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anretiniertenZähnennachzuweisenist. Andererseits werden exogene Faktoren, wie z.B. Abrasion mit okklusaler Drift, ursächlichdiskutiert.Zementappositio- nen an der Wurzelspitze führen oft zu einerReduzierungvonZahlundDurch- messer von Seitenkanälen und deren Ramifikationen sowie Einengungen des Foramen apikale, anatomische Verän- derungen, die für die endodontische Behandlung älterer Patienten auchVor- teilebringenkönnen,dadieGefahreiner Überinstrumentierung geringer wird. Zu möglichen strukturellen und funk- tionellen Altersveränderungen des Ze- ments und seiner Zellen gibt es bisher keine fundierten Studien. Möglicher- weise ist Zement im Alter anfälliger für Wurzelresorptionen. Die„Altersgingiva“ Zu Altersveränderungen der Gin- giva existieren in der Literatur unter- schiedliche und teils widersprüchliche Angaben. Klinische Beobachtungen einer sog. „Gingiva-Atrophie“ beruhen wahrscheinlich auf einer Verdünnung und reduzierten Keratinisierung des Epithels. Es weist im Alter jedoch eine unveränderte mitotische Aktivität auf. Der mögliche Verlust der Stippelung ist eine Folge der abnehmenden Ver- zahnung des Epithels mit der bindege- webigenUnterlage,derLaminapropria. Nach anderen Studien sollen diese Verzahnungen im Alter jedoch erhöht und vergrößert sein. Das Bindegewebe der Lamina propria wird fibrotisch umgebaut,diedortvorhandenenelasti- schenFaserndegenerieren.Deshalbsoll imAlterdieGingivafester,aberweniger elastisch sein. Zellbiologische Unter- suchungenanFibroblastenderGingiva ältererPatientenzeigten,dassbestimm- tealterstypischePhänomenewieVerlust derProliferationsfähigkeitoderAnstieg von typischen Altersenzymen nicht zu beobachten waren, selbst bei Vorliegen einer Parodontitis. Allerdings haben zahlreiche Studien in der Zellkultur ergeben, dass die Syntheseleistungen vermindert sind.Dies betrifft vor allem Kollagen und bestimmte Proteogly- kane. Insgesamt dürften die Fibroblas- tenalsomitfürdieveränderteMatrixzu- sammensetzung des gingivalen Binde- gewebes im Alter verantwortlich sein. Stimuliert man Gingiva-Fibroblasten älterer Spender mit Lipopolysacchari- den (LPS), den Zellmembranbestand- teilen von Bakterien, produzieren sie vermehrt Plasminogenaktivator (PA), einen Faktor, der für die Verstärkung entzündlicher Prozesse und eine inten- sivere Degradierung des Bindegewebes beiEntzündungverantwortlichist,und somit zu den stärkeren entzündlichen VeränderungeneinerGingivitisimAlter beitragenkann.Experimentellinduzier- te Gingivitiden an älteren Probanden entwickelnsichschnellerundverlaufen aggravierter,esbildetsichmehrPlaque. EntgegenfrüherenBehauptungenbleibt aber die Versorgung mit Blutgefäßen in der gesunden Altersgingiva kon- stant. Aktuelle Untersuchungen mit- hilfe der Videokapillarmikroskopie an gesunden Probanden wiesen bei über 60-Jährigen sogar eine höhere Dichte von Kapillargefäßen nach. Es wird ver- mutet, dass die insgesamt nur gering- fügigenVeränderungenderGingivamit dem Alter etwas mit der dauernden Befeuchtung durch den Speichel zu tun haben, über den auch anabole Wachs- tumsfaktoren das Gewebe erreichen. Ob es bei sonst zahngesunden Indi- viduen zu einer Apikalmigration des Saumepithels mit Attachmentverlust gingivaler Fasern kommt, was klinisch als sog.„passive Eruption“ mit teilweise freiliegenden Zahnhälsen imponiert (Abb.3),istseitLangemumstritten.Die bis vor einigen Jahrzehnten vertretene Ansicht,dasseine„blande“,taschenfreie Gingivarezessionvoneinerabnormalen Taschentiefe als Symptom destruktiver Parodontopathienätiologischzuunter- scheiden sei, wurde später verworfen, undbeidealsErscheinungsformeneiner Plaque-induzierten chronischen Paro- dontitisbetrachtet. InzwischengibteswiederMeinun- gen, die entzündungsfreie Rezessionen in Verbindung mit dem Alter bringen und als ätiologischen Faktor u.a. die lebenslange okklusale Drift der Zähne anführen. Wahrscheinlich sind der- artige regressive Veränderungen der Gingiva aber eher das Ergebnis lebens- lang immer wieder