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Dental Tribune Austrian Edition

ENDOTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 11/2012 · 7. November 2012 State of the Art 19 Der Kanal kann in einer Sitzung auf- gefüllt und ein adhäsiver Verschluss bzw. ein Stiftaufbau vorgenommen werden. Anders als Natriumhypo- chlorid, dringt dabei der PACT- Farbstoff tief in Seitenkanäle und in eventuell vorhandenes Restgewebe ein, ohne dabei mit dem Gewebe abzureagieren. Erst durch eine nur 60-sekündige Belichtung werden die nun sensibilisierten Bakterien hoch- effizient abgetötet. Eine neue Ex- vivo-Studie an der Harvard Dental School in Boston (Soukos et al.2010) zeigte auch bei Einsatz von 6%igem Natriumhypochlorid eine signifi- kant höhere Zahl an keimfreien Ka- nälen nach zusätzlichem Einsatz von PACT. Unter dem Begriff Photodyna- mische Therapie oder Photoakti- vierte Chemotherapie (PDT oder PACT) versteht man die lichtindu- zierte Inaktivierung von Zellen, Mikroorganismen und Keimen. In der Zahnmedizin richtet sich PACT gezielt gegen pathogene Mikroorga- nismen. Dabei werden Bakterien mithilfe eines photosensitiven Farb- stoffs (Methylenblau oder Toluidin- blau) und einem monochromati- schen Rotlicht einer speziellen Wel- lenlänge inaktiviert. Die dem Photosensitizer zuge- führte Lichtenergie wird vom Farb- stoff in sog. Singulett-Sauerstoff überführt, welcher selektiv die Zell- wände von Keimen zerstört. Gram- positive wie gramnegative, aerobe wie anaerobe Bakterien werden in nur60SekundenumvierLog-Stufen (99,99%) reduziert. Eine Erhöhung der Energiezufuhr, sprich eine län- gere Belichtungszeit, führt zu einem fast linearen Anstieg der Keimre- duktion. PACT wirkt lokal breitband- antibiotisch auf Knopfdruck ohne Nebenwirkungen und kann beliebig gesteigert und/oder wiederholt werden. Die bei Weichgewebsinfek- tionen eingesetzten Wirkstoffe wie Chlorhexidin und Antibiotika wir- ken bakteriostatisch, d.h. Bakterien werden lediglich in ihrer Repro- duktion gehemmt. PACT hingegen ist ein lokales Bakterizid, welches Keime unter Vorhandensein des Photosensitizers und Lichtzufuhr abtötet. PACT ist eine therapeutische Bereicherung für die Parodontitis- therapie, Periimplantitistherapie, in der Endodontie, Kariestherapie („Sterilisation“ pulpanaher Karies) sowie für die Therapie von Weich- gewebs- und Knocheninfektionen. PACT in der Endodontie Für die tägliche Anwendung ist die Möglichkeit hochinteressant, den Wirkstoff mithilfe des Laser- lichts gezielt ein- und auszuschalten. Damit sind sowohl der Wirkort als auch die Wirkzeit gezielt bestimm- bar. Bei der Aufbereitung infizierter Wurzelkanäle, bei Revisionen vor- handener Wurzelfüllungen und beimVerschlussoffenerPulpenkaven sind viele Kanäle oft mit sehr hart- näckigenFäkalkeimenkontaminiert, welche gegen die meisten Spüllösun- gen und Einlagen resistent sind. Mit der PACT-Methode lässt sich in drei- dimensional hochkomplexen und verzweigten Wurzelkanälen bis tief in die Dentintubuli der Kanalwände hinein eine sehr wirksame Keim- elimination realisieren. Dadurch werden die Nachbeschwerden mini- miert und die Prognosen deutlich verbessert. AnwendungderPhotoaktivierten Chemotherapie (PACT) 1 Dreidimensionale chemo-mecha- nische Aufbereitung des Kanalsys- tems (Abb.1) 2Photosensitizer-Lösung auftragen, 60Sek.einwirkenlassen(Abb.2und3) 3 Lichtexposition (PACT-Laser): 60 Sek. Bestrahlung jedes Kanals (Abb.4) 4 Ausspülen mit sterilem, destillier- ten Wasser, sofortige Wurzelkanal- füllung und bakteriendichter Ver- schluss (Abb.5) Wissenschaftliche Studien Zahlreiche Untersuchungen be- legen die Wirksamkeit der Photoak- tivierten antimikrobiellen Chemo- therapie (siehe auch Literaturliste). Der Feststellung einer Effizienz der PACT bei Wurzelbehandlung dien- ten zwei Studien, von Bonsor et al. 2006 und Williams et al. 2006: Beide MalewurdederGradderInfektionin denKanälenzubestimmtenPunkten der Wurzelbehandlung gemessen. Die