den Vorkongress am 13. Juni, welcher von der SGDMFR organisiert wird und un- ter dem Motto «Der virtuelle Pa- tient» steht. Es wäre mir da eine be- sondere Freude, möglichst viele Kol- legen aus der Schweiz zu treffen. Herr Prof. Bornstein, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch. DT

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