10 Service DENTAL TRIBUNE · Austrian Edition · Nr. 8/2018 Moderne Lösungen für direkte Restaurationen im Seitenzahnbereich Die Wahl des Füllmaterials muss vielerlei Anforderungen gerecht werden. Von Prof. Dr. Ivana MiletiĆ, PhD, Zagreb, Kroatien. Die beliebtesten Füllmaterialien für Restaurationen im Seitenzahnbereich sind kunststoffbasierte Composites, bei denen es sich um eine Kombina- tion aus einem organischen Teil (Ma- trix), einem anorganischen Teil (Füll- stoff) und Haftvermittlern handelt. Seit ihrer Markteinführung Anfang der 1960er-Jahre wurden viele Versu- che unternommen, ihre Zusammen- setzung zu verbessern, um zwei wich- tige Mängel zu beseitigen: die feh- lende mechanische Festigkeit und die hohe Polymerisationsschrumpfung.2 Die Verbesserungen an Composite- Materialien konzentrierten sich be- sonders darauf, den anorganischen Teil zu verstärken, der für physikali- sche und mechanische Eigenschaften wie Härte, Biegefestigkeit, Elastizitäts- und 16 nm-Siliciumdioxid in bereits polymerisierten Formen besteht. Dieses Composite ist für den Front- und Seitenzahnbereich erhältlich. Die Variation von Partikelgrößen und -schnittstellen innerhalb des Mate- rials ermöglicht die Reflexion von Licht auf die Restauration, die der Zahnstruktur ähnelt. Aus diesem Grund kann sogar ein sehr schönes ästhetisches Ergebnis erzielt werden, wenn nur eine Farbe dieses Materials verwendet wird (Abb. 1–6). Die Vor- teile von fließ fähigen Composite- Materialien sind ihre gute Anpas- sungsfähigkeit, die Haftung an den Kavitätenrändern und die Tatsache, dass sie elastischer sind als konven- tionelle Composite-Kunststoffmate- rialien. Dadurch können sie einen Verstärkte Zementmatrix Angesichts der minimalinvasiven Konzepte zur Restauration von Zäh- nen gibt es ein neues vielverspre- chendes Material für Restaurationen im Seitenzahnbereich: ein mikro- beschichteter Glasionomerzement (GIZ) mit adhäsiven und bioaktiven Eigenschaften, sodass hartes Zahn- gewebe erhalten und remineralisiert werden kann. Dieses neue Material hat klinischen Langzeiterfolg gezeigt, der durch wissenschaftliche Daten gestützt wird.11, 12 Der größte Nachteil von Glasionomeren war bis vor Kur- zem ihre geringe mechanische Festig- keit, die sie für Bereiche mit hoher Be- lastung ungeeignet machen, wie z. B. okklusale und approximale Bereiche. Das neue EQUIA Forte System be- dene Füllungen und Zugangskavitä- ten sind Faktoren, welche die Menge an gesundem Dentin reduzieren kön- nen und somit die Wahrscheinlich - keit einer Fraktur durch funktionelle Kräfte erhöhen. Panitivisai und Mes- ser13 haben gezeigt, dass die Abwei- chung der Höcker vergrößert wird, wenn mehr Erweiterungen zu den Kavitätenpräparationen hinzugefügt wurden. Wenn eine Zugangskavität in eine Präparation integriert wurde, war die Abweichung der Höcker am größten. Daher ist es von großer Be- deutung, neue Materialien zu entwi- ckeln, um Frakturen an endodontisch behandelten Zähnen zu verhindern. Vor Kurzem wurde ein faserver- stärktes Composite als neues Material für den Ersatz von Dentin eingeführt, Schrumpfung verschiedene Werte in der horizontalen Richtung, wdurch weniger Belastung auf die Kavitä- tenwände ausgeübt wird. everX Poste- rior muss immer mit einer 1–2 mm- Schicht lichthärtendem Composite abgedeckt werden (Abb. 19). Laut An- gaben des Herstellers ist das Material als verstärkende Basis für direkte Composite-Restaurationen indiziert, besonders bei tiefen und ausge- dehnten Kavitäten im Seitenzahnbe- reich. Auch endodontisch behandelte Zähne können von den Produkt- eigenschaften profitieren, da die Fasern die Fähigkeit besitzen, eine Rissausbreitung zu verhindern, zu stoppen oder umzuleiten und so das Risiko für schwerwiegende Ausfälle verringert wird. