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Dental Tribune Austrian Edition

Die Ohrakupunktur ist keine neue Erfindung – bereits in den 1950er- Jahren fand Dr. Paul Nogier (1908– 1996), ein Allgemeinmediziner aus Lyon, die ersten Punkte am Ohr. Er entwickeltespäterzusammenmitDr. Frank Bahr eine Karte der Ohrloka- lisationen. Lange als rein empirische Methode betrachtet, brachte eine Studie an der Universität Paris vor einigen Jahren sensationelle Er- kenntnisse–dieOhrreflexzonensind direkt mit den zu den Organen gehö- rendenZonenderHirnrindeverbun- den, nachgewiesen im funktionellen MRT.1 Diese Bilder gehen seitdem um dieWelt. Fallbeschreibung Eine 35-jährige Lehrerin kommt wegen heftiger Rückenschmerzen in meine Sprechstunde.Die Schmerzen seien den ganzen Tag zu spüren. In meiner naturheilkundlichen Allge- meinarztordination mit Schwerpunkt Orthopädie sind Rückenschmerzen der Alltag. Mit Chirotherapie, Neu- raltherapie und vor allem Ohraku- punktur kann ich sie in den meisten Fällen gut behandeln und lang an- haltende Schmerzfreiheit erzielen. Über die Ohrreflexzonen kann man, entsprechendeÜbungvorausgesetzt, genau und schnell herausfinden, wo jemand blockiert ist, woher Schmer- zen genau kommen, welches Kiefer- gelenk involviert, welches Organ in Schwäche ist (z.B. die Galle sehr oft bei Migräne).Auf der Ohroberfläche ist der ganze Körper als Reflexzone abgebildet (Abb.1).2,3 Bei der genannten Patientin konnte ich sehr genau über die Ohr- reflexzonen mittels Punktsuchgerät bzw. RAC (syn. VAS, Nogierreflex) feststellen,wosieblockiertwar.Exakt gesetzteNadeln(indiesemFallLaser, da die Patientin empfindlich war) konnten die Blockaden jedes Mal lösen und die zugehörigen Muskeln entspannen (Abb. 2). Die Patientin stand – wie es nach einer lege artis ausgeführten Ohrakupunktur üb- lich sein sollte – schmerzfrei auf. Das Ganze hielt aber immer nur ei- nige Stunden, dann setzte das alte Schmerzdrama wieder ein. Störherde Manchmal verhindern soge- nannte Störherde den Erfolg einer Behandlung.„Störherde“oder„Stör- felder“ sind unterschwellige Prozesse im Körper, die schwächen und auch krank machen können.4 Diese Pro- zesse sind nicht leicht zu erkennen. Ihre unklaren Symptome stehen oft in keinem eindeutigen Zusammen- hang mit den eigentlichen Ursachen. Mit den üblichen schulmedizini- schen Kontrollen lässt sich oft nichts feststellen – der Patient ist schein- bar gesund. Am Ende glauben ver- zweifelte Patienten sogar selbst, dass sie sich ihre Beschwerden „nur ein- bilden“. Alle chronischen Entzündungen im Körper können zu Störherden werden. Eine Narbe kann zum Stör- herd werden,wenn sie z.B.den Ener- giefluss eines Akupunkturmeridians stört (sowohl Operations- als auch Unfallnarben). Weitere mögliche Krankmacher sind Zahnersatzma- terialien, Zahnfüllungen, diverse Schadstoffe oder bestimmte Nah- rungsmittel. Ich führte bei der Patientin eine Störherdsuche über die Ohrreflex- zonen durch. Hierbei lässt sich sehr genau erkennen, welche der vorhan- denen Narben stört und an welcher Stelle sie problematisch ist (eine Narbe stört niemals in voller Länge). Diese Narben lassen sich über sehr exaktesNadelnderzugehörigenStel- len an den Ohrreflexzonen wieder durchgängig machen. Bei der Testung fand ich den Zahn 27 als störend. Laut mitge- brachtem Röntgenbild war der Zahn wurzelbehandelt, zeigte auch bereits deutliche Veränderungen an der Wurzelspitze im Sinne einer Zyste (Abb. 3). Interessant war, dass die Patientin durchaus noch andere avitale Zähne hatte, die aber im Test nicht als Störherd erschienen. Ich empfahl die Entfernung des Zahns. Die Patientin lehnte das mit dem Argument ab, dass der Zahn ja nicht weh tue. Es ist immer dieselbe Antwort, die man in solchen Ge- sprächenhört.DerMenschassoziiert einen Herd mit Schmerzen, alles an- dere erscheint ihm unwahrschein- lich. Häufig