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Special Tribune Swiss Edition No.1, 2016

27User ReportSPECIAL TRIBUNE Swiss Edition Nr. 1+2/2016 · 3. Februar 2016 Im medizinischen Bereich und damit auch in Zahnarztpraxen wird den vom Gesetzgeber angeordneten Hygienerichtlinien in den letzten Jahren zunehmend mehr Beachtung geschenkt. Dementsprechend gross müsste die Aufmerksamkeit sein, die diesem Bereich gewidmet wird – und das ist sie auch. Jedoch kommt in den Praxen selten an, was in Vor- schriften steht und in entsprechen- den Schulungen gebetsmühlenartig vermittelt wird. Dies zeigen die Erfahrungen in den Zahnarztpraxen selber. Oder wie erklärt man es sich ansonsten, dass während der Behandlung in die Schubladen gegriffen wird, um feh- lendes Instrumentarium rauszuho- len, oder das Personal den Raum zwischendurch mehrmals verlässt und auch wieder betritt?Wie kann es sein, dass die Dame vom Empfang Instrumente in den Behandlungs- raum bringt und dass ein Wattebäll- chen für alle sichtbar,aber ungestört, einen ganzen Tag den Praxisboden ziert? Der Grund sind nicht die Defizite im Wissen um die Hygiene- vorschriften, sondern in der Regel schlicht und ergreifend ein schlech- tes Hygienemanagement, wenn überhaupt vorhanden. Diese Ver- nachlässigung ist kein böser Wille, sondern meistens das Resultat meh- rerer Einflüsse. Zu Beginn stehen oft veraltete Strukturen. Daraus resul- tieren ein schlechtes Terminmanage- ment und daraus wiederum Zeit- mangel. Das hat natürlich Auswir- kungen auf den Praxisalltag. Ein Negativbeispiel Der Arbeitstag und somit die Arbeitszeit beginnt für Nicole P. laut Vereinbarung mit Dr. Müller um 7.45 Uhr. (*Die Namen sind frei er- funden und es besteht keinerlei Ver- bindung zu einem Fall aus der Pra- xis.) Um 8.00 Uhr öffnet die Zahn- arztpraxis und die ersten Behand- lungen finden statt. Da die Patienten in der Regel meist früher erscheinen, trifft die Mitarbeiterin zeitgleich mit dem ersten Patienten ein. Dieser nimmt dann zunächst im Wartezim- mer Platz. Nicole P. hat es nun eilig. Während sie die Stühle im Zimmer runterfährt und alles durchlaufen lässt, fährt ihre Kollegin schnell die PCs am Empfang hoch, um die Pro- gramme zu starten. Sie weiss, sie muss noch die Instrumente einräu- men und die erste Behandlung vor- bereiten. Das alles muss schnell pas- sieren, denn der Zeitplan ist straff und eine Verzögerung im Behand- lungsplan zieht sich durch den gan- zen Tag. Auch am Vortag war es mal wie- der spät: So verlief die Reinigung der Instrumente weniger aufmerksam als erwünscht. Demzufolge wurde der ein oder andere Zementrest am Heidemannspatel schlichtweg über- sehen. Durch die Eile am Morgen fällt dieser nun aber auch nicht mehr auf. Ebenso bleiben die Wasserflecke am Spiegel unbemerkt.Und dasAuf- füllen der Schubladen in den Zim- mern, da hatte auch gestern Abend keiner mehr dran gedacht. „In den Behandlungsräumen könnte ich ja noch schnell die Schubladen auffül- len“, denkt sich Nicole P., „der Chef ist ja noch nicht da ...“ Aber gerade als sie anfangen will, kommt Dr. Müller in die Praxis. Nun ist also doch keine Zeit mehr dafür, denn der erste Patient wartet bereits. Also stellt Nicole P. das aufzufüllende Material auf den Schrank und behält im Hinterkopf, dieses später einzu- räumen. Ein Lösungsansatz Das vorangegangene Beispiel zeigt, dass mangelnde Hygiene in Zahnarztpraxen sehr eng mit dem Zeitplan der Praxis verknüpft ist. Nicole P. und ihre Kolleginnen haben keine Zeit, die Hygienevor- schriften ordnungsgemäß zu befol- gen. Sie versuchen es zwar, resignie- ren aber schnell. Die Lösung liegt in einem durch- dachten Hygiene- und Zeitmanage- ment. Hierzu müssen zunächst ein- mal neue Strukturen geschaffen wer- den. Anstatt wie bisher immer pünktlich zur Praxisöffnung zu er- scheinen, sollen Nicole P. und ihre Kolleginnen eine halbe Stunde frü- her in der Praxis sein. Wichtig hier- bei: Umgezogen wird sich nicht während der Arbeitszeit. Die Praxis- kleidung wird um 7.30 Uhr schon getragen und nicht erst noch ange- legt. Hierdurch ist nun genügend Zeit, die Praxis für den Tag vorzu- bereiten. Arbeitszeit und Behand- lungszeit sind ab sofort streng von- einander getrennt und das gibt in Zukunft Raum für das Hygienema- nagement. Bis die Praxis geöffnet wird, haben Nicole P. und