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Dental Tribune Swiss Edition

Practice DENTALTRIBUNE Swiss Edition · Nr. 6/2013 · 5. Juni 201312 Hybrid–dasklingtnachneuenTech- nologien in der automobilen An- triebstechnik. Der Begriff bedeutet laut Duden „Mischung; Kreuzung, Mischform“ und hat griechische Wurzeln. Die generelle Besonderheit liegtdarin,dassdiezusammengefüg- ten Elemente für sich schon Lösun- gen darstellen, durch das Zu- sammenbringen aber neue er- wünschte Eigenschaften entstehen können.VondentalenRestaurations- werkstoffen haben wir gelernt, dass besonders Silikatkeramik schmelz- ähnliche Eigenschaften und somit eine natürliche Ästhetik bietet. Poly- mere kennen wir aus der Füllungs- therapie (Komposit), die sich mit glaskeramischen Füllkörpern zur Versorgung von mehrflächigen Ka- vitäten qualifiziert haben. Keramik und Kunststoffe haben ihre festen Einsatzgebiete, besitzen jedoch unterschiedlicheEigenschaften.Aber – zurück zum Hybrid – können sie auch zusammengehen,eine Synergie bilden? Auf der Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Computerge- stützte Zahnheilkunde (DGCZ) er- innerte Prof. Dr. Werner Mörmann, Zürich, dass die vollkeramische Be- handlung mit Digitaleinsatz zu einer weltweit akzeptierten Therapielö- sung geworden ist. Neben den be- währtenSilikat-undOxidkeramiken für die konservierende und protheti- sche Versorgung positioniert sich neuerdings die Hybridkeramik, die den ästhetischen und biokompati- blen Nutzen der Silikatkeramik mit den elastischen Eigenschaften des Kunststoffsverbindet.DieHybridke- ramik, z.B.VITA Enamic, basiert auf einer dualen Keramik-Polymer- Netzwerkstruktur. Der Keramikan- teil besteht zu 86 Prozent aus einem gitterähnlichen, dreidimensionalen Gerüst aus Feldspatkeramik. In die offene Keramikstruktur sind werk- seitig 14 Prozent Polymeranteil ein- gebracht, der mit der Keramik einen adhäsiven, interpenetrierenden Ver- bund bildet. Mit einem Elastizitäts- modul von 30 Gigapascal (GPa) be- sitzt der Werkstoff jene Elastizität, die zwischen Schmelz und Dentin liegt. Die Biegebruchfestigkeit be- trägt144Megapascal(MPa).Deshalb ist diese „elastische Keramik“ in der Lage, hohe Kaukräfte zu kompensie- ren, ohne Frakturen auszulösen. Der Werkstoff kann mit dünnen Wand- stärken ausgeschliffen werden – Res- taurationsränder bis zu 0,3mm bei hoher Kantenstabilität. Der weitere „zahnschonende“ Nutzen besteht darin, dass die hy- bridkeramische Restauration, z.B. ein Inlay oder Onlay, langfristig in situ eine schmelzähnliche Abrasion zeigt. Die Attrition der Okklusalflä- che verläuft„parallel“ mit der natür- lichen Zahnhartsubstanz. Höhenunterschiede durch Kan- ten,wie sie bei der abrasionsresisten- ten Keramik entstehen können und in vier- bis fünfjährigen Intervallen ein intraorales „Schleif-Polieren“ er- fordert,treten nicht auf.Die Hybrid- keramik eignet sich auch für mini- malinvasive Vollveneers sowie für Frontzahnkronen (Abb. 1–8); die äs- thetischen Eigenschaften sind auf- grund des warmen Farbtons ausge- zeichnet; Individualisierung mit Malfarben ist möglich. Vor der Befestigung sind Rück- stände (Schleif- und Schmierflüssig- keit)durchAbspülenoderUltraschall vonderHybridkeramikzuentfernen. Als Grundlage für die