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Endo Tribune German Edition No.2, 2016

18 ENDO TRIBUNE German Edition Nr. 11/2016 · 7. November 2016 State of the Art Versiegelung führte zu einer unzu- reichenden Heilung und löste eine Kettenreaktion an Revisionen aus, die in der iatrogenen Schädigung der Kanalwände resultierte. Neugestaltung des Kanalverlaufs Nach der Applikation von Kof- ferdam wurde zunächst die tem- poräre Füllung samt Karies entfernt. Der Pulpaboden wurde auf Perforati- onen überprüft und alle Kanal- eingänge lokalisiert. Anschließend wurden die Kanäle sondiert und die Durchgängigkeit wiederhergestellt. In allen vier Kanälen wurde mithilfe kleinerer Handfeilen (K-Flexofile ISO 06 bis 20) ein manueller Gleit- pfad geschaffen. Nach der Sondie- rung der Kanäle wurde schnell klar, dass sogar mehrere Stufen – glückli- cherweise ohne irgendwelche Perfo- rationen – im distalen Kanal sowie den mesiobukkalen Kanälen vorhan- denwaren.BeieinersolchenRevision ist es sehr wichtig, die Form der frü- heren Aufbereitung neu zu definie- ren.Dazubrauchtesvorallemeinfle- xibles endodontisches Feilensystem, welches den weiteren unpropor- tionalen Verlust gesunder Zahnsub- stanz effektiv verhindert. Für die eigentliche Aufbereitung kam das Nickel-Titan-Feilensystem vonCOLTENEzumEinsatz(Abb.2). Dank der cleveren Kombination einzigartiger Materialeigenschaften sind die vorbiegbaren HyFlex CM- Feilen enorm bruchsicher. Der Grund dafür ist denkbar einfach: derbekannte„ControlledMemory“- Effekt sorgt dafür, dass die Feile fle- xibel genug ist, um sich sicher ihren Weg durch den verzerrten Kanal zu bahnen. Nützliche physikalische Ei- genschaften der Legierung werden gezielt verstärkt: Ähnlich klassischer Edelstahlfeilen lassen sich die In- strumente vorbiegen, sie weisen aber im Gegensatz zu herkömmlichen NiTi-Feilen fast keinen Rückstell- effekt auf. Diese typische Eigen- schaft verleiht CM-behandelten Nickel-Titan-Feilen ihre extreme Flexibilität. Hoch anpassungsfähige Feilen sind besonders hilfreich beim Aufbereiten stark gekrümmter Ka- näle oder – wie in diesem Fall – beim Vorliegen einer mehr oder weniger verstümmelten Anatomie. Nach dem Gebrauch kann die Forman- passung während der Sterilisation schnell rückgängig gemacht werden. Beim Autoklavieren nehmen die In- strumente wieder ihre ursprüngli- che Form an (Abb. 3). Die CM-be- handelten NiTi-Feilen weisen eine hohe Ermüdungsbeständigkeit auf und können bedenkenlos wieder- verwendet werden, solange sie nicht plastisch deformiert sind. Die CM-Feilen reagieren bei extremem Widerstand mit Verlän- gerung der Spiralen. Dadurch wird eine Verblockung im Kanal verhin- dert. Eine Stufenbildung herbeizu- führen ist unglaublich schwierig, eine Instrumentenfraktur zu verur- sachen nahezu unmöglich, solange die Feilen korrekt angewendet wer- den. Die korrekte Aufbereitungsme- thode besteht darin, die Feilen in tupfenden Bewegungen sanft durch den Kanal zu führen. Zusätzlich empfiehlt sich das regelmäßige Spü- len der Kanäle zwischen jedem In- strumentenwechsel. Nach der Schaffung eines manu- ellen Gleitpfads konnten die vorhan- denen Stufen mit der vorbiegbaren HyFlex-Feile