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Dental Tribune Swiss Edition No. 10, 2016

29 Science IMPLANT TRIBUNE Swiss Edition Nr. 10/2016 · 5. Oktober 2016 Es kann mittlerweile als gesichertes Wissen betrachtet werden, dass Lang- zeiterfolge in der dentalen Implanto- logie direkt proportional von der Pri- märstabilität der inserierten Implan- tate abhängen und vergleichbare Er- folge bei Sofortbelastung nur erzielt werden können, wenn ein bestimmtes Mass an biomechanischer Primärsta- bilität gewährleistet ist.1 Die Messung der Primärstabilität kann mittels Re- sonanzfrequenzanalyse (RFA) als um- ständlich durchführbarer,fiktiver,rein empirischer und fehleranfälliger Im- plant Stability Quotient (ISQ) ohne Massreferenz bestimmt werden,weni- ger gebräuchlich über einen Implan- tatperiotest oder über das Implantat- eindrehmoment (Insertion Torque Value), das sich mittlerweile interna- tional als zuverlässigstes Messverfah- ren für die primäre Implantatstabilität durchgesetzt hat und für den nieder- gelassenen Praktiker das zuverlässigste Messinstrument für die Langzeitprog- nose des inserierten Implantates dar- stellt.2–6 Ein Grenzwert von mindes- tens 45Ncm für die Sofortbelastung hat sich mittlerweile etabliert, jedoch sind höhere ITVs bis zu 100Ncm durchaus wünschenswert, um die Mi- krobewegungen des frisch inserierten Implantates, die eine Osseointegra- tion verhindern, zu minimieren.7,8 Dem Aberglauben, Implantat- eindrehmomente jenseits der 60Ncm würden zu Knochennekrosen führen, muss entschieden auf Wissensbasis entgegengetreten werden. Die bio- mechanische Kieferknochenqualität kann einerseits iatrogen höchst erfolg- reichdurchdasBoneCondensing(Os- teotome, Bone Condenser) verbessert werden (hier werden je nach Instru- mententyp Spitzenwerte von mehre- ren Newton erzielt) und ein Implantat, das mit hohen Drehmomentwerten inseriert wird, letztendlich als sein ei- gener Bone Condenser agieren. Ande- rerseits bricht Kompaktaknochen bei Überschreitung der ortsspezifischen individuellen Grenzwerte stets und wirdsomiteinemunspezifischenCrest Splitting unterzogen und spongiöser Knochen wird aufgrund des inter- trabekulärenLeerraumesdurchTrabe- kelfrakturen kompaktiert.8 Auf biologischer Ebene gelten für denKieferknochendiegleichenbiolo- gischen Gesetzmässigkeiten wie für jeden Knochen im Säugetierkörper, der in Jahrmillionen der Evolution nutzungsspezifisch seiner Aufgabe angepasst wurde: Röhrenknochen vermögen hohe statische Drücke auf- zunehmen,dürfen jedoch nur gering- gradig elastisch sein (sonst wäre Gehen und Lasten heben unmöglich), Rippen und Gesichtsschädelknochen als evolutionär ursprünglichere Ge- flechtknochen dagegen bedürfen einer höheren Elastizität (um die At- mung nicht zu behindern bzw. beim Zerkauen harter Nahrung nicht zu brechen). Wie jede einfache oder komplexe Gewebeformation (Organ) des Säu- getierkörpers (darunter auch der Mensch) unterliegt diese einer biolo- gischen Nutzungsbreite: Werden die evolutionsbestimmten Betriebsgren- zen über- oder unterschritten,kommt es zur irreversiblen Schädigung oder wegen Nichtnutzung zur Atrophie. Für das skeletomuskuläre System – zu dem auch das stomatognathe System gehört – sind dieAuswirkungen allge- mein bekannt (universell gültiges Wolff’s Law der Knochenphysiolo- gie): Eine traumatische, akute Über- belastung führt zu Knochenbrüchen, eine chronische akute Überbelastung zu den gefürchteten Grünholzfraktu- ren der Fussknochen (auch Marsch- frakturengenannt,dabeimMilitäroft untrainierte Wehrdiener mit 30kg Rückengepäck lange Märsche absol- vieren müssen) und Übergewicht zu Gelenkerkrankungen infolge chroni- scher Überlastung (im Falle des Kie- fergelenks bei Kaugummikauen und/ oder Bruxismus).11 Ein Unterschrei- ten der Betriebsgrenzen des skeleto- muskulären Systems dagegen führt zu rascher Demineralisation und Atro- phie – seit langer Zeit allgemein be- kannt und restlos geklärt in der Raumfahrtmedizin – und gilt selbst- verständlich in gleicher Weise als Ursache