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Dental Tribune Austrian Edition

Obwohl (oder weil?) die biologischen Wirkungen von Kompositen „weitest- gehend“unerforschtsind1 undtrotzal- len Wissens um das toxische, allergene, mutagene und karzinogene Potenzial ihrerInhaltsstoffesowieweltweitemZu- nehmen der Allergien wird das Krank- heitsrisiko für die Patienten bisher als gering bewertet.2,3,4,5 „Aus Daten über Basismonomere und einige Kompo- sitkunststoffe, vor allem aufgrund der langjährigen Erfahrungen ohne kli- nisch nachgewiesene Allgemeinsymp- tome, kann man folgern, dass Kompo- sitkunststoffe systemisch nicht toxisch sind...“(Schmalzetal.2006).6 Indiesem Zusammenhang sollte jedoch Folgen- desberücksichtigtwerden: 1.Klinische Untersuchungen liegen an- scheinend in der verfügbaren Litera- tursogutwienichtvor(sieheSchmalz etal.2009).5 2.Zur Beurteilung von „Systemischer Toxizität“werdenIn-vitro-Testsoder pathohistologische Präparate von Versuchstieren3,5 herangezogen. Da derartige Untersuchungen als nicht direktaufdenMenschenübertragbar gelten, können sie lediglich im Rah- meneinersehrallgemeinenRisikoab- schätzungmitberücksichtigtwerden.5 In Anbetracht der chemischen Va- riationsbreite der Komposite im Ver- gleich zum sehr schlicht strukturierten Amalgam, das dennoch in seiner Wir- kung auf den Menschen weiterhin wissenschaftlich kontrovers diskutiert wird, scheint es auch nahezu unmög- lich,denumeinVielfacheskomplexeren Metabolismus von Kunststoffmateria- lien mit ihren unterschiedlichen Be- standteilen und Strukturen und deren Wirkungen zu erforschen. Trotz dieser Ausgangslage hat sich Reichl (siehe Dental Tribune German Edition 3/12, Reichl:ToxikologievonZahnkunststoff- materialien–Wasdarf ichverwenden?) genau dieses Themas angenommen – mit durchaus beunruhigenden Er- gebnissen, wie ich meine. Allerdings seien auch diese nicht direkt auf den Menschen übertragbar, da sie „nur auf Zellebene gelten“. „... Das Risiko einer toxikologischen Gefährdung für den Menschen ist heute als sehr gering ein- zustufen“(2012).7 Dennochkonstatiert er bei einer steigenden Anzahl von Patienten relevante Nebenwirkungen nachKompositrestauration,z.B.Atem- wegserkrankungen, Ekzeme und an- deres7 – jenseits aller toxikologischen ErgebnisseundBewertungen. Um systemische Wirkungen von Kompositkunststoffen in situ am Men- schen untersuchen zu können, bedarf esgeeigneterwissenschaftlicherMetho- den.Diese stehen – abgesehen von ver- schiedenen Allergietests – gegenwärtig jedochnichtzurVerfügung.Infolgedes- senkönnensystemischeWirkungenbei Betroffenen auch nicht diagnostiziert werden–zumindestnichtwissenschaft- lichverifizierbar. Da ich nicht in der wissenschaft- lichen Forschung, sondern als nieder- gelassener Zahnarzt tätig bin, kann ich nachfolgend lediglich von meinen Be- obachtungen,Erfahrungen und Ergeb- nissen aus der Praxis berichten und möchteausdrücklichauf vielfältigeZu- sammenhängezwischenKompositma- terialien und gesundheitlichen Beein- trächtigungen verschiedenster Art hin- weisen, die wesentlich häufiger auftre- ten als es für uns Zahnärzte und unsere Patientenvorstellbarist. Fallgeschichte mit Folgen Auf systemische Wirkungen von Kompositen wurde ich aufmerksam durch einen 15-jährigen Jungen. Sein Zustand: Starke Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Schlappheit und Müdigkeit in ungekanntem Ausmaß, migräneartige Kopfschmerzattacken mit Licht- und Geräuschempfindlich- keit sowie Infektanfälligkeit. In einem Gespräch mit der Mutter entstand die Hypothese, dass die Symptome im Zu- sammenhang mit seiner Bracketversor- gung stehen könnten, denn sie hatten etwa zwei Monate nach Eingliederung begonnen. Aufgrund dieser Hypothese führten wir einen regulationsdiagnos- tischen kinesiologischen Direkttest an einigen der 28 Klebestellen durch. Das Ergebnis war jeweils eine starke Regu- lationsstörung – das heißt, das Befesti- gungskomposit wirkte als starker per- manenterStressfaktor.NachEntfernung aller Brackets besserte sich die Symp- tomatik bereits schlagartig auf etwa 50ProzentdesvorherigenNiveaus. DanacheinigenWochenkeinewei- tere Besserung eintrat, führte ich den Testnocheinmaldurch.Ergebnis:Jeder Zahn war noch durch Komposit belas- tet. In drei Sitzungen wurden anschlie- ßend sämtliche noch verbliebenen Kompositreste entfernt, begleitet von ständigen Tests, um die Restbelastung zu minimieren. Das Ergebnis war eine Gesamtbesserungum80bis90Prozent. Systemische Wirkungen unterschiedlichster Art Für mich wurde diese Geschichte zum Impuls, systematisch nach Zu- sammenhängen zwischen Kompositen und Symptomen jeglicher Art zu fahn- den. Zunächst konzentrierte ich mich ausschließlich auf einzelne Füllungs- komposite und Befestigungen für ke- ramische Restaurationen. Erst