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Dental Tribune Austrian Edition

Die 66-jährige Patientin in gutem All- gemeinzustand stellte sich nach ergeb- nisloser Konsultation ihres Hausarztes und eines Augenarztes im April 2012 mit einem seit einigen Wochen dauer- hafttränendenlinkenAugeinderPraxis vor.DiePatientinwünschteeineUnter- suchung zur Abklärung einer dentalen Ursache für ihr Beschwerdebild. Nach Aufklärung der Patientin, dass ein Zu- sammenhang zwischen dem Tränen- fluss und einem Zahnproblem sehr unwahrscheinlich sei, wurden die Pa- tientenbefundeaufgenommen.ImFol- genden wird nun über den Zufallsbe- fundanZahn37sowiedessenTherapie referiert. In der allgemeinen Anamnese merkte die Patientin eine allergische Reaktion auf Bienenstiche an, ansons- ten war die Anamnese unauffällig. Die Patientin befand sich in einem guten Allgemeinzustand. Befunde ExtraoralgabeskeineBesonderhei- ten.DerintraoraleBefundließeinkon- servierend und prothetisch versorgtes GebissmitaltersentsprechendemParo- dontalzustanderkennen. DieSensibilitätsprüfungderZähne 21 bis 27 sowie der Zähne 31 bis 36 war positiv. An dem mit Komposit, nicht pulpanah, gefüllten Zahn 37 konnte eine negative Sensibilität festgestellt werden. Im Gegensatz zu den anderen Zähnen wurde an 37 ein dumpfer Per- kussionsschall ausgelöst. Die Patientin hattebisherkeineAufbissprobleme,der Provokationstest an Zahn 37 war nega- tiv,ebenso konnte auf Druck im apika- lenBereichdiesesZahneskeinerhöhtes Schmerzempfinden ausgelöst werden. DieBeweglichkeitdesZahnes37warim VergleichzudenanderenZähnenleicht erhöht und somit als Lockerungsgrad I einzustufen.Bei der Sondierung wurde im distalen Bereich des Zahnes 37 eine Tasche von 10 mm gemessen, alle an- deren Zähne mit maximal bis zu 4 mm Taschentiefe waren unauffällig. Bei der Betrachtung der Gingiva stellte sich im distalenBereichvon37einFistelgangdar (Abb.1),hierkonntePusaustrittprovo- ziert werden. Die radiologische Unter- suchung (Abb. 2–3) zeigte an Zahn 37 einen ausgeprägten Knochenabbau im Bereich der Furkation sowie die Betei- ligung der chronischen apikalen Paro- dontitis mit dem distalen Sulkusbe- reich, der Ähnlichkeit mit einer paro- dontalenTascheerkennenließ. Die spezielle Anamnese von Zahn 37 zeigte folgendenVerlauf:Als sich die Patientin im Dezember 1999 erstmalig inderPraxisuntersuchenließ,hatteder Zahn 37 bereits eine okklusale Amal- gamfüllung.Im Dezember 2007 wurde der partiell retinierte Zahn 38, der ra- diologischeineperikoronaleAufhellung imSinneeinerchronischenPerikoroni- tis aufwies und klinisch derWurzel von 37 sehr nahe lag,osteotomiert (Abb.4). Im Februar 2008 war die Patientin be- schwerdefrei, hatte aber immer noch eineleichteSchwellungimOP-Bereich. Nach Fraktur der alten Amalgamfül- lungwurdedieseimAugust2011durch eine Kompositfüllung ersetzt, hierbei konnte eine Infraktur des Zahnes ge- sehenwerden. Diagnose Die Diagnose für Zahn 37 war eine asymptomatisch, chronisch apikale Parodonitis mit Furkationsbefall und Fistelgang, bedingt durch die Osteo- tomie des Weisheitszahnes mit chroni- scherPerikoronitis. Differenzialdiagnose Vertikale Wurzelfraktur der dista- lenWurzelvonZahn37mitFolgeeiner asymptomatischen Parodonitits api- calis chronica, die vermutlich iatrogen durch die Osteotomie des Weisheits- zahnesausgelöstwurde. Behandlungsplanung