leicht umgangen wer- den (Abb. 4). Das Endomotorhand- stückwurdeersteingeschaltet,nach- dem die vorgebogene Feile im Kanal an der Stufe vorbeigeführt wurde. Durch diese Technik wird das Perforationsrisiko grundsätzlich eli- miniertunddieKanalwändewerden auf Höhe der Stufe nicht zusätzlich beschädigt.JenseitsderStufewerden die Feilen ganz normal in kontinu- ierlicher Rotation bei der üblichen Drehzahl von 500 Umdrehungen pro Minute verwendet. So konnten die Wurzelkanäle mit nur wenigen Feilen pro Kanal bis zu einer Ar- beitslängevon21mminstrumentiert werden. Der mesiolinguale Kanal wurde schließlich mit einer vor- gebogenen Feile Größe 35 mit Taper .06 aufbereitet (Abb. 5). Die Feile wurde mit zwei bis drei leichten Auf- und Abbewegungen in den Kanal eingeführt und danach komplett zurückgezogen, bevor sie erneut eingeführt wurde. Entspre- chend wurde der mesiobukkale Kanal mit einer Feile Größe 35 und Taper .04 aufbereitet (Abb. 6). Zur apikalen Erweiterung sowohl des distolingualen als auch distobukka- len Kanales wurde eine 45/0.4-Feile verwendet (Abb. 7). Während der Aufbereitung be- hielten alle vorgebogenen Feilen ihre Form und bewegten sich sicher im Kanalzentrum. Sogar ungewöhnli- che Winkel konnten dank des leicht- gängigen Instruments mühelos ge- meistert werden. Trotz der zahlrei- chen Stufen, die zuvor in den Wur- zelkanal eingebracht wurden, konnte letzten Endes ein harmonischer Ka- nalverlauf wiederhergestellt werden, der für eine dichte und zuverlässige Versiegelung des Wurzelkanalsys- tems sorgt (Abb. 8). Erfolgreiche Infektionskontrolle Wie bereits erwähnt wurde die gesamte Wurzelkanalbehandlung von einem sorgfältigen Spülproto- koll begleitet. Kontinuierliches, gründliches Spülen befreite den Kanal von verbleibender Debris sowie nekrotischem Gewebe. Als Spüllösungen wurden Natriumhy- pochlorit (NaOCl) in einer Konzen- tration von 5,25% und 40%ige Zitronensäure verwendet. Beide Lö- sungen wurden mittels Ultraschall sowie manuell-dynamisch aktiviert (per Pumpeffekt durch Auf- und Abwärtsbewegung einer Gutta- percha-Spitze). Zur Trocknung wurden schließlich die entsprechen- den Papierspitzen in die jeweiligen Kanäle eingeführt. Zum Schluss wurden zur per- manenten Obturation biokerami- scher Sealer und Guttapercha in der hydraulischen Kondensationstech- nik eingebracht (Abb. 9). Nach dem Aushärten kann bioaktives Fül- lungsmaterial sogenannte Hy- droxylapatitkristalle an der Oberflä- che bilden. Die Kristalle regen die Regeneration von Knochen- und be- sonders Dentingewebe an. Die ko- ronale Restauration wurde mit einem Komposit und einem Stumf- aufbau aus glasfaserverstärktem Komposit abgeschlossen. Für die weitere indirekte Restauration wurde der Patient zurück an den überweisenden Zahnarzt verwiesen. Die abschließende Röntgenkon- trolle zeigte vor allem zwei interes- sante Dinge (Abb. 10 und 11): Ers- tens war das Obturationsmaterial sicher an Ort und Stelle platziert und sollte in Verbindung mit der dichten VersiegelungdurchdiekoronaleRes- tauration eine weitere Reinfektion wirkungsvoll verhindern. Zweitens blieben einzelne Stufen weiterhin sichtbar. Vor allem die mesiobukka- len und distalen