news „Es war leicht, den Schmerz abzuschalten“ “It was easy to turn off the pain” Patient erhält Zahnimplantat unter Selbsthypnose. Von Franziska Beier Patient receives dental implant under self-hypnosis. by Franziska Beier Körperlich in einer Zahnarztpraxis liegend, mental barfuß durch einen Bergfluss laufend – auf diese Weise wurde einem Patienten unter Selbst- hypnose erfolgreich ein dentales Im- plantat ohne jegliche Anästhesie ge- setzt. Der Patient, der solch einen Eingriff zum ersten Mal unter diesen Bedingungen erlebt hat, ist sehr zu- frieden mit dem Ergebnis und be- schreibt, dass er während des Ein- griffs kaum Schmerzen hatte. Alles begann in der Implantat- sprechstunde von Dr. Nico Lindemann, Mitinhaber der Zahnarztpraxis Dr. Lindemann, Kurtz-Hoffmann und Kol- legen in Leipzig. Sein Patient Tomas Schröck, ein Hypnosetherapeut mit ei- gener Praxis in Leipzig, fragte ihn, ob er bereit wäre, ihn in einem Selbst- versuch – einer Implantat-OP unter Selbsthypnose und ohne jegliche Schmerzmittel – zu unterstützen. „Da ich mich früher schon mit Hypnose beschäftigt hatte, ich ihm jedoch auf- grund des Wunsches der Selbsthypnose die Fäden der Schmerzausschaltung in die Hand geben musste, schlugen an- fänglich zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits war ich positiv gestimmt, dass das gelingen kann, andererseits stellte ich mir die Frage, ob ich ihm so ver- trauen kann, dass der Eingriff bis zum Ende in der geplanten Qualität durch- geführt werden kann“, erzählte Linde- mann Dental Tribune International. Auf die Frage nach seiner Motiva- tion für das Selbstexperiment nannte Schröck zwei wesentliche Punkte. Zum einen will er gern zur Aufklärung bei- tragen und zeigen, was mit seriöser Hypnose alles möglich ist. Vor allem für Menschen, die Angst vor Zahnbe- handlungen haben oder Arzneimittel- unverträglichkeiten aufweisen, kann Selbsthypnose eine sehr hilfreiche Methode sein, um angstfrei und ohne große Schmerzen behandelt zu wer- den. Zum anderen war der Hypnose- therapeut neugierig und wollte selbst ausprobieren, was er seinen Patientin- nen und Patienten seit Jahren bei- bringt. „Bei der Selbsthypnose über- nimmt man beide Positionen. Man ist Hypnotiseur und Hypnotisant in einer Person und gibt sich selbst entspre- chende Impulse. Im ersten Moment scheint das widersprüchlich zu sein. Versteht man jedoch, wie Hypnose funktioniert, wird es klarer“, erklärte Schröck. Es wird heute davon ausge- gangen, dass jeder Mensch mehrfach am Tag, oft ohne es zu merken, Trance- zustände erlebt. Als Beispiel nennt Schröck eintönige Autofahrten, bei de- nen der Geist in alltägliche Gedanken abdriftet und die Fahrt somit schnell verfliegt. Gleiches gilt für Hobbys, bei AD 14 denen die Zeit wie im Flug vergeht. Diese Momente, in denen vieles auto- matisch über das Unterbewusstsein abläuft, sind Alltagstrancen. Für die Selbsthypnose kann man sich diese Fähigkeit zunutze machen. Individu- ell ausgesuchte Erinnerungen oder Bil- der werden so lange trainiert, bis sie weitestgehend automatisch funktio- nieren und nur noch wenige Impulse vom Bewusstsein notwendig sind. Schröck selbst wählte für seinen Eingriff eine Erinnerung daran, wie er barfuß durch einen eiskalten Bergsee lief. „Ich habe mir diese Erinnerung aus zwei Gründen ausgewählt. Zum ei- nen sind die Füße körperlich am wei- testen vom Mund und damit vom Ort des operativen Geschehens entfernt, zum anderen ist mit dieser Erinnerung ein starkes Gefühl der Euphorie ver- bunden. Euphorie und Angst bzw. ne- gativer Schmerz schließen sich in mei- ner Welt eher aus“, erklärte er. Er fügte hinzu: „Die Kunst in der Selbsthypnose besteht darin, sich auf der einen Ebene bewusst selbst zu re- gulieren, um auf der anderen Ebene unbewusste Erfahrungen zu machen. Das bedeutet, man ist in Selbsthypnose nicht ausgeschaltet oder gänzlich pas- siv. Sobald ich zu bewusst mitbekam, was in meinem Mund passierte, lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder mehr auf meinen Ressource-Ort im Bergbach.