NachausführlicherAufklärungder PatientinüberdiemöglichenTherapie- alternativen, wie Extraktion mit an- schließender Implantation zum Ersatz desZahnesundzurAbstützungdesAn- tagonisten, entschied sich die Patientin für den Erhaltungsversuch des Zahnes mit einer endodontischen Therapie und anschließender Überkronung. Über die eher ungünstige Prognose für den langfristigen Erhalt des gesamten Zahnes wurde die Patientin informiert. SolltesichimRahmenderTherapieeine Fraktur der distalen Wurzel bestätigen, wurdehiereineHemisektionderselben angeraten. Therapie Im Juli 2012 wurde mit der Thera- pie des Zahnes 37 begonnen. Nach Durchführung einer Leitungsanästhe- sie wurde der Kofferdam an Zahn 37 angelegt. Mit einem hochtourig einge- setztenDiamantenwurdendieKompo- sitfüllung und das Pulpadach entfernt. DieprimäreZugangskavitätwurdeun- ter Anwendung des LA Axxess Bohrers (SybronEndo) durch Beseitigung aller Unterschnitte sowie Gestaltung eines gradlinigen Zuganges zu den Wurzel- kanaleingängen optimiert, sodass die darauffolgenden Instrumente ohne InterferenzenindieKanäleeingebracht werden konnten. Nach Erstellung der initialen Zugangskavität wurde eine Spülung mit NaOCl-Lösung (5,25 %) zur Reinigung und Desinfektion des Pulpakavumsvorgenommen. Mit K-Feilen (Kerr) der ISO Größe 10, dann ISO 15 als PathFile wurde der Gleitpfad für die drei Wurzelkanäle erstellt. Vor der radiologischen Meß- aufnahme (Abb. 5) wurde eine elektro- metrische Längenbestimmung (I-Pex, NSK) durchgeführt. Die anschließen- de maschinelle Aufbereitung mit den TwistedFiles(TF,SybronEndo,500/min) als multiple File-Technik fand folgen- dermaßen statt. Mit jeder TF wurde nachderCrown-down-TechnikeineSe- quenz von drei Arbeitsschritten jeweils vom koronalen über den mittleren und dannzumapikalenWurzelkanalsystem- bereichvorgenommen.Unterleichtab- und aufwärts bürstenden Bewegungen wurdedieTFpassivvonderfurkations- entferntenSeiteangewandt(Tab.I). Es ist wichtig, dass man die Feile ohne jeglichen Druck in apikale Rich- tung arbeiten lässt. Einem gut erstellten Gleitpfad folgt sie wie auf Schienen. In gut geschulten Händen sind die TFs hocheffiziente Feilen. Allerdings muss man wissen, dass genau in dieser Ef- fizienz auch die mögliche Gefahr der Überinstrumentierung steckt. Wer die TF einsetzt, sollte sich immer darauf einstellen, sie sofort aus dem Kanal zu ziehen,wenn man feststellt,dass sie sich zu sehr „vorarbeitet“. Die einzigartige Herstellungsmethode der TF (R-Phase) verhindert bei korrekter Handhabung einenInstrumentenbruch.Ermüdungs- brüche treten signifikant seltener auf. SelbstinsehrverengenKanälenresultiert bei der TF aufgrund der hohen Torque- werte(36 %mehrTorque)hoheBruch- festigkeit.DurchdieextremeFlexibilität können auch stark gekrümmte Kanäle bisTaper08aufbereitetwerden. Nach jeder Sequenz wurde mit NaOCl-Lösung (5,25 %) das Kanalsys- tem gespült und anschließend Patency mit der PathFile ISO 15 sichergestellt. BeiderSichtkontrollederbeginnenden TFISO25/08wurdenachderAufberei- tungbisauf ArbeitslängeanderInstru- mentenspitzeinkeinemderdreiKanäle Dentinspäne sichergestellt, sodass hier der nächst größere Taper,der TF 25/10, nach oben beschriebenem Prozedere angewandt wurde. Für die mesialen Kanäle war die Aufbereitung mit der TFbisISO25/10abgeschlossen,dahier an der