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Abb. 1: Alte Amalgamfüllung. – Abb. 2: Kavität nach dem Entfernen der Amalgamfüllung und der Sekundärkaries. – Abb. 3: Dentin-Adhäsiv. – Abb. 4: Auftragen des Adhäsivs. – Abb. 5: Fließfähiges Composite. – Abb. 6: Restauration mit G-ænial (Farbton A1). – Abb. 7–10: Restauration mit G-ænial Universal Flo. – Abb. 11 und 12: Entfernen der alten Füllung und Aufbringen von EQUIA Forte Fil. – Abb. 13: Beschichten der Oberfläche mit EQUIA Forte Coat. – Abb. 14: Lichtpolymerisation für 20 Sekunden. – Abb. 15: Fertige Restauration mit EQUIA Forte. – Abb. 16 und 17: Ersetzen der alten Amalgamfüllung mit dem EQUIA Forte System. – Abb. 18: Applizieren von everX Posterior. – Abb. 19: Applizieren des Materials an die Kavitätenwände, den Kavitätenboden und Unter schnitte. – Abb. 20: everX Posterior in der Kavität. – Abb. 21: Abgedeckt mit einer lichthärtenden Composite-Schicht. modul, Wärmeausdehnungskoeffi- zient und Verschleißfestigkeit verant- wortlich ist. Die Füllstoffgröße in Composite-Materialien steht in di- rekter Verbindung zu den mechani- schen Eigenschaften des Materials. Nanogefüllte Composites werden ent- wickelt, um Materialien zu kreieren, die einfacher poliert werden können und eine höhere Verschleißfestigkeit besitzen.3 Im Seitenzahnbereich ist die hohe Verschleißfestigkeit von beson- derer Bedeutung. Durch die Ver- wendung anorganischer Partikel in Nanogröße erhöht sich der Anteil an Füllstoffen im Material, die Partikel verteilen sich gleichmäßig in der organischen Matrix und der Abstand zwischen den Partikeln wird redu- ziert, wodurch die Matrix gestärkt und geschützt wird.4–6 Diese Nano- füllstoffe können für konventionelle Composite-Materialien, aber auch für fließ fähige Composites eingesetzt werden. Konventionelle Composites basierend auf dieser Technologie können anhand der Nanomer- oder Nano-Cluster-Füllstoffpartikel kate- gorisiert werden.7 Nanomere sind isolierte, einzelne Partikel, deren Ab- messungen von 5 bis 100 nm reichen, während die Größe von Nano- Cluster-Füllstoffpartikeln 100 nm sig- nifikant übersteigen kann.8 Nano- hybrid-Composites enthalten fein gemahlene Glasfüllstoffe und Nano- füllstoffe in einer bereits polymeri- sierten Füllstoffform.9 Kleinste Partikel für fließfähiges Composite Ein Beispiel für Nanohybrid- Composite-Material ist G-ænial (GC, Tokio, Japan), das aus 400 nm-Stron- tiumglas, 100 nm-Lanthanoidfluorid Teil der Belastung auf die Restaura- tion abpuffern. Als häufigste Nach- teile von fließfähigem Composite werden im Allgemeinen ihre geringen physikalischen und mechanischen Eigenschaften angesehen. Bayn et al.10 betonten, dass fließfähige Composi- tes der ersten Generation wegen des geringeren anorganischen Anteils an ihrer Zusammensetzung eine höhere Polymerisationsschrumpfung zeigen als konventionelle Composite-Mate- rialien. Das vor Kurzem vorgestellte neue Composite-Material G-ænial besitzt verbesserte physikalische, me- chanische und optische Eigenschaf- ten. Der anorganische Teil des Mate- rials basiert auf Strontiumglas-Parti- keln mit einer Größe von 200 nm – die kleinsten Partikel, die jemals zu einem fließfähigen Composite-Ma- terial hinzugefügt wurden. Die Ad- häsion zwischen den anorganischen und organischen Teilen wird verbes- sert, ebenso wie die Elastizität und Farbsättigung. Außerdem bietet das Material eine gute Verschleißfestig- keit und Polierbarkeit und wird in einem breiten Spektrum an Farben angeboten. Dank dieser Verbesse- rungen kann das Material für Res- taurationen von okklusalen und approximalen Kavitäten im Seiten- zahnbereich unter Anwendung eines Standardverfahrens genutzt werden (Abb. 7, 8). Gemäß den Angaben des Herstellers ist das Füll material ein thixotropes, das im Gegensatz zu an- deren fließfähigen Composites nach dem Auftragen nicht verläuft. Diese Eigenschaft ist besonders wün- schenswert, wenn zervikale Teile des Zahns restauriert werden müssen (Abb. 9, 10). steht aus EQUIA Forte Fil und EQUIA Forte