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Dental Tribune German Edition

PERIOTRIBUNE German Edition · Nr. 6/2014 · 4. Juni 2014 State of the Art 19 nikationsstil umzugehen. Wenn die Harmonie zwischen Arzt und Patient gestörtscheintoderganzzerstörtwird, sollte dies ein Alarmsignal dafür sein, dass ein bestimmter Kommunika- tionsstil nicht funktioniert. Das kann wiederum dem Arzt zeigen, dass er einenanderenStilausprobensollte,um dieHarmoniewiederherzustellen. „OARS“ Bei allen Kommunikationssitua- tionen mit dem Patienten sollte man beherzigen,dassmandiesennurdirekt fragen sollte, wenn dieser sich mit der potenziellenAntwort wohlfühlt (ohne Eingreifen des Arztes, auch nicht mit- hilfevonInstrumenten).Beachtetman dies nicht, riskiert man den Erfolg der Behandlung,daderPatienteinenKon- trollverlustempfindenkönnte. Es gibt vier Primäraktivitäten, die man für die Kommunikation mit einem Parodontalpatienten nutzen kann.Diese werden im Englischen mit dem Acronym OARS zusammenge- fasst. Es steht für: offene Fragestellun- gen (open-ended questions), Stärken des Patienten (affirm the patient), Re- flektion (reflect) und Zusammenfas- sen(summarize). •Offene Fragen stellen: Wenn man den Patienten mit mehreren geschlosse- nen Fragen (Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden können) konfrontiert, bringt ihn das in eine eherpassiveRolle.OffeneFragenhin- gegen laden zu Gedankenspielen, zur Zusammenarbeit und dazu ein, dass sich der Patient um eine Antwort be- müht.Beispiel:„WasdenkenSieselbst darüber,dassSierauchen?“ •Den Patienten stärken: Es liegt in der menschlichen Natur, eine negative Grundeinstellung vorauszusetzen, besonders,wenndaseigeneVerhalten genau untersucht wird. Indem man die Stärken des Patienten anerkennt oder seine Ehrlichkeit wertschätzt, bautmandefensivesVerhaltenabund verstärkt die Offenheit seitens des Patienten sowie die Wahrscheinlich- keitfüreineVerhaltensänderung.Bei- spiel:„Sieerklärenmirgerade,warum SiedasZähneputzennichtsonderlich interessiert. Danke für Ihre Ehrlich- keit!“ •Das reflektieren, was der Patient kom- muniziert: Reflektion ist der beste Weg, Mitgefühl oder Empathie (die Fähigkeit,die Perspektive einer ande- ren Person nachzuvollziehen) zu zeigen. Eine angemessene Reflektion beinhaltet, dass man sich ehrlich be- müht, die Perspektive des Patienten einzunehmen.Sie1)erfasstdieunter- schwellige Bedeutung von dem, was der Patient ausspricht, 2) ist präzise und bündig,3) wird als Beobachtung oder Kommentar geäußert und 4) vermittelt eher Verständnis als ein Urteil. Beispiel: „Sie scheinen wirk- lich schon alle Hoffnung verloren zu haben, je mit dem Rauchen aufzu- hören.“ •Zusammenfassen: Die Äußerungen des Patienten zusammenzufassen, zeugt von Interesse, strukturiert das Gespräch und bringt es notfalls auch wieder auf den roten Faden zurück. Alle Gedanken des Patienten zum Thema Veränderung werden wäh- rend der Beratung zusammengefasst. Beispiel: „Sie fühlen sich also noch nichtwirklichbereit,IhrVerhaltenzu ändern. Ihnen macht zwar das Rau- chen Spaß, aber Sie machen sich ein wenig Sorgen darüber, wie einige Menschenreagieren,wennsieheraus- finden,dassSieRauchersind.Stimmt dasso?