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Dental Tribune German Edition No. 9, 2016

4 DENTAL TRIBUNE German Edition Nr. 9/2016 · 5. September 2016 International Science Sind betagte Patienten besondere Patienten? Die demografische Entwicklung im Blick: gerontoprothetische Therapieempfehlungen für eine zahnärztlich-prothetische Behandlung. Von Priv.-Doz. Dr. Peter Rehmann, Dr. Ghezal Asef und Prof. Dr. Bernd Wöstmann, Gießen. Der wachsende Anteil betagter Patienten in unserer Bevölkerung wird in Zukunft auch die Zahn- medizin in erheblichem Maße for- dern, da insbesondere die zahn- ärztlich-prothetische Behandlung älterer Patienten vergleichsweise sehr zeitaufwendig ist. Schon heute wird der für die gesamte ge- rostomatologische Betreuung und Versorgung Älterer notwendige Behandlungsaufwand auf eine Größenordnung von 30 bis 40 Pro- zent des durchschnittlichen Zeit- aufwandes in einer zahnärztlichen Praxis geschätzt. Einleitung Aktuell ist in unserer Bevölke- rung eine Zunahme des Anteils betagter Menschen bzw. Patienten zu beobachten. In etwa zehn Jah- ren ist davon auszugehen, dass knapp 25 Prozent der Menschen älter als 60 Jahre sein werden. Pa­ rallel dazu steigt in der Zahnme- dizin aufgrund der Summation der durch Karies, Traumata und Parodontopathien verloren gegan- genen Zähne der prothetische Be­ hand­lungs­­bedarf mit zunehmen- dem Lebensalter weiterhin an.3 Dabei ist sicherlich durch die mo- mentan stattfindende Zuwande- rung noch eine Veränderung der Daten in Zukunft zu erwarten, welche derzeit aber nicht voraus- sehbar ist. Trotzdem wird die Gerostomato­ logie somit zuneh- mend an Bedeutung gewinnen. Allgemein erstreckt sich das Feld der Alters­ zahnheilkunde von der minimalinvasiven Kariestherapie bis hin zur totalprothetischen Ver- sorgung und oralhygienischer Be- treuung solcher Patienten, die zu einer eigenen, adäquaten Mund- und Prothesenhygiene nicht mehr in der Lage sind (Abb. 1). Hinzu kommt die Auffassung mancher betagter Patienten, dass „sich das für sie ja nicht mehr lohnt“. Auch dieser fatalistischen Haltung ent- gegenzutreten und dem Patienten den Nutzen einer sachgerechten zahnärztlichen Behandlung und den durch sie zu erzielenden Ge- winn an Lebensqualität aufzuzei- gen, wird zunehmend zur Heraus- forderung in der zahnärztlichen Praxis. Dabei stellt sich dann die Frage, ob diese betagten Patienten besondere Patienten sind. Bei der Antwort darauf muss bedacht wer- den, dass sich der Allgemeinzu- stand des älteren Patienten im Laufe der Zeit wahrscheinlich eher nach- teilig entwickeln und seine Belast- barkeit abnehmen wird. Darüber hinaus ist auch das Nachlassen motorischer und sensorischer Fä- higkeiten eine typische Begleit­ erscheinung des höheren Lebens­ alters, was nicht selten eine redu- zierte Mund- und Prothesenhygi- ene nach sich zieht. Somit ist der betagte Patient durchaus ein sehr besonderer Pa­ tient, welcher allerdings nicht ande- rer Therapieformen und Behand- lungsmittel bedarf. Das Besondere der Alterszahnheilkunde ist viel- mehr die Behandlungsstrategie. Die folgenden Empfehlungen9 für die zahnärztlich-prothetische Behandlung betagter Patienten mögen dazu eine Hilfestellungen geben: Notwendige Neuversorgungen nicht unnötig aufschieben! Sofern bei einem Patienten eine zahnärztliche Behandlung – insbesondere eine prothetische Neuversorgung – erkennbar not- wendig wird, sollte diese nicht un- nötig lange aufgeschoben werden. Die Neuversorgung ist nämlich nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben, und gerade im hö- heren Lebensalter muss mit plötz- lichen Erkrankungen gerechnet werden, die praktisch „über Nacht“ die Behandlungsfähigkeit eines Patienten erheblich einschränken können. Heute schon an morgen denken! Gerade in zunehmendem Alter stehen für viele Patienten andere Erkrankungen im Vordergrund, wodurch der regelmäßige Zahn- arztbesuch an Priorität verliert. Hinzu kommt die leider immer noch weitverbreitete Überzeugung, dass nach erfolgter Neuanferti- gung von Zahnersatz dieser in den nächsten Jahren keiner Nachsorge bedarf. Wird Zahnersatz aber nicht engmaschig kontrolliert und nach- gesorgt, dann ist die Gefahr gege- ben, dass sowohl größere biologi- sche als auch technische Defekte auftreten können. Diese sind dann nicht mehr einfach zu beseitigen, sondern erfordern häufig vielmehr eine komplette Neuanfertigung des Ersatzes. Wenn dann von zahnärztlicher Seite primär die Pflege- und Erwei- terungsfähigkeit des Ersatzes zu wenig bedacht wurde, sind erheb- liche Behandlungserschwernisse vorprogrammiert. Die Planung von Zahnersatz sollte daher bei Patien- ten im hö­ heren Alter so ausgerichtet sein, dass Nachbehandlungen mög- lichst einfach sind. Abb. 1a und 1b: Desolates Restgebiss. – Abb. 2a und 2b: Gute Pflegefähigkeit von Doppelkronen. – Abb. 3a und 3b: Festsitzender Zahnersatz mit dem Ergebnis einer verkürzten Zahnreihe. „Das Besondere der Alterszahnheilkunde ist ... die Behandlungsstrategie.“ © Kulniz/Shutterstock.com 1a 2a 2b 1b 3b 3a Fortsetzung auf Seite 6 

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