später rückten auch die Befestigungskompo- site für Brackets, Retainer, Wurzelstifte und Abutments sowie Versiegelungen, Aufbaumaterialien, ein dualhärten- desWurzelfüllmaterial(!),Desensitizer, „Schutzlacke“, ein Material zur Thera- pie initialer Karies und lichthärtende Komposite aus der Zahntechnik in den Blick. Im Laufe der letzten sechs Jahre konnten wir unterschiedlichste syste- mischeWirkungenbeobachten,diesich jeweilseindeutigzuordnenließen(s.u.): Verschiedenste Schmerzsymptomati- ken, die meist lokal sehr eng umgrenzt sind, an Kopf, Gesicht, Schulter, Ellbo- gen, Hand, Rücken, Hüfte, Knie und Fuß, Sensibilitätsstörungen in den Ex- tremitäten („Einschlafen“, Taubheit), inoperable Zyste am Knie, Bein- Ödeme, Engegefühl im Bereich der Brust, Atemnot, Organsymptome an Auge, Herz, Mamma, Prostata und Blase, Hautreaktionen, unterschied- lichste Allergien, verschiedene Lebens- mittelunverträglichkeiten,Energiedefi- zit, Schlaf- und Konzentrationsstörun- gen, ADS, Schwindel, Übelkeit, mens- truelle Dysregulation, Amenorrhoe, Hypertonus und Tachykardie. Eine einzige Kompositrestauration kann auch zugleich (Mit-)Ursache mehrerer Symptome sein – z.B. von Kopf- und verschiedenenGelenkschmerzen. JenachindividuellerPrädisposition und Immunstatus können Komposite anscheinend zu sehr unterschiedlichen Symptomatikenbeitragenbzw.führen– ähnlicheinerVirusinfektion,aufdiever- schiedene Menschen ebenfalls mit sehr unterschiedlichenSymptomenundVer- läufen reagieren können. Im Gegensatz zur Virusinfektion, die wir unter Um- ständen sehr adäquat z.B. durch Fieber selbst erfolgreich therapieren können, verursacht das dauerhaft inkorporierte Komposit permanenten, untherapier- baren Stress an derselben Stelle im Or- ganismus–meistüberJahrzehnte. Eine weiterführende Hypothese Auf der Suche nach dem Auslöser- material oder -bestandteil und Erklä- rungen für derartig unterschiedliche Reaktionen einzelner Menschen testete ich zunächst nicht inkorporierte Kom- posite auf ihre regulationseinschrän- kende Wirkung – mit keinem eindeu- tigen Ergebnis, wenngleich sich mein Verdachtauf dieamHaftverbundbetei- ligten Materialien zuspitzte. Aufgrund desfolgendenErlebnissesentstandbald eine neue, weiterführende Hypothese: Mehrere UK-Front-Aufbauten eines Patienten testeten zu meiner sehr gro- ßen Verwunderung überhaupt nicht stressend – d.h. verträglich, obwohl sie ganz gewiss gebondet waren. Wie sich aufNachfragebeiderKollegininBelgien dann herausstellte, waren dafür nur Materialienverwendetworden,dieauch in deutschen Praxen sehr üblich sind. Zur Polymerisation hatte sie jedoch ih- ren „geliebten“ Argon-Laser eingesetzt, den sie bei ihren USA-Aufenthalten zu schätzengelernthatte.IhreAntwortmail führte dann zu der Hypothese, dass der gute Verträglichkeitsgrad dieser Auf- bauten mit einem hohen Polymerisa- tionsgrad korrelieren könnte. Denn je höher der Polymerisationsgrad, desto härter und verträglicher ist bekanntlich dasMaterial.8,9,10 Zunächst experimentierte ich mit Hochleistungs-LEDs und testete zu- nächst standardisierte, extraoral ange- fertigte, unterschiedlich lang und oft polymerisierte Proben verschiedener Materialien auf ihre regulationsein- schränkende Wirkung – z.B zehnmal 20 Sekunden. Zu meiner sehr großen Überraschung ergab sich jeweils eine eindeutige Korrelation zwischen der Summe aller Belichtungsintervalle und der Regulationsfähigkeit bzw. Verträg- lichkeit: Je öfter belichtet wurde, desto besser war die Regulationsfähigkeit; durch(sehr)häufigeBelichtungkonnte letztlichjedesMaterialineinenZustand überführt werden, der bei allen Test- personen zu keinerlei Regulationsein- schränkung mehr führte. Das heißt nach meinem Verständnis: Dieses Ma- terial wurde durch wiederholte Belich- tungsintervalle verträglich. Da ich in den letzten sechs Jahren kein Material gefunden habe, auf das dieses Ergebnis nichtzugetroffenhätte,wageichbisauf Weiteres anzunehmen, dass lichthär- tendeKompositedurchgenügendhäu- figeBelichtungsintervalle(plusPausen- intervalle) von allen Seiten (!) in einen nicht mehr stressenden, d.h. verträg- Systemische Wirkungen von Kompositen Moderne Zahnheilkunde ohne Komposite ist undenkbar. Ihre Verträglichkeit gilt im Allgemeinen als sehr gut. Warum es dennoch gute Gründe für eine Revision dieser Einschätzung gibt, beschreibt der Praxisbericht von Dr. Just Neiss, Heidelberg. Teil I. Practice DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 9/2012 · 5. September 20128 ➟ Hüft- und Knieschmerzen, Hausstauballergie oder Beinödeme – Fälle für den Zahnarzt? Der Polymerisationsgrad ist abhängig vom Polymerisationsgerät, der Belichtungs- dauer, vom Abstand der Lichtquelle zum Material, vom Lichteinfallswinkel, vom Material,seiner Schichtdicke,Farbe,Transluzenz und anderen Faktoren.