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Dental Tribune Austrian Edition

Das menschliche Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer und bewahrt Erin- nerungen in einem digitalen Code auf. Stattdessen verändern sich Erinnerun- gen jedes Mal,sobald auf sie zugegriffen wird. Nehmen Sie das folgende Beispiel einesRecall-Patienten,beidemeineWur- zelkanalfüllungversagt,demgleichzeitig aber direkt daneben erfolgreich ein Im- plantat gesetzt wurde. Diese Erfahrung würde die Erinnerung des Behandlers und seine Denkmuster gegenüber der Vorhersagbarkeit von Implantaten vs. Wurzelkanalbehandlungenverändern. Ein weiteres bedeutendes Problem istdieTendenzinnerhalbderetablierten Zahnheilkunde, Wurzelkanalbehand- lungen ohne den ständigen Einsatz von Mikroskopen vorzunehmen. Was nicht gesehen werden kann, kann auch nicht kritischanalysiertwerdenunddasInnere eines Zahns ist ohne Mikroskop einfach nicht zu erkennen. Dieser Artikel wird eineÜbersichtüberdasProblemliefern, Beispiele herausstellen und schnell um- setzbare Lösungen aufzeigen,um an die Informationen sowie die Ausbildung undInstrumentezukommen,dieeinen echtenWandelbewirken. Für diesen Artikel wurden endo- dontische Denkmuster in vier Gruppen unterteilt: Anatomie, Instrumente, Auf- bereitungsowiedieVorhersehbarkeit.Die Reihenfolge, in der diese Komponenten betrachtet werden, hat durchaus Bedeu- tung. Anatomie ist unveränderlich und allesanderemusssichihrunterordnen. Anatomische Denkmuster Fortbildungsmaßnahmen im ana- tomischen Bereich könnten für alle Behandler von Nutzen sein. Endodon- tische,okklusale,paradontale und sogar ästhetische Probleme finden oft anato- mische Berücksichtigungen, die nicht erkannt und gelöst werden. Allzu stili- siertes und vereinfachtes Anschauungs- material kann das Problem durch eine unrealistische oder schlicht falsche Dar- stellung von anatomischen Gegeben- heitensogarnochverschlimmern. AnatomischeDenkmusterI Abbildung 1 zeigt das Röntgenbild eines typischen ersten Oberkiefermola- ren. Nach der Extraktion wurde die apikaleAnatomiesofortuntersuchtund unter einem Mikroskop fotografiert (Abb. 2–4). Das ist eine Lektion für zu Hause: Der extrahierte Zahn sollte mit Lupen oder Mikroskopen untersucht werden. DieseFotoslehrenunseinewichtige Lektion. Auf den Röntgenaufnahmen sind drei Wurzeln zu sehen. Ein hoher ProzentsatzdererstenunddrittenOber- kiefermolarehabeninWirklichkeitaber vier Wurzeln sowie vier oder mehr Kanäle.1,2 ObwohldieMBundMP(MP-2) Wurzeln normalerweise miteinander verbunden sind, verfügen sie doch über eine eigenständige Morphologie. Es ist sicherer, sie sich für die Diagnostik, Öffnung und Ausformung als separate Wurzelnvorzustellen. Weisheitszähne verstärken oft die anatomischenMerkmaledererstenund zweitenMolaren,undeinhoherProzent- satz der dritten Oberkiefermolaren ver- fügt über vier eigenständige Wurzeln. EsistdasDenkmusterdesAutors,beiden ersten Oberkiefermolaren den röntge- nologischen Apex zu beachten. Diesen als Referenz für die Messung der apika- len Ausdehnung der Wurzelfüllung zu benutzen ist ein weitverbreitetes Vorge- hen. Allerdings wird dies oft aufgrund derschlechtenKorrelationzwischender Position dieses Punktes und dem ei- gentlichen Foramen hinterfragt.5 Illus- trationen, die in der Werbung und in sogenannten„Herstellerhinweisen“ver- wendet werden, fördern die Annahme, dass das Foramen über eine einfache Anatomieverfügt. AnatomischeDenkmusterII Während Schneidezähne oft über eine einfache Anatomie verfügen, zeigt eine kurze Lektüre des Brown and Her- branson Dental Anatomy & 3D Inter- active Tooth Atlas zum Thema hintere Zähne,dasseinerheblicherTeildesFora- menkurzüberdemApexheraustrittund es mehrere Foramina gibt.6 Der extra- hierte Zahn in Abbildung 2 zeigt au- ßerdem, dass der palatale Foramen um mehr als einen Millimeter kürzer ist als der röntgenologische Apex. Würde dieser Zahn bis zur Konstriktion gefüllt werden, der um des Arguments Willen 0,75mmvomForameneinnimmt,würde dieFüllungaufeinerRöntgenaufnahme alsmindestens2mmzukurzerscheinen. AnatomischeDenkmusterIII Die Konstriktion kann bis zu 3 mm vom Foramen entfernt sein,was bedeu- tet, dass die korrekte Füllung in diesem Beispiel 4 