26 Service Fortsetzung von Seite 25 Fast alle Dentalmessen wurden dieses Jahr verschoben oder abge- sagt. Somit stellt sich die Frage, ob die IDS 2021 in ihrer bisherigen Form abgehalten werden kann. Wird es konzeptionelle Änderun- gen geben? Wir leben in einer neuen Nor- malität, solange kein Impfstoff gegen COVID-19 gefunden ist. In ihrer bisherigen Form wird keine seriöse B2B-Veranstaltung auf der ganzen Welt stattfi nden können. Wir sehen, wie intensiv Messegesellschaften da- ran arbeiten, alle Voraussetzungen zu erfüllen, um sichere Messen ver- anstalten zu können. Selbstverständ- lich sind alle Messen gehalten, die spezifi schen Gesundheitsvorschrif- ten und Schutzmaßnahmen einzu- halten, die die jeweiligen Regierun- gen und ihre Behörden vorschrei- ben. Wir arbeiten gleichzeitig daran, den Charakter der IDS als Kommu- nikationsplattform, als Marktplatz für Innovationen und als umfas- sendstes Schaufenster der weltwei- ten Dentalbranche auch unter den herrschenden Rahmenbedingungen zu erhalten. Gemeinsam mit der Koelnmesse arbeiten wir daran, zu- sätzliche digitale Tools anbieten zu können, die den Erlebnischarakter und die Kommunikationsleistungen ergänzen und unterstützen. Das heißt konkret für die IDS 2021? Im Mittelpunkt einer Messe steht der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch. Um dieses Net- working so sicher und so erfolgreich wie möglich zu machen, hat die Koelnmesse nach den Vorgaben der Coronaschutzverordnung des Lan- des Nordrhein-Westfalen und in enger Abstimmung mit den Behör- den in Köln eine Reihe von Maßnah- men entwickelt, die lückenlos in- einandergreifen und das Miteinan- der auf der Messe regeln. Das Ziel des Konzeptes #B-SAFE4BUSINESS ist es, professionelle Sicherheit auf höchstem Niveau zu gewährleisten und eine Umgebung zu schaffen, in der Branchen und Business wieder wachsen können. Unter den vier Themenwelten SHOW SAFE, MEET SAFE, STAY SAFE und VISIT SAFE DENTAL TRIBUNE · D-A-CH Edition · Nr. 6/2020 „Die Industrie wird längere Zeit benötigen, um wieder an die Umsätze der Vorkrisenzeit anknüpfen zu können.“ hat die Koelnmesse ihre Maßnah- men für die Gesundheit ihrer Aus- steller und Besucher zusammenge- fasst. Sie regeln das sichere Mit- einander auf der Messe und sorgen dafür, dass sich Aussteller und Be- sucher wieder entspannt begegnen können. So bietet die IDS genug prüfen und den aktuellen Rahmen- bedingungen anpassen. Ich bin zuversichtlich, dass die IDS 2021 zum entscheidenden Kick- off für einen Neustart nach der Corona-Krise werden wird. Die in- ternationale Branche blickt mit gro- ßen Erwartungen auf die IDS 2021, © Dentsply Sirona Dentsply Sirona gab Ende Juli bekannt, dass das Unternehmen von einer Teilnahme an der IDS 2021 absieht. Möglichkeiten und Raum, um sicher viele Teilnehmer auf den Flächen zu verteilen. Ein weiterer Vorteil ist hierbei das digitale Informations- und Besu- cherleitsystem. Großzügiger geplante Stände gewährleisten die Einhaltung von Mindestabständen, sodass die Zahl der Besucher an einem Stand nicht reglementiert ist, solange der Mindestabstand von 1,5 Metern ge- währleistet ist. Gleichzeitig werden mit geeigneten technischen Hilfsmit- teln die Verteilung der Messeteilneh- mer und damit die Besucherströme überwacht und gegebenenfalls ge- steuert. Zum Sicherheitskonzept der kommenden IDS gehört auch, dass sich das Ticketsystem ausschließlich auf Online-Tickets beschränken wird, sowie eine Vollregistrierung aller Teilnehmer, um die Nachver- folgbarkeit der Besucher zu gewähr- leisten. Die Koelnmesse wird das Sicherheitskonzept