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Zahnärztliche Assistenz No. 1, 2017

32 DU & ICH No. 1/2017 ·7. Juni 2017 Der Nutzen der Gehirnforschung in der Prophylaxesitzung Psychologe und Mentaltrainer Herbert Prange zeigt, wie sich aus der Gehirnforschung nützliche Beratungsstrategien für die erfolgreiche Patientencompliance ableiten lassen. Eine bahnbrechende Erkenntnis in der modernen Gehirnforschung ist: Alle Informationen, die wir wahr- nehmen, werden im limbischen Sys- tem (Zwischenhirn) mit Emotionen aufgeladen. Es gibt im Großhirn keine Information ohne Emotion (s. u. a. Ernst Pöppel, Geheimnisvol- ler Kosmos Gehirn). Diese Emotio- nen gehen entweder in Richtung „gut für mich“ oder in Richtung „schlecht für mich“. Gut für mich bedeutet „hin zu“ – Nähe auf- bauen, Freude zeigen. Schlecht für mich heißt „weg von“ – Achtung, Gefahr, Angst, Skepsis. Glücksbotenstoff Dopamin Der bereits erwähnte Ernst Pöppel, Gehirnforscher aus München, meint, dass unser ganzes Gehirn für die Suche nach dem Schönen gebaut wurde, für das „Hin zu“-Programm. Das Leid müssten wir nicht suchen, denn es würde sowieso hinter jeder Ecke auf uns warten. Wenn wir im „Hin zu“-Programm sind, schüttet das Gehirn den Botenstoff Dopamin aus. Er macht wach, aktiviert uns und lenkt die Aufmerksamkeit auf alles, was uns nützlich erscheint und den nächsten Moment oder unser ganzes Leben verschönern könnte. Dopamin lässt uns nach Lösungen suchen, wenn wir Probleme sehen und sorgt für gute Laune – daher auch die Be- zeichnung Glücksbotenstoff (s. Ste- fan Klein, Die Glücksformel). Wie können wir die Produktion von Do- pamin anheizen? Neben vielen klei- nen gibt es zwei große und einfache Möglichkeiten: Neugierde wecken und Vorfreude erzeugen. Die Macht der Bilder Die zweite große Erkenntnis der Gehirnforschung ist: Wir haben ein Bildergehirn (s. Gerald Hüther, Die Macht der inneren Bilder). Wir den- ken in Bildern, unsere Millionen un- bewusst emotional aufgeladenen Signale erzeugen ständig innere Bil- der. Folglich wäre es von Vorteil, wenn Sie Ihre Kommunikation mit sprachlichen Bildern oder Fotos an- reichern. Es gibt Rhetoriktrainings, in welchen das bildhafte Sprechen trai- niert wird. Als andere Möglichkeit sollten in der Praxis von jedem Pa- tienten Mundaufnahmen im Über- blick und mit der Intraoralkamera ge- macht werden – bei der Erstbefun- dung und im Behandlungsverlauf. Klartext Die dritte große Erkenntnis ist: Wir haben im Gehirn eine so- genannte Verhaltensblockade, die einen Gedanken daran hindern soll, sogleich in die Tat umgesetzt zu werden. Menschen mit einer schwa- chen Verhaltensblockade sind häu- fi g überschuldet. Wir durchdringen ten optimal ist, so wäre die Frage: Was tun, damit es so bleibt? Die Antwort könnte lauten: Regelmä- ßig zur Prophylaxe kommen. Wenn aber beim Patienten Plaque, Zahn- stein oder gar Blutungen festzustel- len sind, sollten Sie so vorgehen: Erster Schritt: der Befund Sie zeigen dem Patienten das Röntgenbild und fragen ihn, ob er wissen möchte, was die hellen und dunkleren Flecken auf dem Bild be- deuten, und ob er wissen will, was genau Ihre Untersuchung mit der Sonde und die sonstigen Untersu- chungen wie Plaque- und Sichtbe- fund ergeben haben. Mit „möchten  ihm die Risiken, beispielsweise: „Die Parodontitiskeime belasten Ihr Immunsystem immer stärker, sie gefährden Ihr Herz-Kreislauf-Sys- tem, sie sorgen bei Frauen auch für Fehlgeburten, bei Männer manch- mal für Impotenz.“ Sie zeigen auf den Patientenmund, der vielleicht schon vor Entsetzen offensteht, bei Männern meist mehr als bei Frauen. „In Ihrem Mund breiten sich die Keime weiter aus, sie verur- sachen weitere Karies, schwere Schäden am Zahnfl eisch und letzt- lich den Verlust von Zähnen. Au- ßerdem kann Mundgeruch hervor- gerufen oder zusätzlich unterstützt werden.