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Dental Tribune Austrian Edition

LUZERN – Im Mai 2012 fand in Luzern, Schweiz, der 4. Internationale CAMLOGKongressstatt. Im Rahmen der Presse- konferenzsprachProf.Dr. Jürgen Becker, Präsident der CAMLOG Founda- tion und Direktor der Poliklinik für Zahnärztli- che Chirurgie, Heinrich- Heine-UniversitätDüssel- dorf,überdenStellenwert wiss. Kongresse, den ak- tuellen Forschungsstand und zukünftige Trends und Herausforderungen inderImplantologie. Jürgen Isbaner: Herr Prof. Becker, in diesem Jahr fanden in Deutschland und in der Schweiz die wissenschaft- lichen Kongresse der namhaften Im- plantatanbieterstatt.WelchenStellen- wert haben diese Kongresse aus Sicht desWissenschaftlers? Prof.Dr.JürgenBecker:Siesindfür die Anwender ein wichtiges Forum des Erfahrungsaustausches, der Informa- tion über aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse, der Vorstellung von neuen Therapiekonzeptenundvorallemauch der kritischen Diskussion von etablier- tenVerfahren. Für die Hersteller bieten sie natürlich auch eine Möglichkeit, eigeneInnovationenvorzustellen. Unterscheiden tun sich die jeweili- gen Kongresse teilweise auch dadurch, inwieweit der jeweilige Hersteller For- schung fördert und unterstützt. Der Wissenschaftler legt mit seiner Arbeit einewichtigeGrundlagedafür,dassder „Praktiker“ erfolgreich ist. Von daher haben Wissenschaftler und Praktiker vor allem bei klinischer Forschung oft- mals die gleichen Ziele. In Deutschland gibt es eine bedeutsame Ent- scheidung des Bundesge- richtshofes aus dem Jahr 2003 zur medizinischen Notwendigkeit. Medizi- nisch notwendig bedeu- tet dort, dass dies im All- gemeinen dann der Fall ist, wenn eine wissen- schaftlich anerkannte Be- handlungsmethode zur Verfügung steht, die ge- eignet ist, die Krankheit zuheilenoderzulindern. Dieses Urteil hat für einige private Kranken- kasseneineBedeutungerlangt,dadiese nach wissenschaftlichen Ergebnissen unserer Therapieverfahren und Mate- rialien fragen können. Bei den eigent- lichen Implantaten wird heute noch in der Regel eine Analogbewertung akzeptiert, bei spezifischen Verfahren und Materialien jedoch oftmals nicht. Von daher wird die Forschung in der Implantologieauchzukünftigeinesehr wichtigeRollehaben. So ist es eine der zentralen Aufga- benderCAMLOGFoundation,wissen- schaftliche Kongresse auszurichten, Forschungsprojekte zu fördern und StipendienfürjungeWissenschaftlerzur Verfügung zu stellen. Ein Schwerpunkt derKongressederCAMLOGFoundation sind damit auch immer wissenschaftli- che Poster-Ausstellungen,Vorträge aus den geförderten Arbeitsgruppen und wissenschaftliche Tagungspreise. Aber natürlich muss auf den Kongressen der Bezug zu den Fragen in der täglichen Praxisgewährleistetsein.DieCAMLOG Foundation fördert heute weltweit zahlreicheArbeitsgruppen. WennwirüberTrendsundHerausfor- derungen in der Implantologie spre- chen, was bedeutet dies zunächst im HinblickaufdiePatienten,gibteshier Veränderungen? Die Implantologie gehört zu den zahnmedizinischen Fachdisziplinen, die durch eine hohe wissenschaftliche Forschungsaktivitätgekennzeichnetsind und wo es auch kontinuierlich viele Innovationen gibt.Dies betrifft die chi- rurgischen Konzepte, die Behandlung vonRisikopatienten,Veränderungenim Bereich der Einheilzeiten und auch die Verbindungen