Interview „Chairside-Bleaching mit sehr aggressiven Peroxid- konzentrationen birgt erhebliche Risiken (z. B. Pulpa- nekrose und extreme Empfindlichkeit) und liefert gleichzeitig oft sehr unbefriedigende Ergebnisse.“ Bleaching-Therapieoptionen in einer Berliner Klinik zu ent- wickeln, wurde uns klar, dass es einen großen Bedarf für ein Hilfsmittel wie das EDBI gab – und so begann unsere Reise. Apaydin: Mein Interesse für Bleaching begann in der Klinik. Ich führte Chairside-Bleaching bei Patienten durch. Die Er- gebnisse waren jedoch oft unbefriedigend, und es gab keine unvoreingenommenen Informationen, die nicht von den ver- schiedenen Herstellern von Bleaching-Produkten stammten. Während meiner Zusammenarbeit mit Dr. Belcher lernte ich, dass Home-Bleaching mit Schienen eine überlegene Be- handlung ist und dass Chairside-Bleaching viele Einschrän- kungen mit sich bringt. Schon bald baten mich mehrere Dentalhygiene-Kollegen um Hilfe oder Informationen zum Bleaching, und es wurde klar, dass es einen echten Bedarf für ein Ausbildungs- und Zertifizierungsinstitut gab, das sich mit dem zahnärztlichen Bleaching befasst. Strahlend weiße Zähne, bekannt als Farbe B1, sind oft das Ziel der Patienten. Wie beurteilen Sie diesen Trend und sollte der Zahnarzt diesen immer umsetzen? Apaydin: Dies ist eine sehr interessante Frage, da sie sich tatsächlich auf die Langlebigkeit des Bleaching-Ergebnisses auswirkt und nicht einfach eine Entscheidung darüber ist, wie „weiß“ der Patient (oder der Zahnarzt) es für angemes- sen hält. Natürliche Zähne lassen sich nur bis zu einem be- stimmten Punkt aufhellen, in der Regel bis B1 oder ein bis zwei Nuancen heller. Diese Grenze wird als das „Bleaching- Potenzial“ der Zähne bezeichnet, und ist ein sehr wichtiges Konzept. Die Forschung zeigt uns, dass die Zähne, sobald das Bleaching-Potenzial erreicht ist, für mehr als zwölf Jahre weiß bleiben, also praktisch dauerhaft. Wenn wir das Blea- ching-Potenzial nicht erreichen, halten die Ergebnisse mög- licherweise nur ein bis zwei Jahre, bevor die Behandlung wie- derholt werden muss. Wasserstoffperoxid ist der Hauptbestandteil vieler Blea- ching-Mittel, ist aber auch als durchaus aggressiv be- kannt. Das bedeutet doch, dass eine Aufhellung nicht bei jedem Gebiss durchgeführt werden kann? Welche Vo- raussetzungen müssen für eine effektive Zahnaufhellung geschaffen werden? Belcher: Wasserstoffperoxid (und sein Verwandter Carba- midperoxid) werden seit über 100 Jahren für das Bleaching von Zähnen verwendet. Trotz einiger Nachteile wie Zahn- fleischreizungen und Empfindlichkeit ist es immer noch die bei Weitem wirksamste (und sicherste) Substanz zur Zahnauf- hellung. Wenn es in der richtigen Stärke und mit der richtigen Methode verwendet wird, lassen sich diese Nachteile sehr gut in den Griff bekommen. Die Forschung und die Empfeh- lungen des EDBI und vieler anderer Bleaching-Verbände in der ganzen Welt zeigen, dass Home-Bleaching mit Schie- nen unter Verwendung einer niedrigeren Konzentration von Wasserstoff- oder Carbamidperoxid weitaus wirksamer und nachhaltiger ist und ein deutlich geringeres Risiko von Ne- benwirkungen aufweist als Chairside-Bleaching. Mit Home- Bleaching kann fast jeder Patient wirksam behandelt werden, auch solche mit sehr komplexen Verfärbungen, z. B. durch Tetracyclin. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung liegt in der Sicherstellung, dass der Patient genügend Blea- ching-Anwendungen durchführt – es ist immer eine Frage der Zeit. Dazu gehört natürlich auch, die Nebenwirkungen in den Griff zu bekommen, da die Patienten sonst nicht in der Lage oder bereit sind, die Behandlung zu Ende zu führen. Belcher: In fast allen Fällen sind die Patienten mehr als zu- frieden, wenn sie einen B1-Farbton erreichen – ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Patient beschwert hätte, seine Zähne seien zu weiß. Letztendlich ist es nicht die Aufgabe des Zahnarztes, zu beurteilen, ob der Trend zu sehr weißen Zäh- nen etwas Positives oder Negatives ist, sondern den Patien- ten eine sichere und effektive Möglichkeit zu bieten, die ge- wünschten Ergebnisse zu erzielen. Wie unterstützt das EDBI Zahnärzte beim Thema Zahn- aufhellung und welche Vorteile hat daher eine Mitglied- schaft? Apaydin: Die Mitgliedschaft im EDBI bietet nicht nur Zahn- ärzten, sondern allen Mitgliedern des zahnärztlichen Teams, die Bleaching durchführen oder damit zu tun haben, eine zu- verlässige und klare Informationsquelle, die ihnen hilft, das Potenzial des Bleachings in ihrer Praxis auszuschöpfen. Die Mitgliedschaft ermöglicht es Behandlern, sich auf einfache Weise auf dem Laufenden zu halten, Hilfe bei komplexen Fällen zu erhalten, Unterstützung von Kollegen zu bekom- men und ihr Wissen durch eine Zertifizierung nachzuweisen. Darüber hinaus entwickelt das EDBI eine Reihe von Proto- kollen für die Integration von Bleaching in andere minimal- invasive ästhetische Behandlungen, wie z. B. Resin-Infiltra- tionstherapie, Composite-Bonding, Aligner-Behandlungen und mehr. Dies alles mit dem Ziel, mehr Patienten eine ästhe- tische Zahnbehandlung zu ermöglichen und gleichzeitig die wertvolle Zahnsubstanz zu erhalten. 34 cosmetic dentistry 2/23