aufgetretener, viel- leicht meist subklinisch verlaufender entzündlicher Parodontopathien mit Attachmentverlust. Zahlreiche weitere Einflüsse, wie falsche orale Hygiene- maßnahmen, systemische Erkrankun- gen,wiez.B.einDiabetes,oderdasRau- chen können natürlich als Kofaktoren daran beteiligt sein. Durch Rezession steht bei älteren Patienten eine größere Zahnoberfläche zur Retention von Plaque zur Verfügung. Freiliegende ZahnhälsesinddeshalbaucheinRisiko- faktorfürWurzelkaries. AlterndeZellenimDesmodont DieWurzelhaut (Parodontal-Liga- ment, PDL) unterliegt Altersverände- rungen, wie sie an allen kollagenfa- serigen Bindegeweben des Körpers zu beobachten sind. Dazu zählen Fi- brosierungen durch Zunahme und Verdickung der Kollagenfaserbündel, VermehrungelastischerFasernundzu- nehmenderVerlustderGrundsubstanz. AuchDefekteimKollagenfasernetzsind beschrieben. Im PDL älterer Patienten finden sich histologisch oft auch fokale Hyalinisierungen, Knorpel- oder Ver- kalkungsherde, die Malassez’sche Epi- thelreste können vergrößert, degene- riert oder verkalkt sein (Abb.4).Unter- suchungen an isolierten Fibroblasten desPDLinderZellkultureignensichbe- sonders gut zum Studium möglicher funktioneller Veränderungen im Alter auf zellulärer Ebene. Bereits der mor- phologische Vergleich zwischen PDL- Zellen jüngerer und älterer Menschen zeigtstrukturelleUnterschiede(Abb.5). Viele In-vitro-Studien haben nach- gewiesen, dass Fibroblasten des PDL imAltersichunterschiedlichverhalten: Sieproliferierenweniger,ihreFähigkeit zur Chemotaxis und Motilität ist ver- ändert, und sie weisen verminderte Sekretionsleistungen,z.B.fürKollagen, auf.AuchdieExpressionverschiedener Faktoren, die in der Forschung als „Marker“ für PDL-Zellen gelten, wie z.B.alkalische Phosphatase,ist vermin- dert.Möglicherweise wirken sich diese altersphysiologischen Verluste nicht nur auf die Reaktionsbereitschaft ge- genüber Krankheitserregern, sondern auch auf die abnehmende Kapazität zum Gewebeumbau („turnover“) und auf eine verringerte Regenerations- fähigkeit des PDL im Alter aus. Nach experimenteller Stimulation mit LPS produzieren PDL-Fibroblasten älterer Menschen vermehrt pro-inflammato- rischeStoffe,wiez.B.PA,Prostaglandi- ne,oderInterleukine.DadieseFaktoren bei der Progression von entzündlichen Veränderungen und der Aktivierung von Osteoklasten eine Rolle spielen, könntensiefüraggravierteVerläufevon Parodontitiden und einem stärkeren Knochenabbau beim älteren Patienten verantwortlich sein. Aufgrund ihrer Vermittlerrollezwischenmechanischer BelastungdesPDLsunddemAuftreten von Wurzelresorptionen, erklärt dies auch die erhöhte Bereitschaft älterer Patienten für Wurzelresorptionen und verstärkte Knochenresorption unter kieferorthopädischerTherapie. ZwarsolldieparodontaleWundhei- lung bei älteren Menschen verschlech- tertsein,dennochistdavonauszugehen, dassimPDLnochStamm-undProgeni- torzellen zu finden sind. Eine Studie konnte jüngst zeigen, dass bei über 50-JährigenStammzellennochvorhan- den sind, ihre Kapazität zur Prolifera- tion,Differenzierung und Fähigkeit zur BildungvonPDLoderzementähnlichen Strukturen aber vermindert ist. Wahr- scheinlich schöpft sich aus diesem Pool auchdieMassevonZementoblasten,die für eine lebenslange Zementapposition verantwortlichist(s.o.).Dieparodontale Stammzellforschung wird sich in Zu- kunft also auch mit dem „alten“ Zahn- halteapparat beschäftigen müssen, um mögliche Potenziale für stammzellba- sierte- regenerative Techniken für ältere Patientennutzbarmachenzukönnen. Alveolarknochen: KnochenverlustundStammzellen Das Skelettsystem unterliegt schon ab der dritten Lebensdekade strukturel- len und funktionellen Veränderungen, die durch eineVerminderung von Kno- chendichteund-massesowieFunktions- verlustenauf zellulärerundmolekularer Ebene sowie im Knochenstoffwechsel gekennzeichnetsind.DieHauptursachen sind hormoneller Art,v.a.der Abfall der Sexualhormone.Anatomischeundradio- logische Studien haben gezeigt, dass Er- scheinungsformendieserOsteopenie,wie z.B.eineAusdünnungderKnochentrabe- kel oder