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Dental Tribune German Edition No.7, 2017

12 Science DENTAL TRIBUNE · German Edition · Nr. 7/2017 Therapie der Periimplantitis durch Biofi lmmanagement und Bone Modeling Dr. Ronald Möbius, M.Sc. (Parodontologie), Brüel, erklärt die Sinnhaftigkeit einer Periimplantitisbehandlung mit Therapie des Knochenstoffwechsels. Zahnimplantate sind eine Erfolgs- geschichte. In Deutschland werden pro Jahr 1,4 Millionen Implantate ge- setzt. Wie der BARMER-Report 2017 ganz klar zeigt, funktioniert unsere systematische Parodontitis-(PA-) Thera pie nicht. Viele Zahnärzte geben indessen Implantaten den Vorzug.23 Je größer die Zahl der Pa- tienten mit Zahnimplantaten wird, desto deutlicher wird jedoch das Problem der Periimplantitis. Prof. Dr. Thomas Imfeld/Zürich spricht bereits von einem GAU, der auf uns zukommt. Dr. Georg Bach, Vor- standsmitglied der Deutschen Ge- sellschaft für Zahnärztliche Im- plantologie, spricht sogar von einem Tsunami. Zurzeit verbringen viele der parodontologisch spezialisier- ten Praxen mehr als 50 Prozent ihrer Tätigkeit mit implantologi- schen Leistungen.23 Implantate – Problemdarstellung Implantate sind und bleiben Fremdkörper. Es erfolgt lebenslang eine unterschwellige körpereigene Fremdkörperreaktion. Implantate sind im Gegensatz zu Zähnen ohne Eigenbeweglichkeit fest im Knochen inkooperiert und auf einen ausge- glichenen Knochenstoffwechsel an- gewiesen. Defi zite im Knochen- stoffwechsel führen zu einem nega- tiven Knochenstoffwechsel und einer vermehrten Aktivierung der Osteoklasten. Durch die vermehrte Osteoklastenaktivität verschlech- tert sich die Knochenqualität, und der marginale Bereich zeigt einen periimplantären krestalen Kno- chenverlust. An der Durchtrittsstelle eines dentalen Implantates zur Mund- höhle bildet sich ein Gewebeab- schnitt, der im Aufbau dem entspre- chenden Bereich am Zahn gleicht.24 Herman et al. geben für die biologi- sche Breite am Implantat durch- schnittliche Werte von 3,0 mm an.3 Zahn und Implantat unterscheiden sich voneinander. Der Zahn ist über bindegewebige Befestigungsstruk- turen mit der Alveole und den Nachbarzähnen mit einem Faser- apparat verbunden.26 Am Implantat hingegen besteht nur eine Adhäsion über Hemidesmosome.2 Diese Ver- bundosteogenese wäre aber schon der Maximalerfolg, in der Regel wird nur eine Kontaktosteogenese erreicht.25 Die Zahnfl eischtasche ist ge- schützt durch Sulkusfl üssigkeit. Die gingivale Sulkusfl üssigkeit ist ein Serumtranssudat und Exsudat. In einer 5 mm-Tasche wird es ungefähr 40 Mal pro Stunde ersetzt.5 Das Im- plantat hat keine Sulkusfl üssigkeit. Hier steht die Speichelfl üssigkeit, sie wird nicht bewegt oder ausge- tauscht. Vorstellbar ist dies wie eine Blumenvase, in der das Blumenwas- ser zu lange nicht gewechselt wird. Das Implantat steht in seiner eige- nen fauligen Flüssigkeit, die nicht bewegt wird. Des Weiteren gibt es eine Viel- zahl mehr an Ursachen, die zur Periimplantitis führen können. Nur die wenigsten Zahnarztpraxen sind 1 2 i s u b ö M © i s u b ö M © Abb. 1: Therapiebeginn: Aufnahme vom 6. März 2014. – Abb. 2: 1,5 Jahre nach Therapieabschluss: Aufnahme vom 12. April 2016. jedoch technisch dafür ausgerüstet, diese zu therapieren. Wie kann ein wirksames Biofi lmmanagement an Implantaten erfolgen? Dieses funk- tioniert weder mit Ultraschall oder Schallsystemen an Implantaten mit verminderter Osseointegration noch mit Handinstrumenten bei freiliegendem Schraubengewinde. Genauso kommen Pulverstrahler nicht tief genug in die Tasche, und auch rotierende Instrumente sind dafür nicht das geeignete Mittel der Wahl. Für die Periimplantitistherapie ist zu empfehlen: 1. Vector Paro (DÜRR DENTAL) – Vibrationslos arbeitend, nicht durch Schwingungen, die auf das Implantat gerichtet sind, sondern nach dem Vektorprinzip parallel zum Implantat mit ausreichender Kühlung. 2. Subgingivaler Pulverstrahler – Genau wie supragingival reicht es nicht, nur den Zahnstein zu ent- fernen, sondern im Anschluss an die Zahnsteinentfernung sollte mit einem Pulverstrahl die Fläche gereinigt werden. Infragingival ist dies nicht anders, die Konkre- mente werden mit dem Vector Paro und die Beläge mit dem Air- Flow (EMS) entfernt. 3. Abschließend wird durch eine CHX-Druck-Saug-Spülung mit RinsEndo (DÜRR DENTAL) die Tasche vollständig von Pus und Fremdkörpern gereinigt. 4. Nobody is perfect – und deshalb ist zwingend eine Kontrolle er- forderlich. Diese erfolgt mit dem DIAGNOdent pen, zusammen mit der Paro-Sonde Saphir (KaVo). DIAGNOdent ist ein Diagnose- gerät, das über einen Laserstrahl eine prozentuale Wahrscheinlich- keit berechnet, ob sich in der Ta- sche noch Konkremente befi nden. Diese Aussage ist zwingend not- wendig, weil verbleibende Kon- krementreste eine Osseointegra- tion verhindern. 