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Dental Tribune Austrian Edition No. 12, 2016

12 Continuing Education DENTAL TRIBUNE Austrian Edition Nr. 12/2016 · 5. Dezember 2016 Die Wahl eines zweckmäßigen Behandlungsplatzes ist eine grund­ legende Entscheidung. Am häufigs­ ten anzutreffen ist in Deutschland die Anordnung der schlauchgebun­ denen Instrumente rechts vom Behandler (Basiskonzept 1) oder über der Brust des Patienten an einem Schwebearm geführt (Basis­ konzept 3). Die Assistenzgeräte sind meist linksseitig des Patienten ange­ ordnet. Diese Aufteilung hat sich als zumeist zweckmäßig erwiesen. Ein Schwebetisch, welcher sich vor der Brust des Patienten befindet, ist als mobile, greifnahe Ablage für Instru­ mente dringend zu empfehlen. Die­ ser sollte so dünn wie möglich und leicht beweglich sein,die Größe kann dabei variieren. Minimal sollte er ein Normtray aufnehmen können. Mobile und feste Schränke müs­ sen so weit vom Behandlungsplatz entfernt sein, dass auch ein Sitzen hinter dem Patienten möglich ist. Sollte ein fester Schrank im Behand­ lungsraum hinter dem Behandlungs­ stuhl vorhanden sein, muss die Vor­ derfläche des Schrankes vom Kopfteil des Patientenstuhls in Behandlungs­ position einen Abstand von etwa 50 cm haben. Besser geeignet ist ein fahrbarer Schrank hinter dem Pa­ tientenkopf, der je nach Arbeitsposi­ tion und Arbeitsablauf verschoben werden kann. Der Arbeitsstuhl soll auf Rollen beweglich sein, sodass ein Positionswechsel während der Behandlung möglich ist. Weiterhin soll er in der Höhe verstellbar sein, damit eine individuelle Sitzposition möglich ist. Anzustrebende Körperhaltung Die richtige Körperhaltung wäh­ rend der behandelnden Tätigkeit ist entscheidend für die Belastung durch die Arbeit, die Leistungsfähigkeit und die körperliche Gesundheit. Idealerweise sollte die Körperhal­ tung während der Arbeit vorwiegend symmetrisch sein, die Halteebenen des Körpers sind untereinander ach­ senparallel. Gedachte Linien durch die Knöchel, Knie, Hüfte, Schultern undAugen sind parallel (Abb.1).Das Körpergewicht wird hierdurch am besten verteilt, Überbelastungen ein­ zelner Körperregionen werden ver­ ringert, ebenso wie muskuläre Dys­ balancen, welche zu Verspannungen und Schmerzen führen können. Die aktive und passive Haltearbeit ist im Gleichgewicht. Meist wird eine sitzende Hal­ tung bei der Patientenbehandlung eingenommen, dies sollte in folgen­ der Weise geschehen: Neben der Pa­ rallelität der Körperachsen ist der Sitz dynamisch, dies heißt, dass die Sitzposition möglichst häufig ge­ wechselt wird. Durch Vor- und Zu­ rückneigen des Oberkörpers sowie durch eine Beckenbewegung nach vorne, hinten, rechts und links kann dies geschehen. Der dynamische Sitz vermindert ungleichmäßigen Druck auf die Wirbelsäule und die Bandscheiben, Druck- und Zugbe­ lastungen sind ausgewogen und die muskulären Belastungen ausgegli­ chen. Die Sitzhöhe ist leicht erhöht, was einem Winkel von Oberschenkel und Unterschenkel von circa 105 Grad entspricht. Zu etwa zwei Drit­ teln liegen die Oberschenkel auf dem Sitzpolster auf, die Vorderkante des Stuhls ist mindestens 10 cm von der Kniekehle entfernt und abgerundet. Die Füße stehen fest und flach auf dem Boden.Nur in der Ruhehaltung, zum Beispiel beim Gespräch mit dem Patienten oder in Arbeitspau­ sen, ist das Abstützen der Füße auf dem Unterteil des Arbeitsstuhles akzeptabel. Der Rumpf wird leicht nach vorne gebeugt, eine Verdrehung zur Seite ist