“ Beraten Obwohl wir bereits den Unter- schied zwischen ratgebender Gesund- heitsaufklärungundMIerklärthaben, ist es wichtig zu erkennen, dass es zu- weilen angemessen ist, den Patienten Informationen zu geben, die ihre Fra- gen, Irrtümer oder Wissenslücken be- treffen. Grundsätzlich geht das Bereit- stellenvonInformationenmitMIkon- form, wenn der Patient dies möchte. Rollnick,MasonundButler(1999)ha- ben einen Drei-Schritte-Prozess skiz- ziert, der eine hilfreiche Anleitung dafür gibt, wie man gemäß MI seinen Patientenberatenkann. •Schritt 1: Wecken Sie im Patienten die Bereitschaft und das Interesse für bestimmte Informationen: Zum Bei- spiel könnte ein Arzt zu seinem Pa- tienten sagen: „Ich hätte Informa- tionsmaterialzudiesemThema.Hät- ten Sie Lust, etwas mehr dazu zu er- fahren?“ •Schritt 2: Bieten Sie die Informa- tionen so neutral wie möglich an. Zum Beispiel könnte ein Arzt sagen: „Die Forschung hat gezeigt, dass …“ oder „Viele Patienten erzählen mir, dass …“. So können Sie sachliche Informationen so darlegen, dass sie den Patienten in seiner Autonomie bestärken. •Schritt 3: Provozieren Sie eine Reak- tiondesPatientenauf diedargelegten Informationen. Fragen Sie noch ein- mal nach, ob der Patient die neuen Informationen so verarbeiten kann, dassneuePerspektivenunddieMoti- vation für eine Veränderung entste- hen.AlternativkannNachfragenauch weitere Wissenslücken oder Missver- ständnisse offenlegen, die man dann ansprechen kann. Wenn ein Patient jedoch die Information „ablehnt“, ist es wichtig, keine Diskussion zu er- öffnen. Generell ist es besser, diese Perspektive des Patienten mit einfa- chen Statements anzuerkennen wie „Diese Information passt nicht zu Ihren bisherigen Erfahrungen“ oder „Diese Information ist für Sie in Ihrer jetzigen Situation vielleicht nicht so relevant“. Danach kann man zu einem produktiveren Gesprächs- themaübergehen. Bereitschaftsskala Eine ganze Anzahl von zahnärzt- lichen Terminen könnte notwendig sein,bis ein Patient signifikante Ände- rungenseinesVerhaltensunternimmt. NurrelativkleineSchrittezueinerVer- änderung können bereits bei einem einzigen kurzen Zusammentreffen ge- macht werden. Zahnärzte, die ihre Er- wartungshaltungaufjeweilseinenTer- min beschränken können, neigen schließlichwenigerdazu,ihrenPatien- ten anzutreiben. Indem man eine Langzeitperspektive einnimmt, wird mansichdessenbewusst,wasPatienten bereits in relativ kurzen Zeiträumen schaffen können, und ist in der Folge weniger frustriert bei – hochgradig ambivalenten–Patienten. Klinikerkönnengewöhnlichnicht erwarten, dass ihre Parodontalpatien- tenbereitsdazubereitsind,ihreMund- hygienegewohnheiten zu ändern oder ihren Tabakgenuss einzuschränken, weil sie eine gute Mundgesundheit ha- ben möchten (Miller und Rollnick 2002).Die Bereitschaft eines Patienten für eine Veränderung richtig einzu- schätzen beinhaltet, die Motivation des Patienten und dessen Selbstbe- wusstsein zu begreifen (Rollnick et al. 19999). Die Verwendung der folgen- den Fragefolge hilft Ärzten,ein umfas- sendes Bild der Einstellung ihrer Pa- tienten zu Veränderungen innerhalb kurzerZeitzuerstellen. Bei der Beurteilung der Motiva- tion und der Selbstwirksamkeit des Patienten möchte der Kliniker dessen Motivatoren und Werte herausfinden, um diese mit der angestrebtenVerhal- tensänderung zu verbinden (Abb. 1). Wie von Koerber (2010) beschrieben, kann eine Bereitschaftsskala ange- wendet werden, besonders bei kurzen Pausenundinnerhalbeineszahnmedi- zinischen Kontexts. Diese besteht aus 1) der Motivationsskala und 2) einer Selbstwirksamkeit-Skala, wie sie von Rollnick, Mason und Butler beschrie- ben wurde (Rollnick et al. 1999). Die Motivationsskala (Abb. 2) besteht aus dreiFragen.ZumBeispiel: •1. „Auf einer Skala von 1 bis 10: 10 bedeutet ,absolut wichtig‘ und 1 be- deutet ,überhaupt nicht wichtig‘, wie würden Sie das tägliche Zähneputzen bewerten?