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today Dental Bern 2016

Continuing Education DENTAL BERN 2016 Seite 14 „ Was für viele Unternehmen tradi- tionelle Regel ist, nimmt auch bei Zahnärzten immer mehr zu: Ehe- oder Lebenspartner sowie Familien- angehörige arbeiten gemeinsam in einer Praxis. Das tägliche Miteinan- der ist für den einen die ideale Kom- bination und Arbeitsteilung. Für an- dere kann daraus ein Trennungs- grund werden, der nicht selten den Beteiligten teuer zu stehen kommt. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben Ist es möglich, dentales Berufs- leben und Privatleben erfolgreich zu vereinen? Welche Regeln gilt es zu beachten? Wo lauern Fallstricke? Es gibt viele gute Gründe, als Ehe- frau (im Folgenden gleichbedeutend mit Lebenspartnerin oder auch dem männlichen Pendant) in die Praxis „einzusteigen“. Und dass Kinder die elterliche Praxis übernehmen, ist für viele Zahnmediziner eine Bestäti- gung und Weiterführung Ihres Le- benswerkes. Arbeitskräfte aus dem familiären Bereich in den Betrieb zu integrieren, ist verlockend, insbesondere, wenn Personal kurzfristig ausscheidet oder qualifizierte Kräfte fehlen. Die eige- nen Angehörigen kennt man genau, weiss ihre Fähigkeiten einzuschät- zen. Das Vertrauensverhältnis ist ge- geben, eine loyale Einstellung zum Betrieb und eine hohe Identifikation mit der Praxisführung sind selbstver- ständlich. Viele Chefs versprechen sich in ihrer Führungsposition einen Austausch auf Augenhöhe und eine Entlastung der Verantwortung. Vorteile Tatsächlich sind die Vorteile fa- miliengeführter Unternehmen nicht von der Hand zu weisen. Durch die Zusammenarbeit der Partner und An- gehörigen besteht meist eine flache Hierarchie. Schlanke Strukturen, schnelle und effiziente Entschei- dungswege oder auch Bindung von qualifiziertem Personal sind Vorzüge von Familienunternehmen, stellte schon 2003 die Universität Wit- ten-Herdecke fest. Auch das Image der Praxis kann durch die mitarbeitenden Familien- angehörigen gewinnen. Ein gemeinsa- mes Auftreten in der Praxis vermit- telt nach aussen den Eindruck von Verbundenheit und funktionierender Partnerschaft. Solche Werte sind bei vielen Patienten positiv besetzt. Ebenso gilt es als Wertschätzung und Auszeichnung, von „der Frau Doktor“ oder dem namensgleichen Angehöri- gen einen Termin zu bekommen oder mit diesem am Telefon Versiche- rungsfragen zu klären. Nicht zuletzt spielen finanzielle Überlegungen eine Rolle. Gefahren Der grosse Unterschied zwischen angestellten Mitarbeitern und Fami- lienangehörigen ist die Gestaltung der Personalkosten und ganz allge- mein der Umgang mit dem feinfühli- gen Thema Finanzen: Am Ende des Tages geht es um das Geld, dass in der (mehr oder weniger getrennten) Fami- lienkasse landet. Genau hier lauern jedoch auch Gefahren. Fragen der Sozial- und Ren- tenversicherung, zustehenden Antei- len und arbeitsrechtliche Fallstricke sollten mit Fachleuten gründlich durchleuchtet werden. Insbesondere, wenn die geld- werte Entlohnung deutlich unter- oder oberhalb der üblichen Gehalts- tarife liegt, ist eine selbstkritische Be- trachtung wichtig. Neben diesen Risiken sollte auch bedacht werden, was im Falle einer Trennung oder Beendigung geregelt sein muss, damit z.B. berufliche Qua- lifikationen des mitarbeitenden An- gehörigen erhalten bleiben und keine Nachteile aus der Familientätigkeit entstehen. Im Vorfeld der Zusammenarbeit, und dann in der Folge regelmässig, sollten alle Beteiligten die folgenden Fragen erörtern: – Haben wir (noch) ein gemeinsames Ziel? – Wie lautet es? – Warum wollen oder müssen wir ge- meinsam in der Praxis arbeiten? – Was wollen und können wir ge- meinsam erreichen? – Was verspricht sich jeder Einzelne von uns davon? – Wer wird davon noch profitieren? – Wo sehen wir Risiken? Je offener und ehrlicher darüber ein fairer Austausch geführt wird, umso weniger Missverständnisse oder Enttäuschungen wird es geben. Gerne werden Tätigkeiten der Praxisinhaber an die Angehörigen übertragen, die aus Sicht von Zahn- ärzten lästig und unangenehm sind. So kümmern sich die Partner um Praxisorganisation, Personalverwal- tung, Buchhaltung oder dem intimen Thema Geld bei Abrechnung, Konten- führung, Steuer – und vielem mehr. Fachkenntnisse erforderlich? Grundsätzlich finden sich in ei- ner Zahnarztpraxis genügend Felder, die ohne spezielle Vorkenntnisse be- setzt werden können. Die Erfahrung zeigt aber, dass Fachkenntnisse die Etablierung in das bestehende Pra- xisgefüge