wird auch ein weiteres Argumentangeführt,denZahnnicht extrahieren zu lassen: Vor nicht allzu langer Zeit wurde gerade eine kos- tenintensive Behandlung (Krone, Brücke, Inlay, Onlay o. Ä.) an diesem Zahn durchgeführt. Daraufhin veranlasste ich eine Computertomografie vom Ober- kiefer, um das wirkliche Ausmaß derStörungfürdiePatientinsichtbar zu machen. Das CT zeigte eine Zyste von 0,5 cm Ausdehnung (Abb. 4). Ich empfahl erneut die Extraktion des betroffenen Zahnes und lehnte weitere Ohrakupunktur-Behand- lungen ab, die der Patientin nur unnötig Geld und Aufwand kosten würden. Die Patientin willigte schließlich ein. Als sie nach der Extraktion wie- der in die Sprechstunde kam, war sie einigermaßen fassungslos, denn der Rückenschmerz verschwand sofort nach der Zahnentfernung. Siewürdejetztersterkennen,wie stark der Schmerz ein ganzes Jahr langgewesensei,undüberhaupt–sie sei ein ganzes Jahr lang einmal in der Woche wohl umsonst zur Kranken- gymnastik gegangen Das Ergebnis erstaunt den Aku- punkteur nicht. Dass Zähne so einen engen Bezug zum Körper haben und im Falle einer Beherdung ein hart- näckiges Symptom unterhalten kön- nen, weiß man seit vielen Jahrzehn- ten. Unklar ist jedoch immer noch, warum der Körper eine Sprache spricht, die nur wenige Therapeu- ten lesen können. Ein endodonto- logisch arbeitender Zahnarztkollege hatte hierzu letztlich einen sehr guten Vorschlag: Am besten wäre es gewesen, bei der Erschaffung des Menschen die Zähne ohne Nerven auszustatten ... Zahnärztliche Indikationen für die Anwendung der Ohrakupunktur FürdengeneigtenZahnarztseien noch die speziellen zahnärztlichen Indikationen aufgeführt, die er wäh- rend der laufenden Sprechstunde am Stuhl hervorragend durch Ohr- akupunktur behandeln kann: •Würgereiz •Ängstlichkeit/Angst •Kiefergelenksblockaden/ -schmerzen •Alveolitis Sicca •Aphten •Gesichtsschmerz •Allgemeine Entzündungen im Mund •Zahnfleischprobleme. Zunehmend lassen sich Behand- ler in Akupunktur ausbilden. Sie ha- ben erkannt, dass sich die Patienten dank dieser Methode auf dem Be- handlungsstuhl besser entspannen können und weniger Angst und Schmerzen haben. Das erleichtert beiden – Patient und Arzt – die not- wendigen Therapieschritte. Kurse für interessierte Zahn- ärzte finden Sie für Deutschland unter www.akupuktur-seminare.de. In der Schweiz werden spezielle Ohrakupunkturkurse für Zahnärzte u.a. von der Schweizerischen Ärzte- gesellschaft für Akupunktur, Chine- sischeMedizinundAurikulomedizin (SACAM) oder von der fortbildung ROSENBERG durchgeführt. In Österreich besteht die Mög- lichkeit der Ausbildung über die Österreichische Gesellschaft für Kontrollierte Akupunktur und Tra- ditionelle Chinesische Medizin (ÖGKA). Quellen und Literatur 1 Alimi D., Geissmann A., Gardeur D.: Auricular Acupuncture Stimulation Measured on Functional Magnetic Re- sonance Imaging, Medical Acupunc- ture,2002,Volume13(Number2),pages 18–21. 2 Strittmatter B.: Taschenatlas der Ohr- akupunktur nach Nogier/Bahr, 5. Aufl., HippokratesVerlag,Stuttgart 2010. 3 Bahr F., Strittmatter B.: Das große Buch der Ohrakupunktur, Hippokrates Ver- lag,Stuttgart 2010. 4 StrittmatterB.:DerHerdundseineEnt- störung, Hippokrates Verlag, Stuttgart 2005. DT International Science DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 1+2/2014 · 29. Januar 20144 Ohrakupunktur in der Zahnheilkunde Bereits vor etwa 60 Jahren fand Dr. Paul Nogier aus Lyon die ersten Punkte am Ohr. Von Dr. med. Beate Strittmatter, Saarbrücken. Abb. 1: Ohrreflexzonen. – Abb. 2: Nadeln in Ohrreflexzonen. – Abb. 3: Röntgenbefund 27. – Abb. 4: CT-Befund bei 27. 1 2 3 4 Dr.med.BeateStrittmatter Ärztin fürAllgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Sportmedizin,Akupunktur Ausbildungsleiterin Ohrakupunktur der DAA,München 66121 Saarbrücken,Deutschland www.akupunktur.de Kontakt Infos zum Autor