8 WISSENSCHAFT No. 5/2021 COVID-19: Antikörper bei vielen Zahnärzten nachgewiesen Ergebnisse einer Kohortenstudie der University of Birmingham. BIRMINGHAM/LEIPZIG – Ob zahnärztliche Behandlungsteams durch ihre exponierte Arbeit an Patienten vergleichsweise häufig mit dem Coronavirus in Kontakt kommen und welche Auswirkungen dies auf Faktoren wie das Infektionsrisiko oder die Sterblichkeit hat, war bereits seit Ausbruch der Pandemie Gegenstand von Diskussio- nen und Forschungsbemühungen. Eine neue Studie weist darauf hin, dass verhältnismäßig viele Zahnärzte während der ersten Corona- Welle in Großbritannien mit dem SARS-CoV-2-Virus in Kontakt ge- kommen sind und infolge Antikörper gegen das Virus gebildet haben. Messung des SARS-CoV-2-Antikörperspiegels An der Kohortenstudie der University of Birmingham nahmen 1.507 Zahnmediziner aus Großbritannien teil. Zu Beginn der Studie im Juni 2020 wurden ihnen Blutproben entnommen, um ihre SARS-CoV-2-Antikörperspiegel zu messen. Die Forscher fanden he- raus, dass 16,3 Prozent der Teilnehmenden – darunter Zahnärzte, Zahnarzthelferinnen und Dentalhygienikerinnen – SARS-CoV-2-Anti- körper hatten. Bei der allgemeinen Bevölkerung hingegen fanden sich zu diesem Zeitpunkt bei nur sechs Prozent entsprechende Anti- körper. Dieser Prozentsatz ist vergleichbar mit dem von zahnärzt- lichem Empfangspersonal, das keinen direkten Patientenkontakt hatte, was die Hypothese stützt, dass das Berufsrisiko aus dem engen Kontakt mit Patienten resultiert. Mit Blick auf Studien des US-Amerikanischen University of Rochester Medical Centers sowie des American Dental Association (ADA) Science and Research Insti- tutes und des Health Policy Institutes im vergangenen Jahr, die nahe- legen, dass sich Zahnärzte – nicht zuletzt aufgrund der hohen Hy- gienestandards sowie der Pandemie-bedingten verschärften Infek- tionsschutzmaßnahmen in den Praxen – in verschwindend geringem Ausmaß bei Patienten anstecken und an den Folgen einer Infektion versterben, lässt sich vermuten, dass sich möglicherweise viele Zahn- ärzte durch die Behandlung infizierter Patienten über das Bilden von Antikörpern gegen das Coronavirus immunisieren, ehe sie sich mit dem Virus anstecken und eine COVID-19-Erkrankung bei ihnen aus- bricht. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Studie keinen Aufschluss darüber geben konnte, zu welchem Verhält- nis die gebildeten Antikörper bei den teilnehmenden Zahnmedizinern aus beruflichen oder privaten Tätigkeiten resultierten. Weiterhin be- tonen die Forscher, dass ethnische Aspekte im Rahmen ihrer Kohor- tenstudie eine Rolle gespielt haben. So fanden sich bei 35 Prozent der schwarzen, bei 18,8 Prozent der asiatischen sowie bei 14,3 Prozent der weißen Teilnehmenden Antikörper. © MAD_Production/Shutterstock.com Testzeiträume Weitere Blutproben wurden drei Monate nach Studienbeginn ent- nommen, zu einem Zeitpunkt als die Zahnarztpraxen in England wieder geöffnet hatten und verstärkte Hygienestandards implementiert wur- den, sowie sechs Monate später während der zweiten Corona-Welle, als die Mitarbeiter des Gesundheitswesens bereits weitgehend geimpft waren. Die Ergebnisse zeigen, dass von denjenigen, die bereits eine COVID-19-Infektion überstanden hatten, über 70 Prozent sowohl drei als auch sechs Monate später weiterhin SARS-CoV-2-Antikörper auf- wiesen und ein um 75 Prozent verringertes Risiko einer erneuten Infek- tion mit dem Virus hatten. Darüber hinaus bestätigte die Studie die immunologische Wirkung der COVID-19-Impfung: 97,7 Prozent der Personen ohne vorherige Infektion entwickelten mindestens zwölf Tage nach der ersten BioNTech/Pfizer-Impfung eine Antikörperreak- tion. Bei Personen mit Hinweisen auf eine vorangegangene Infektion war die Antikörperreaktion nach einer einzigen Dosis dieses Impfstoffs schneller und in stärkerem Ausmaß vorhanden. Weiter wurde keiner aus der Kohorte mit