Kanäle wirkten im Vergleich zu ihrer normalen Größe ziemlich beeindruckend. Die Ge- samtkomposition schien allerdings stabil genug, da der Apex von ausrei- chend Dentin umschlossen wurde. So waren wir nicht nur in der Lage, den Zahn zu retten, sondern konn- ten den Patienten auch trotz der un- glücklichen Ausgangssituation mit einer positiven Prognose entlassen. Endo-Experten am Werk In unserer Überweiserpraxis werden wir häufig mit Patienten konfrontiert, die den Besuch einer speziellen Endo-Praxis scheuen. Dies führt manchmal dazu, dass niedergelassene Allgemeinzahn- ärzte versuchen, komplexe Wurzel- kanalbehandlungen selbst durchzu- führen, wodurch sie den Fall zusätz- lich verkomplizieren. Natürlich er- laubt der rasante technische Fort- schritt in der Endodontie Zahnärz- ten ein professionelles und souverä- nes Arbeiten – beinahe unabhängig von der Menge an gesammelten per- sönlichen Erfahrungen. Modernes Endo-Equipment wie beispielsweise die neuesten NiTi-Systeme erlauben Einsteigern wie Kollegen, die nicht regelmäßig endodontische Eingriffe durchführen, in kürzester Zeit, überzeugende Ergebnisse zu schaf- fen. Zahnärzte, die jedoch nicht die Zeit oder Muße haben, in ihre en- dodontischen Fähigkeiten zu inves- tieren, sollten auf alle Fälle das Leis- tungsspektrum ihrer Praxis erwei- tern, indem sie mit einem versierten und qualifizierten Endo-Experten zusammenarbeiten. Bei uns in Bel- gien spezialisieren sich Zahnärzte in einem dreijährigen Intensivkurs auf das Fachgebiet Endodontie. Ausgerüstet mit den neuesten Ins- trumenten bieten erfahrene Endo- Experten daher jede Menge Unter- stützung und helfen in vielen Fäl- len, die sonst quasi unbehandelbar wären. Von einem gut funktionie- renden Überweisungssystem pro- fitieren sowohl Allgemeinzahn- ärzte als auch Endodontologen, die sich bestens im menschlichen Wur- zelkanal auskennen. Fazit Moderne rotierende Instru- mente ermöglichen Endo-Spezia- listen wie niedergelassenen Zahn- ärzten ein sicheres und souveränes Arbeiten. Innovative NiTi-Systeme mit „Controlled Memory“-Effekt sind aufgrund ihrer speziellen Ma- terialeigenschaften extrem flexibel und besonders bruchsicher. Mit vorbiegbaren Feilen können Wur- zelkanäle effizient aufbereitet wer- den, ohne dabei Zugeständnisse an die natürliche Kanalanatomie ma- chen zu müssen. Sogar Überwei- sungen mit einer ereignisreichen Krankengeschichte können eine vielversprechende Prognose auf- weisen, sofern die Wurzelkanalbe- handlung nach den üblichen Be- handlungsregeln erfolgt und sauber durchgeführt wird, sprich: „stufen- los“ und Schritt für Schritt. ET   Fortsetzung von Seite 17 Infos zum Autor Kontakt Dr. Christophe Verbanck Grote Baan 90 9920 Lovendegem, Belgien tandarts@lovendo.be www.lovendo.be 3 4 5 6 7 Abb. 3: Formgedächtnis von NiTi-Feilen mit „CM“-Behandlung. Abb. 4: Okklusalan- sicht einer Stufe. – Abb. 5: Vorbiegbare Feile 35/.06. – Abb. 6: Vorgebogene Feile 35/.04. – Abb. 7: Feile 45/.04. 8 9 Abb. 8: Prüfen der Passgenauigkeit der Guttapercha-Spitzen. – Abb. 9: Obturations- material in situ. 11 10 Abb. 10 und 11: Postoperative Röntgenaufnahmen. 4567 89

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