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Dental Tribune Austrian Edition

einer Sitzung vollzogen. Tausende Vitalamputationen und Milch- zahn-Endos habe ich nicht gezählt. Einige Male habe ich die Milch- zahn-Endo mit Ca(OH)2 versucht. Die folgende Schmerzquote war mir aber zu hoch. Nach einer N2-VitE gab es jedoch nie Schmer- zen, wenn nicht überfüllt wurde – ebenso wenig nach Milchzahn- Endos. Wie kam es zu Ihrem Kontakt mit Dr.Sargenti? 1990 bat mich Dr. Sargenti aus gesundheitlichen Gründen um Unterstützung bei der Präsenta- tion der N2-Methode im deut- schen Sprachraum. Nach einer Einarbeitungszeit und der Vorlage von zig Behandlungsfällen bei der American Endodontic Society (Standespolitischer Zusammen- schluss der N2-Anwender in den USA), schickte mich Dr. Sargenti in die USA zu einer AES-Session, auf derichdie„Fellowship“erhielt. Ein Jahr später wurde ich mit der „Mastership“ bedacht. Wenn ich eingangs von mehr als 16.000 Fällen gesprochen habe, heißt das nicht, dass alle einem guten Qualitätsstandard entspro- chenhätten.BeiderMolaren-WKB lag manches im Argen. Allerdings haben wir bis Mitte 1985 nachVitE nur im Ausnahmefall eine Rönt- genkontrolle unmittelbar nach der WF vorgenommen. Wir wussten also nicht, was wir taten. Jahre später waren dann auch häufiger Misserfolge dank mangelhafter WF-Qualität zu erkennen. Waren VitE’s stärker überfüllt, habe ich sofort prophylaktisch eine Schrö- der-Lüftung (artifizielle Fistula- tion) angeschlossen. Gangränöse Zähne habe ich in den weitaus meisten Fällen ebenfalls in einer Sitzung abgeschlossen, indem ich die Sitzung beendete bei zu kurzer WF mit WSR, die anderen Zähne miteinemLüftungseingriff (Trep2) nach Aufklappung. Ob WSR oder Trep2 nach or- thograder N2-WF – der Eingriff muss zügig durchgeführt werden. Es gibt dann hinterher keine Pro- bleme. Akute Exazerbationen in zeitlichem Zusammenhang mit der WF haben nach WSR/Trep2 Sel- tenheitswert – gemäß einer in Vor- bereitung befindlichen Studie nach mehr als 400 Trep2-Fällen 16 Mal, nach über 700 WSR-Fällen nur zwei Mal. Zahlen, die unabhängig sind von späteren Misserfolgen. Selten habe ich eine„Via falsa“ mit PerforationundN2-Austrittinden Os ebenfalls erfolgreich mittels Fistulation behandelt. Grundsätzlich spreche ich die Perforationsstelle als ein artifi- zielles Foramen an, ein Foramen, welches da nicht hingehört. In wenigen Fällen habe ich bei gangränösen Zähnen Diaket als WF-Mittel mit folgender Fistula- tion ausprobiert. Das Verfahren funktionierte auch mit Diaket. An Diaket störte mich allerdings, dass es nicht so schön vom Len- tulo läuft wie N2. Es härtet aller- dings genauso schnell aus wie N2. Eine etwaige WSR/Trep2 habe ich ca. 20 Minuten nach WF an- geschlossen. Mir bekannte Chi- rurgen verwenden ebenfalls N2 oder Diaket. Was beinhaltet die N2-Methode? • Keine Kanalspülungen • Verwendung nur des Reamers als WK-Instrument • Kofferdam nur bei manuellen Manipulationen aus Sicherheits- gründen • Verwendung des stark antimikro- biell wirksamen N2 alsWF-Mittel (im Pulver mit EU-Zulassung 6/1998fünf ProzentFormaldehyd als„medical device“) • WKB in einer Sitzung wird ange- strebt (bei VitE kein Problem; bei avitalen Zähnen mit Zurückhal- tung–beiLetzteremauf jedenFall in gleicher Sitzung vollständige WK. Alternativ in einer Sitzung mit Abschluss Schröder-Lüftung. Die Schröder-Lüftung umfasst nach Sargenti ein breiteres An- wendungsspektrum: Prophylaxe von Schmerzen bei der WKB von avitalen Zähnen in einer Sitzung und