Instrumentenspitze aus der api- kalen Region Dentinabrieb vorhanden war.ImdistalenKanalmusstebiszurTF ISO25/12gearbeitetwerden,umdieses Ergebnis zu erreichen. Anschließend wurde mit 5 ml Zitronensäure (17 %) je Kanal zur Beseitigung des Smearlayer gespült(Abb.6). Vor der medikamentösen Einlage fand eine ultraschallunterstützte Spü- lung (Minimaster, EMS) mit NaOCl- Lösung von dreimal 20 Sekunden je Kanal statt. UltraCal XS (Ca(OH)2, Ultradent Products GmbH) wurde als Medikament in den Zahn eingelegt, darauf ein Schaumstoffpellet mit Cavit (3MEspe),bevordasDentinmiteinem Rosenbohrer angefrischt wurde, zur Vorbereitungdesabschließendendentin- adhäsiven Verschlusses mit Komposit (37,5 %Phosphorsäure;OptiBondSolo Plus,sdsKerr;HerculiteXRV,sdsKerr). Zur optischen Vergrößerung kam au- ßerdemDentalmikroskop(PrimaDNT Balance Labomed) die Orascoptic HiRes Prismenlupenbrille 4,8 mit der Lichtquelle LedIon Smart Ultra 50.000 Lux (SDS Emasdi GmbH) zum Einsatz (Abb.7–8). Epikrise Bei der Betrachtung des Zahnes 37 mit dem Mikroskop konnte keine dis- tale Wurzelfraktur erkannt werden, le- diglich im koronalenAnteil des Zahnes wareineInfrakturersichtlich. Durch die besondere Flexibilität der TF war es möglich, bei der ver- gleichsweiseschnellenAufbereitungdie Anatomie des Zahnes 37 zu erhalten. Der Einsatz der im Instrumentenquer- schnitt dreieckigen TF verursachte durchihrehoheSchneidfreudigkeiteine dentinschonende Aufbereitung unter VermeidungeinerSchwächungdesZah- nes.EbensokonnteaufgrunddesInstru- mentenquerschnittes eine Verblockung des Kanals mit Dentinspänen vermie- den werden. Durch den großen Taper der TF bestand die Möglichkeit einer optimalen Kanalpräparation, wodurch eineeffizienteSpülunggegebenwar. Bei nicht vorliegender Fraktur wird erwartet,dassesdurchdiebisherdurch- geführtentherapeutischenMaßnahmen zunächst schon zum Ausheilen des Fis- telganges und nach abgeschlossener WurzelkanalsystembehandlungmitAb- schlussderWurzelfüllungundprotheti- schen Versorgung auch zur Ausheilung derknöchernenDestruktionkommt. SolltesichimRahmenderweiteren TherapieeineFrakturderdistalenWur- zel diagnostisch bestätigen, wird eine Hemisektion der distalen Wurzel mit Erhalt des mesialen Zahnanteiles nach Wurzelkanalsystembehandlung und prothetischerTherapieangestrebt. Erstveröffentlichung:EndodontieJournal3/12 ET User Report ENDOTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2012 · 7. November 201222 Dr.KarinTerlau Master of Oral Medicine in Implantoloy Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie/Endodontie Wallstraße 26–28 46325 Borken,Deutschland Dr.Karin.Terlau@t-online.de Kontakt Kanalaufbereitung bei apikaler Parodontitis mit Furkationsbefall und Fistelgang Eine Patientin wünschte eine Untersuchung ihrer Zähne zur Abklärung der dentalen Ursache für ihr Beschwerdebild: Ein seit Wochen tränendes Auge. Von Dr. Karin Terlau, Borken. Kanäle d mb ml Elektrometrische Längenmessung 16,5 mm 19,5 mm 20,5 mm Aufbereitungs- instrumente K-Feile ISO 10 K-Feile ISO 10 K-Feile ISO 10 PathFile K-Feile ISO 15 PathFile K-Feile ISO 15 PathFile K-Feile ISO 15 TF 25/08, TF 25/10, TF 25/12 TF 25/08, TF 25/10 TF 25/08, TF 25/10 Finale Feile TF 25/12 TF 25/10 TF 25/10 Spülung NaOCL 5,25%, Zitronensäure 17 % Tab.I:Technische Daten derWurzelkanalsystembehandlung von 37. 1 2 3 4 5 6 7 8