8 International Business DENTAL TRIBUNE German Edition · Nr. 7+8/2010 · 4. August 2010 „Unser neu geschaffener Konzern bringt Bewegung in die Dentalwelt“ Jährlich lädt MICRO-MEGA führende Wissenschaftler aus aller Welt zum Symposium „Adviser Group of Endodontics“ (AGE) nach Paris ein. Dental Tribune verfolgte das Symposium und nutzte die Gelegenheit, mit Unternehmensvertretern und Referenten über neueste Studien und aktuellste Firmenentwicklungen zu sprechen. Begonnen hat alles mit einer Nervnadel im Jahr 1907. Seit über hundert Jahren produziert MICRO-MEGA, dessen Hauptsitz in Besançon liegt, endodon- tische Instrumente und gestaltete die Endodontie mit Neuentwicklungen entscheidend mit. International hat das innovative Unternehmen einen an- erkannten Ruf als Spezialist für Dental- instrumente. Auf dem diesjährigen AGE-Meeting vom 7. bis 9. Juli 2010 trafen sich Steffi Goldmann und Jeannette Enders, Dental Tribune, mit Audrey Stefani, Marketing-Manage- rin MICRO-MEGA, Frankreich, Dr. Stephan Gruner, Country Manager MICRO-MEGA Deutschland sowie Dr. Khaled A. Balto*, Associate Profes- sor, Saudi Arabien. „MICRO-MEGA ist stolz darauf, international Meilensteine gesetzt zu haben.“ Audrey Stefani Frau Stefani, MICRO-MEGA ist seit mehr als einem Jahrhundert erfolg- reich im Dentalmarkt tätig. Können Sie uns Prägendes in der Firmen - geschichte nennen? Audrey Stefani: MICRO-MEGA ist stolz darauf, mit Hand- und Win- kelstücken, Mikromotoren, endo - don tischen Feilen und NiTi-Feilen international Meilensteine gesetzt zu haben. Was vielleicht wenige wissen, MICRO-MEGA war früher alleiniger Hersteller von Hand- und Winkelstü- cken für die großen Marken in Deutschland und anderen Ländern. Die Cytojet® war ein MICRO-MEGA- Produkt, hergestellt unter der ge - nannten Heraeus-eigenen Marke für Heraeus und ist nach dem Auslaufen der Produktion für diesen Kunden als LigaJect® bei MICRO-MEGA weiter auf der Welt erhältlich. In besonderem Maße wurde das Unternehmen da- durch geprägt, dass immer wieder Weltneuheiten auf den Markt ge- bracht werden konnten. Auf diese Ex- pertise können wir heute aufbauen. * Dr. Khaled A. Balto ist Associate Professor und Consultant im Department of Endodontics, Fa culty of Dentistry, King Abdulaziz University, Jeddah, KSA. Zudem ist er Deputy Director des National Research Excellence Centre of Osteoporosis. Welche MICRO-MEGA-Produkte haben auf den internationalen Den- talmärkten Standards gesetzt? Die MICRO-MEGA-Erfindun- gen setzten Welt-Standards: so 1957 die ers ten demontierbaren Handstü- cke mit Wolframkarbid-Lager, 1963 Giromatic, das erste Winkelstück, das eine alternierende 90°-Drehung pro- duzieren konnte, und speziell dafür gemachte Wurzelkanalinstrumente, 1964 Mikromotoren mit 40.000 Um- drehungen pro Minute, auf deren Ba- sis heute bei allen Herstellern Mikro- motoren gebaut werden, 1974 Mas - serann Set zum Bergen frakturierter Endoinstrumente aus Wurzelkanälen, 1996 HERO 642, ein fest definiertes System von rotierenden NiTi-Feilen, 2002 HERO Shaper, ein rotierendes NiTi-Feilen-System. Diese Reihe ließe sich noch lange weiterführen und ver- vollständigen. Alle diese Erfahrungen mit Goldstandards mündeten in das im Jahre 2009 eingeführte Feilensys- tem Revo-S, das eine Wurzelkanalauf- bereitung mit nur drei Feilen ermög- licht. Revo-S ist derzeit State of the Art, jedoch gehen die Entwicklungen wei- ter, weshalb wir ja auch das alljährliche AGE-Symposium durchführen. Seit Herbst 2009 gehört MICRO- MEGA zu einem Unternehmensver- bund unter der Führung von Syco- Tec. Im März 2010 komplettierte die kanadische SciCan das europäische Firmen-Duo. Die Unternehmens- gruppe zählt nun weltweit zu den Top Ten der Hersteller dentaler Aus - stattungen. Welche Chancen