der Alveolarkammatrophie nach Zahnentfernung.12,13 Da der praktisch tätige Implanto- loge immer häufiger mit den Folgen des Wolffschen Gesetzes der Knochen –derKieferkammatrophie–konfron- tiert ist und kurze Implantate zur Vermeidung von komplizierten augmentationschirurgischen Eingrif- fen zwar aus Sicht des Wissenschafts- marketings die Lösung versprechen (sie aber nicht langfristig halten wer- den können, da sie die evolutionären biologischen Gesetze nicht umstossen können), kommt der Implantologe nicht umhin, sich mit der Augmenta- tionschirurgie tiefgreifend auseinan- derzusetzen. Ein wesentlicher Faktor für das Verständnis von Erfolg und Miss- erfolg in der Implantologie und Aug- mentationschirurgie bei selbstkriti- scher Reflexion besteht imWissen um die grundsätzliche Bedeutung des Be- griffs„Osseointegration“. Osseointegration ist das grund- sätzliche biologische Entgegenkom- men des Knochens, biologisch kom- patibles Material nach einer natür- lichen oder iatrogenen Verletzung der Knochenstruktur im Rahmen des universell gültigen Knochenheilungs- vorganges reaktionslos zu integrieren. Dabei kümmert es die Biologie nicht, aus welcher Art das biokompatible Materialbesteht.Titan,Titanschäume (z.B. Tigran), ZiO, PEEK, Biogläser, Korallen (z.B.Algipore), zermahlener Kuh-, Schweine-, Pferde-, Ziegen-, Schafs-, Antilopen-, Känguruhkno- chen, ȕ-Tricalciumphosphat, Hy- droxylapatit (das eigentlich eine auto- loge Substanz ist, da der Säugetier- röhrenknochen hauptsächlich mit HA mineralisiert ist) werden gleicher- massen osseointegrieren, wenn die Kardinalsvoraussetzung der Kno- chenheilung vom implantologisch tä- tigenZahnarztverinnerlichtundauch chirurgisch umgesetzt wird: Die grundlegende und alles entschei- dende Grundvoraussetzung der er- folgreichen Augmentation ist die Im- mobilisation des Augmentates und des Augmentationsgebietes. Nur unter dieser Voraussetzung – in der orthopädischen Chirurgie schon seit Jahrzehnten bekannt – kann die Vas- kularisation als Grundvoraussetzung der Osseointegration (und späteren Degradation, je nach chemischer Zu- sammensetzung) des Augmentates erfolgen. Erst am Ende des universell gültigen Knochenheilungszyklus er- folgt dann – ebenfalls unter der Vor- aussetzung der Immobilisation – die Mineralisation um das osseointeg- rierte Augmentat. Jedoch gewährleistet eine erfolg- reiche Osseointegration noch nicht zwingend einen langfristigen Erfolg, da die bereits oben angeführten funk- tionellen Aspekte der biologischen Die biomechanische Stabilität des augmentierten Alveolarkammes im Vergleich zum nativen Kieferknochen (Teil 1) Dieser Fachbeitrag stellt in einer zweiteiligen Serie Ergebnisse einer randomisierten klinischen Studie mit der neuen Klasse der selbsthärtenden Biomaterialien vor. Von Dr. med. univ. et med. dent. Angelo Chistian Trödhan, Dr. med. dent. Izabela Schlichting, Prof. inv. (Sevilla) Dr. med. dent. Marcel A. Wainwright und Dr. med. dent. Andreas Kurrek. Abb. 1: Koronarer DVT-Schnitt durch den Gesichtsschädel mit eingezeichneten Periost-Schichten (rot) und Augmentation (gelb). – Abb. 2: Horizontaler DVT-Schnitt durch den Gesichtsschädel mit eingezeichneten Periost-Schichten (rot) und Augmentation (gelb). 1 2 Abb. 3–6: Transkrestales Piezotome-INTRALIFT-Verfahren. – Abb. 3: Krestale Auf- klappung eines ca. 5x5mm messenden Mukoperiostlappens („Booklet-Flap“). – Abb. 4: Präparation des Zuganges zum Kieferhöhlenboden mit der diamantierten Arbeitsspitze TKW 2. – Abb. 5: Präparation des „Ventilsitzes“ mit TKW 4. – Abb. 6: Atraumatisches hydrodynamisches Ablösen des Periost der Kieferhöhlenschleimhaut durch den Ultraschall-Kavitationseffekt mit TKW 5. 3 4 5 6 Abb. 7: Klinisches Ergebnis nach Durchführung des INTRALIFT-Verfahrens. – Abb. 8: Anmischen und Einbringen des selbsthärtenden Biomaterials. – Abb. 9: Situation vor Wundverschluss. – Abb. 10: Radiologisches Ergebnis nach INTRALIFT mit Piezotome und Augmentation. 7 8 9 10 12 34 56 78910

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