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Dental Tribune Austrian Edition

Eine 40-jährige Patientin mit akuter Pulpitis an Zahn 27 wurde in meine Ordination überwiesen. Die klinische Untersuchung ergab keine Kontra- indikation für eine Wurzelkanal- behandlung und bestätigte die Dia- gnose des überweisenden Zahnarz- tes. Die präoperativen Röntgenauf- nahmen zeigten eine tiefe kariöse Läsion auf der mesialen Seite des Zahns.Außerdem war zu sehen, dass der Zahn drei Wurzeln hatte, und zwar eine mesiale und eine distale Wurzel mit jeweils mäßiger Krüm- mung im apikalen Drittel sowie eine gerade palatinaleWurzel. Mein Behandlungsplan war eine Wurzelkanaltherapie in einer Sit- zung. Nach der Lokalanästhesie und dem Anlegen des Kofferdams wurde unter einem zahnärztlichen Opera- tionsmikroskop die Zugangskavität präpariert. Dabei stellte sich heraus, dassesvierKanälegab,wasimMittel- meerraum beim zweiten oberen Mo- laren häufig der Fall ist. Hier wurden zwei Kanäle in der mesialen Wurzel und je einer in der palatinalen und der distalen lokalisiert. Die Micro- OpenerFeile0.10mm/.06(DENTSPLY Maillefer, Ballaigues/Schweiz) er- leichterte die Lokalisierung. Die Behandlung erfolgte in vier Schritten: Herstellung eines Gleitpfads Wie bei allen feinen Kanälen verwendete ich zuerst eine mittels Chelator-Gel gleitfähig gemachte 10er K-Feile (DENTSPLY Maillefer). Bei der Bestimmung der Arbeits- längen half ein elektronisches Län- genmessgerät (Apex Locator). Mit derselben Feile prüfte ich auch die vier Kanäle auf Gängigkeit. Dies ist ratsam, weil so die Bildung apikaler Pfropfen verhindert wird. Aus Gründen der Sicherheit ist es heute obligatorisch, vor jeder Aufberei- tung mit rotierenden NiTi-Feilen einen Gleitpfad zu schaffen. Dazu wurdendieKanälemithilfeeiner15er K-Flexofile (DENTSPLY Maillefer) erweitert; als Spüllösung wurde Na- triumhypochlorit (6%) mit einer 30G-Kanüle mit seitlicher Öffnung appliziert. Aufbereitung IndiesemFallentschiedichmich dafür, die Kanäle mit dem neuen PROTAPER NEXT System (DENT- SPLY Maillefer) aufzubereiten.Diese Feilen bestehen aus dem gegen zykli- sche Ermüdung sehr widerstands- fähigen M-Wire Nickel-Titan. Sie haben im Schneidebereich einen rechteckigen, exzentrischen Quer- schnitt und bewegen sich daher wel- lenförmig, was die zyklische Ermü- dung weiter reduziert und den Ab- transport von Debris zur Zugangs- kavität hin verbessert. Wie die klassischen PROTAPER-Feilen bieten auch die PROTAPER NEXT-Feilen eine variable Konizität und somit die Vorteile hoher Schneidleistung und einfacher Präparation einer koni- schen Kanalform. Das PROTAPER NEXT-System besteht im Grunde nur aus drei Feilen – X1,X2 und X3 –, mit denen die gesamte Aufbereitung durchführbar ist. Gemäß den klini- schen Gegebenheiten wurden hier folgende Feilen gewählt: X1 und X2 füralleKanäleundausanatomischen Gründen zusätzlich X3 für den pala- tinalen Kanal,da bei oberen Molaren der palatinale Kanal relativ weit liegt. Die Feilen wurden mit einem X- SMART PLUS Motor (DENTSPLY Maillefer) bei einer Drehzahl von 250/min und einem Drehmoment von 4,5 Ncm betrieben. Sie wurden vier bis fünf Sekunden mit ein- und auswärts bürstenden Bewegungen und Unterbrechungen in apikaler Richtung eingeführt, dann wieder herausgezogenundauffeuchterGaze mit einer antiseptischen Lösung ge- reinigt. Während der gesamten Auf- bereitung wurde immer wieder mit 2ml Natriumhypochlorit gespült, vor allem nach dem Herausnehmen der Feile aus dem Kanal.Die zur Prü- fung der Gängigkeit verwendete 10er K-FeilewurdewährendderAufberei- tung ein- bis zweimal in den Kanal eingeführt,umeinerVerstopfungdes Kanals vorzubeugen. In nur drei Schritten wurde mit der PROTAPER NEXT-Feile X1 in allen Kanälen die Arbeitslänge erreicht. Die X2 konnte in zwei Schritten bürstend bis zur vollen Länge angewandt werden und die X3 zur abschließenden Aufberei- tung des palatinalen Kanals nach X1 und X2 in nur einem Schritt.Ich ent- schied mich dafür, die X3 lediglich bis 0,5 mm vor der Arbeitslänge ein- zuführen.Zum Abschluss der Aufbe- reitungwurdendiemesialenunddis- talenKanälemiteinerK-Feile25und derpalatinaleKanalmiteinerK-Feile 30 ausgemessen. Reinigung und Fertigstellung Seit der Einführung der Ein- Feilen-Technik (WAVEONE oder ähnliche Systeme) begeistert man sich in der Endodontie für Aufberei- tungskonzepte mit einem Minimum an Feilen. Es gibt aber auch viele kri- tische Stimmen im Hinblick darauf, dassbeieinersoverkürztenAufberei- tungszeit