eröffnet dieser starke Konzern? Die größten Chancen haben wir durch die Möglichkeiten, Kräfte zu bündeln und Erfahrungen zu nutzen. Der Fokus wird hier in Europa natür- lich auf Deutschland und Frankreich liegen. Hier werden wir – soweit wie möglich – gemeinsames Marketing, gemeinsame Forschung und Entwick- lung einsetzen, um unsere Position im Markt zu festigen und auszubauen. Wichtiger Teil der Strategie ist, die Marken „SciCan“ und „MICRO- MEGA“ zu erhalten und fortzuführen. Über den Namen der Gruppe wird noch diskutiert? Tatsächlich ist auch weiterhin noch kein eingängiger Name für un- sere Gruppe gefunden, was jedoch unsere Handlungsfähigkeit in keins ter Weise beeinflusst. MICRO-MEGA vertreibt seine Pro- dukte weltweit. Welche Länder sind am wichtigsten bezüglich des Um - satzes? Und welche Regionen haben Ihrer Meinung nach das meiste Po- tenzial? Europa spielt eine immer wichti- gere Rolle in unserer Geschäftsent- wicklung. Die wichtigsten Abnahme- länder sind Deutschland und unser Hausmarkt Frankreich. Nord- und Südamerika sind in der Entwicklung begriffen. Gute Zuwächse können wir im Raum Asia/Pacific verzeichnen. Mit großer Aufmerksamkeit beobachten wir außerdem die Region des Mittleren Osten. Sie sehen, das MICRO-MEGA dabei ist, die vorhandenen Potenziale als international bekannte Marke aus- zuschöpfen. Die Chancen stehen sehr gut, zumal Forschung und Entwick- lung im Konzern nun Global-Player- Größe erreicht haben und diese Di- mension zu nutzen wissen. „Wir versuchen permanent, unseren Technologievor- sprung zu halten.“ Dr. Stephan Gruner Herr Dr. Gruner, gibt es Forschun- gen zur Entwicklung neuer Pro- dukte? Dr. Stephan Gruner: Unser neu geschaffener Konzern wird aus den sich ergebenden Synergien heraus Bewegung in die Dentalwelt bringen. Durch die Kooperation mit unserem Mutterhaus SycoTec werden in Kürze Neuerungen bei Hand- und Winkel- stücken und andere, derzeit noch in der Entwicklung befindliche Pro- duktneuerungen, auf den Markt kom- men. Zur IDS 2011 in Köln darf man gespannt sein. Wir versuchen permanent, unse- ren Technologievorsprung zu halten. Es wird viel und intensiv gearbeitet. Daher auch diese Form der Veran - staltung, die MICRO-MEGA das Ohr am Puls der Welt behalten lässt. Sind Ihre Erwartungen an das AGE- Meeting erfüllt worden? Das AGE-Meeting hat uns auch in diesem Jahr wissenschaftlich weiter- gebracht. Die Referenten präsentierten hochklassige Forschungsergebnisse und die dargestellten Forderungen der internationalen Märkte konnten an- lässlich der für dieses Meeting obliga- torischen MICRO-MEGA-in ternen Sitzungen diskutiert, auf ihre Mach- barkeit geprüft und zu Projekten ge- macht werden. Prof. Dr. Shimon Friedman, To- ronto, Kanada, referierte über das Thema: „Das endodontische Be- handlungsergebnis: Der Einfluss neuer Technologie“. Können Sie für unsere Leser die wichtigsten Punkte zusammenfassen? Dr. Shimon Friedman ist auf dem Gebiet der Endodontie weltbekannt. Zusammen mit seiner Co-Autorin Frau Dr. Bettina Basrani und mit weiteren Autoren verfasste er die welt- bekannte „Toronto-Studie“. Dabei handelt es sich um eine umfangreiche Arbeit, die den Stand der Endodontie beginnend mit der Veröffentlichung erster Ergebnisse im November 2003 bis ins Jahr 2010 umfassend im Jour- nal of Endodontics dargestellt und analysiert hat. In seinem exzellenten Vortrag machte er klar, dass Differenzen in Bewertung und Gelingen oder Miss- lingen einer endodontischen Behand- lung stark von den Methoden, aber auch vom Aufbau der bewertenden Studien selbst abhängt. Wenn man die richtigen Auswertungskriterien anlegt, liegt die Erfolgsquote endonti- scher Behandlungen über die letzten 10 Jahre bei 88–95 %. Hierbei konnte unter den verschiedenen Autoren eine hohe