“ •2.„Warum haben Sie (X) anstelle von 1gewählt?“ •3.„Warum haben Sie (X) anstelle von 10gewählt?“ Beachten Sie,dass Frage 2 die Mo- tive des Patienten und Frage 3 seine Ambivalenz aufzeigt. Die Selbstwirk- samkeit-Skala (Abb.2)besteht aus den folgendenFragen: •1.„Wenn Sie davon überzeugt wären, dass regelmäßiges Zähneputzen sehr wichtig ist, wie sicher wären Sie sich, auf einer Skala von 1 bis 10, dass Sie es tatsächlich tun könnten? 1 bedeu- tet ,überhaupt nicht sicher‘ und 10 bedeutet,absolutsicher‘.“ •2.„Warum haben Sie (X) anstelle von 1gewählt?“ •3.„Warum haben Sie (X) anstelle von 10gewählt?“ BeachtenSie,dassFrage2dieStär- kendesPatientenfüreineVeränderung undFrage3dieHindernisseaufzeigt. Ein Gewebe zur Patientenaktivierung Um die motivierende Gesprächs- führungineinedentaleBehandlungzu implementieren, muss man darauf achten, den gemeinschaftlichen und einfühlsamen Grundgedanken dieser Methode (Ramseier und Suvan 2010) zu bewahren. Um MI zielführend in einer einzigen zahnmedizinischen Sit- zung anzuwenden,stellten Suvan et al. 2010 ein spezifisches Patientenaktivie- rungsgewebe vor. Dieses Modell zeigt dievoneinanderabhängigenElemente eines Zahnarztbesuchs mithilfe des Konzepts von miteinander verwobe- nen Fäden auf (Suvan et al. 2010). Kommunikation und Informations- austausch verschmelzen bei der klini- schen Beurteilung und Behandlung (Abb.3).Daherkanndiemotivierende Gesprächsführung als ein hilfreiches Modell für parodontale Therapiestra- tegien gesehen werden,die effektiv da- bei helfen, alle bekannten Risikofak- toren für parodontale Erkrankungen entsprechend einzuschränken. Dazu gehören unzurei- chendeMundhygiene, Tabakgenuss, unge- sunde Ernährungsge- wohnheiten und Al- koholmissbrauch. PT Dr.med.dent. ChristophA.Ramseier Universität Bern Zahnmedizinische Kliniken Abteilung für Parodontologie Freiburgstr.7,3010 Bern,Schweiz Tel.:+4131632-2589/2540(direkt) Fax: +41 31 632-4915 christoph.ramseier@zmk.unibe.ch www.zmk.unibe.ch Infos zum Autor Kontakt Motivation überhaupt nicht wichtig sehr wichtig Selbstwirksamkeit überhaupt nicht sicher 1 x 10 absolut sicher 1 x 10 Literaturliste Abb. 3: Gewebe zur Patientenaktivierung für den Zahnarztbesuch (Implementierungsmodell) von Suvan et al. (2010). Die Patientenge- schichte und seine Aussagen zu Beginn und Ende der Behandlung sind die kritischen Elemente der Dokumentation, die dazu dienen, einen Zahnarztbesuchmitdemnächstenzuverweben.DiehorizontalenBänderstellendreiGesprächshauptfädendar,diedenBesuchbeimZahn- arzt bestimmen.Diese Fäden sind mit „Harmonie herstellen“,„Informationsaustausch“ und „Abschluss“ beschriftet und gehen direkt in die Kurvenüber,diedieklinischeBeurteilungundBehandlungzwischendenGesprächenalsTeildesAblaufsdarstellen.DieFädenwerdendurch vertikale Bänder miteinander verwoben, die die spezifischen Elemente der Kommunikation und Interaktion für die jeweilige Herangehens- weise darstellen. Diese vertikalen Bänder stehen für den Kommunikationsstil und dieWerkzeuge, die für dieVeränderung des Gesundheits- verhaltens herangezogen werden,und sind beständig,trotzdem flexibel,und kehren im Laufe des gesamten Behandlungstermins wieder,um Stabilität zu gewährleisten. Abb.2: Skala zu Motivation (Wichtigkeit) und Selbstwirksamkeit (Selbstvertrauen). Anamnese Notiz Patientenbindung und Umfeld schaffen Informationen austauschen Zusammenfassung geben und Ziele setzen Kommunikation Agenda Vier-Felder-Tafel 10-PunkteSkala Untersuchung Behandlung