nach Überfüllung einer VitE – ansonsten aber auch zur The- rapie von Schmerzen) • Nach Dr. Sargenti ist eine Point- verdichtung der WF nicht nötig. Die WF sieht dann aber auf der Röntgenaufnahme besser aus. WiestehenSiezumvieldiskutier- ten Inhaltsstoff Formaldehyd? Laut Literatur findet eine syste- mische Verbreitung im Körper statt? Darauf kann es nur eine ambi- valente Antwort geben. Durch die Literatur geistert hierzu die Studie von R. M. Block, die Hunde als Versuchsobjekte zum Gegenstand hatte. Es ist vorweg zu bemerken, dassTierversuchewegendesunter- schiedlichen Metabolismus nicht ohne Weiteres auf Menschen über- tragbar sind. So hat Formaldehyd bei verschiedenen Tiergattungen eine unterschiedliche Halbwerts- zeit. Beim Menschen beträgt die Halbwertszeit des Formaldehyds eine bis eineinhalb Minuten. In einem N2-Verfahren in den USA sagte der Toxikologe Dr. Jeffrey A. Brent aus, dass die Ergebnisse der Block-Studie falsch interpretiert worden seien. Wegen der kurzen Halbwertszeit sei Formaldehyd nicht mehr am Marker C14 gebun- den gewesen. Richtigerweise habe man die systemische Verteilung von C14 in den Organen nachge- wiesen,nicht jedoch Formaldehyd. An dieser Stelle möchte ich auch Laborversuche (in vitro) kritisie- ren. Eine Übertragung solcher Er- gebnisse ist mit Skepsis zu betrach- ten, da die Enzyme des lebenden Organismus fehlen. Kam es in Ihrer Praxis je zu Un- verträglichkeiten mit oder ohne allergische Reaktionen auf N2? Eine allergische Reaktion, ob sofort oder mit zeitlicher Verzöge- rung,habe ich nie gesehen,obwohl ich meines Wissens fünf Form- aldeyd-Allergiker mit N2-WFs in meiner Klientel hatte. Mit Sicher- heit dürfte die (nicht getestete) Dunkelziffer erheblich höher ge- wesen sein. Aus der Literatur geht hervor, dass Allergien auf Dental- materialien extrem selten sind. Hinzu kommt, dass selbstgemel- dete Fälle nicht unbedingt einer wissenschaftlichen Nachprüfung standhalten. Es gibt viele kritische Stimmen zu N2. Wie stehen Sie diesen ge- genüber, und was würden Sie den Kritikern entgegnen? Die Gegenfrage muss erlaubt sein, ob sich der betreffende Nach- frager auf die Literatur bezieht oder ob er selbst praktische Erfah- rungen gesammelt hat.Eine Hand- voll Fälle genügen da aber nicht. Was die Literatur angeht, so sollte man wissen, dass es auch einen sogenannten „Publikations-Bias“ gibt, d.h., dass unliebsame Er- gebnisse erst gar nicht publiziert werden. WasglaubenSie,istderGrundda- für, dass N2 in anderen Ländern eine akzeptierte Methode ist? Trotz Bedenken vieler Lehr- stühle ist N2 in der EU zugelas- sen. Selbst in Schweden wird die Methode seit 2011 wieder akzep- tiert – aufgrund dessen, dass die etablierte Endo sich in manchen Publikationen nicht überzeugend darstellen konnte – insbesondere nicht belegen, dass neuere Me- thoden bessere Ergebnisse liefern. Dr. David Figdor gab im Oral Sur- gery,OralMedicine,OralPathology 2002; 94(6): 651–652 zu Protokoll, dass die Endodontie in den letzten 100 Jahren nur sehr bescheidene Fortschritte gemacht habe. Hierzu passt auch das Statement von Y.