18 Science DENTAL TRIBUNE · D-A-CH Edition · Nr. 6/2019 Können wir dank Mundspülungen auf das Zähneputzen verzichten? Zahnpasta und Mundwasser: Zwei komplexe kosmetische Mittel mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen. Von Dr. Frederic Meyer, Dr. Joachim Enax und Dr. Barbara Simader, Bielefeld, Deutschland. Die Anwendung von Mundspülun- gen wird immer beliebter, und es gibt mittlerweile eine große Anzahl unterschiedlicher Produkte auf dem Markt. Könnte der wachsende Zu- spruch daran liegen, dass Zähneput- zen oft als lästig und zeitintensiv empfunden und durch Mundspülen ersetzt wird? Daher stellt sich die Frage: Ist das Mundspülen so effek- tiv, dass wir auf das Zähneputzen verzichten können? Auf den ersten Blick scheint die Mundgesundheit in Deutschland sehr gut zu sein. Die Kariesprävalenz bei den 12-Jährigen ist gering. Weni- ger als 20 Prozent der Jugendlichen in dieser Altersklasse haben eine Ka- rieserfahrung.1 Im Gegensatz dazu ist die Zahn- und Mund gesundheit bei den 35- bis 44-Jährigen mit durchschnittlich 11,2 Zähnen mit Karieserfahrung und bei den 65- bis 74-Jährigen mit 17,7 Zähnen Karies- erfahrung nicht zufriedenstellend. ANZEIGE Abb. 1: In-vitro-Karies – Biofilm nach 72 Stunden Wachstum, bestehend aus den drei oralen Spezies Actinomyces naeslundii, Actinomyces odontolyticus und Strepto- coccus mutans.7 Referent I Dr. Andreas Britz/Hamburg Online-Anmeldung/ Kursprogramm Unterspritzungskurse Für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profi s Kursreihe – Anti-Aging mit Injektionen Unterspritzungstechniken: Grundlagen, Live-Demonstrationen, Behandlung von Probanden www. unterspritzung.org Termine 2019 I 10.00 – 17.00 Uhr 20./21. September 2019 | Hamburg | München 04./05. Oktober 2019 Inhalte 1. Tag: Hyaluronsäure Theoretische Grundlagen, praktische Übungen, Live-Behandlung der Probanden | Injektionstechniken am Hähnchenschenkel mit „unsteriler“ Hyaluronsäure Unterstützt durch: Galderma, TEOXANE 2. Tag: Botulinumtoxin A Theoretische Grundlagen, praktische Übungen, Live-Behandlung der Probanden | Lernerfolgskontrolle (Multiple Choice) und Übergabe der Zertifi kate Unterstützt durch: Galderma Kursgebühr Kursgebühr (beide Tage, inkl. Kursvideo als Link) IGÄM-Mitglied 690,– € zzgl. MwSt. (Dieser reduzierte Preis gilt nach Beantragung der Mitgliedschaft und Ein- gang des Mitgliedsbeitrags.) Nichtmitglied Tagungspauschale* 790,– € zzgl. MwSt. 118,– € zzgl. MwSt. In Kooperation mit IGÄM – Internationale Gesellschaft für Ästhetische Medizin e.V. Paulusstraße 1 | 40237 Düsseldorf sekretariat@igaem.de | www.igaem.de Dieser Kurs wird unterstützt von Hinweis: Die Ausübung von Faltenbehandlungen setzt die medizinische Qualifi kation entsprechend dem Heilkundegesetz voraus. Aufgrund unterschiedlicher recht- licher Auffassungen kann es zu verschiedenen Statements z. B. im Hinblick auf die Behandlung mit Fillern im Lippenbereich durch Zahnärzte kommen. Klären Sie bitte eigenverantwortlich das Therapiespektrum mit den zuständigen Stellen ab bzw. informieren Sie sich über weiterführende Ausbildungen, z. B. zum Heilpraktiker. * Umfasst unter anderem Pausenversorgung und Tagungsgetränke. Die Tagungs pauschale ist für jeden Teilnehmer verbindlich. Faxantwort an +49 341 48474-290 Hiermit melde ich folgende Personen zu dem unten ausgewählten Kurs Anti-Aging mit Injektionen verbindlich an: Hamburg München 20./21. September 2019 4./5. Oktober 2019 Titel, Vorname, Name Titel, Vorname, Name Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der OEMUS MEDIA AG (abrufbar unter www.oemus.com/agb-veranstaltungen) erkenne ich an. Stempel Datum, Unterschrift E-Mail-Adresse (Bitte angeben! Sie erhalten Rechnung und Zertifi kat per E-Mail.) 9 1 / 6 H C - A - D T D O EM U S M E D I A A G Holbeinstraße 29 · 04229 Leipzig · Deutschland · Tel.: +49 341 48474-308 · event@oemus-media.de Wirkstoff- konzentration 0,1 % 20 % Zahnpastamenge auf der Zahnbürste34, 35 Erbsengroß (0,25 g) El. Zahnbürste (0,65 g) Strang (1,0 g) 0,025 g 5 g Absolute Wirkstoffmengen in der Mundhöhle 0,065 g 13 g 0,1 g 20 g Tab. 1: Vergleich der absoluten Wirkstoffmengen in der Mundhöhle. Bei einer geringen Wirkstoffkonzentration wird die für eine Wirksamkeit benötigte Menge möglicherweise unterschritten, sobald eine geringe Menge Zahnpasta verwendet wird.33 Bei einer hohen Wirkstoffkonzentration ist auch bei kleinen Zahnpastamengen ausreichend Wirkstoff in der Mundhöhle.23 Die angenommene maximale Einsatzkonzentration des limitierten