8 Science DENTAL TRIBUNE · Swiss Edition · Nr. 7/2020 Neurofeedback: Schmerzfrei dank Virtual Reality? Mit einer neuen Methode will ein Forschungsteam der Uni Würzburg mit weiteren Partnern chronische Schmerzen lindern. WÜRZBURG – Chronische Schmer- zen verursachen bei Betroffenen oft ein lang anhaltendes Leiden und schränken ihr Leben in gravieren- dem Masse ein. Eine alleinige me- dikamentöse Therapie ist langfris - tig wenig wirkungsvoll und mit Nebenwirkungen verbunden. Ein Forschungsteam der Julius-Maximi- lians-Universität (JMU) Würzburg entwickelt nun mit dem Projekt «VirtualNoPain» im Verbund mit Partnern aus dem Bereich Gesund- heit und Medizintechnik eine neue Methode, um chronische Schmerzen nebenwirkungsfrei zu behandeln und die Lebensqualität der Betroffe- nen zu steigern. Dabei wird für die- sen Zweck erstmalig Virtual Reality (VR) mit dem sogenannten Neuro- feedback verknüpft. VR bietet Nutzern die Möglich- keit, in computersimulierte Welten einzutauchen, die das Schmerzerle- ben verringern können. «Die An- wendung dieses Verfahrens zur Re- duktion akuter Schmerzen ist wis- senschaftlich gut belegt», erklärt Prof. Dr. Paul Pauli, Inhaber des JMU-Lehrstuhls für Psychologie I. «Erste Studien zeigen, dass es auch © Microgen/Shutterstock.com für die Behandlung chronischer Schmerzen vielversprechend ist.» Die Wirkung der virtuellen Realität sei dabei umso höher, je mehr die Nutzer sich in der virtuellen Welt anwesend fühlen. Neurofeedback als neue Ergänzung «VirtualNoPain» zielt darauf ab, die Schmerzreduktion mittels VR zu maximieren. Dabei kommt als Ergän- zung zur VR erstmalig ein Neurofeed- back-Training zum Einsatz. Mittels Neurofeedback können Nutzer ler- nen, bestimmte Gehirnakti vitäten selbst zu regulieren. Sie erhalten da- für Rückmeldungen über Gehirn- signale, die ansonsten nicht bewusst wahrgenommen werden können. «Ein positiver Nebeneffekt der Methode ist, dass dadurch zudem das Selbstwirksamkeitserleben ge- stärkt werden kann», so Dr. Andrea Kübler, Professorin am Lehrstuhl für Psychologie I. Dies könne sich lindernd auf häufige Begleiterschei- nungen chronischer Schmerzen, wie etwa Depressionen oder Angstzu- stände, auswirken. Herauszufinden, wie Begleiterscheinungen ausser- dem wirkungsvoll beeinflusst wer- den können, etwa durch die Induk- tion positiver Emotionen in der VR, ist ein weiteres Ziel des Forschungs- projekts. Knapp zwei Millionen Euro Forschungsgelder Der Forschungsverbund wird von der VTplus GmbH koordiniert, welche umfangreiche Erfahrungen mit dem Einsatz virtueller Realität in Forschung und Therapie ein- bringt. Leiter des Teilvorhabens der JMU ist Prof. Pauli. Er forscht ins- besondere zu den Themen Schmerz und Angststörungen und nutzt dafür bereits seit mehreren Jahren VR-Methoden. Die beteiligte Exper- tin für Neurofeed back und Gehirn- Computer-Schnittstellen ist Andrea Kübler. Die beiden werden während des Projekts eng mit Unternehmen aus dem Gesundheitssektor und dem Bereich Medizintechnik zu- sammenarbeiten, um auch die tech- nische Entwicklung zu unterstützen. Die Umsetzung erfolgt in Koopera- tion mit den spezialisierten Indus- triepartnern Brain Products GmbH, dem Zentrum für Telemedizin (ZTM) Bad Kissingen und der VTplus GmbH. Zum Ende des Pro- jekts ist eine klinische Machbarkeits- studie mit Patienten mit chroni- schen Schmerzen unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Sommer vom Universitätsklinikum Würzburg ge- plant. Finanziell gefördert wird das Projekt vom deutschen Bundes- ministerium für Bildung und For- schung im Fachprogramm Medizin- technik mit knapp zwei Millionen Euro. Mit einem Kick-off-Meeting mit allen beteiligten Partnern star- tete das Projekt im Juli 2020, im Juni 2023 soll es abgeschlossen sein. Im Anschluss an das Forschungsprojekt wird eine Ausweitung auf weitere Schmerzanwendungen und eine Produktentwicklung bis zur Markt- reife angestrebt. DT Quelle: Universitätsklinikum Würzburg Hydrogel für Wurzelkanäle weiterentwickelt FDA gibt neue Leitlinie für Amalgamfüllungen heraus Härte des Films entscheidet, ob Biomineralisierungsaktivität induziert werden kann. Kein Amalgam mehr für Patienten mit neurologischen Erkrankungen und Frauen