Retention eig- net sich das Aufrauen mit Diamant- schleifer, Abstrahlen mit Al2O3-Korn (max.50μm,Strahldruckbis1,0bar). Anschliessend erfolgt das extraorale Ätzen mit 5 Prozent Flusssäure-Gel (HF,Dauer 60 Sek.). Die Säurerückstände werden mit Spray oder Dampfstrahler, alternativ im fettfreien Ultraschallbad (Aqua dest) entfernt. Zur Individualisie- rung der Oberflächen eignen sich lichthärtende, methaacrylatbasierte Komposite mit niedriger Viskosität (z.B. Tetric EvoFlow, Ivoclar Viva- dent; Filtek Supreme XTE Flowable, 3M ESPE; Clearfill Majesty Flow, Kuraray), zusammen mit geeigneten Haftvermittlern zur Konditionie- rung. Ferner können auch Verblend- komposite extraoral aufgetragen werden (z.B.VITAVM LC). Bei der Eingliederung des Ve- neers (klinischer Fall Devigus) kam angewärmtes, lichthärtendes Kom- posit (Z250, 3M ESPE) und Syntac Classic (Ivoclar) zum Einsatz, für die Krone dualhärtendes Komposit (Multilink). Die Oberflächen wur- den mit Feinkorn-Diamant, Polier- scheiben(Soflex)undGummipolier- körpern (Enamic) bearbeitet. In Abrasionstests zeigte die Hy- bridkeramik einen „physiologi- schen“ Substanzverlust auf der Res- tauration sowie eine geringe Attri- tionswirkung auf dem Zahnschmelz des Antagonisten. Kausimulationen in Zürich zeigten nach 1,2 Millionen Zyklen Attritionsverluste von 46μm auf der restaurierten Okklusionsflä- che und 27μm am Antagonisten. Im Zahnbürsten-Abrasionstest blieben Politur und Glanz sehr gut erhalten. Die Hybridkeramik zeichnet sich ne- ben der Elastizität und der geringen Attrition der Zahnhartsubstanz durch die kürzeste Verarbeitungszeit aller untersuchten Materialien in der MCXL-Schleifeinheit (CEREC) aus. In diesem Zusammenhang ging Mörmannauf Attritionsverlustever- schiedener Restaurationswerkstoffe ein. Als physiologischen Substanz- abtrag in „Two-Body Wear“-Kausi- mulationen wurden auf Proben aus exzidiertem Molaren-Zahnschmelz 42μmundauf demZahnschmelzdes Antagonisten-Höckers54μmAbtrag festgestellt. Bei Hybridkeramik- und Nanokomposit-Proben betrug die Attrition48μmundaufdemAntago- nistenschmelz25–30μm(VITAEna- mic, LAVA Ultimate). Aufgrund der höheren Härte zeigen Silikatkerami- ken im Kaukontakt geringere Abra- sionswerte (Feldspat 24μm, Lithi- umdisilikat 33μm). Dafür ist der Abtrag auf dem Antagonistenhöcker höher (Feldspat 38μm, Lithiumdisi- likat 62μm). Nanokomposit widersteht hohen Kaubelastungen Den Vorteil der elastischen Eigenschaften nutzt auch das Nano- komposit, vom Hersteller „Nano- keramik“ genannt (Paradigm, LAVA Ultimate, 3M ESPE). Diese Produkte enthalten neben Siliziumoxidfüller (Korngrösse 20 Nanometer [nm]) auch Zirkonoxid-Feinstpartikel (4– 11nm) in einer Polymermatrix. Der Unterschied zu einem Komposit liegt in der Verwendung der Nanotechno- logie.DiekeramischenFüllkörperbe- stehen aus monodispersen, nicht ag- gregierten und nicht agglomerierten NanopartikelnsowieausNanocluster aus Zirkoniumdioxid-Siliziumoxid. Die Polymermatrix ist abrasionsbe- ständiger als herkömmlicher Kunst- stoff. Dadurch hat der Werkstoff eine höhere Festigkeit, ist weniger ver- schleissanfällig und gut polierbar. Prof.DennisJ.Fasbinder,Univer- sität of Michigan, Ann Arbor, USA, berichtete von seinen langjährigen Erfahrungen mit dem subtraktiv schleifbaren