als auch im Verständnis der Abläufe und Bedürfnisse der Praxisteams enorm erleichtern. Eine weitere Faustregel: Je mehr Angehö- rige mit ihrer Tätigkeit auf die Zu- arbeit und Kooperation mit Mitarbei- tern der Praxis angewiesen sind, umso wichtiger ist das Einarbeiten in medizinische Fachkunde, Sprachge- brauch, zahnmedizinische Behand- lungsabläufe und dentale Arbeits- felder. Deshalb sollte im Vorfeld sehr deutlich geklärt werden, für welche Aufgaben genau der Angehörige ein- gesetzt werden soll, und wie diese Aufgabe bisher von wem erledigt wurde. Wird jemandem Kompetenz entzogen und wer muss sich mit einer neuen Aufgabenverteilung abfinden? Werden spezielle Kenntnisse für die Aufgabe erforderlich oder sind sie gewünscht? Und wie kann die Ein- arbeitung am reibungslosesten orga- nisiert werden? Zu klären ist auch, wie eine gute Integration, insbeson- dere in lang bestehende Teams, mög- lich ist. Informieren Sie alle Teammit- glieder darüber, wie Sie sich die Zu- sammenarbeit vorstellen und binden Sie die Mitarbeiter aktiv mit ein. Eine gut vorbereitete und überdachte In- tegration von Angehörigen in beste- hende Team- und Prozessstrukturen vermeidet unnötigen Stress, Ärger und Enttäuschung. Automatische Führungsrolle Familienangehörige haben auto- matisch in der Praxis eine Führungs- rolle, die logische Konsequenz aus der flachen Hierarchie. Insofern sind das Wissen und die Kenntnis über Füh- rungsqualifikationen und die eigene Führungspersönlichkeit wichtig. In vielen Fällen lauert das grösste Kon- fliktpotenzial in der Ambivalenz von Führungsperson und Führungsrolle. Mitarbeiter und auch Patienten sowie andere aussenstehende Perso- nen setzen häufig voraus, dass Ange- hörige über alle Vorgänge der Praxis intensiv Bescheid wissen und spe- zielle Belange gegenüber dem Chef besonders gut vertreten können. Um- gekehrt wird jede angespannte Si- tuation in der Beziehung sensibel von Außenstehenden registriert, und bei Auseinandersetzungen leidet das Pra- xisimage sofort. Deshalb gilt es, die Rolle der Angehörigen in der Praxis klar zu definieren und im Umgang mit diesen Anliegen, Grenzen und Regeln zu setzen. Sonst wird man schnell „zwischen den Stühlen zerrie- ben“. Über die klare Hierarchie, Auf- gabenteilung und Führungsgestal- tung können Sie bereits viel Kon- fliktpotenzial entschärfen. Nähe und Distanz Regeln Sie Ihre Emotionen: Streit in Gegenwart der Mitarbeiter ist ebenso gefährlich wie der Austausch von Zärtlichkeiten. Pflegen Sie eine gesunde Distanz zu Angestellten, in- dem Sie z.B. das „Du“ gegenüber den Mitarbeitern vermeiden. Auch wenn dieser Umgangston als ein Zeichen für gute Zusammenarbeit gilt, droht bei Auseinandersetzungen Befangen- heit. Ein klares „Sie“ kommt Ihnen und dem Team womöglich leichter über die Lippen als ein erpresstes „Du“. Schwierig kann die Situation auch werden, wenn aus dem Team he- raus versucht wird, den mitarbeiten- den Familienangehörigen für seine ei- genen Interessen „einzuspannen“. Motivation und Bestätigung Unvermeidlich ist auch die Frage zu beantworten, woraus der mitarbei- tende Angehörige seine persönliche Motivation und Bestätigung zieht. Be- rufliche Erfolge und Bestätigung sind eine wichtige Kraftquelle, insbeson- dere wenn an die Leistung hohe Mass- stäbe angelegt werden. Zur Motiva- tion und für das Selbstbewusstsein sind persönliche Erfolge und Bestäti- gung notwendig. Jeder Mensch hat da- bei seine ganz eigenen Bedürfnisse und kommunikativen Kanäle. Fol- gende Fragen können hilfreich sein, seinen eigenen Bedarf zu definieren: – Von wem erhalte ich welche Art von Anerkennung? Wer ist für mich dafür von besonderer Bedeu- tung? – Von wem kann ich Bestätigung be- sonders gut/weniger gut anneh- men? – Was macht mir an meiner Arbeit wirklich Freude und Spass? – Setze ich mich ein, weil ich will, oder weil ich kann, oder weil ich muss, und was davon ist in wel- chem Masse o.k. für mich? – Gibt es noch anderes, woraus ich für mich wichtige Motivation zie- hen kann? – Was mache ich, was haben wir für Alternativen, wenn es nicht reicht? Je offener und ehrlicher mit die- sen Fragen umgegangen wird, umso konfliktfreier kann die gemeinsame Arbeit gestaltet werden. Absprachen Benennen Sie am besten vor Be- ginn Ihrer gemeinsamen Tätigkeit, Dreamteam oder Rosenkrieg? Chancen und Herausforderungen im Familienunternehmen Zahnarztpraxis. Von Stephanie Weitz, Bürstadt, Deutschland. © Andrey_Popov/Shutterstock.com

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