mm vor dem röntgenologi- schen Apex aufhört.7 Die anatomischen Denkmuster II und III können jedoch mit der Nutzung eines Apex-Lokators abgelegt werden. Verschiedene kürzlich veröffentlichte Studien diskutieren die Genauigkeit von elektronischen Apex- Lokatoren.8,9 Viele Modelle der jetzigen Generation stellen sehr genaue Messda- tenzurVerfügungunddieHerstellerver- sprechen, dass dieses Gerät anstatt des Desmodontalspalts selbst die Konstrik- tion misst.10 Der Autor hat zahlreiche neuere Modelle zur Messung der Kon- striktion ausprobiert und festgestellt, dass sie manchmal leicht kürzere Mess- daten als andere Apex-Lokatoren aus- geben, was die Angaben der Hersteller untermauern würde. In vital erhalten- denMaßnahmenohneLäsionen,indem wiederholt konstante Messungen mit anderenFaktorenübereinstimmen,füllt der Autor in manchen Fällen kürzer als zuvorgeschehen.LeichteÜberfüllungen in vital erhaltenden Maßnahmen ma- chen aus histologischen Gesichtspunk- ten keinen Sinn. Es ist interessant, dass der Autor in Europa oft von Kollegen gefragtwird,warumBehandlerinNord- amerika regelmäßig überfüllen. In Nordamerika scheinen sich die Denk- muster in den letzten 50 Jahren apikal verschobenzuhaben. Anatomic Bias IV: Obliteration Sobald auf Röntgenaufnahmen ein Zahnvollständigverkalkterscheint,wird oftangenommen,dassindiesemTeildes ZahneskeinPulpagewebemehrexistiert. Ein Studium der dazu veröffentlich- ten Forschung zeigt jedoch, dass diese Annahme nicht stimmt.11–13 Obwohl RöntgenaufnahmeneinekompletteOb- literation des Pulpakanals anzuzeigen scheinen,lassen sich dennoch Reste von Pulpakanälen und -gewebe finden.14–16 AufgrundderFehler,diedurcheinsolch fehlerhaftes Modell entstehen können, ist es außerordentlich wichtig, derlei Denkmusterabzulegen. Zusammenfassung und klinische Empfehlungen Das Ziel vital erhaltender Maßnah- men sollte es sein,bis zur anatomischen Konstriktion zu füllen, jedoch nicht unbedingt bis zum röntgenologischen Apex. Dabei wird ein holistischer An- satz unter Einbeziehung verschiedener Messmethodenempfohlen.InFällenmit infizierten Läsionen erscheint es siche- rer, bis zum röntgenologischen Apex zu füllen,wenn man weiß,dass die will- kürlichePositiondesröntgenologischen Apexdafürsorgt,dasszwarmehrvonder Wurzelgereinigtundausgeformtwird,es aberauchzuanatomischenÜberfüllun- gen führen kann. Einige können dabei schondeutlichüberfülltsein.DieAnato- mie in ovoidischenWurzeln kann kom- plexer sein als in der Röntgenaufnahme ersichtlich,undvieleZähnehabenmehr WurzelnundKanalsystemealsallgemein bekanntist. Vertucci hat acht verschiedene Ka- nalkonfigurationen aufgestellt, die in ovoidischenWurzeln mit drei seperaten Kanälen und verschiedenen anasto- motischen Mustern zu finden sind.14 Gulabivala hat später noch fünf weitere Konfigurationen, einschließlich vier separate Kanäle in der einen Wurzel, hinzugefügt.15 Denkmuster bei Instrumenten Rundbohrer sind seit Langem erste Wahl, wenn es darum geht, mit Instru- menten hinter die Zahnwand zu gelan- gen. Wegen ihres abgerundeten Kopfs sind diese Instrumente sicherer in der Anwendung als andere Instrumente. Rundbohrer werden im Allgemeinen auch dafür benutzt, um in verkalkten Zähnen nach vorhandenen Resten von Pulpazusuchen. Denkmuster in Bezug auf diese In- strumentegehenauf eineReiheFaktoren zurück, basieren aber hauptsächlich auf Gewohnheiten in der Anwendung. So existiert ein weitverbreitetes Missver- ständnis,dassRundbohrermitlatchgrip langsamundsicherschneiden.Diesistje- dochfalsch.DieAufnahmeinAbbildung5 zeigt eine für die Benutzung von Rund- bohrern typische gefährliche Ausbeu- lungundparalleleTunnel.Hiersollteein zylindrisch-konischerBohrerbevorzugt werden.IndenHändeneineserfahrenen Behandlers ist es möglich, mit zuneh- mend immer kleineren Durchmessern zu schneiden. Gegen die Verwendung von Rundbohrern jedoch sollte Sturm gelaufen werden. Mit dem Aufkommen moderner Bohrerformen muss diese zunehmend schwierige und gefährliche Arbeitnichtmehrvorgenommenwerden (Abb. 6). Zylindrisch-konische Bohrer erlauben dem Behandler,die ideale Öff- nungskavität herzustellen. Zusätzlich sind zwei dieser Instrumente, wie zum Beispiel Gates-Glidden-Bohrer, in der Lage,sieben oder