“ „Nach neuester Gehirnforschung ist es nicht korrekt, nur das glorreiche Ziel darzustellen, sondern es ist besser, auch die Katastrophe, das Leid, die schlechten Gefühle, die wir meiden wollen, anzusprechen.” diese Blockade dann, wenn wir beide Emotionsrichtungen aktivie- ren. Wir müssen erfassen, was wir vermeiden wollen, welche Katastro- phe verhindert werden soll UND welches Schöne wir mit unserer Ent- scheidung erwarten dürfen. Beides gehört zusammen, unser Gehirn ak- tiviert unser Handlungsprogramm immer im „Weg von“ und im „Hin zu“. Nach neuester Gehirnfor- schung ist es nicht korrekt, nur das glorreiche Ziel darzustellen, sondern es ist besser, auch die Katastrophe, das Leid, die schlechten Gefühle, die wir meiden wollen, anzusprechen. Wir entscheiden unser Verhalten zumindest unbewusst immer im „Weg von“ UND „Hin zu“. Die erfolgreichste Beratungsstra- tegie sieht nun folgendermaßen aus. Der erste Schritt besteht in der Befundung des Istzustandes. Wenn die Mundpfl ege des Patien-  Sie wissen“ wird die Neugierde ge- weckt und die Dopaminproduktion im Gehirn angekurbelt. Wenn der Patient sich jetzt vorbeugt, zeigt er, dass er neugierig ist. Er ist jetzt auf- merksamer und merkt sich Ihre Worte wesentlich besser. Dann stel- len Sie mit wenigen Worten die Lage dar. Zeigen Sie ihm die Großaufnah- men und verweisen auf Plaque und andere Details, aber alles nur kurz und bündig. Zweiter Schritt: die Risikoanalyse Fragen Sie den Patienten (nach einer kleinen Atempause und einem problematisch wirkenden Gesichtsausdruck), was mit seinen Zähnen passiert, wenn keine Be- handlung erfolgt. Der Patient muss in die Situation gebracht werden, sich mit dieser Katastrophenfrage auseinanderzusetzen. Erläutern Sie Dritter Schritt: die Rettung, die Behandlung „Damit wir die Katastrophe ver- hindern und Sie wieder einen ge- sunden Mund mit einem frischen Atem haben, möchte ich mit Ihnen folgendermaßen vorgehen.“ Ihr Behandlungsvorschlag sollte da- nach kurz und eindeutig formu- liert werden. Zeigen Sie dem Pa- tienten Vorher-Nachher-Bilder von anderen Patienten, auf denen na- türlich nur deren Mund zu sehen ist. Zunächst das Erstbefund-Bild: „Auf diesem Bild sehen Sie einen Mund – vergleichbar mit ihrem Zu- stand.“ Dann das Nachher-Bild: „So sieht der Mund des Patienten nach einem Jahr aus und so (das dritte Bild) nach zwei Jahren. Der Patient kommt seit drei Jahren alle Infos zum Autor k . c o m c e r s t o t t u h S / g © L i g h t s p r i n vier Monate zu mir – das ist das Er- folgsrezept.“ Das Gespräch darf insgesamt nicht länger als sechs Minuten dau- ern. Sie werden sich wundern, wie schnell Ihre Informationen in dieser kompakten Form gegeben werden können. Sie dürfen auf keinen Fall abschweifen oder etwas näher er- läutern. Auch dürfen keine Zwi- schenfragen des Patienten zugelas- sen werden, was Sie mit klaren Gesten verhindern können. Wich- tig ist, dass Sie dieses Gespräch kurz halten, da sich das Gehirn nur maximal sieben Minuten auf ein Thema konzentrieren kann. In meinen Vorträgen demon- striere ich dieses Gespräch und empfehle immer, dass die Teilneh- mer sich an dieses Drehbuch hal- ten. Es lohnt sich, denn der Patient stellt anschließend kaum Fragen, da alle Teile seines Gehirns bedient wurden – das Katastrophenmodul, das Lösungsmodul und das Hand- lungsmodul. Wie können wir nun Vorfreude, den zweiten Dopamin-Pusher, er- zeugen? Sie könnten Ihre Termin- erinnerung folgendermaßen formu- lieren: „Sehr geehrte Frau Meier, ich möchte Sie an Ihren nächsten Prophylaxetermin am Donnerstag um 14 Uhr erinnern, damit Sie sich heute schon auf uns freuen können. Denn Sie wissen: Prophylaxe macht gesünder und attraktiver.“ Bei der Begrüßung dürfen Sie auch Ihre Patienten fragen, ob sie sich auf den Termin gefreut haben. Wenn nicht, so nehmen Sie dies zum Anlass, Ihre Patienten zwei Tage vor- her per SMS, Mail oder Sprachnach- richt daran zu erinnern.  Kontakt Herbert Prange Carrer Pinar 11/7 07183 Costa de la Calma Islas Baleares/Spanien info@herbertprange.com www.herbertprange.com

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