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Dental Tribune Austrian Edition

Seit der Identifikation des Krank- heitsbildes AIDS und der Isolation der verursachenden Retrovirus-HIV sind nunmehr drei Jahrzehnte ver- gangen. Nach wie vor ist trotz inten- siver Bemühungen eine Heilung der Erkrankung nicht möglich und auch eine prophylaktische Schutzimpfung derzeit nicht realisierbar. Dennoch konnte die medizinische Forschung unvergleichliche Erfolge erzielen. Mittlerweile kann die (untherapiert meist letal verlaufende) Entwicklung der Immunsuppression zu AIDS dank der zur Verfügung stehenden Therapie derart gehemmt werden, dass HIV als lebenslange chronische Erkrankung bezeichnet werden kann. Das bedeutet dementspre- chend, dass HIV-positive Menschen analog zur Gesamtbevölkerung ihr Leben lang die medizinischen Leis- tungen aller Experten für ihre indi- viduelle Gesundheit in Anspruch nehmen werden, und ihnen diese Leistungen auch bedingungslos und unabhängig von der Infektion zur Verfügung stehen müssen. Beziehung zwischen Patienten/-innen & Ärzten/-innen Trotz der heutigen medizini- schen Situation ergibt sich manch- mal ein belastendes Spannungsfeld zwischen Patienten und Ärzten, wel- ches auf mehrere Umstände zurück- zuführen ist: Trotz der enormen Erfolge auf medizinischer Ebene ist das Leben HIV-positiverMenschenmassivvom Umgang der Gesellschaft mit der Erkrankung beeinträchtigt, welcher nach wie vor durch Ängste,Ausgren- zung und Diskriminierung geprägt ist. Durchlebte negative und stark belastende Erfahrungen in ihrem Le- bensumfeld führen häufig dazu, dass HIV-positive Menschen ihre Infek- tionbewusstverschweigen,umunge- rechtfertigtes und diskriminierendes Verhalten ihnen gegenüber zu mini- mieren. Dies trifft auf das gesamte soziale Umfeld zu, somit sowohl auf Kontakte in privaten und arbeitsbe- zogenen Bereichen als auch auf Mit- arbeiterinmedizinischenundpflege- rischen Bereichen, sofern diese nicht direktindieindividuelleBehandlung der HIV-Infektion involviert sind. Die häufig erlebte Ablehnung HIV-positiver Menschen vonseiten der Gesellschaft beruht einerseits auf manifestierten Vorurteilen gegen- über den Bevölkerungsgruppen, die dem höchsten Risiko einer HIV- Infektion ausgesetzt sind. Die In- fektion wird vorschnell mit gesell- schaftlichen Randgruppen assoziiert und ruft Konflikte mit vermeint- lichen Moralvorstellungen hervor. Andererseits bestehen individuelle Ängste über mögliche Transmis- sionswege und dem eventuellen Ge- fahrenpotenzial für die persönliche Gesundheit. Erfahrungsberichte zeigen, dass auch Experten und Mitarbeiter aus Gesundheitsberufen von der un- sicheren Einschätzung möglicher Transmissionsrisiken nicht ausge- schlossen sind. HIV und Zahnmedizin Unsicherheiten im Umgang mit HIV-positiven Patienten finden sich dementsprechend ebenso im zahn- medizinischen Bereich: bei Ärzten, Praxisangestellten und Besuchern der Praxis. Stellt sich dieses Span- nungsfeld in der zahnmedizinischen Praxis dar, werden leider häufig zwei wesentliche Aspekte übersehen: ZumeinendasäußerstgeringeTrans- missionsrisiko im Bereich der Zahn- medizin und das dementsprechend nichtexistenteGefahrenpotenzialfür die Mitarbeiter und die Patienten der Praxis.EineÜbersichtaus1999doku- mentierteweltweitnur102gesicherte berufsbedingte HIV-Infektionen,da- bei kein einziger Fall aus dem zahn- medizinischen