erste Studie mit sechs Patienten (Bonsor et al. 2006) diente zunächst der Evaluierung einer geeigneten Vorgehensweise bei der Proben- nahme infizierten Gewebes ohne weitere Kontamination. Alle Zähne wurden mittels Kofferdam isoliert. Nach Schaffung der Zugangskavität wurde die Kanalöffnung erweitert und mit einem sterilen Instrument Proben von der Kanalwand genom- men und mikrobiologisch unter- sucht.Bei derAufbereitung derWur- zelkanäle wurde vor jedem Instru- mentenwechsel mit 1% NaOCl und abschließend mit Salzlösung gespült. Dann wurde ein weiteres steriles Instrument in den Kanal eingeführt, eine Probe von der Dentinoberfläche gewonnen und ebenfalls mikrobio- logisch untersucht. Dem schlossen sich die Photodynamische Therapie und eine weitere mikrobiologische Probenentnahme an. Die Ergebnisse sind in Abbildung 6 dargestellt. Es zeigt sich, dass nach konventio- neller Wurzelkanalaufbereitung noch Keime im Kanal verbleiben. Diese wurden durch die Photodynamische Therapie vollständig entfernt. Eine AusnahmebildeteeinFall,beidemes zur Kontamination bei der Proben- nahme kam. In einer zweiten Studie (Williams et al. 2006) wurden ins- gesamt 32 Kanäle behandelt. Das Vorgehen war ähnlich dem der vor- herigen Studie, jedoch wurden hier zwei Spüllösungen (20% Zitronen- säure,gefolgtvon2,25%NaOCl)ver- wendet. Die Kanalaufbereitung erfolgte wie gehabt, ebenso die Probenent- nahme vor und nach der Kanalauf- bereitung sowie nach der Photody- namischen Therapie. Abbildung 7 zeigt die Ergebnisse. Keiner der Pa- tienten berichtete über Schmerzen nach der Obturation. In den Nach- untersuchungen stellten sich alle Zähne symptomfrei, perkussions- unempfindlich und auch radiolo- gisch ohne pathologischen Befund dar. Im weiteren Verlauf zeigte sich, dass die Photodynamische Therapie außerdem zu einer schnelleren post- operativen Regeneration des Kno- chensführenkann(Abb.AundB).In einer neueren Studie wurden ex vivo signifikant mehr Kanäle keimfrei als mit NaOCl alleine (Soukos et al. 2010). Zusammenfassung Der verwendete Farbstoff Tolo- niumchlorid ist gut bekannt und wird seit langer Zeit erfolgreich als Antidot zur Therapie von Vergiftun- gen sogar intravenös eingesetzt. Un- terLichtexposition(630nmRotlicht, 200mW) wirkt dieser an sich harm- lose Farbstoff breitbandig in hohem Maße antimikrobiell. 99,99% aller Bakterien werden in 30 Sek. effizient abgetötet. Die Keimeliminierung kann linear durch Verlängerung der Lichtexposition gesteigert werden. PACT ist neben- wirkungsfrei (leichte temporäre Blaufärbung), kann bis zum Erfolg der Therapie beliebig oft wieder- holt werden und darf delegiert wer- den. Literaturliste kann beim Autor angefordert werden. Erstveröffentlichung: ZWP 7+8/12 Cumdente GmbH Univ.-Prof.Dr.Rainer Hahn Paul-Ehrlich-Str.11 72076 Tübingen Deutschland Tel.: +49 7071 9755721 info@cumdente.de www.cumdente.com ET Photodynamische Therapie in der Endodontie Photodynamische antimikrobielle Chemotherapie (PACT) stellt eine interessante Ergänzung zur Wurzelkanalaufbereitung bei infizierten Kanälen (infizierte Pulpanekrose) dar und kann die zeitaufwendige intrakanaläre Einlage ersetzen. Von Univ.-Prof. Dr. Rainer Hahn, Tübingen, Deutschland. 1 4 5 A B 2 3 Wurzelkanaldesinfektion mittels Photodynamischer antimikrobieller Chemotherapie (PACT). – Grafische Abb.: PACT Endo-Therapie: Tötet Bakterien,auch Problemkeime imWurzelkanal bis tief in die Seitenkanälchen,Kavernen und Dentintubuli ab. Abb. 6: SechsWurzelkanäle in vivo vor und nach Photodynamischer Therapie. – Abb. 7: 32Wurzelkanäle in vivo vor und nach Photodyna- mischerTherapie. Abb.1: Zustand nach dreidimensionaler chemo-mechanischerAufbereitung des Kanal- systems. – Abb 2. und 3: Die aufgetragene Photosensitizer-Lösung. – Abb. 4: Lichtex- position jedes Kanals. – Abb. 5: Sofortige Wurzelkanalfüllung und dichter Verschluss. – Abb. A: Appikale Radioluzenz nach Wurzelkanalfüllung. – Abb. B: Schnelle Regenera- tion nach neun Monaten.