Konsistenz der Ergebnisse fest- gestellt werden. Diese Studien machen Mut. Das neue Produkt Revo-S war Be- standteil weiterer – zum Teil kri- tisch vergleichender – Referate. Dr. Khaled A. Balto: Sie sprachen im Zusammenhang mit dem innovati- ven Revo-S-Konzept auch von der „dritten Dimension“ der endodonti- schen Behandlung. Würden Sie uns die markantesten Punkte des Sys- tems noch einmal herausstellen? Dr. Khaled A. Balto: Mit der „dritten Dimension“ sind nicht nur das Revo-S-System gemeint, sondern vor allem auch die Methoden zur Er- reichung besserer Sicht, wie Vergrö - ßerung durch Lupe oder OP-Mikro- skop, Micro-CT oder sogar Cone Beam Tomography. Rechnergestützt kann heute mithilfe entsprechender Auf- nahmen auch in das Innere des Kanal- systems geschaut werden. Zur „dritten Dimension“ gehören aber auch die Kenntnis der sog. „mecano-dyna- mics“ von Spül- bzw. Desinfektions- flüssigkeiten, Materialkenntnisse und die intensive Kenntnis des mechani- schen Verhaltens und der Architektur von Feilen. Hier nimmt Revo-S eine Position ein, die dem aktuellsten Stand der Wissenschaft entspricht oder diesen sogar selbst setzt. Zum State of the Art gehören, um nur einige zu nennen, die Hightech-Architektur der Helix, ein positiver Schneidwinkel und eine niedrige mechanische Belastung un- ter Rotation sowie eine verringerte Bruchgefahr. Wie sehen Sie die Endodontie im Arabischen Raum im Vergleich zur Westlichen Welt? Die Endodontie im Arabischen Raum ist in ihrem Niveau durchaus vergleichbar mit dem europäischen Niveau. Es gibt hohe Standards. Aller- dings werden diese nicht in jedem ara- bischen Land angewendet, da durch die großen gesellschaftlichen Unter- schiede in den einzelnen Staaten nicht jeder die Möglichkeit hat, eine endo - dontische Behandlung zu erhalten. Auch in der zahnärztlichen Fortbil- dung muss noch viel getan werden. In Städten wie Jeddah oder Riyad gibt es westliches Niveau, gehen die Kollegen jedoch nach der Ausbildung zurück in die bevölkerungsarmen Gegenden, so lässt oft auch ihre Motivation zur Weiterbildung nach. Ein konkretes Beispiel: Rubberdam wird extrem selten angewendet, unabhängig was auf den Hochschulen gelehrt und trainiert wird. An den Universitäten wird ein westliches Curriculum ge- lehrt, das auf dem aktuellen Stand gehalten wird. „Revo-S nimmt eine Position ein, die dem aktuellsten Stand der Wissenschaft entspricht.“ Dr. Kahled A. Balto Ihre umfangreichen Veröffentli- chungen zeigen ein breites Spektrum Ihrer Tätigkeit. Woran arbeiten Sie derzeit? Momentan bin ich mit der Pro - blematik von apikalen Knochenzer- störungen, wie sie entstehen und wie durch verbesserte Ernährungsge- wohnheiten die auslösenden Infektio- nen besser vermieden werden können, beschäftigt. Ich promovierte an der Harvard Dental School, USA, bereits über Osteoporose. Teilweise handelt es sich bei der Forschung über Osteopo- rose am Kiefer um Pionierarbeit. Des- weiteren arbeite ich an einer 3-jährigen Multicenter-Studie über Ergebnisse von Revisionen, die unter anderem auch mit R-Endo von MICRO-MEGA durchgeführt werden. Die vorläufigen Ergebnisse sind ermutigend. Abgesehen von den Veröffentlichun- gen: Wie erfolgt der Austausch mit internationalen Kollegen in der vor- tragsfreien Zeit? Wir haben in Jeddah einige „post- graduate programs“, um die wir uns intensiv kümmern. Der Austausch mit den Kollegen ist sehr rege. Zudem existieren etliche Forschungskoope- rationen mit Harvard, die ebenfalls intensiven Kontakt erfordern. Außerdem habe ich eine Web- seite www.endoarabia.net initiiert, die mehr und mehr auch zur Kommu - nikationsplattform wird. Frau Stefani, Dr. Balto, Dr. Gruner, wie danken Ihnen sehr für das aus- führliche Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg. DT