regelmäßig über- denn sie spielt eine maßgebliche Rolle bei einer erfolgreichen Krisen- bewältigung, besonders im persönli- chen Austausch von Strategien in den unterschiedlichen Märkten und Regionen. Nur im direkten Dialog aller Marktteilnehmer lassen sich eigene Bedarfe und Positionen prü- fen und eine Neuorientierung auch im Sinne von Wertschöpfungsketten analysieren. Wie sehen Sie die internationalen Entwicklungen in Bezug auf die IDS 2021? Auch hier bin ich eher zuver- sichtlich. Ich habe den Eindruck ge- wonnen, dass viele Unternehmen auch aus Übersee geradezu darauf warten, wieder loslegen zu können. Wie überall im Geschäftsleben, so birgt auch in unserer Branche ein Stillstand die hohe Gefahr eines Rückgangs. Der internationale Wett- bewerb geht ungeachtet der Krise weiter. Die Hände in den Schoß zu legen, abzuwarten bis es vielleicht besser wird, ist aus meiner Sicht keine Option. Wir wissen ja nicht, wann und ob wir zur gewohnten Normalität der Vor-Corona-Zeit zu- rückkehren können werden. Die Aussteller aus Übersee werden wie jeder andere auch ihre Investitionen in die IDS-Auftritte sorgfältig im Blick behalten und umsichtig ihre Ressourcen planen und für 2021 an- passen. Es sind immerhin noch sechs Monate bis zur 39. IDS 2021, in denen sich vieles noch ins Positive entwickeln kann. Letztendlich aber wird für die Besucherströme ent- scheidend sein, was die jeweiligen Regierungen ihren Bürgern an Rei- semöglichkeiten gestatten und ein- räumen. Möglicherweise ist die Co- rona-Krise bis März 2021 noch nicht überwunden, aber sicherlich durch die Erfahrungen aller Parteien besser beherrschbar. Die Zukunft hat aber niemand von uns in der Hand. Wie viele Unternehmen haben sich bis jetzt angemeldet? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen bei der Koelnmesse mehr als 1.300 Anmeldungen vor. Das sind aus heutiger Sicht, ein halbes Jahr vor dem Ereignis, sehr gute Zahlen. Es sind Unternehmen, die sich ganz bewusst in schwieriger wirtschaftli- cher Lage zur Teilnahme an der 39. IDS entschlossen haben. Anti- zyklisches Handeln ist in Krisenzei- ten eines der Werkzeuge, um gegen den Wettbewerb anzukommen und Marktanteile neu zu verteilen. Wir dürfen das als ein Signal der Ermu- tigung, der Zuversicht und der Zukunftsorientierung werten. Diese zahlreichen Unternehmen sehen in der Krise die darin enthaltenen Chancen, sie stehen gegen Pessimis- mus und eindeutig für Optimismus. Jeder einzelne Aussteller hat sich sein Kosten-Nutzen-Verhältnis wie bei jeder Investition gut angeschaut und berechnet. Es gibt allerdings auch Unternehmen, die sich gegen eine Teilnahme entscheiden. Diese wich- tige unternehmerische Entschei- dung hat jedes Unternehmen selbst zu fällen – es muss aber jedem klar sein, dass der Markt sich immer wie- der neu orientiert und verteilt. Wir können uns freuen, dass die IDS so hohes Vertrauen genießt und dass die Weltleitmesse auch in Krisenzei- ten ein sehr großes Potenzial für un- sere dentale Sparte der Gesundheits- branche bietet. Erwarten Sie weniger Messebesu- cher aus dem In- und Ausland auf- grund von verschärften Hygiene- vorschriften und Angst vor mögli- chen Infektionen? Ja, defi nitiv werden weniger Be- sucher kommen können, da es wahr- scheinlich weiterhin Reiseeinschrän- kungen in verschiedenen Teilen der Welt geben wird. Es ist auch eine persönliche Entscheidung, wenn man auf der absolut sicheren Seite bleiben will. Aber ich denke nicht, dass sich Besucher von Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen ab- schrecken lassen – im Gegenteil, alle Maßnahmen