-L. Ng et al. in Int Endot J 2008; 41:6–31„Outcome of primary root canal treatment: systematic review of literature – Part 2. Influence of clinical factors“. Die dentale Tech- nologie sei in den letzten 40 bis 50Jahrenstarkfortgeschritten,was eine erhöhte Erfolgswahrschein- lichkeit habe erwarten lassen. Die Nicht-Erhöhung der Erfolge werde jedoch von den Endodontisten mit der Begründung bestritten, dass jetzt auch riskantere Fälle endo- dontisch behandelt würden. Gibt es aus Ihrer Sicht Indizien für Kanzerogenität und Mutage- nität? Eine Mutagenität und Terato- genität ließ sich bisher nicht nach- weisen. Formaldehyd wurde aller- dings vor einigen Jahren als hu- manes Kanzerogen eingestuft, und zwar für einen Pharyngealtumor nach Verabreichung hoher Dosen. Es gilt also auch hier: Die Dosis machtdasGift.Nachwievorbehält die Stellungnahme der Bundes- ärztekammer zu Formaldeyd (Dt. Ärzteblatt 1987;84,Heft 45:B 2107 – B2112) seine Gültigkeit, dass Voraussetzung für eine Kanzero- genität die Überschreitung eines Schwellenwertes sei. Wie ist Ihre Erfahrung mit histo- logischen Untersuchungen und deren Ausheilung? Man müßte verblindete Ver- gleichsstudien anstellen, die es meines Wissens nicht gibt. In der Histologie sind Versuchsanord- nungen, Art der Schnitte, Defini- tion von Normalem und Aber- rationen von Bedeutung – laut Dr. Ingrid Brynolf sind nur sieben Prozent der histologisch unter- suchten Endozähne entzündungs- frei. Und jeder Kollege hat die Erfahrung mit falsch-negativ und falsch-positivbefundetenRöntgen- aufnahmen gemacht, abgesehen davon, dass eine Röntgenbefun- dung der identischen Aufnahme im Abstand von einigen Mona- ten häufig eine unterschiedliche Diagnose bringt. Was ist Ihre Meinung zu mehr- fach beschriebenen Parästhesien oder Dysästhesien nach N2-An- wendungen? Darüber habe ich in Endodon- tie 4/1999: 323 – 336: „Schädigung des N. alveolaris inferior durch überfülltes Wurzelkanalfüllmate- rial“ geschrieben. Ich konnte mich darin auf einen ähnlichen Artikel von Prof. Dr. Cengiz Kockapan stützen, der sagt, dass die häu- fig berichteten Nervschädigungen durch N2 nicht auf die physikali- schen Eigenschaften des Materials zurückzuführen seien,sondern auf dessen weitverbreitete Anwen- dung. Publikationen über solche Ereignisse erscheinen natürlich erst mit einigen Jahren Verzöge- rung. Leider ist die N2-Anwen- dung seit Jahren stark rückläufig, was nicht nur den Statements der Lehrstühle zu verdanken ist, son- dernauchdemvielfältigenAngebot neuer Materialien. Jede angebo- tene Technik und jedes beworbe- ne Wurzelkanalfüllmaterial erhebt den Anspruch, im Interesse des Patienten und des Behandlers ein überlegenesVerfahren resp. ein überlegenes Material auf dem Ge- sundheitsmarkt zu sein. Will man es dem Kollegen verdenken, dass er da zugreift? Haben Sie auftretende Knochen- und Gingivanekrosen nach der Anwendung von N2 feststellen können? Ein einziges Mal eine Gingiva- nekrose,nachdem ich denVorschlag Dr. Sargentis befolgt hatte, bei einem akuten Tascheninfekt einen mit N2 versehenen Tamponade- streifen in die Zahnfleischtasche zu schieben. Herr Dr. Teeuwen,vielen Dank für das Gespräch. ET State of the Art ENDOTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2013 · 6. November 201318 Á Fortsetzung von Seite 17 Dr.med.dent.RobertTeeuwen Berliner Ring 98 52511Geilenkirchen Deutschland Tel.: +49 2451 8098 Fax: +49 2451 3088 Infos zum Autor Kontakt Abb. 5: Röntgenkontrolle am 28.4.1995. – Abb. 6: Röntgenkontrolle am 11.8.2004 (OPG-Ausschnitt). Letzte klinische Kontrolle 10.9.2007 (NB 17,27,28 N2-VitA 28.4.1995, 2007 noch in situ wie 16). – Abb. 7: Zahn 43 mit unvollständiger WF und apikaler Läsion. – Abb. 8: Revision (N2-WF). In gleicher Sitzung Permatex-Anker mit N2 eingegliedert. Zahnaufbau mittels Frasaco- Stipkrone. – Abb. 9: Röntgenkontrolle 19 Monate später o.B., Krone erst 12 Jahre post Revision. – Abb. 10: N2 von Dr. Sargenti. 5 6 7 8 109