mit Kinderwunsch. LEIPZIG – Der Zahnerhalt ist wohl das oberste Gebot der endodonti- schen Therapie. Zu diesem Zweck zielen verschiedene Forschungsan- sätze der vergangenen Jahre auf die Förderung der Regeneration von innen – so auch die aktuelle Studie, die auf Stammzellendifferenzierung setzt. Im Zuge der klassischen Wurzel- kanalbehandlung wird der Wurzel- kanal mit Polymermaterialien ver- schlossen, die dann aushärten. Chi- nesische und US-amerikanische Forscher untersuchten Hydrogele, die mit pluripotenten Stammzellen besät die Regeneration ankurbeln, anstatt sie mit ausgehärteten Poly- meren zu verkleben. Sie führten hierzu In-vitro-Tests durch, bei denen sie ein Hydrogel bzw. Verbundmaterial aus Titanoxid und Polyisopren (PI), dem Haupt- bestandteil von Guttapercha, ver- wendeten. Sie konnten zeigen, dass die Stammzellen in biomineralisie- ANZEIGE rende Zelltypen differenziert werden und so die Bildung von Calcium- phosphat aktiviert wurde. Um herauszufinden, welche Rolle bei der Reaktion der Zellen die Festigkeit der Komposits spielt, hat das Forscherteam die Steifheit des Zellinneren und der Zellmembran gemessen. Bei 15 nm dünnen Poly- merfilmen fand eine Aktivierung der Biomineralisierung statt, bei 210 nm dicken Filmen wurde dieser Prozess in den Zellen nicht induziert. Es schien zudem, dass sich das Zell- innere an die Härte der Umgebung anpasse. Die Autoren schließen daraus, dass tatsächlich die Härte des Films darüber entscheidet, ob Biominera- lisierungsaktivität induziert werden kann – und das alles ganz ohne che- mische Additive. Die Studie ist im Fachjournal Acta Biomaterialia erschienen. DT Quelle: ZWP online calaject.de ” schmerzarm+komfortabel ” SILVER SPRING – Die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) hat eine neue Leitlinie zur Verwen- dung von Amalgamfüllungen he- rausgegeben. Die FDA empfiehlt unter anderem für Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Dampf freigesetzt wird, kann dabei vom Alter der Füllung sowie von Gewohnheiten wie Zähneknirschen abhängen», so Dr. Jeffrey E. Shuren, Office Director der FDA. «Die Quecksilberdampffreisetzung aus den Füllungen kann beim Legen oder Parkinson, Patienten mit ein- geschränkter Nierenfunktion und Personen mit Allergien gegenüber Quecksilber oder anderen Bestand- teilen von Amalgam. Damit gehen die Empfehlungen der FDA mit der Ausdehnung der Khunatorn – stock.adobe.com Multipler Sklerose, Alzheimer und Parkinson sowie Patienten mit Nie- renschäden und Frauen mit Kinder- wunsch, keine Amalgamfüllungen mehr zu verwenden. Amalgamfüllungen bestehen zu 50 Prozent aus reinem Quecksilber und einer pulverförmigen Legierung aus Silber, Zinn und Kupfer und werden in den USA oft irrefüh- renderweise «Silberfüllungen» ge- nannt. Aus den Füllungen werden mit der Zeit kleine Mengen Queck- silberdampf freigesetzt. «Während geringe eingeatmete Mengen für die meisten Menschen im Allgemeinen nicht schädlich sind, kann dies für anfällige Personen ein erhöhtes Ge- sundheitsrisiko bergen. Wie viel oder Entfernen am höchsten sein.» Die FDA empfiehlt daher, beste- hende Amalgamfüllungen nicht zu ersetzen, wenn sie in gutem Zustand sind, es sei denn, dies ist medizinisch notwendig. Risikogruppen deutlich erweitert Vorsorglich wird in den USA die Verwendung von quecksilberfreien Alternativen, wie z. B. Komposit- oder Glasionomerzementfüllungen, für folgende Risikogruppe empfoh- len: Kinder, insbesondere unter sechs Jahren, schwangere und stil- lende Frauen, Frauen mit Kinder- wunsch, Patienten mit neurologi- schen Erkrankungen, wie zum Bei- spiel Multipler Sklerose, Alzheimer Risikogruppe deutlich über die Empfehlungen des Robert Koch- Instituts für Patienten mit Nieren- schäden hinaus. In Europa ist die Verwendung von Amalgamfüllungen seit dem 1. Juli 2018 für Kinder bis 15 Jahre, schwangere und stillende Frauen verboten, und die Europäische Kom- mission hat kürzlich geprüft, ob man auch generell auf Amalgam (vor- zugsweise bis 2030) verzichten kann. Am 17. August hatte die Kommission erklärt, dass ein Ausstieg sowohl tech- nisch als auch wirtschaftlich mach- bar ist und für 2022 einen Gesetz- gebungsvorschlag angekündigt. DT Quelle: IG Umwelt-Zahnmedizin