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Dental Tribune Austrian Edition

Practice DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 9/2012 · 5. September 201210 lichen Zustand überführt werden kön- nen (s.u.). Doch was heißt „genügend häufig“? Diese Frage lässt sich nicht mit einer einzelnen, allgemein gültigen Angabebeantworten,dennderPolyme- risationsgrad eines Komposits ist von diversenFaktorenabhängig: Leistung und anderen physikali- schenParameterndesPolymerisations- geräts, Belichtungsdauer, Belichtungs- häufigkeit,AbstandderLichtquellezum Material, Lichteinfallswinkel, Material, Schichtdicke,Farbe,Transluzenz und – das Bonding betreffend – der Porosität des Dentins,Lichtabsorption der Kera- mikbeiindirektenVersorgungen. Auf die üblicherweise empfohlene Belichtungszeit von 20 Sekunden oder womöglich kürzer dürfen wir uns also keinesfalls verlassen. Sie kann nur als unzureichend und irreführend gelten, da keinerlei Differenzierung stattfindet und wichtige physikalische Faktoren während der Verarbeitung unberück- sichtigtbleiben(sieheauchunten). 40 Sekunden Belichtungszeit als Goldstandard? Nach meinen Testergebnissen und Erfahrungen sind mit einem Polymeri- sationsgerätvon1.000mW/cm²effektive Leistung (Herstellerangabe1.500mW/ cm²) je nach Situation Gesamtpoly- merisationszeiten von 60 bis 240 Se- kunden (!) oder mehr notwendig, um eine Schicht eines Füllungskomposits herzustellen, die die Regulation nicht einschränkt. Anmerkung: Diese Belich- tungszeitensindzuverstehenalsSumme vonüblichenBelichtungsintervallenwie 20oder40SekundenausderselbenRich- tung,z.B.viermal40Sekundenistgleich 160SekundenGesamtpolymerisations- zeit (GPZ) von occlusal. Nach jeder Be- lichtung folgt eine Pause. Die Summe vonBelichtungs-undPausenintervallen wirdalsMehrfachpolymerisation(MfP) bezeichnet(s.u.). Bondings und Befestigungskom- posite für Keramikkronen, -inlays etc. benötigen je nach Situation, Material, AbstandzurLEDetc.140Sekundenpro Fläche oder (wesentlich) mehr. Sogar fürdieoberste2-mm-Schichteinerüb- lichen Nano-Hybrid-Kompositfüllung sind im Durchschnitt 100 bis 150 Se- kunden Gesamtpolymerisationszeit erforderlich, für eine tiefer liegende Schicht entsprechend länger. Werden diese Zeiten unterschritten, können unter Umständen gesundheitliche Be- einträchtigungendieFolgesein. Diagnostik der Zusammenhänge Warum behaupte ich, dass die üblichen relativ kurzen Belichtungs- zeiten, die ja aufgrund wissenschaft- licherUntersuchungenalsEmpfehlung gelten, im Sinne der Gesundheit des Patienten unzureichend sind? Aus zwei Gründen: 1.Die Ergebnisse der von mir durch- geführten regulationsdiagnostischen kinesiologischen Tests und auf deren Grundlage: 2.eine sich vielfach wiederholende Erfahrung:Wennaufgrundeinessol- chen Tests gezielt bestimmte inkor- porierte Komposite so oft nach den Regeln der MfP nachbelichtet wer- den, bis sie im Test nicht mehr als Stressfaktor feststellbar sind, ist eine sofortigeoderzeitnaheBesserungder Symptomatik bis hin zur vollständi- genRemissionfestzustellen. Mithilfe des sogenannten Zwei- Punkt-TestesisteskeinProblem,Zusam- menhängezudiagnostizieren–z.B.zwi- schenRücken-oderKnieschmerzeno.ä. undeinembestimmtenZahn-/Füllungs- störfeld,wasmeinesWissensmitkeinem anderen diagnostischen Verfahren der- artigeinfachundzuverlässigmöglichist. Dies erlaubt, sehr zielgerichtet vorzuge- hen und die mit dem Symptom im Zu- sammenhang stehende(n) Füllung(en) oder Kleber – z.B. für Keramik-In- lays – zu therapieren. Anhand eines „schlichten“ Beispiels möchte ich dieses Vorgehenerläutern. „Schlicht“ deshalb, weil die Patien- tinnureineinzigesMalinmeinerPraxis war. Sie kam wegen Schulterschmerzen links, die sie seit eineinhalb Jahren als professionelle Flötistin sehr plagten, undandenenoffenbaraußerdenKom- positen keine weiteren Ursachenfakto- ren beteiligt waren.Orthopädische und physiotherapeutischeMaßnahmenhat- tenkeineBesserungerbracht.NachHer- stellung aller Voraussetzungen für den