Coat. Laut Angaben des Herstel- lers wurden die physikalischen Eigen- schaften gegenüber dem bisherigen Restaurationsmaterial aus dem Jahr 2007 modifiziert. Die hochreaktiven kleinen Glaspartikel, die der neuen Matrix hinzugefügt wurden, verbes- sern die Biegefestigkeit durch die Frei- setzung von Metallionen, die die Ver- netzung der Polyacrylsäure unterstüt- zen. Außerdem wurde dem Material hochmolekulare Polyacrylsäure hin- zugefügt, die die Zementmatrix ver- stärkt und chemisch stabiler macht. Der Glasionomerzement kann per Bulk-Fill-Technik direkt in eine Kavi- tät appliziert werden (Abb. 11, 12). Nach Aushärtung des Materials und Finieren wird eine dünne Schicht aufgetragen (Abb. 13) und für 20 Se- kunden polymerisiert (Abb. 14, 15). EQUIA Forte Coat basiert auf dersel- ben Technologie wie EQUIA Coat und besteht aus gleichmäßig verteil- ten Nanofüllern. Außerdem wurde ein neues multifunktionelles Mono- mer mit effizienter Reaktivität hinzu- gefügt. Dieses Monomer sorgt dafür, dass die Beschichtung härter und glat- ter ist. Dank seiner Feuchtigkeitstole- ranz ist das Material besonders nütz- lich, wenn eine vollständige Trocken- legung des Behandlungsfeldes nicht erreicht werden kann (Abb. 16, 17). Neue Materialien für endodontisch Behandelte Ein großes Problem bleibt weiter- hin die Restauration endodontisch behandelter Zähne. Eine endodonti- sche Behandlung wird üblicherweise bei Zähnen mit starkem Verlust der Zahnsubstanz durchgeführt. Vorhe- rige kariöse Läsionen, bereits vorhan- mit einer Zusammensetzung, die Glasfasern in die organische Matrix des Composites integriert. Durch die Kombination von Glas fasern und Composite-Materialien ist es möglich, einige der Einschränkungen von konventionellen Composites, wie hohe Polymerisationsschrumpfung, Sprödigkeit und geringe Bruchzähig- keit, zu über winden.14 Garoushi et al.15 schlussfolgerten, dass das Hinzu- fügen durchgängiger, bidirektionaler oder kurzer zufälliger, faserverstärkter Composite-Unterkonstruktionen zum Füllstoff-Composite Harz die Belastungsfähigkeit und die Druck- Ermüdungsgrenze von Restauratio- nen erhöhen könnte. everX Posterior (GC, Tokio, Japan) ist ein Material, das auf dieser glasfaserverstärkten Technologie auf- gebaut ist. Es basiert auf der Kombi- nation aus einer organischen Kunst- harzmatrix (Bis-GMA, TEGDMA und PMMA), die ein interpenetrie- rendes Polymernetz (IPN) bildet, sowie zufällig ausgerichteten E-Glas- fasern und anorganischen Füllstoff- partikeln. IPN bedeutet, dass das Material aus zwei unabhängigen Polymernetzen (linear und vernetzt) besteht, die nicht chemisch verbun- den sind. Ein weiterer Vorteil von glasfaserverstärkten Composites ist, dass die Polymerisationsschrump- fung durch die Ausrichtung der Fa- sern17, 18 kontrolliert wird. Das Com- posite besitzt anisotrope Eigenschaf- ten, da die Fasern hauptsächlich zufäl- lig ausgerichtet sind (Abb. 16). Wenn das Material allerdings mit Instru- menten in eine Kavität eingebracht wird, sind die Fasern hauptsächlich in der horizontalen Ebene ausge- richtet (Abb. 17, 18). Folglich hat die Erfolg durch Alternativen Durch neue Entwicklungen von immer Dentalmaterialien gibt es mehr innovative bzw. moderne Lö- sungen für alle klinischen Situationen und es können Alternativen zu üb- lichen Behandlungsansätzen gefun- den werden, indem alternative Ma- terialien oder Methoden eingesetzt werden, die neue Vorteile bieten. Zahnärzte sollten sich über die Eigen- schaften und ihre Indikationen die- ser neuen Materialien stetig weiter- bilden, damit sie ihren Patienten indi- viduelle Lösungen anbieten können, die zu ihren Anforde- rungen passen, und damit die bestmög- liche Aussicht auf Erfolg bieten können. Literatur DT Kontakt Infos zur Autorin Prof. Dr. Ivana Miletić, PhD Universität Zagreb Zahnärztliche Fakultät Gundulićeva 5 10000 Zagreb, Kroatien Tel.: +385 1 4802126 miletic@sfzg.hr