keine vollständige Reini- gung des Kanals möglich ist. Da Na- triumhypochlorit-Lösung bekannt- lich mindestens 15 Minuten einwir- ken muss, um das Pulpagewebe restlos aufzulösen, ist diese Kritik meines Erachtens wissenschaftlich gerechtfertigt. Hält uns das davon ab,denVorteileinereinfacherenAuf- bereitung, den dieses neue Konzept bietet,zu nutzen? Erstens sollten wir uns klarma- chen, dass die Vereinfachung und Verkürzung des Aufbereitungsvor- gangs durch M-Wire einen beträcht- lichen Fortschritt darstellt – mit gro- ßen Vorteilen hinsichtlich des me- chanischen Aspekts der Aufberei- tung, die nicht unterschätzt werden sollten. ZweitenswurdeschonvorJahren das Konzept„Cleaning and Shaping“ (Reinigung und Ausformung) von H. Schilder durch„Shaping for Clea- ning“ (Ausformung zur Reinigung) abgelöst. Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts stehen wir meiner Meinung nach am Beginn einer neuen Ära, nämlich „Shaping then Cleaning“ (erst Ausformung, dann Reinigung des Kanalsystems). Ich bin fest davon überzeugt, dass PRO- TAPER NEXT bei der Ausformung der Kanäle eine große Hilfe ist. Die Reinigung des Kanalsystems war je- doch nie die Aufgabe der Feilen. Stu- dienzurLeistungsfähigkeitvonSpül- lösungen und Desinfektionsmitteln sowie Geräten zu ihrer Aktivierung für eine noch bessere Reinigung des Kanalsystems untermauern diese Ansicht. Letzteres bedeutet für mich, bei der abschließenden Desinfektion des Kanals mehr Zeit auf das Spülen zu verwenden,den Kanal mehrmals mit einer frischen Lösung zu füllen und diese„inallerRuhe“dasPulpagewebe auflösen und die Bakterienflora be- kämpfen zu lassen. Erleichtert wird diesdurchdiefrühzeitigeBeseitigung aller mechanischen Hindernisse an den Kanalwänden und Entfernung des größten Teils des Weichgewebes. Dies sorgt dafür, dass die Spülkanüle leicht und wiederholbar das apikale Drittel erreicht. Das Erfolgsrezept lautet „Mehr Zeit für eine einfache und effiziente Spülung“. Wir sollten zu Beginn dieser neuen Ära endlich verstehen, dass Reinigung und Des- infektion am Ende der Aufbereitung des Kanalsystems am wirksamsten sind. Daher verwendete ich zum Ab- schluss der einfachen, mehrmaligen, zehnminütigen Spülung mit Natri- umhypochlorit, bei gleichzeitiger Vorbereitung der Guttapercha-Mas- terpoints und der Plugger zur Kon- densation, den ENDOACTIVATOR (DENTSPLY Maillefer) mit Tip 25, eine Minute mit 17 Prozent EDTA und 30 Sekunden mit Natriumhypo- chlorit, um die Wirkung der beiden Lösungen zu optimieren. Füllung des Wurzelkanalsystems Der erste Schritt der Wurzelka- nalfüllung ist die Einpassung feiner Guttaperchastifte in die mesialen unddistalenKanäleundeinesmittle- renindenpalatinalenKanal.Darauf- hin wurden der gelbe Plugger des CALAMUS-Systems (DENTSPLY Maillefer) an die mesialen und dista- len Kanäle und der blaue Plugger an den palatinalen Kanal schrittweise so angepasst, dass sie sich bis 5mm vor der Arbeitslänge einführen ließen. Nach dem Trocknen der Kanäle und der Applikation des Sealers erfolgte eine vertikale Kondensation. Die postoperativen Röntgenbilder zeig- ten,dassderursprünglicheKanalver- lauf vor allem im apikalen Drittel der mesialen und distalen Kanäle genau beibehalten wurde und die Kanäle gut zentriert und optimal gefüllt waren. Im apikalen Drittel des palatinalen Kanals war eine 3-D-Füllung des Ka- nalsystems sichtbar, mit mehreren dichtgefülltenForamina,waseinBe- legdafürist,wiewirkungsvolldieRei- nigungseinkann,wennmehrZeitauf das Spülen verwendet wird und die Spülflüssigkeitenaktiviertwerden. ET User Report ENDOTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2013 · 6. November 201322 Prof.Dr.EdmondKoyess Departement of Endodontics Dental School at the Lebanese University,Beirut bestendo@msn.com Kontakt Infos zum Autor DasErfolgsrezept:mehrZeitfüreineeinfacheundeffizienteSpülung Einfache Aufbereitung mit einem neuen Konzept. Prof. Dr. Edmond Koyess aus Beirut, Libanon, präsentiert einen klinischen Fall. Abb.1:PräoperativeRöntgenaufnahme;derzweiteobereMolarzeigteinetiefemesialeLäsionundeinemehroderwenigergekrümmtemesialeWurzel.–Abb.2:EinpassenderGuttapercha-MasterpointsindievierKanäle.–Abb.3:Post- operative Röntgenaufnahme; alle Kanäle sind konisch ausgeformt; im apikalen Drittel des palatinalen Kanals sind mehrere dicht gefüllte Ausgänge erkennbar. – Abb.4: Ein weiteres postoperatives Röntgenbild bestätigt die Resultate in den vier Haupt- und den Seitenkanälen des palatinalen Kanals. 1 2 3 4