Nanokompositen. Na- nokomposit ist nicht HF-ätzbar, Re- tentionsflächen müssen sandge- strahlt(Al2O3 50μm,2barDruck),die Restauration silanisiert und adhäsiv befestigt werden. Für die Politur be- nutzt Fasbinder Baumwollscheiben, durchsetzt mit feinkörnigem Alumi- niumoxid (Abb. 9). In-vitro-Ergeb- nissebeiBelastungbiszumBruchbe- legen, dass dieser bei Nanokomposit imVergleichzuKeramikzeitverzögert eintritt. Eine zehnjährige In-vivo- Studie, die auch Feldspatinlays ent- hielt (VITA Mark II), zeigte keine Unterschiede in der klinischen Per- formance. Postoperative Sensibilisie- rungen wurden nicht beobachtet. Als Indikationen für Nanokom- posit empfehlen sich laut Fasbinder Inlays,Onlays,Endo-InlayundEndo- Kronen mit zirkulärer Hohlkehlfas- sung der Restzahnsubstanz (Circum- ferential ferrule design). Adhäsiv be- festigte Lava Ultimate Nanokompo- sit-Inlays und -Kronen wurden mit Silikatkeramik-Restaurationen (Em- pressCAD)verglichen.BeideSysteme zeigten sich nach einem Jahr klinisch unauffällig. Im Zahnbürsten-Abra- sionstest erfuhr das Nanokomposit einen stärkeren Abtrag als die Silikat- keramik. Bei In-vitro-Versuchen zeigte sich, dass Lava Ultimate unter hoher Belastung mehr Stress ohne Fraktur absorbieren kann als Silikat- und Lithiumdisilikat-Keramik. Dies qualifiziert das Nanokomposit laut Fasbinderbesondersfürimplantatge- tragene Kronen. Diese Suprastruktu- ren zeigten, wenn aus Silikatkeramik gefertigt,bishereineNeigungzuFrak- turen unter Kaudruckbelastung,aus- gelöst durch die geringe Eigenbeweg- lichkeit und die verminderte Takti- lität der osseointegrierten Implantat- pfeiler. Abschliessend kann resümiert werden, dass Hybridkeramik und „Nanokeramik“ in der restaurativen Zahnversorgung dieVorteile von Ke- ramik und Kunststoff verbinden und zusätzlich einen weiteren Nutzen schaffen.Die langfristige Bewährung ist durch klinische Langzeitstudien noch zu erbringen. DT Verbundsystem aus Keramik und Polymer bietet neue Optionen Hybridkeramik widersteht hohen Kaubelastungen. Von Dr. med. dent. Alessando Devigus, Bülach (Schweiz) in Zusammenarbeit mit Manfred Kern, Wiesbaden (Deutschland). Abb.5: Präparation für einVeneer Zahn 11 und fürVollkrone Zahn 21.Aufgrund der schwierigen Bissverhältnisse (Angulation,Bruxismus) ist Hybridkeramik als Restaurationswerkstoff (VITA Enamic) geplant.–Abb.6: Einzeich- nen der Präparationsgrenzen im virtuellen Modell.–Abb.7: Konstruktion vonVeneer und Krone.–Abb.8: Konstruktionsvorschlag von bukkal.Die Zahnformen werden harmonisch angeglichen.(Quelle: Devigus) 5 6 7 8 Abb.9: Hochglanzpolierte Krone aus Nanokomposit.(Quelle: 3M ESPE) Dr.med.dent.AlessandoDevigus Gartematt 7 8180 Buelach,Schweiz Tel.: +41 44 886 30 44 devigus@dentist.ch Infos zum Autor Kontakt Klinische Fälle Frontzahn-Veneers und Vollkrone aus Hybridkeramik Abb.1:Ausgangssituation für Bisserhöhung und Schliessen eines Diastemas mit Hy- bridkeramik (VITA Enamic). Abb.2: MinimalinvasiveVoll-Veneers Regio 13–23 nach der Eingliederung.(Quelle: Kurbad) Abb.3:ApproximaleKariesundFrakturamZahn11,insuffizienteVMK-KroneRegio21. Abb.4: Ergebnis der Restauration mit individualisierterTextur.Das Diastema wurde geschlossen.Die Hybridkeramik hat eine natürlicheTransluzenz (Quelle: Devigus) 1 2 3 4