ihre Kolle- ginnen nun die Möglichkeit,die Pra- xis vorzubereiten. Optimalerweise brauchen sie hierfür ca. 15 Minuten. Nun bleiben noch zehn Minuten für eine Tagesbesprechung, bei der auch der behandelnde Zahnarzt unbe- dingt anwesend sein sollte. Inhalt dieser Besprechung ist zum einen der voranstehende Tag. Aber auch der Vortag kann gegebenenfalls nochmal thematisiert werden. Nach der Tagesbesprechung bleiben noch fünf Minuten bis zur Praxisöffnung. Alle Mitarbeiterinnen sollten auf ihren Plätzen sein, bevor der erste Patient erscheint. Dieser darf nicht den Eindruck gewinnen, es herrsche noch geschäftiges Treiben und die Mitarbeiterinnen wären nicht vorbereitet. Der Patient bewer- tet seine Zahnarztpraxis nämlich nach eben jenen Kriterien, da ihm naturgemäss das nötige Wissen zur Beurteilung der fachlichen Kompe- tenzen fehlt. Folglich wertet er As- pekte wie die Atmosphäre und Höf- lichkeit viel schwerer. Der erste Ein- druck entsteht somit beim Empfang. Hier gilt: Der Patient ist immer auch ein Gast. Sollte dieser sich also noch nicht auskennen, muss er zunächst die Räumlichkeiten vorgestellt be- kommen und idealerweise persön- lich zum Wartezimmer geleitet und auch dort wieder abgeholt werden. Im Behandlungszimmer stellt sich die Assistenz immer auch als solche vor und legt die Akte des Patienten bereit, damit der Arzt, welcher nun den Raum betritt, sofort beginnen kann. Nach der Behandlung gilt es, den Patienten auch wieder hinaus- zugeleiten und im Anschluss das Zimmer gründlich zu desinfizieren. Dies ist Arbeitszeit, nicht Behand- lungszeit, und muss eingeplant wer- den. Hierfür sind ca. 15 Minuten einzurechnen. Grundsätzlich gilt es, immer eine realistische Zeitplanung anzustreben. Eine Füllung zum Bei- spiel braucht ihre Zeit und sollte nie auf die Schnelle noch mitgemacht werden. Lediglich die Aufklärung über den Eingriff kann mithilfe von vorbereiteten komplexen Textbau- steinen des Computersystems rasch erfolgen. Danach muss der Patient Bedenkzeit haben, bevor die Füllung neu gelegt wird. Auch für akute Fälle, wie Schmerzpatienten, ist ein zeitlicher Puffer in den Praxistag zu integrie- ren. Bei Neupatienten ist es beson- ders zu empfehlen, ihnen schon gut zwei Wochen vor Termin einen Pa- tientenbogen per Post oder E-Mail, mit der Bitte ihn auszufüllen und zum Termin mitzubringen, zukom- men zu lassen. Eine telefonische Be- stätigung des Termins sowie eine Er- innerung sollten zwei Tage vorher erfolgen. Dies erspart der Praxis Zeit und gibt dem Patienten die Mög- lichkeit, sich mit dem Bogen zu be- schäftigen. Nach der Mittagspause, wenn vorhanden, gilt das gleiche Prinzip wie am Vormittag: Die Mitarbeite- rinnen sind frühzeitig wieder in der Praxis. Die Abläufe sind klar festge- legt und die Behandlungsräume vor- bereitet. Schliesst eine Praxis um 18.00 Uhr, ist dies noch nicht der Feierabend. Arbeitsende ist in die- sem Fall um 18.30 Uhr, denn in die- ser halben Stunde wird die Praxis nach- und auf den nächsten Tag vor- bereitet. Hierbei hat jedes Zimmer seine eigene Liste, welche von der Mitarbeiterin systematisch abgear- beitet wird. Gegen Arbeitsende wird nochmal alles kontrolliert und der Tag kurz reflektiert. ST Den Fallstricken des Arbeitsalltags auf der Spur Hygienemanagement ist eines der Themen unserer Zeit: häufig besprochen, aber genauso oft nur lückenhaft umgesetzt. Von Bianca Beck, Meisenheim, Deutschland. Infos zur Autorin Kontakt Bianca Beck beck+co. Postfach 25 55586 Meisenheim Deutschland Tel.: +49 6753 124800 www.beckundco.info Erfolgreiches Hygienemanagement – Ein Beispieltag Vorbereitung 07.30 Uhr Arbeitsbeginn, Mitarbeiterinnen sind umgezogen 07.30–07.45 Uhr Zimmer öffnen, Instrumente einräumen, Behandlungen vorbe- reiten, PC hochfahren, Programme starten, RÖ/Hauptschalter, Scanner 07.45–07.55 Uhr Tagesbesprechung: Welche Patienten kommen? Mögliche Eng- pässe einplanen, Neustrukturierung durch Krankheitsfälle, Zeiten besprechen (Dauer: ca. 10 Minuten bei strukturierter Praxis) Nachbereitung 18.00–18.20 Uhr Karteieinträge durch Behandelnden, Instrumente säubern, Ste- rilisation, Material auffüllen (idealerweise mit Materialliste) 18.20–18.30 Uhr Nachbesprechung des Tages: Was war gut? Was nicht? © wavebreakmedia Tel.: +496753124800

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