TestzeigtesichammaximalenSchmerz- punkt der Schulter eine Regulations- störung durch Methacrylat. Daraufhin wurde jeder einzelne Zahn im linken Ober- und Unterkiefer mit dem Zwei- Punkt-Test auf einen möglichen Zu- sammenhang zum Schmerzpunkt der linken Schulter überprüft. Ergebnis: 25und26wieseneinenZusammenhang auf. Wie sich dann durch Inspektion herausstellte, waren beide Zähne mit Keramik-Inlays versorgt, die seit zehn Jahren problemlos vertragen wurden. UnserTesthattejedocheineBeteiligung eben dieser beiden Inlays – genauer ge- sagt ihres methacrylathaltigen Befesti- gungskomposits – am Schulterschmerz derPatientinergeben. Therapie inkorporierter „unverträglicher“ Komposite Da wir inzwischen entdeckt hatten, dass sich diese Materialien unabhängig vonihremAlterdurchgenügendhäufige Wiederholungen von üblichen Belich- tungsintervallen in einen biokompati- blen Zustand versetzen lassen, bestand die Therapie genau darin: Genügend häufiges Nachhärten des Komposits von allen Seiten dieser beiden Zähne unterBerücksichtigungentsprechender Sicherheitsmaßnahmen, um die Pulpa nicht zu überhitzen (s.u.). Als beide Zähne sich im Test schließlich vollstän- dig störungsfrei zeigten, war die Thera- pie beendet.„Ganz zufällig“ war ab die- semMomentauchderSchulterschmerz vollständig verschwunden. Offenbar war der Zusammenhang zwischen SchulterschmerzundBefestigungskom- positen doch sehr real,obwohl er weder fürdiePatientinspürbar,nochvomOr- thopäden oder behandelnden Zahnarzt zudiagnostizierenwar. In der Toxikologie gilt:„Nur resor- bierte Substanzen können Schadwir- kung auslösen.“6 Betrachten wir auch ein solches Phänomen – wie soeben beschrieben – unter dieser Prämisse, sindwirjedochaußerstande,eszuerklä- ren.Wiekönnteaneinemsoentfernten Ort wie Schulter, Knie, Fuß o.ä. durch NachhärtenvonKompositeninZähnen eine toxische Belastung sekunden- schnellreduziertunddadurchsofortige Schmerzfreiheit hervorgerufen wer- den?OffenbarkönnenKompositeauch jenseits toxikologischer Grundlagen systemische Wirkungen entfalten, die sich gegenwärtig einer wissenschaft- lichen Erklärung entziehen. Machen wir uns jedoch die Denkweise der Akupunktur zueigen, verstehen wir den Schmerz als Störung des„Energie- flusses“, die dann durch Nachhärten aufgehoben werden kann. Allerdings ist der Begriff der Energie in diesem Sinn in unserer westlichen Medizin nicht bekannt, was die wissenschaftli- che Erforschung derartiger systemi- scher, aber eben nicht toxischer Wir- kungen von Kompositen zusätzlich erschwerendürfte–mitnichtabschätz- barenFolgen. Polymerisation und systemische Wirkungen Als beobachtender Praktiker wage ich aus dieser Art von Ergebnissen und Erlebnissen,diesichimLaufederletzten sechs Jahre in ähnlicher Weise wie so- eben exemplarisch beschrieben vielfäl- tigwiederholthaben,zufolgern,dass: 1.Kompositkunststoffe wesentlich häu- figersystemischeWirkungenentfalten (können)alsbisherangenommen, 2.für die Biokompatibilität von licht- härtenden Kompositen primär an- scheinend nicht ihre Zusammen- setzung, sondern ihre Verarbeitung dieentscheidendeRollespielt, 3.sie sich sogar im Nachhinein durch übliche 20-, 30- oder 40-Sekunden- Intervalle durch schonende Mehr- fachpolymerisation (MfP) in einen biokompatiblen Zustand überfüh- ren lassen (siehe aber Abschnitt „Flowables“), 4.einem sehr hohen Polymerisations- grad wahrscheinlich eine immense Bedeutungzukommt, 5.zu wenig Polymerisation zu Symp- tomatiken beitragen kann, die sich einer herkömmlichen Diagnostik vollständigentziehen. Des Weiteren zeigen derartige, se- kundenschnelle, anhaltende Schmerz- remissionen auf eindrucksvolle Weise die Möglichkeiten einer präzisen Dia- gnostikauf.Seitichergänzendmiteinem PolarisationsfilterundeinemSignalver- stärker arbeite, erfreue ich mich einer neuen Dimension der Präzision kine- siologischerTestung.NachvielenJahren Suche nach einem geeigneten diagnos- tischenVerfahrenistmirdiekinesiologi- sche Regulationsdiagnostik nach Kling- hardt (RD) unter Verwendung