5. Applikation einer Miniportion Vitapex, darauf Kollagenase - Hemmer und Reso-Pac (Hager & Werken). Ein im Pus stehendes Implantat ist vergleichbar mit einem Splitter im Finger. Wird der Splitter nicht entfernt, kommt es zur Abstoßungs- reaktion und der Splitter eitert he- raus. Das Problem der Periimplanti- tis ist, das wir das eiternde Implan- tat aber im Körper behalten wollen. Die allgemein gängige Therapie, An- tibiotika einzusetzen, verstärkt das Problem zusätzlich. Das Implantat wird letzten Endes locker, weil zu viele Osteoklasten aktiv sind. Wir haben einen negativen Knochen- stoffwechsel. Therapiert wird dabei nur die Infektion, also die Entzün- dung, es werden die Mikroorganis- men abgetötet. Es gibt jedoch keine Mikroorganismen, die parodonta- len Knochen abbauen. Knochen- abbau ist ein körpereigenes Ge- schehen. So müssen, um den Kno- chenabbau zu stoppen, in der Therapie die zu viel aktivierten Osteoklasten inaktiviert werden. Durch den Einsatz von Antibiotika erhält man in kurzer Zeit ein kli- nisch schönes Bild und einen zu- nächst zufriedenen Patienten. Aber durch die antibiotische Wirkung werden mehrere Reaktionen ausge- löst, die letztendlich zu einer ver- mehrten Freisetzung von MMP und zu einer gesteigerten Aktivierung der Osteoklasten führt.21,1,4 Zusammenfassend heißt das: Entzündung und Knochenabbau sind unterschiedliche Prozesse und haben unterschiedliche Ursachen. Aus diesem Grund brauchen Mikro- organismen und zu viel aktivierte Osteoklasten auch unterschiedliche Therapien: Eine Therapie der Ent- zündung und eine Therapie des Knochenstoffwechsels.7–20 Falldemonstration Ein Patient sucht uns auf, um eine zweite Meinung einzuholen. Er ist 75 Jahre alt, seit 25 Jahren bei sei- nem Zahnarzt in Behandlung, geht regelmäßig halbjährlich zur pro- fessionellen Zahnreinigung und kommt allen Empfehlungen seines Zahnarztes nach. Er ist gesund, nimmt keine Medikamente und ist voll bezahnt. 2011 bemerkt der Pa- tient zunehmende Zahnlockerungen und es erfolgt eine systematische PA-Behandlung. Der Erfolg hält sich in Grenzen, 2012 werden meh- rere Zähne extrahiert. 2013 werden Implantate gesetzt an 14, 16, 34, 36, 45, 46 und 47. Im August 2013 er- folgt die prothetische Rekonstruk- tion. Seit 2014 hat der Patient Be- schwerden an den Implantaten 34 und 14. Als der Zahn 32 im Gingiva- niveau frakturiert und nur ein Wurzelrest verbleibt, empfi ehlt der Zahnarzt 42, 41, 31 und 32 zu extra- hieren und auch hier Implantate zu setzen. Weil der Patient aber indes- sen zunehmende Beschwerden an 14 und 34 hat, ist er mit weiteren Implantaten zurückhaltend. Wir empfahlen eine erneute PA-Behandlung mit Therapie des Knochenstoffwechsels. Eine solche Therapie dauert neun Monate und umfasst zehn Behandlungen.7–11 Wenn sich der Patient einen Arm bricht, dauert es ca. sechs bis neun Monate, bis der Arm wieder voll be- lastbar ist. Diese Zeit brauchen wir auch bei der Therapie des Knochen- stoffwechsels im Mund. Schritte der Therapie: 1. Der Knochenstoffwechsel ist in den negativen Bereich gerutscht, weil der Knochenaufbau zu ge- ring ist. Leider ist der Patient hier nur teilweise mitgegangen und wollte alte Gewohnheiten nicht zu stark variieren.12–20 2. Da wir den Knochenaufbau nicht weit genug gesteigert bekommen, um Knochenaufbau gleich Kno- chenabbau zu setzen, wird in der Therapie der Knochenabbau gebremst. Dies erfolgt mit einem Kollagenase-Hemmer, der einmal monatlich nach der professio- nellen Zahn-, Implantat- und Taschenreinigung sowie dem Bio- fi lmmanagement auf die Gingiva, oder, wenn möglich, in die Ta- sche appliziert wird. Der Kolla- genase-Hemmer muss ab gedeckt werden mit Reso-Pac (Hager & Werken) und sollte vier Stunden in situ verbleiben. Der Patient darf vier Stunden nicht essen und trinken.10, 11 3. Parallel haben wir den Patienten in seiner häuslichen Hygiene umge stellt auf „Effektive Mikro- organismen“. Denn Ziel ist es nicht, Mi kro organismen abzu- töten, sondern vielmehr, die Zu- sammen setzung der Mikroorga- nismen von pathogen zu regenera- tiv zu verschieben. Die Therapie dauerte neun Monate à zehn Behandlungen.10 4. Zusätzlich zu dem Kollagenase- Hemmer wird in die Tasche um das Implantat ein wenig Vitapex appliziert. Es handelt sich um ein Kalzium-Direktpräparat, welches nicht aushärtet und vollständig resorbiert wird. DT Kontakt Infos zum Autor Dr. Ronald Möbius, M.Sc. (Parodontologie) Praxis für Zahnerhaltung & Kieferorthopädie Bergstraße 1c 19412 Brüel, Deutschland Fax: +49 38483 315-39 info@moebius-dental.de www.moebius-dental.de Literatur Fortbildungen

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