einem SARS-CoV-2-Antikörperspiegel von mehr als 147,6 IU/ml im Blut während des gesamten sechsmonatigen Stu- dienzeitraums positiv auf COVID-19 getestet. Der Hauptautor Dr. Adrian Shields kommentierte gegenüber der University of Birmingham: „Zu verstehen, was ein Antikörpertest- ergebnis für eine Person in Bezug auf ihr Infektionsrisiko bedeutet, ist für die Pandemieeindämmung von entscheidender Bedeutung. Un- sere Studie hat einen ersten Schritt unternommen, um den Antikör- perspiegel im Blut einer Person zu definieren, der notwendig ist, um sie sechs Monate lang vor einer Infektion zu schützen […].“ Die Er- gebnisse wurden unter dem Titel „COVID-19: Seroprevalence and Vaccine Responses in UK Dental Care Professionals“ im Journal of Dental Research veröffentlicht. Quelle: ZWP online Kofferdam versus Watterolle Eine aktuelle Studie untersucht, was zu einer erfolgreicheren Behandlung führt. CHENGDU – Für die Trockenlegung eines Be- handlungsgebietes im Mundraum gibt es – je nach Eingriff – verschiedene Varianten, beispielsweise durch Absaugkanüle, Speichelsauger, Watterollen, Luftstrahl oder Kofferdam. Letzterer gilt als „Kö- nigsklasse“ der Arbeitsvorbereitung, die Watterol- len-Methode ist jedoch die häufiger verwendete Variante. Ein chinesisches Forscherteam verglich jetzt verschiedene Bestandsstudien miteinander, um systematisch herauszufinden, ob Kofferdam den Erfolg von Zahnreparaturen verbessert. Verwendete Evidenzen Der Vergleichsstudie lagen sechs kontrollierte Studien zugrunde, an denen insgesamt 1.342 Per- sonen (überwiegend Kinder) teilnahmen. Die Stu- dien verglichen Kofferdam mit Watterollen (fünf Studien) und Kofferdam versus Isolite-System (eine neue Methode, die Kunststoffblöcke, ein Schild für Zunge und Wange und einen Schlauch, der Spei- chel und anderen Mundinhalt aufsaugt, kombi- niert) (eine Studie). Diese Studie wurde jedoch aufgrund von Inkonsistenzen in den vorgelegten Daten aus der Analyse ausgeschlossen. Die Studienergebnisse im Detail Die gepoolten Ergebnisse aus zwei Studien mit 192 Teilnehmern deuten darauf hin, dass die Verwendung von Kofferdam die Überlebensraten von direkten Kompositrestaurationen bei nicht- kariösen zervikalen Läsionen (NCCLs) nach sechs Monaten erhöhen kann (Odds Ratio [OR] 2,29, 95% Konfidenzintervall [CI] 1,05 bis 4,99; Evidenz mit geringer Sicherheit). Die Verwendung von Kof- ferdam bei Kompositrestaurationen von NCCLs hat jedoch im Vergleich zu Watterollen nach zwölf Mo- naten (OR 1,38, 95% KI 0,45 bis 4,28; eine Studie, 30 Teilnehmer; Evidenz mit sehr geringer Sicher- heit) und nach 18 Monaten (OR 1,00, 95% KI 0,45 bis 2,25; eine Studie, 30 Teilnehmer; Evidenz mit sehr geringer Sicherheit) möglicherweise nur ge- ringe bis keine Auswirkungen auf die Überlebens- © Rabizo Anatolii/Shutterstock.com raten der Restaurationen, aber die Evidenz ist sehr unsicher. Nach 24 Monaten kann die Verwendung von Kofferdam das Risiko eines Versagens der Res- taurationen bei Kindern verringern, die sich einer proximalen atraumatischen restaurativen Behand- lung der primären Molaren unterziehen, aber die Evidenz ist sehr unsicher (Hazard Ratio [HR] 0,80, 95% CI 0,66 bis 0,97; eine Studie, 559 Teilnehmer; Evidenz mit sehr geringer Sicherheit). Schlussfolgerungen der Autoren Diese Übersichtsarbeit fand einige Hinweise, dass die Verwendung von Kofferdam bei zahnärzt- lichen Direktversorgungen im Vergleich zur Ver- wendung von Watterollen nach sechs Monaten zu einer geringeren Versagensrate der Restauratio- nen führen kann. Zu anderen Zeitpunkten ist die Evidenz sehr unsicher. Die Forschung wurde von einem Team unter der Leitung von Cheng Miao vom West China Hos- pital of Stomatology, Sichuan University, Chengdu, im Auftrag von Cochrane Oral Health durchge- führt. Xiaoyu Yang, May CM Wong, Jing Zou, Xue- dong Zhou, Chunjie Li und Yan Wang gehörten ebenfalls zum Team. Quelle: ZWP online