zwischen Implantat und Abutment,wiez.B.konischeVerbindun- gen oder das Platform Switching, das prinzipiellbishernurVorteileaufzeigt. Im Bereich der Prothetik gibt es ei- nen Trend weg von den hochgoldhalti- genAbutmentsundGerüsten,vorallem jetztzurCAD/CAM-Technik,derTitan- frästechnikundkeramischenGerüsten. EinganzzentralesThemaistnatür- lich das potenzielle Risiko, dass in der Funktionsphase des implantatgetrage- nen Zahnersatzes periimplantäre Ent- zündungen auftreten. Hier sind risiko- adaptierteTherapiekonzeptewichtig. WelcheHerausforderungenleitensich hieraus für den implantologisch täti- gen Zahnarzt ab, oder anders gefragt, was wurde erreicht? Welche Probleme gilteskünftiginderChirurgieundPro- thetiknochbesserzubeherrschen? Die orale Implantologie hat einen exzellentenStandardmitsehrhochwer- tigen Versorgungsformen entwickelt. DieForschungimBereichderChirurgie konzentriert sich deshalb u.a. auf Pa- tienten mit reduziertem Knochenan- gebot und allgemeinmedizinischen Ri- sikofaktoren.DieTherapieperiimplan- tärer Erkrankungen gewinnt ebenfalls erheblichanBedeutung. Die Einheilzeiten sind generell kürzer geworden und für führende Im- plantatherstellergibtesheutegutdoku- mentierte Konzepte z.B. zur Sofortbe- lastung,durch die u.a.die Einheilphase fürdenPatientenkomfortablergestaltet werden kann. Dies ist kein neues Kon- zept, Dr. Philipp Ledermann hat dies bereits vor über 30 Jahren vorgestellt undwissenschaftlichbelegt. Wichtig ist heute sicherlich der Trend zu kürzeren Implantatlängen, in der Regel um ca. 11 mm Länge. Vor 10JahrenwurdenimSeitenzahnbereich oftmals noch Implantate mit Längen von13bis16mminseriert.Diesistauf- grund der heutigen Datenlage nicht mehrnotwendig.DiePrognosedesim- plantatgetragenen Zahnersatzes wird entscheidend durch periimplantäre Entzündungen beeinflusst, und hier sinddieoberenMillimeterdesImplan- tatesentscheidend. In Deutschland werden in der Regel heute zementierbare Lösungen bei Kronen und Brücken bevorzugt, in den Mittelmeerländern kommt ver- schraubten Rekonstruktionen eine größereBedeutungzu. Sie haben die Bedeutung besonders der klinischen Studien hervorgeho- ben. Nach 40 Jahren Implantologie gibt es die vielfältigsten Erfahrungen. Warum sind Studien Ihrer Meinung nachsoimmenswichtig? KlinischeForschungundvorallem klinische Langzeitergebnisse sind eine zentrale Basis unseres ärztlichen Han- delns. Wenn nach 10 Jahren ca. 80 % der prothetisch versorgten Implantate eine Mukositis, d.h. eine Blutung auf Sondierung, aufweisen, gibt es hier einen Verbesserungsbedarf unserer Therapiekonzepte. Eines der derzeit am meisten disku- tiertenProblemeinderImplantologie ist die Periimplantitis. Wie stellt sich hier die Faktenlage dar, welche Risi- kofaktoren sind bekannt und welche wissenschaftlich fundierten Therapie- ansätzestehenzurVerfügung? Patienten sollten heute vor einer Implantatversorgung generell über das Risiko periimplantärer Entzündungen aufgeklärt werden. Wissenschaftlich liegen gute Daten zur Häufigkeit der Mukositis und Periimplantitis vor. Die Mukositis ist prinzipiell durch nicht- chirurgischeVerfahren der Biofilment- fernung reversibel.Für die Periimplan- titis muss heute davon ausgegangen werden, dass nichtchirurgische Verfah- ren nicht erfolgreich sind, sodass eine Periimplantitis immer durch eine of- fene