mehr traditionelle In- strumentezuersetzen. Rundbohrer haben drei grundsätz- licheProbleme.DaserstesinddieSpitzen (Abb. 7). Sie sind einfach zu groß. Das zweite Problem ist die Form. Die aus derVerwendungvonRundbohrernent- stehenden unregulären und parallelen Kavitätenwände erschweren es dem Be- handler,miteinerHandfeilezuarbeiten. Wenn Behandler einen verkalkten Zahn miteinemRundbohrerbearbeiten,istes nicht ungewöhnlich, dass der Bohrer fehlgeleitet wird. Sobald eine Feile ein- geführt wird, prallt diese wie auf dem Boden eines leeren Brunnens auf. Der BehandlerhatnunkeineandereWahl,als noch tiefer sowie vor und zurück zu ar- beiten,wirdvergeblichversuchen,Hand- feilen einzuführen und daraufhin noch tiefer zu arbeiten. In den meisten Fällen befindet sich der Rest an Pulpa jedoch höher, vergleichbar einer Falltür an der Seitenwand(Abb.8). Das dritte Problem mit Rund- bohrern ist die Tendenz, während der Abtragung des Dachs auszuschlagen. Nach Khademi ist es unmöglich, flache Seitenwändedreidimensionalmiteinem Rundbohrerzuschneiden.16 Wasdagegen passiert, ist, dass die Kammer in man- chen Bereichen nicht abgedeckt ist und somitPulpasowienekrotischeRestezu- rückbleiben,ohnedasseseinenPlangibt, wiemandamitumgeht.DieKanalwände sindjedochinanderenBereichenzuaus- geweitet und ausgebeult. Der interne Krümmungsradius der Zugriffslinien für die Pulpakammer ist selbst für das Instrument mit dem kleinsten Durch- messerzuschmal. Schlussendlich ist eine Wurzelglät- tung unerlässlich. Es ist nötig, eine neue Reihe von visionären Denkmodellen sowie von Instrumenten zu entwickeln, Endo Special ENDOTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2012 · 7. November 201220 Endodontische Denkmuster überwinden Denkmuster hemmen eine unvoreingenommene Beurteilung klinischer Sachverhalte. Das trifft auch auf jene zu, die nicht willentlich angewandt werden. Die Art und Weise, wie Erinnerungen gespeichert und abgerufen werden, verkompliziert zudem die Fähigkeit, richtige Entscheidungen zu treffen. Ein Beitrag von Dr. David Clark, USA. Alte Denkmuster bezüglich Instrumente und Shaping Moderne Instrumente und Shaping Einzelzahnisolation ist für endodontische Behandlungen ideal. Wenn der Zahn verkalkt ist oder der Einstieg besonderer Herausforderung bedarf (z.B. durch eine Krone), isolieren Sie statt eines einzelnen Zahnes lieber Sextanten oder Quadranten. Der Einstieg in den Schneidezahn erfolgt horizontal in einem Winkel Der Einstieg bei Vorderzähnen sollte parallel zur Längsachse des von 45–90° durch das Cinculum und wird dann vertikal weitergeführt, Zahnes erfolgen, in der Nähe der Inzisalkante oder durch die sobald Pulpa oder sekundäres Dentin gefunden werden sollte. Kaufläche bei besonders hohem Abrieb. Der unmittelbare Einstieg sollte 90 Grad zur Zahnwand Ein großzügiger Schnitt von 45 Grad durch den Zahnschmelz mit einem Fissurenbohrer ausgeführt werden. ermöglicht einen konservierenden Ansatz, sobald mit Dentin umgegangen werden muss. Einstieg zur Zahnwand kann mit einem runden Tapering oder konischen Karbidinstrument erfolgen. Ein tieferer Einstieg sollte mit Rundbohrern Tieferes Arbeiten sollte mit einem konischen Karbidinstrument (surgical length) erfolgen. vorgenommen werden, das für eine bedeutend bessere Dentinoberfläche sorgt. Verkalkte Zähne erfordern es, tiefer zu arbeiten, um Pulpa PräzisionsgeleitetesArbeitenermöglichtein„frühesinzikal-apikales zu finden, die sich oft in der Nähe des Apex befindet. Auffinden“ von Pulpa, die beinahe überall in der Wurzel vorhanden ist,undwirddurchdasAblegenderoberenvierDenkmusterbegünstigt. Tab.I:DenkmusterunddarausresultierendeFolgenfürverbessertenEinstiegindieSchneidezähne. Sjogren 199718 Friedman 200319 Tronstad 200220 94% Erfolg, wenn während der Obturation 92% Heilungsquote ohne initiale 81% bei guter endodontischer keine Bakterien vorhanden waren apikale Parodontitis Behandlung und Restauration 68% Erfolg, wenn während der Obturation 74% Heilungsquote bei initialer 57% bei ungenügend endodontischer Bakterien vorhanden waren apikaler Parodontitis Behandlung und Restauration Tab.II:EndodontischeErgebnisstudien. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 16 17 18 19 20 21 14 15