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Die Wechselwirkung zwischen Therapiewahl und Aufklärungspflicht. Ein Beitrag von Norman Langhoff, LL.M., Fachanwalt für Medizinrecht.

Medicine DENTALTRIBUNE German Edition · Nr. 5/2010 · 5. Mai 201012 The World’s Fastest Matrix? Extraction Instruments Matrize D I R E C T A A B Porschestraße 16 D, 92245 Kümmersbruck, Germany Tel: +49-172-896 18 38, Fax: +49-9621-754 23, gerhard.kiklas@directadental.com, www.directadental.com ANZEIGE Auf kaum einem zweiten Wissen- schaftsgebiet ist der sich zudem zu- nehmend beschleunigende Fortschritt aufgrund stetig neuer Forschungser- gebnissesosichtbarwieinderMedizin. Der behandelnde Zahnarzt muss sich (und in der Regel auch dem Patienten) bei der Therapiewahl die Frage beant- worten, welche Behandlungsmethode angewendet werden soll, wobei ver- mehrt auch sogenannte „Neulandme- thoden“ in Betracht kommen. Bei der Therapiewahl kann sich die Fragestel- lungzudemsowohlaufdas„handwerk- liche“Vorgehenalsauchden„Material- einsatz“ beziehen. Welche Methoden dürfen noch, welche schon und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, angewendetwerden? Die Frage nach der im juristischen Sinn„richtigen“ Behandlungsmethode kann sich in verschiedenem Gewand stellen. Je nach Fallgestaltung kann es nur eine oder aber auch mehrere rich- tigeAntwortengeben.DieAntwortwird zudem durch die jeweils bestehenden Aufklärungsverpflichtungen überla- gert. Bei der Therapiewahl ist dem Arzt zunächst ein durchaus weites und nur auf bestimmte Weise gerichtlich überprüfbares Ermessen eingeräumt. Gegenstand des (zahn-)ärztlichen Be- handlungsvertrages ist eine dem Fach- arztstandard entsprechende Behand- lung, das heißt die Therapie muss zum Behandlungszeitpunkt dem anerkann- ten Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und den Erfahrungen fachärztlicher Erfahrungen entspre- chen.2 Daskönnen–müssenabernicht zwingend – mehrere Methoden sein. SinddieseMethodenbeigleicherBelas- tung und gleichen Risiken für den Pa- tientenauchallegleichgeeignet,besteht also keine „echte Behandlungsalter- native“, muss über die verschiedenen Möglichkeiten auch nicht aufgeklärt werden.BeiderAuswahlkanndannfür den Behandler auch ausschlaggebend sein, dass er in einer bestimmten Me- thodebesondereErfahrungbesitzt.3 HinweisaufAlternativen Unter Berücksichtigung der tat- sächlichen Gegebenheiten ist es jedoch auch möglich, dass bei dem betreffen- den Patienten überhaupt nur eine Handlungsoption besteht. Dann ent- fällt der ansonsten erforderliche Hin- weis auf Alternativen zwar, trotzdem muss aber natürlich über die Risiken aufgeklärt werden, da der Patient nicht nur – sofern „echte Behandlungsalter- nativen“ bestehen – hinsichtlich des „wie“, sondern vor allen Dingen na- türlich hinsichtlich der vorgelagerten Frage des „ob“ einer Heilbehandlung zuzustimmenhat. Bestehen aber bei den zur Verfü- gung stehenden Therapievarianten unterschiedliche Risiken, Belastungen und Chancen und handelt es sich bei diesen Methoden vor allem auch um gleich anerkannte Standardverfahren („echte Behandlungsalternativen“), ist der Patient diesbezüglich aufzuklären und muss dem Patienten letztlich auch die Wahl der Methode bleiben.4 Der Therapiefreiheit des Arztes steht näm- lich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gegenüber. Dieser muss in jedenEingriff inseinekörperlicheInte- gritäteinwilligen.Daskannernur,wenn erArt,Bedeutung,Ablaufundmögliche Folgen einer Behandlung abschätzen kann.DeshalbistervorderBehandlung u.a.auch über echte Behandlungsalter- nativenundderenRisikenaufzuklären.5 Altevs.neueTherapien NebeneineraltbewährtenMethode mag auch eine vergleichsweise junge Therapieform in Betracht kommen. Hierbei ist eine Abgrenzung in zwei Richtungenvorzunehmen:1.Wanndarf eine ältere Methode noch verwendet werden? 