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Dental Tribune German Edition

Vor mittlerweile über zehn Jahren wurde erstmalig in dem Lehrbuch Oral and Maxillofacial Pathology, A Rationale for Diagnosis and Treatment über das Auftreten von Osteonekrosen der Kiefer unter Bisphosphonattherapie berichtet.1 Im September 2003 folgte eine erste Serie mit 36 Fällen im Journal of Oral and Maxillofacial Surgery,2 nachdem dieser Artikel zunächst an anderer Stelle abgelehnt wurde, da ein solcher Zusammenhang un- möglich sei und es sich bei dem be- schriebenen Bild um keine eigene Krankheitsentität handele. Nach Erscheinen sorgte der Artikel für Aufsehen, und neben einer Gegen- darstellung, die beschrieb, wie unwahrscheinlich ein derartiger Zusammenhang sei3, erschienen kurz darauf weitere zum Teil auch größere Fallserien.4–6 Mittlerweile ist die Bisphos- phonat-assoziierte Osteonekrose der Kiefer eine anerkannte Krank- heitsentität, zu der viel geforscht und publiziert wird. Seit dem Jahr 2006 erscheinen mehr als 100 Ar- tikel jährlich bei zunehmendem Trend in unterschiedlichsten wis- senschaftlichen Zeitschriften, die meist ihren Fokus im zahnärztlich- chirurgischen oder onkologischen Bereich haben.7 Bisphosphonate werden bei benignen Knochenstoffwechsel- störungen, dem multiplen Mye- lom und ossären Metastasen soli- der Tumore verabreicht. Alleine in Deutschland leiden zwischen 8und10MillionenMenschenunter Osteoporose, und jährlich werden je etwa 60.000 Neuerkrankungen für das Brust- und das Prostata- karzinom gemeldet.8 Von den vielen unterschied- lichen Definitionen hat sich die der American Association of Oral and Maxillofacial Surgeons (AAOMS) durchgesetzt. Diese beschreibt die BP-ONJreinklinischalseineenoral freiliegende Knochennekrose, die über einen Zeitraum von mindes- tens acht Wochen bestehen muss, bei vorausgegangener oder aktu- eller Bisphosphonatmedikation, ohne dass eine Kopf-Hals-Radiatio hat vorliegen dürfen.9 Aber schon hier gibt es Kritikpunkte, ob eine Radiatio eine BP-ONJ ausschließt oder hier nicht vielmehr eine be- sondere Risikokonstellation vor- liegt10, zumal auch histologisch Unterschiede zwischen der Osteo- radionekrose und der BP-ONJ be- stehen können.11 Ebenfalls nach der AAOMS wird die BP-ONJ in unterschiedli- che Stadien eingeteilt (Abb. 1–3). Neben der prinzipiell mit einem Risiko behafteten Gruppe von Patienten, die Bisphosphonate zu sich nehmen, beschreibt das Sta- dium 0 Patienten mit Bestehen von nichtspezifischen Symptomen, ohne dass klinisch eine Nekrose verifiziert werden kann. Im Sta- dium I liegt symptomlos enoral nekrotischer Knochen vor, der im Stadium II mit Schmerzen und entzündlichen Veränderungen zu- sätzlich symptomatisch wird. Im Stadium III gibt es zusätzliche Komplikationen wie ausgedehnte Osteolysen, eine Beteiligung der Kieferhöhlen, pathologische Frak- turen oder auch Fistelungen nach extraoral.9 Entstehung der BP-ONJ In der Entstehung der BP-ONJ werden unterschiedliche Patho- logien diskutiert.12 Am häufigsten wird das reduzierte Bone Remodel- ling beschrieben. Durch die Hem- mung der Farnesyldiphosphatase werden Osteoklasten geblockt, so- dass hier auf der Basis des fehlen- den Knochenabbaus dieser nicht durch neuen ersetzt wird. Interes- sant ist aber auch der Effekt auf die Osteoblasten, d.h. die knochen- aufbauenden Zellen, die in höhe- ren Dosierungen ebenfalls ge- hemmt werden.13 Durch den nega- tiven Einfluss der Bisphosphonate auf Gefäßzellen und Gefäßstamm- zellen wird die Entstehung avasku- lärer Nekrosen erklärt.13, 14 Die den Knochen bedeckenden Weichge- webe werden zusätzlich affektiert, wodurch die nicht heilende weich- gewebliche Wunde erklärt wird.13, 15 Durch das häufige Vorliegen von Bakterien im Bereich der Nekrosen wird auch diesen eine Rolle in der Entstehung der BP-ONJ einge- räumt. Hinzu kommen noch wei- tere,wenigeroftdiskutierteRisiko- faktoren.12 Interessant ist, dass auch an- dereMedikamente,dieimRahmen der Malignom- oder Osteoporose- therapie Einsatz finden, eine der Bisphosphonat-assoziiertenOsteo- nekrose ähnliche Erkrankung her- vorrufen.Osteoblasten und Osteo- klasten sind die den Knochen um- bauenden Zellen und stehen über unterschiedliche Signalmoleküle miteinander in Verbindung. Die Osteoblasten produzieren u.a. ein Protein namens RANKL, das nach Bindung auf dem zuständigen Re- zeptor auf dem Osteoklasten den Osteoklasten aktiviert, sodass Kno- chen resorbiert wird. Ein rekom- binanter Antikörper, das Denosu- mab wird eingesetzt und fängt das Signalmolekül RANKL ab, sodass dieses die Osteoklasten nicht mehr aktivieren kann. Auch unter dieser Medikation sind Osteonekrosen beschrieben worden.16 Bevazicumab ist ein Antikör- per gegen VEGF (Vascular Endo- thelial Growth Factor), einem Sig- nalmolekül, das für die Bildung neuer Blutgefäße essenziell ist, was man sich in der onkologischen Therapie zunutze macht. Auch der Knochen ist von vielen kleinen Blutgefäßen durchzogen, die die unterschiedlichen zum Teil in den Knochen eingebauten Osteozyten ernähren. Auch unter Einsatz von Bevazicumab sind Osteonekrosen beschriebenworden.17 Einweiterer therapeutisch eingesetzter Anti- International Science DENTALTRIBUNE German Edition · Nr. 4/2013 · 3. April 20134 DieBisphosphonat-assoziierteOsteonekrosederKiefer Seit 2006 wird in der Literatur vermehrt über die Bisphosphonat-assoziierte Osteonekrose der Kiefer (BP-ONJ) berichtet. Zunehmend erreicht diese Problematik nun auch die breite Öffentlichkeit. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Wissensstand dieser Erkrankung und erläutert Diagnostik, Therapie und Prävention in der zahnärztlichen Praxis. Von Priv.-Doz. Dr. Dr. Christian Walter und Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Mainz. ➟ ANZEIGE 1 2 Abb. 1: BP-ONJ Stadium I. – Abb. 2: BP-ONJ Stadium II. – Abb. 3: BP-ONJ Stadium III. – Abb. 4: Panoramaschichtaufnahme einer Patientin mit einer monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz, die bereits seit mehreren Jahren mittels Bisphosphonaten behandelt wird. In der Panoramaschichtaufnahme erkennt man bisphosphonattypische Veränderungen, wie eine honigwabenartige veränderte Struktur der Spongiosa mit Skleroseerscheinungen. Besonders imposant ist die verdickte Lamina dura besonders im Unterkiefer. 3 4