kortikale Verdünnungen, auch im bezahnten Kieferknochen mit stei- gendemAlternachweisbarsind(Abb.6). Wahrscheinlichkommtesauchzueinem minimalenkrestalenKnochenverlust. Eine„senileAtrophie“desAlveolar- knochens, wie im letzten Jahrhundert noch postuliert, entwickelt sich bei gesunden,bezahntenälterenMenschen jedochnicht.ObaltersabhängigeFunk- tionsverluste auf zellulärer Ebene, wie sie z.B. für Osteoblasten untersucht sind,die u.a.verminderte Syntheseleis- tungen oder verminderte Reaktionen auf Stimulation durch Hormone und Wachstumsfaktoren aufweisen, auch für den Alveolarknochen zutreffen, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich. Aus dem Knochenmark des Alveolar- knochens älterer Patienten ließen sich jüngst im Rahmen von Implantatboh- rungen mesenchymale Stammzellen gewinnen, die zu Osteoblasten diffe- renzierbar waren. Dies unterstützt die Vermutung,dassinvielenRegionendes KiefersauchnochbeiälterenMenschen Knochenstamm- oder Vorläuferzellen zu finden sind, die an lokalen Repara- tur- und Regenerationsvorgängen im ParodontoderanderOsseointegration vonImplantatenbeteiligtseindürften. ParodontitidenimAlter Parodontitiden (Abb. 7) haben un- ter bezahnten älteren Menschen eine hohe Prävalenz und können schwerer verlaufen. Diese muss aber nicht eine erhöhte Anfälligkeit im Alter bedeuten, sondernspiegeltehereinenkumulativen Effekt durch eine während des Lebens verlängerte Exposition gegenüber den bekannten Risikofaktoren wider. Aller- dingsistbisherweniguntersucht,inwie- weit sich die generellen Altersverände- rungendesImmunsystemsaufdasParo- dontunddamitseineAbwehrleistungen gegenüberMikroorganismenderPlaque auswirken. Die sog. „Immunosenes- zenz“ beschreibt eine ganze Reihe von alterskorrelierten funktionellen und strukturellen Veränderungen der Im- munlagejenseitsdes60.Lebensjahres. Dazu zählen eine verminderte zel- luläre und humorale Immunität, eine zahlenmäßige Verminderung fast aller immunkompetenten Zellen sowie zel- luläre funktionelle Defekte oder eine verminderte Zytokinproduktion. Dies hatu.a.einhöheresInfektionsrisikound eine verstärkte Autoimmunität im Alter zurFolge.Wahrscheinlichsindauchviele Alterungsprozesse an eine chronische Aktivierung unspezifischer Immunant- wortengekoppelt(„Inflammaging“).In- wieweitsichdieseImmunoseneszenzauf dasParodontauswirktundinwieweitmit einerParodontitisinterferierendeAlters- krankheiten hierauf Einfluss nehmen, wird eine Zukunftsaufgabe klinischer und grundlagenorientierter Forschung inderAlterszahnheilkundesein. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der ParodontologieNachrichten,inwelcherdieser BeitragerstmalsinderAusgabe4/2009erschien. Eine Literaturliste steht unter www.zwp-online.info/fachportal/ parodontologiezurVerfügung. PT Abb.3: Unterkieferfront mit Rezessionen bei reizlosen Gingivaverhältnissen; 73 J.,männlich.– Abb.4:: Parodontal-Ligament (PDL) im inter- radikulärenBereich,Molar,65J.,männlich;unregelmäßigeKollagenfaserstrukturen,degenerierteMalassez’scheEpithelreste(M),Z=Zement; histologischer Schnitt, H.E.-Färbung. – Abb.5a und b: Zellkulturen von PDL-Fibroblasten verschieden alter Spender; a: 14 J., männlich, b: 74 J., weiblich; die älteren Zellen sind plumper und granuliert,haben aber teilweise längere Zellfortsätze.– Abb.6: Periapikal ausgedünnter spongiö- serAlveolarknochen,Zahn44,62J.,weiblich;W=Wurzel,P=Parodontalspalt;histologischerSchnitt,Trichromfärbung.–Abb.7:Entzündliche InfiltratebeiParodontitisimPDL,Zahn45,64J.,männlich,W=Wurzel,Pfeil:ektopeVerkalkung;histologischerSchnitt,Trichromfärbung. State of the Art PERIOTRIBUNE German Edition · Nr. 5/2010 · 5. Mai 201018 Prof.Dr.WernerGötz(Foto) Priv.-Doz.Dr.StefanLossdörfer RheinischeFriedrich-Wilhelms- UniversitätBonn,Zentrumfür Zahn-,Mund-undKieferheilkunde PoliklinikfürKieferorthopädie, Oralbiologische Grundlagenforschung Welschnonnenstr.17,53111Bonn Tel.:0228287-22116 Fax:0228287-22558 wgoetz@uni-bonn.de Á Fortsetzung von Seite 17 76 5b5a 43 M M PDL Z ➡ W P W

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