Bereich. Dank konti- nuierlicher Information und seither nochmals weitaus verbesserten The- rapieoptionenundTherapieerfolgen, ist ein übermäßiger Anstieg dieser Zahlen unwahrscheinlich. Zum anderen wird häufig die durchaus relevante Rolle, die Zahn- mediziner in Bezug auf HIV/AIDS zukommt, unterschätzt. Seit dem Bekanntwerden von HIV und AIDS werdenoraleErkrankungenbeiHIV- positiven Patienten beschrieben.Kli- nisch sind sie häufig erste Anzeichen für AIDS und dürfen daher nicht unterschätzt werden. Studien geben eine signifikant geringere mund- gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Menschen mit HIV/AIDS an. Transmission in der zahnmedizinischen Praxis Prinzipiell erfolgt die HIV- Transmission ausschließlich durch direkten Blutkontakt, ungeschützten Geschlechtsverkehrodervertikalvon Mutter zu Kind. Für die Manifestie- rung einer Infektion ist frisches vira- les Material in ausreichender Kon- zentration notwendig. Nach anfäng- licher und verständlicher Unsicher- heit über die Transmissionsrisiken in der Zahnarztpraxis, stellen sich diese konkretundzeitgemäßbetrachtetals nahezu ausschließbar dar. Berechnungen aus dem Jahr 1992 gehen von einer Infektionswahr- scheinlichkeit im Zuge zahnmedizi- nischer chirurgischer Eingriffe von 1:416.000 bis 1:2.600.000 aus.ImVer- gleich lag die Wahrscheinlichkeit bei allgemeinchirurgischen Eingriffen bei 1:46.000. Führt man sich nun vor Augen, dass diese Schätzungen vor Einführung der Kombinationstherapie gemacht wurden, liegt auf der Hand, dass die Wahrscheinlichkeit seitdem wesentlich gesunken ist. Verursacht wird dieser Effekt durch die unum- strittenen Therapieerfolge, welche die Viruslast der Patienten unter die Nachweisgrenze senken (derzeit etwa 20bis50KopienjeMilliliterBlut). Der direkt proportionale Zu- sammenhang zwischen einer Virus- lastunterderNachweisgrenzeundsig- nifikant reduziertem Transmissions- risiko ist weitgehend durch Studien belegt und unter Experten allgemein anerkannt. (Im Bereich der Übertra- gung auf sexuellem Wege wird das Transmissionsrisiko bei einer Virus- Der HIV-positive Patient in der zahnmedizinischen Praxis Erfahrungsberichte zeigen einen oft fehlenden adäquaten Umgang zwischen Praxisteams zahnmedizinischer Praxen und HIV-positiven Patienten. Information und Kommunikation zum Thema HIV/AIDS ist daher ein notwendiger Schritt hin zur flächendeckenden optimalen Behandlung. Von Mag. rer. nat. Birgit Leichsenring, Wien. International Science DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2012 · 7. November 20124 ➟ Alltagsüblicher Umgang mit HIV- positiven Menschen kann NICHT zu einer Infektion führen. Der Kontakt mit Speichel, Schweiß, Tränen, Harn oder Stuhl ist NICHT gefährlich. HIV kann NICHT als Tröpfcheninfektion, etwa durch Anniesen oder Anhusten, über- tragen werden. HIV kann NICHT als Schmierinfektion über Gegen- stände wie z.B. Mobiliar/Broschü- ren/Geschirr oder die gemeinsame Nutzung von Sanitäranlagen über- tragen werden. ANZEIGE Weltweit leben laut Weltgesund- heitsbehörde etwa 33 Millionen Menschen mit HIV, dem Humanen Immundefizienz Virus. In Öster- reich wird die Anzahl betroffe- ner Personen auf ca. 12.000 ge- schätzt. Davon erhalten 20–25% die Diagnose erst nach jahre- langem Unwissen über die Erkran- kung und mit weit fortgeschritte- ner Infektion und Immunsuppre- mierung (late presenter; CD4 < 350/µl).