“ Schmerzen verspürte Schröck während der Operation zum Großteil lediglich stark abgemildert. Blutungsverhalten und Hand- signale im Auge behalten „Im Vorfeld bestand schon eine leichte Nervosität im Team“, sagte Lin- demann. Alle Eventualitäten während des Eingriffs – zum Beispiel was wäre, wenn der Patient doch starke Schmer- zen empfindet – wurden vorher durch das zahnmedizinische Team geklärt, so- dass die Aufregung nach Beginn der Operation schnell verflog. Auf die Frage, inwiefern das Team den Patien- ten während des Eingriffs unterstützt hat, antwortete Lindemann: „Wir haben ein sehr ruhiges und unaufgeregtes Umfeld gestaltet. Außerdem haben wir uns auf Signale verständigt, die uns der Patient geben sollte, falls er Schmerzen verspürt und er eine Pause benötigt, um sich wieder in einen ausreichend tiefen Hypnosezustand zu versetzen.“ Während des Einsetzens eines Ein- zelimplantats mit kleiner knöcherner Augmentation im offenen Verfahren im Unterkiefer mit anschließendem Nahtverschluss, musste das zahnmedi- zinische Team insbesondere auf das Blutungsverhalten achten, welches an- ders als unter Vasokonstriktion ist. Eine Frage des Vertrauens Obwohl der Hypnosetherapeut überzeugt war, dass sein Selbstexperi- ment gelingen würde, mischten sich auch ein paar kleine Zweifel in seine Überlegungen. Im Vorfeld stellte er sich die Frage, ob er es wirklich schaf- fen würde, sich die ganze Zeit über zu konzentrieren. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Im Nachhinein war ich sogar etwas überrascht, wie schnell es ging und wie einfach es war, den Schmerz abzuschalten“, er- klärte Schröck. Lediglich die Kontrolle der Blu- tung, damit sie geringer ist als man es ohne Anästhesie erwarten würde, ge- lang ihm nicht. „Es gibt genügend Stu- dien und Fallvignetten, in denen Ähnli- ches belegt wurde. Leider vergaß ich im Eifer des Geschehens, mich auch darauf zu konzentrieren.“ Dies wird er jedoch in der nachfolgenden Opera- tion, bei der die Abdeckschraube ent- fernt wird, nachholen. Laut Lindemann war es durch das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwi- schen dem Patienten und dem Team möglich, sich vollkommen auf die Ope- ration zu konzentrieren. Er schloss: „Ich bin dankbar für mein großartiges Team und auch das Vertrauen, das mir unser Patient entgegengebracht hat.“ Physically lying in a dentist’s office but mentally walking barefoot through a mountain river—that is how a patient successfully received a dental implant under self-hypnosis without any anaes- thesia. The patient, who underwent such a procedure for the first time un- der these conditions, was very satisfied with the result and reported that he felt hardly any pain during the procedure. It all started when the patient, Tomas Schröck, a hypnotherapist with his own practice in Leipzig, asked his dentist, Dr Nico Lindemann, co-owner of a dental practice Dr Lindemann, Kurtz-Hoffmann and colleagues in Leipzig, whether he would be willing to support him in a self-experiment: an implant surgery performed under self-hypnosis without any analgesics or anaesthesia. “Even though I had been involved with hypnosis before, owing to the pa- tient’s desire for self-hypnosis, I would have to hand over the responsibility of pain elimination solely to him. On the one hand, I was optimistic that it would work. On the other hand, I wondered whether I could trust him enough so that the procedure could be performed properly as planned,” Lindemann told Dental Tribune International. When asked about his motivation for the self-experiment, Schröck said that he primarily wanted to raise aware- ness of hypnosis and demonstrate what can be achieved. Especially for patients afraid of dental treatments or with drug intolerances, self-hypnosis can be a very helpful enabler of treatment with- out fear or substantial pain. He was also curious and wanted to try out on him- self what he had been teaching his patients for years. “During self-hypnosis, one assumes both the role of hypnotist and the per- son being hypnotised and gives oneself corresponding stimuli. At first glance, this may seem contradictory. However, once one understands how hypnosis works, it becomes clearer,” Schröck ex- plained. It is assumed that everyone ex- periences trance states several times a