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Dental Tribune Austrian Edition

TRIEST – Ein internationales Wis- senschaftsteam durchleuchtete einen ca. 6.500 Jahre alten menschlichen UnterkieferzahnundfanddabeiSpuren einer Bienenwachsfüllung. Die For- schungsstudien unter der Führung von Federico Bernardini vom Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics (ICTP) in Triest wurden u.a. gemeinsam mit Wissenschaftern der Universität von Triest, der Universität „La Sapienza“, Rom, des Zentrums für archäologischeWissenschaften,Univer- sität Wollongong, Australien, der Uni- versität von Neapel und des Museums für Naturgeschichte, Triest, durchge- führt.Wann genau gefüllt wurde, erga- bendieRadiokarbondatierungennicht eindeutig. Wurde die Zahnfüllung be- reits vor dem Tod des Menschen vorge- nommen, könnte der Eingriff den Zweckgehabthaben,denvertikalenRiss imZahnzufüllenunddabeiSchmerzen zulindern. „DieseEntdeckungistvielleichtdas älteste Beweisstück für vorgeschicht- liche Zahnmedizin in Europa und das früheste bekannte Beispiel für eine therapeutisch-schmerzlindernde Zahn- füllung“,soderStudienleiterderUnter- suchungen, Federico Bernardini vom ICTP. Gemeinsam mit Archäologen wurdenDetailsderDiagnoseergebnisse im Onlinemagazin Plos One veröffent- licht. Der fossile Kiefer eines vermutlich 24- bis 30-jährigen Mannes wurde im Kalkspat einer Höhle nahe des Dorfes Lonche südwestlich Sloweniens ent- deckt und war bis jetzt im Museum für Naturgeschichte von Triest ausgestellt. Das Forschungsteam um Bernardini untersuchtedasFüllmaterialdesFund- stücks mit verschiedenen analytischen MethodenwiederMikro-Computerto- mografie oder der Infrarotspektro- skopie.Anhand des Strahlenspektrums erkanntendieForscher,dassessichhier- bei um Bienenwachs handelt. In wei- teren Zähnen des Unterkiefers fanden dieWissenschaftlerkeineFüllungen,ob- wohlauchsiestarkverschlissenwaren. Für die Forscher ist der analysierte Zahn ein interessantes Untersuchungs- objekt, da es als der bisher älteste menschliche Fund aus dem nördlichen Adriagebietgilt.Bishergibtesnurwenig Hinweise, dass Menschen ihre Zahn- schmerzenbereitsinder Steinzeit medizinisch mitKronenoderFüllun- gen behandelten. Der bisher älteste Fund geht indieZeitvorüber9.000 Jahrenv.Chr.zurück.Im GräberfeldvonMehrgarhinBelutschis- tan hatte ein internationales Team um Roberto Macchiarelli von der französi- schenUniversitätPoitiersBackenzähne mit eindeutigen Bohrlöchern gefun- den. Doch Belege für therapeutische Zahnbehandlungen gibt es erst aus jüngster Zeit. So berichten alte ägyp- tische Schriften von vor 1.600 Jahren v. Chr. über Methoden, bei denen Zähne mit einer Mischung aus Honig und Mineralien wieder angeklebt wurden. „Die Entdeckung von Propoliskügel- chen in den Grabbeigaben des späten Hochpaläolithikums und Mesolithi- kumsimnordöstlichenItalienbezeugen, dass Jäger und Sammler bereits harz- haltige aromatische Bienenprodukte, auch zu therapeutischen Zwecken,ver- wendeten. Bienenprodukte wurden von prähistorischen Gemeinschaften größtenteilszutechnologischen,künst- lerischen und medizinischen Zwecken genutzt,aberhierberichtenwirerstmals von einem möglichen Gebrauch als therapeutisch-schmerzlindernde Zahn- füllung,betontBerdardini. DT