Wirkstoffes beträgt 0,1 und des nicht limitierten Wirkstoffes 20 Prozent. Hinzu kommt, dass jeder zweite Erwachsene an einer Parodontitis mittlerer oder schwerer Ausprägung leidet.1 Insbesondere für Personen, die motorisch eingeschränkt sind, scheint es vielversprechend zu sein, anstelle der mechanischen Zahnrei- nigung auf andere Konzepte umzu- steigen. Karies und Parodontitis sind biofilmassoziierte Erkrankungen Die Ätiologie von Karies und Pa- rodontitis beruht auf nicht entfern- ten Biofilmen auf der Zahnober- fläche (Abb. 1).2 Die mikrobielle Zu- sammensetzung der Biofilme unter- scheidet sich jedoch teilweise deut - lich bei beiden Erkrankungen.2–4 a) Bei der Entstehung von Karies ver- stoffwechseln kariogene Bakterien Kohlenhydrate (Zucker). Als Folge entstehen Säuren, die das Zahn- mineral angreifen. Die Bakterien, die bei kariösen Biofilmen über- leben, sind säuretolerant (azido- phil), und viele produzieren selbst Säuren (azidogen) aus Kohlen- hydraten.2 b) Bei der Parodontitis entsteht der Biofilm supra- und subgingival am Zahnfleischsaum. Parodonto- pathogene Mikroorganismen sind in der Lage, menschliche Amino- säuren, insbesondere Arginin und Prolin, abzubauen und für ihren Stoffwechsel zu nutzen.4 Alle bakteriellen Biofilme pro- duzieren sogenannte Extrazelluläre Polymere Substanzen (EPS).5 Die EPS sind z. B. Proteine, Zuckerver- bindungen, DNA-Moleküle, Glu- kane und Exoenzyme. Diese Sub- stanzen schützen die Bakterien vor äußeren Einflüssen, sogar vor Anti- biotika.5, 6 Zusammensetzung von Zahnpflegeprodukten Frei verkäufliche Zahnpasten und Mundspülungen sind komplexe kosmetische Mittel mit unterschied- lichen Inhaltsstoffen.2, 8, 9 Bei Mund- spülungen sind in Bezug auf orale Biofilme solche Wirkstoffe relevant, die das Wachsen des Biofilms ver- hindern bzw. minimieren können.7 Generell gibt es zwei unter- schiedliche Konzepte: Das klassische Konzept beruht auf antibakteriellen (abtötenden) Wirkstoffen.2 Das zweite Konzept beruht auf antiadhä- renten Wirkstoffen und rückt ver- in den Vordergrund.2, 10–12 mehrt Antiadhärenz bedeutet, dass die Bakterien daran gehindert werden, sich an der Zahnoberfläche anzu- lagern. Antibakterielle Wirkstoffe, wie z. B. ätherische Öle (meist gelöst in Alkohol), Metallsalze (Zinn, Zink), Phenolderivate (Triclosan) oder quartäre Ammoniumverbindungen (Cetylpyridiniumchlorid), wirken primär unspezifisch auf den bakteri- ellen Stoffwechsel oder die Zellwand der Bakterien.2, 13, 14 Die Wirkung kann sich jedoch nur bei einem sich bildenden Biofilm entfalten. Bei ma- turierten Biofilmen durchdringen die antibakteriellen Wirkstoffe nicht in ausreichender Konzentration die EPS.6, 13 Antiadhärente Wirkstoffe hin- dern Bakterien daran, sich am Zahn anzulagern und einen Biofilm aus- zubilden. Da Bakterien im Biofilm in der Lage sind, Calcium aufzuneh- men und dieses in Phasen der Säure- produktion auszusondern, ist der Einsatz calciumhaltiger antiadhä- renter Wirkstoffe von zusätzlichem Vorteil für die Remineralisation.15 Dies führt dazu, dass das chemische Gleichgewicht bei einer entstehen- den Karies am Ort der Säureproduk- tion, also der Zahnoberfläche, zu- gunsten der Remineralisation ver- schoben werden kann.8 Ein Wirkstoff, der häufig bei Patienten nach chirurgischen Ein- griffen in der Mundhöhle genutzt wird, ist Chlorhexidin (CHX).16 Die Einsatzkonzentration von CHX in Mundspülungen liegt meist bei 0,2 Prozent, in Gelen bei bis zu 1,0 Prozent und als Chip sogar bei bis zu 36 Prozent.17, 18 Es handelt sich hierbei um Arzneimittel und nicht um frei verkäufliche kosmetische Produkte. Zudem gehen mit der Anwendung von CHX-Präparaten mitunter Verfärbungen der Zähne, Geschmacksirritationen und auch Epithel-Abschilferungen einher.19, 20 Insbesondere die Langzeitanwen- dung von kosmetischen Produkten mit niedrig dosierten CHX-Konzen- trationen (meist 0,06 Prozent), aber auch höher dosierten CHX-Präpara- ten kann die Bildung von multiresis- tenten Keimen fördern.21 CHX kann darüber hinaus eine Dysbiose (Un- gleichgewicht) oraler Mikroorganis- men begünstigen. Gerade wegen dieser Limitationen von CHX wur- den in den letzten Jahren vermehrt Studien zu biomimetischen Alter- nativen, wie z. B. Hydroxylapatit pu- bliziert.11, 12, 22 Die mechanische Plaque- entfernung ist von zentraler Bedeutung Die alleinige Verwendung einer Mundspülung kann aus unter- schiedlichen Gründen interessant sein, vor allem für Patienten, für die die mechanische Plaqueentfernung eine besondere Herausforderung