dieser beiden Hilfsmittel zu einem wichtigen zusätzlichen,verlässlichenundsehrhilf- reichen Instrument meiner zahnärzt- lichen Diagnostik geworden, mit dem sichäußerstdifferenzierteAussagentref- fen lassen – mit daraus resultierenden sehreffektivenTherapien. Bei komplexen Symptomatiken wiez.B.vegetativenStörungenlässtsich der Zusammenhang mit unzureichend gehärteten Kompositen leider nicht in der„schlichten“WeisewiebeiSchulter- schmerzen eindeutig testen. Zeigen Herz, Vagus oder Hypophyse im Test eineMethacrylatbelastung,kanndieser BelastungsfaktornuralsHinweisgelten. An solchen Symptomatiken können wenige,aber auch sehr viele Komposite beteiligt sein. So kann bereits durch NachhärtungeinereinzigenKomposit- füllung der ständige, leichte Schwindel verschwunden sein oder sich das Ener- gieniveau erst nach Nachhärtung von über zehn Kompositen deutlich und nachhaltigverbessern. Einige Fallbeispiele Eine Patientin, die seit drei Jahren mit Tachykardiesymptomen lebte, be- richtetebereitsnachdererstenSitzung, in der wir eine kleine, wahrscheinlich mit „Flowable“ versorgte Füllung sehr oft nachgehärtet hatten, eine spürbare Besserung,undnachderzweiten,inder zwei weitere Füllungen nachgehärtet wurden, eine vollständige Remission dieses Symptoms, während sich ihre Nervosität, ihr Schwindel und ihre Schlafstörungen immerhin um etwa 70Prozentbesserten. Eine 75-jährige Patientin, deren Schulterschmerzen durch Nachhärtung von Kompositen bereits erfolgreich hat- ten therapiert werden können, wendete sich erneut an meine Praxis – diesmal wegen unmittelbar nach zahnärztlicher Behandlung in ihrem Heimatort aufge- tretenerRücken-undHüftbeschwerden. SiewardortmitzweikleinenKomposit- füllungen versorgt worden. Sofort nach mehrfacher Nachhärtung dieser beiden Füllungen war es ihr möglich,schmerz- freizumWasserglaszugreifen,undauch aufdemWegzumBahnhofverspürtesie keinerlei schmerzhafte Beeinträchti- gung mehr. Eine andere Patientin hatte dasKlavierspielenwegenSchmerzenim Handgelenk aufgeben müssen. Inzwi- schen erfreut sie sich daran, es wieder zu können – als Ergebnis der sechsten Nachhärtesitzung für eine relativ kleine Füllungbei46. Diese kleine Auswahl an Beispielen möge an dieser Stelle genügen, um die Unterschiedlichkeit der systemischen Wirkungen zu verdeutlichen, die von Kompositen ausgehen können. Grund- sätzlich wäre es wünschenswert, bei therapieresistenten chronischen Be- schwerden spätestens dann auch an eine mögliche ursächliche Beteiligung von Kompositenzudenken,wennsieimMiss- verhältnis zur Lebenssituation stehen. Dies gilt auch für Kinder und Jugendli- che,diez.B.überKopf-oderKnieschmer- zen klagen, Stichwort: Versiegelungen. Weitere Fallbeispiele finden Sie unter: www.dr-just-neiss.de/fallbeispiele. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Fälle und Verläufe treten die beobach- teten Wirkungen relativ häufig bereits in den ersten sechs Monaten nach zahnärztlicher Komposittherapie auf, manchmalsogaramselbenTag. Die systemischenWirkungen kön- nenjedochaucherstJahrespätermani- fest werden. An dieser Stelle sei noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Patienten mit reduziertem Allge- meinzustand vorsichtshalber zunächst nur 60 bis maximal 100 Sekunden pro Sitzung nachgehärtet werden soll- te, da andernfalls eine Verschlechte- rung des Gesamtbefindens sonstnichtauszuschließenist. Schauen Sie dazu bitte auf: www.dr-just-neiss.de/nachhaerten DT Dr.JustNeiss Bergheimer Straße 95 69115 Heidelberg,Deutschland zahnmedizin@dr-just-neiss.de Kontakt ➟ Der zweite Teil des Beitrages (erscheint in der Dental Tribune Austrian Edition 10/12) geht auf die Themen Monomere in der Praxis, Polymeri- sationsbedingungen im Praxisalltag, Flowables, ein- und zweiphasige Bondingsysteme, Licht-, dual- und chemisch härtende Komposite, post- operative Sensitivität, Verträglichkeitstests und GrundlagenderMehrfachpolymerisation(MfP)ein. Schmerzfreiheit an der Schulter durch Nachpolymerisieren von zwei Kompositen.