nicht erwünscht. Ebenso wird der Kopf in einem leichtenWin­ kel nach vorne gebeugt, jedoch nicht zur Seite abgeknickt. Die Oberarme hängen am Kör­ per herab, liegen nur leicht an und werden in einem Winkel von maxi­ mal 20 Grad aus der Horizontalen nach vorne geneigt. Ein seitliches Abspreizen der Arme, wie häufig bei alleine arbeitenden Behandlern zu sehen, ist zu vermeiden. Idealerweise wird eine schwache Abstützung der Hände am Patientenkopf vorgenom­ men. Sitzposition und Patientenlagerung Arbeitet man allein am Patien­ ten, so kann als Sitzposition der komplette Bereich rechts, hinter dem Kopf und links des Patienten genutzt werden, wobei sich die Position rechts neben dem Patienten als am häufigsten genutzt herausstellt. Bei der alleinigenArbeit wird hinter dem Kopf des Patienten in einigen Situa­ tionen gesessen, sofern die baulichen Verhältnisse dies zulassen. Um in oben beschriebenerWeise am Patienten arbeiten zu können, ist die richtige Patientenlagerung ent­ scheidend. Die Lagerung des Patien­ ten wird in drei Schritten vorgenom­ men. Als erstes werden Kopf und Füße des Patienten in etwa auf die gleiche Höhe gebracht, eine ge­ dachte Verbindungslinie zwischen dem Patientenkopf und dessen Füs­ sen ist schwach zu den Füßen ge­ neigt, maximal parallel zum Boden. Im zweiten Schritt wird die Kopfla­ gerung vorgenommen, wobei hier unterschieden wird zwischen der Behandlung im Unter- und Ober­ kiefer. Für den Unterkiefer gilt: eine gedachte Linie durch die Kauflächen der Unterkieferseitenzähne ist schwach nach distal geneigt (Abb. 2). Bei einer Prämolarenbehandlung kann diese fast waagerecht sein, bei der Behandlung endständiger Mola­ ren ist sie etwas stärker nach distal geneigt. Im Oberkiefer gilt Folgen­ des: eine gedachte Linie durch die Oberkieferseitenzähne ist senkrecht zum Boden, wenn an den Labialflä­ chen der Oberkieferfrontzähne oder in indirekter Sicht mit dem Spiegel im Oberkiefer­ seitenzahnbereich ge­ arbeitet wird (Abb. 3). Wird in di­ rekter Sicht im Seitenzahnbereich gearbeitet, so ist die gedachte Linie durch die Kauflächen der Oberkie­ ferseitenzähne weit nach dorsal ge­ neigt (Abb. 4). Als dritten Schritt unterscheidet man die Kopflagerung in der Sagit­ talachse, der Kopf wird in aufgaben­ bezogener Position nach rechts oder links ausgerichtet. Es gibt Ausnahmen von der Grundregel des flach gelagerten Pa­ tienten: einige Behandlungen, wie z.  B. Bissregistrierungen oder aber auch Kontraindikationen seitens des Patienten, wie z.  B. Einschränkung der Atmung, Mitralfehler oder die zweite Hälfte der Schwangerschaft. Sitzhaltung und Patientenlage­ rung sind nicht alleine entschei­ dend für das Ausmaß der körperli­ chen Beanspruchung des Behand­ lers, sondern auch Häufigkeit und Länge einer speziellen Arbeitshal­ tung. Bei lang anhaltenden Tätig­ keiten im Sitzen sind Ausgleichs­ bewegungen (Mikropausen) vorzu­ nehmen, dies kann z. B. das Beugen und Entspannen des Rückens sein. Hierdurch wird Verspannungen und Dysbalancen der Muskulatur vorgebeugt und die Erträglichkeit der Arbeit erhöht. Hilfsmittel und systematische Arbeitsweise Wird an einem Patienten ohne Assistenz gearbeitet, so sind spezielle Hilfsmittel für die Patientenbehand­ lung und eine angepasste Arbeits­ platzgestaltung unumgänglich. Wie bereits erwähnt stellt der Schwebe­ tisch eine solche dar. Durch die be­ wegliche, individuell zu positionie­ rende Ablagemöglichkeit des Schwe­ betisches werden Verdrehungen und häufige