FRANKFURT – Ein internationales Forschungsteam um Dr. Virginie Vol- pato aus der Abteilung Paläoanthro- pologie und Messelforschung des Senckenberg Forschungsinstitutes in Frankfurt am Main fand heraus, dass Neandertaler überwiegend Rechtshän- der waren. „Grundlage hierfür war die verstärkteMuskulaturamrechtenArm der Spezies. Wir haben nun erstmals eineumfassendeAnalysederArmeund Schultern durchgeführt und diese mit KratzspurenandenZähnenverglichen“, erklärtVolpato. Zähne als eine Art „dritte Hand“ genutzt Das von den Wissenschaftern untersuchte ca. 75.000 Jahre alte Ske- lett eines etwa zwanzigjährigen, ver- mutlich männlichen Neandertalers wurde 1957 im französischen Le Ré- gourdou entdeckt, nicht weit von der berühmten Höhle von Lascaux. Der Unterkiefer des Neandertalers besitzt sämtliche Zähne, die gut erhalten sind. „Erstaunlich gut“, meint die Frankfur- ter Wirbeltier-Paläontologin.„Bedenkt man, dass Neandertaler ihre Zähne häufig als eine Art ‚dritte Hand‘ nutz- ten, um Werkzeug oder Nahrung zu handhaben.“ Dieser rüde Umgang mit dem Kauwerkzeug führte zu einem Verschleiß der vorderen Zähne und charakteristischen Kratzspuren. „Die Winkel der Spuren zeigen uns, welche HandzumGreifenderNahrungsmittel genutzt wurde“, ergänzt Volpato. Die schrägen Kratzspuren von rechts oben nach links unten überwiegen dabei deutlich.Diesdeutetdaraufhin,dassder untersuchte Neandertaler – wie auch diemeistenseinerVerwand- ten – Rechtshänder war. UnterstütztwirddieseThese durchAnalysenandenArm- undSchulterknochen. Neue Hinweise zur Hirntätigkeit „Die Rechtshändigkeit der fossilen Menschenver- wandten deutet auf ein mo- dernes Muster der linken Gehirnhälfte hin. Aufgrund dieser Dominanz und an- deren Beweismitteln, wie archäologische Funde und DNA-Analysen, gehen wir davon aus, dass Neandertaler die Fähigkeit zur Sprache hatten“, schließt Volpato. Gut möglich, dass die vor rund 30.000 Jah- ren ausgestorbenen Neandertaler sich wie heutige Menschen unterhalten ha- ben,während sie mit der rechten Hand Werkzeugenutzten. Die zugehörige Studie erschien kürzlichimFachjournalPlosOne. Publikation: Volpato V, Macchiarelli R, Guatelli- SteinbergD,FioreI,BondioliLetal.(2012)Handto MouthinaNeandertal: Right-Handedness in Regourdou 1. PLoS ONE 7(8): e43949. doi:10.1371/journal. p o n e . 0 0 4 3 9 4 9 . Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut undNaturmuseum. DT DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2012 · 7. November 2012 International News 3 Zahnanalyseentlarvt NeandertaleralsRechtshänder Wissenschafter untersuchten Zähne und Skelettteile und zogen Rückschlüsse auf die Händig- & Sprechfähigkeit der Urmenschen. Gut erhaltener Unterkiefer des Neandertalers Regourdou 1. (Foto: P. Sémal, Royal Belgian Institute of Natural Sciences Brussels) DieZähnezeigenKratzspuren,dieauf eineRechtshändigkeithinweisen. (Foto: Senckenberg) Älteste Plombe Europas entdeckt? Steinzeitmenschen nutzten vermutlich Bienenwachs als Füllmaterial. Von Jeannette Enders, DT. Die natürliche Krone des jungsteinzeitlichen Eckzahns. Der gepunkteteKreisdeutetdieFlächederBienenwachsfüllungan, die sich im Computertomografen offenbarte. (Foto: Bernar- dini F,Tuniz C,CoppaA,Mancini L,Dreossi D et al.) Federico Bernardini