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Dental Tribune Austrian Edition No. 5, 2015

International Science DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 5/2015 · 4. Mai 20154 Trotz seiner hohen Prävalenz (bis zu 50 Prozent wurden publiziert) führt das Milchzahntrauma ein relatives Schattendasein in der Endodontie. Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass es eher als kinderzahnheilkundliches Thema denn als endodontisches ge- sehen wird, und ein zweiter Grund ist,dass Erfolge im Erhalt von Milch- frontzähnen wegen deren früher Ex- foliation prinzipiell keine Langzeit- relevanz besitzen. Verletzungsmuster und Diagnostik Betrachtet man den traumati- sierten Milchfrontzahn für sich, so zeigt dieser sämtliche aus der blei- benden Dentition wohlbekannte Verletzungsmuster, nur die Präva- lenz bestimmter Verletzungen ist eine andere: Mit lateraler Disloka- tion, Intrusion und Avulsion domi- nieren im Milchgebiss die schweren Verletzungen, worin sich die Unvor- hersehbarkeit des Sturzes für das Kind und seine noch mangelnde Fä- higkeit zur adäquaten Reaktion aus- drücken. Zahnfrakturen finden sich deutlich seltener als im bleibenden Gebiss, was auf die zumeist kürzere Wurzel und den breiteren PDL-Spalt zurückzuführen ist. Der Milchzahn fängt somit den Stoß hauptsächlich über eine Dislokation ab, ohne zu frakturieren.Eine traumatisch eröff- nete Pulpa ist daher im Milchgebiss deutlich seltener anzutreffen als im bleibenden.KronenabbrücheinGin- givahöhe kommen häufiger vor,sind aber zumeist die Folgen einer Early ChildhoodCariesmitprofunderDe- mineralisierung und vergleichsweise geringem Trauma (Abb.1). Mitverletzungen bleibender Zahnanlagen können nur selten di- rekt belegt werden;die hierfür nötige Anfertigung zusätzlicher Röntgen- aufnahmen setzt eine entsprechende Kooperation des Kindes voraus. Zu- dem entzieht sich der weiche, noch verformbare Anteil dem Röntgen- bild, nachdem er nicht oder nur wenig mineralisiert ist. Um den Zu- sammenhang zwischen der Milch- zahnverletzung und der Schädigung des bleibenden Zahnes zu beweisen, muss ein kurz nach dem Unfall ange- fertigtes, die fragliche Zahnanlage vollständig darstellendes Ausgangs- röntgen mit einem späteren Bild ver- glichen werden,das dann ggf.eine an entsprechender anatomischer Posi- tion befindliche mineralisierte Ver- änderung (Knick, Einziehung) auf- weist. Hierbei sollten nicht nur der direkte Nachfolger des verletzten Milchzahnes, sondern auch dessen Nachbarn begutachtet werden, weil sich die Erschütterung durch den Aufprall wie eine Welle im Kiefer ausbreitet. Erstversorgung Im Gegensatz zum Trauma im bleibenden Gebiss sind beim Milch- zahntraumadreiAspektezubeachten: – der verletzte Zahn – die Kooperation des Kindes – die Folgen von Verletzung und Be- handlung auf die bleibende Denti- tion. Wird das Milchzahntrauma nicht von vornherein in Allgemein- anästhesie behandelt,so stellt sich als erste Frage die der Lokalanästhesie. Schon der Einstich kann für ein Kleinkind derart schmerzhaft sein, dass hinterher keine adäquate Ko- operation mehr zu erwarten ist. Die Kernfrage lautet also: Welche Ein- griffe bieten sich an, welche davon sind unbedingt nötig und was davon ist ohneAnästhesie machbar? Reposition und Schienung Die meisten Milchzahntraumata führenzueinerDislokationvonZäh- nen resp.Zähnen und Knochen nach palatinal. Eine Reposition ist nötig, wenn durch die Dislokation ein ver- kehrterÜberbissgeneriertwird.Eine sofortige Reposition ist erforderlich, wenn bei Belassung Störungen der Oralfunktionen oder der Wundhei- lung zu erwarten sind. Das Ergebnis einer solchen manuellen Reposition bedarf zumeist einer äußeren Fixa- tion,diemittelsDrahtundFlowable- Komposit erzielt werden kann. Nach Reinigung, Ätzung, Spülung und Trocknung (mittels Sauger) aller zur Schienung vorgesehener Flächen solltederDrahtzunächstandenPfei- lerzähnen anpolymerisiert werden, bevor die schon mit Bonding und Flowable versehenen dislozierten Zähne in einem Arbeitsschritt ohne Anästhesie an die Schiene herange- führtunddort durchPolymerisation fixiertwerden(Abb.3). Achtung:Das Softstart-Programm in der Lampe kann die Polymerisation deutlich verzögern! Es empfiehlt sich, die Lampe bereits vor der entscheiden- den Sekunde einzuschalten. Sind Zähne (zumeist mitsamt Alveolarfortsatz) nach labial ver- kippt, so sollte die Schiene zuerst an dendisloziertenZähnenundimZuge der Reposition an den Pfeilerzähnen fixiert werden. Zwei Alternativen bieten sich zu „Reposition und Schienung“ an: – die Extraktion der dislozierten Zähne oder die orthodontische Re- position. Extrudierte Milchzähne verleiten zur Entfernung,weil sie ja schon so gut wie extrahiert erschei- nen.Dabeiwirdübersehen,dassder Zahn palatinal noch an der Gingiva fixiert ist, was bei einer Entfernung ohne Anästhesie dann doch einiges an Schmerzen verursacht. – DiezweiteAlternativeistdieortho- dontischeReposition.Manlässtdie Situation erst einmal so heilen, wie sie ist, und verordnet dazu eine zu tragendeRepositionshilfe(Abb.2). Dies kann z.B. auch ein Schnuller sein oder ein Holzspatel, auf den nach dem Prinzip der schiefen Ebene gebissen wird. VonintrudiertenMilchfrontzäh- nen ist bekannt, dass sie mit Fehlbil- Abb.1: Early Childhood Caries (ECC) als Hauptursache für eine Kronenfraktur. ª Milchzahntrauma: weniger kann mehr sein Kinderzahnheilkunde oder Endodontie – die Behandlungsstrategie nach einem Milchzahntrauma. Von ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt A. Ebeleseder, Graz. © Sergiy Bykhunenko

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