sollen Ausstellern und Besuchern ein Höchstmaß an Si- cherheit garantieren. Als Gesund- heitsbranche sind wir hohe Sicher- heitsstandards in unserem Berufs- alltag gewohnt. Das Positive ist, dass wir Teil der Gesundheitswirtschaft sind. Medizintechnikhersteller und ihre Kunden aus Zahnarztpraxis und Dentallabor sind es gewohnt, die höchsten Standards bei der Produk- tion, der Verarbeitung sowie der Anwendung von Materialien und Produkten zu erfüllen. Die IDS 2021 wird anders sein, die Vorschriften der Gesundheits- behörden werden etliches verän- dern, aber die Besucher werden keine Schwellenangst zu überwin- den haben. Wir könnten sogar das Profi l unserer Branche als Teil der Gesundheitswirtschaft schärfen, denn die Regeln, die in Praxis und Labor gelten, fi nden ihre Fortset- zung auf der Messe. Vielen Dank für das Gespräch. DT Europäisches Denken in der Gesundheitsvorsorge tut not! Schluss mit der Abhängigkeit bei Medikamenten, Schutzbekleidung und Co. Von ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres*, Wien. WIEN – Jetzt ist europäisches Den- ken mehr denn je gefragt. Es geht um Investitionen in eine europäische Pharmaindustrie, um europäische Medikamentenforschung, aber auch um technische Hilfsmittel wie Schutzanzüge, Sauerstoffgeräte etc. Ein Fehler der vergangenen Jahre war, die Produktion in zu hohen An- teilen in den Fernen Osten – vor allem nach China oder Taiwan – aus- zulagern und die Forschung zu ver- nachlässigen, sowohl die angewandte als auch die Grundlagenforschung. © dencg/Shutterstock.com Europäische Medikamentenindustrie Eine vereinigte europäische Me- dikamentenindustrie – beim Airbus ist es ja auch gelungen, dem Markt- führer Boeing die Stellung streitig zu machen – wäre die beste Investition. Auch makroökonomisch gesehen. Davon würden Wissenschaft und Produktionsstandorte profitieren und Europa wäre autonom, gerade was die Bewältigung von Krisen- situationen betrifft. Österreich könnte einen wesent- lichen Anteil leisten: Unsere For- schungscluster an der Meduni sowie am IMBA und in Doppler-Instituten sind exzellent, genießen internatio- nal hohes Aufsehen. Wenn wir die Rahmenbedingungen weiter verbes- sern, würden wir auch den Brain- Drain der vergangenen Jahre ein- dämmen. Mehr noch: Wien wäre wieder interessant für internationale Forscher. Der Wettlauf um Corona-Medi- kamente hat schon begonnen. Die USA haben beispielsweise einen Großteil des verfügbaren Stoffes Remdesivir aufgekauft. Wir dürfen nicht vergessen: Es gab während der Corona-Anfangs- phase tagelanges Warten auf Mas- kenlieferungen, wobei ein Teil dieser Lieferungen blockiert wurde und ein anderer Teil unbrauchbar war. Gemeinsames Vorgehen Wenn sich demnächst die EU- Staatsoberhäupter treffen, sollte ein gemeinschaftliches Vorgehen in der Gesundheitsindustrie ganz oben auf der Agenda stehen. Das fordern immer mehr Wissenschaftler und auch Ökonomen. In Europa haben wir potente Pharmafi rmen, die man bündeln könnte, und es gibt heraus- ragende Produktionsstandorte. Die Globalisierung hat aufge- zeigt, wie verletzlich das System ist und wie schnell es totgelegt werden kann. Regionales und lokales Den- ken sind wieder gefragt. Zudem si- chert man damit auch Arbeitsplätze beziehungsweise schafft neue quali- fi zierte Jobs. Der Gesundheitsmarkt zählt zu den am verlässlichst und stabilst wachsenden – auch in Zukunft. Die- ser Markt sollte ein europäischer bleiben. Denn etwas ist gewiss: Corona ist noch nicht überwunden. Jetzt vorsorgen tut not. DT * Präsident der Ärztekammer für Wien und der Österreichischen Ärztekammer