lange Greifwege vermieden. Ebenso ist darauf zu achten,dass sich am großen Absaugschlauch ein Saughandstück befindet, welches ab­ gewinkelt werden kann und ein Drehgelenk besitzt, die Saugkanüle sollte ca. 11,5 cm lang sein. Hierdurch ist eine entspannte Greiftech­ nik und ein Abstützen am  Patientenkopf möglich, es kommt da­ durch nicht zu einem starken Zug des Saug­ schlauches auf die hal­ tende Hand und wei­ terführend die Schul­ ter- und Nackenmus­ kulatur. Folgen wie Verspannungen  und Dys­ balancen  werden vermieden. Speziell für die al­ leinige Arbeit am Pa­ tienten, z. B. beim Ent­ fernen von Zahnbelä­ gen mit Ultraschall oder Pulverstrahl, Ver­ siegelungen, Polituren oder einen (zeitweilig) alleine arbeitenden Be­ handler wurde eine spezielle Absaug­ technik nach Hilger sowie der Mund- und Wangenhalter (Mundspanner) nach Hilger entwickelt. Bei dieser Halte- und Absaugtechnik wird be­ sonders darauf Wert gelegt, dass die linke, kanülenführende Hand sowie Arm und Schulter nicht verkramp­ fen. Dies ist meist dann möglich, wenn die Absaugkanüle vom linken Mundwinkel des Patienten in den Mund eingeführt wird. Die Arbeits­ person sitzt hinter dem Patienten und kann die Hand am Kopf des Pa­ tienten abstützen (Abb. 5). Wird die Absaugkanüle vom rechten Mund­ winkel eingeführt, so sitzt die Ar­ beitsperson rechts neben dem Pa­ tienten und die kanülenführende Hand wird am rechten Jochbogen des Patienten abgestützt. Ist dies ohne eine Verkrampfung nicht mög­ lich, so ist es akzeptabel, wenn der Oberarm der linken Hand (kanülen­ führend) locker und ohne Absprei­ zung am Oberkörper herabhängt. Es ist eine möglichst nahe Sitzposition am Patienten anzustreben, um ein Vorstrecken der Arme und hiermit verbunden die starke Muskelbean­ spruchung des oberen Rückens zu vermeiden. Bei dieser Arbeit dient der Mundspanner als „dritte Hand“, es muss nicht noch – wie häufig üblich – mit der Absaugkanüle abgehalten werden,Lippen und Wangen werden durch den Mundspanner abgehal­ ten. Eine Systematisierung des Arbeits­ ablaufes ist anzustreben, um einen zügigen Arbeitsablauf zu ge­ währleisten und somit lange, ermü­ dende Sitzhaltungen einzuschrän­ ken. Dynamisches Arbeitsverhalten Der regelmäßige Wechsel von Arbeitsaufgaben und Arbeitsplätzen dient der Beeinträchtigungsfreiheit. Lockerungs- und Dehnübungen zwischen den Patientenbehandlun­ gen (Makropausen) fördern die muskuläre Entspannung, den Stoff­ wechsel und die Sauerstoffzufuhr. Dieses dynamische Ar­ beitsverhalten hat sich als zweckmäßig erwiesen, um in rückengerechter Weise alleine am Patienten tätig zu sein. DT Arbeit am Patienten – allein und doch ergonomisch! Ein dynamisches Arbeitsverhalten kommt einem rückengerechten Alltag entgegen. Von Susanne Hilger, Düsseldorf, Deutschland. Infos zur Autorin Kontakt Susanne Hilger Heresbachstraße 25 40223 Düsseldorf Deutschland info@praxis-hilger.de www.praxis-hilger.de 1 Abb. 1: Sagittal-, Quer- und Längsachsen des Körpers sollten beim Stand sowie bei der Sitzhaltung parallel unter­ einander sein, die Muskelarbeit (rot) dynamisch ausgewogen. – Abb. 2: Kopflagerung bei der Arbeit im Unter­ kiefer. – Abb. 3: Kopflagerung bei der Arbeit im Oberkiefer, indirekt mit dem Spiegel und in der Front. – Abb. 4: Kopflagerung bei der Arbeit im Oberkiefer in direkter Sicht im Prämolaren- und Molarengebiet. – Abb. 5: Alleine arbeitend mit Mundspanner nach Hilger. 2 3 4 5 Literatur 234

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