Lappenbildung behandelt werden muss, was natürlich die Ästhetik nach- teilig beeinflussen kann. Gerade in den letztenJahrenwurdenaufeuropäischen Konsensuskonferenzen gute Thera- piekonzepte verabschiedet, sodass die wissenschaftliche Datenlage viel besser gewordenist. Auf der Grundlage tierexperimen- tellerStudienmussheuteeineReosseo- integration periimplantärer Knochen- defekte nach Dekontamination und Augmentation als möglich angesehen werden.Sie zeigt sowohl innerhalb von Studien als auch im Vergleich unterei- nandergroßeUnterschiedeundistnicht vorhersagbar und wurde bisher noch nichtfürdiegesamtekontaminierteIm- plantatoberflächeerreicht.DasAusmaß der Reosseointegration ist bisher nur schwer vorhersagbar und klinisch zu beurteilen. Deshalb kommt auch der Prävention der Periimplantitis durch einefrühzeitigeBehandlungeinerMuko- sitiseinesogroßeBedeutungzu. Wie wir sehen können, gibt es trotz hoher Erfolgsquoten in der Implan- tologie keinen Stillstand. Permanent wird daran gearbeitet, implantatge- tragenenZahnersatzunterfunktionel- lenundästhetischenGesichtspunkten weiter zu optimieren sowie die Lang- zeitstabilität von Implantaten noch weiter zu verbessern. Wo sehen Sie angesichts einer zunehmenden Com- puterisierung die Implantologie in 20JahrenundwelcheRollewerdenbio- logischeAspektekünftigspielen? EinBlickindieZukunftübereinen Zeitraumvon20Jahrenerscheintmirin Anbetracht der vielfältigen Innovatio- nen in den vorangegangenen 20 Jahren schwer. Das DVT wird in der Implan- tologie sicherlich eine zentrale Bedeu- tung bekommen, sodass 3-D-basierte Planungen noch viel häufiger werden. Dünnere Implantate, einteilige Im- plantate werden bei schmalen Kiefer- kämmen mit augmentativenVerfahren konkurrieren. Ein hohes Innovationspotenzial seheichvorallemauchbeiderprotheti- schenVersorgung.Dies betrifft optische Abformungen, CAD/CAM-basierte Restaurationen, sodass das Thema des „Auslandszahnersatzes“ sicherlich auch anBedeutungverlierenwird.EineBiolo- gisierungvonImplantatenseheichnicht als relevant an, die modernen Oberflä- chenvonTitanimplantatenbietenfaszi- nierende Möglichkeiten der schnelleren Osseointegration und Defektheilung, die vor einigen Jahren noch jenseits un- serer Erwartungen lagen. Bei den rege- nerativen Verfahren kommt neuen Bio- materialien und sicherlich auch Wachs- tumsfaktoren zukünftig eine größere Bedeutungzu.EinwichtigesThemawird der Weichgewebekontakt im Durch- trittsbereichdurchdieSchleimhautsein. Hier muss es das Ziel sein, eine dichtere Abdichtung (fibröse Integration im Ge- gensatzzurOsseointegration)unddamit bessere Anheftung des Weichgewebes amAbutmentzuerreichen. Sehr geehrter Herr Prof. Becker, wir danken Ihnen für das sehr interes- santeGespräch. DT „Die orale Implantologie hat einen exzellenten Standard mit sehr hochwertigen Versorgungsformen entwickelt“ Trends und Herausforderungen in der Implantologie: Prof. Dr. Jürgen Becker, Präsident der CAMLOG Foundation und Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, im Interview mit Dental Tribune German Edition. Von Jürgen Isbaner, Chefredaktion. International News DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 9/2012 · 5. September 20124 ANZEIGE „Der Wissenschaftler legt mit seiner Arbeit eine wichtige Grundlage dafür, dass der ,Praktiker‘ erfolgreich ist.“ Prof.Dr.Jürgen Becker