2. Wann darf eine neuere Methode schon verwendet werden? Hierbei gilt: Bei der Anwendung einer hergebrachten, bewährten Methode mussderPatientnichtaufneuediagnos- tische oder therapeutische Verfahren hingewiesenwerden,dieerstinwenigen Spezialkliniken erprobt werden.6 Der Behandler ist nicht gehalten,das jeweils neueste Therapiekonzept zu wählen, zumal eine gewisse Bewährung in der fachärztlichen Praxis ausdrücklich zu fordernist.7 EineBehandlungsmethode ist jedoch dann veraltet und darf dann nicht mehr angewendet werden, wenn sie durch gesicherte medizinische Er- kenntnisse überholt ist, andere Metho- den in der medizinischen Wissenschaft im Wesentlichen unumstritten sind (undzudemnichtnuranweni- gen Spezialkliniken prakti- ziert werden), weil sie risiko- oderbelastungsärmersind.8 Hieran zeigt sich die dem Facharztstandard immanente Dynamik. Dieser Prozess wird nicht allein durch den Stand des wissen- schaftlichen Dis- kurses, sondern vor allem auch durchdieklinische Erprobung beein- flusst.9 In diesem Kontext ist z.B. auch diefürdenZahnarztnichtohneGrund sowohlaufgrunddesVertragszahnarzt-10 als auch des Berufsrechts11 bestehende Weiterbildungspflichtzusehen. ImkonkretenBehandlungsfallmag es sich nach Ansicht des Behandlers auch anbieten, einer neueren Behand- lungsmethode den Vorzug zu geben. Je jünger die betreffende Behandlungs- methode,destomehrrücktdieFragein den Fokus, ob es sich bereits um eine Standardmethodehandelt.Istdiesnoch nichtderFall,soistderPatient–vorbe- haltlich seiner expliziten Nachfrage oder dem positiven Wissen des Arztes, dassbeiBehandlungineinerSpezialkli- nik deutlich bessere Heilungschancen odergeringereRisikenbestehen12 –zwar einerseits auf die Existenz der Methode unterdemGesichtspunkteiner„echten Alternative“ an sich zwar nicht hin- zuweisen13 . Soll sie aber nach Ansicht des Behandlers gleichwohl in Betracht gezogen werden, so erhöhen sich die Anforderungen an die Aufklärung in Bezug auf Chancen, Ablauf, Risiken undGründefürdasetwaigeAbweichen. „Neulandmethode“ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner „Robodoc“-Entscheidung14 interessanterweise ein unter dem Schlagwort „Neulandmethode“15 zu- sammengefasstesTherapiekonzeptwe- niger intensiv unter dem Aspekt eines möglichenBehandlungsfehlersalsviel- mehr unter dem Blickwinkel der ord- nungsgemäßen Aufklärung diskutiert. Ein etwa durch die Wahl einer falschen Methode begründeter Behandlungs- fehler wurde in concreto abgelehnt,die Anforderungen an den Aufklärungs- inhalt bei „Neulandmethoden“ jedoch besondershervorgehoben. Der BGH führt zum Aspekt „Be- handlungsfehler“ aus, dass eine neue Behandlungsmethode nur dann an- gewendet werden darf, wenn die ver- antwortliche medizinische Abwägung zwischendenzuerwartendenVorteilen dieser Methode und ihrer abzusehendenundzu vermutenden Nach- teile im Vergleich zu den jeweiligen Vor- und Nachteilen der Standardmethode stattgefunden hat unddasPatienten- wohl den Einsatz der neuen Methode rechtfertigt.16 Diese Wertunghatder BGH in Entscheidungen aufgegriffenund hieran anknüpfend dahingehend fort- entwickelt, dass der genannte Ab- wägungs- prozess kein ein- maliger Vorgang bei Beginn der Behandlung ist, son- dernjeweilserneutvorge- nommen werden muss, sobald neue Erkennt- nisseübermöglicheRi- siken und Nebenwir- kungen vorliegen, über die sich der behan- delnde Arzt auch stän- dig zu informieren hat.17 Bei Anwendung einer Außenseiterme- thode ist zudem grund- sätzlich der Sorgfalts- maßstab eines vorsichti- gen Arztes entscheidend.18 Aus der vorgenannten Beobachtungspflicht kann auch eine Pflicht zum sofor- tigen Abbruch der Behand- lungresultieren.19 Der BGH betont in der „Robodoc“-Entscheidung vor allem aber die ganz besondere Bedeutung der Einwilligung des Patienten nach entspre- MedizinischeInnovationen: DerrechtlicheRahmen Die Wechselwirkung zwischen Therapiewahl und Aufklärungspflicht. Ein Beitrag von Norman Langhoff, LL.M., Fachanwalt für Medizinrecht. nachfolgenden

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